FacebookTwitterVKontakteTelegramWhatsAppViber

Julia Timoschenko könnte für sieben Jahre ins Gefängnis kommen

0 Kommentare

Die Generalstaatsanwaltschaft fordert für Julia Timoschenko eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Dies verkündete die Staatsanwältin Lilija Frolowa gestern im Verlaufe des Gerichtsprozesses in der Strafsache der Ex-Premierin. Sie teilte ebenfalls mit, dass die Schuld von Timoschenko bewiesen ist und strafmindernde Umstände in der Sache nicht festgestellt wurden. Dabei bat die Staatsanwältin das Gericht darum, die Angaben der Zeugen der Verteidigung nicht zu beachten, deren Wahrheitstreue in Zweifel ziehend. Die Verteidiger halten die Strafdauer, die von der Anklageseite vorgeschlagen wurde, für erdacht.

Der gestrigen Gerichtssitzung in der Strafsache zur Überschreitung der Amtsvollmachten durch die ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko ging eine zweiwöchige Pause voraus, die von dem vorsitzenden Richter Rodion Kirejew verkündet wurde, damit die Verteidigungsseite sich entsprechend auf die Abschlussplädoyers vorbereiten kann (siehe “Kommersant-Ukraine” vom 13. September).

Unter dem Druck der Weltgemeinschaft nahm sich die Regierung eine Auszeit für die Vorbereitung eines neuen Aktionsplans

Bei der Eröffnung der Sitzung verkündete Rodion Kirejew, dass beim Gericht eine Reihe von Anträgen der Verteidigung eingegangen ist, darunter zur Wiederaufnahme der Beweisaufnahme und der Änderung der gegen Julia Timoschenko verhängten Sicherheitsauflagen. „Das Stadium der gerichtlichen Prüfung beachtend, hält das Gericht es für möglich den Antrag auf Wiederaufnahme der Beweisaufnahme zur Diskussion zu stellen“, verkündete der Vorsitzende. Dabei ignorierte er den zweiten Teil des Gesuchs, der die Freilassung von Timoschenko betraf.

Die Verteidigung bat darum die Beweisaufnahme wiederaufzunehmen, da während des Prozesses nicht alle Materialien des Strafverfahrens veröffentlicht wurden, darunter Beweise der Verteidigung. „Wenn wir wenigstens näherungsweise die Strafprozessordnung befolgen, muss die Beweisaufnahme wieder aufgenommen werden“, erklärte Julia Timoschenko. Ihr Anwalt, Alexander Plachotnjuk, unterstrich, dass man die im Verlaufe der Verhandlung zugelassenen Unzulänglichkeiten nur beseitigen kann, wenn man zum Stadium der Beweisaufnahme zurückkehrt. „Andernfalls ist die Aufhebung des Urteils aus formalen Gründen möglich“, warnte er.

Die Seite der Anklage beachtete die Gründe für die Bewilligung des Gesuchs nicht und merkte dabei an, dass eine Rückkehr zum Stadium der Beweisaufnahme lediglich in Verbindung mit der Notwendigkeit für neue Beweise möglich ist. Zur Prüfung dieses Antrags musste sich Rodion Kirejew nicht einmal in das Beratungszimmer zurückziehen – er traf die Entscheidung gleich vor Ort. „Berücksichtigend, dass vom Gericht alle Beweise studiert wurden, wird dem Gesuch nicht stattgegeben“, verkündete er.

Danach ging das Gericht zu den Debatten über. Als erste erhielt die Staatsanwaltschaft das Wort. Eine von ihnen, Lilija Frolowa, holte bei ihrem Auftritt weit aus: sie verkündete, dass die Verbrechen, die von oberen Amtsträgern verübt werden, zu den gefährlichsten gezählt werden und ihre Aufklärung hat für die Rechtsschutzorgane oberste Priorität. „Das ist ein Übel, welches das Vertrauen zum Staat untergräbt, die gesellschaftliche Stabilität zerstört und der staatlichen Sicherheit Schaden zufügt. Vom Erfolg des Kampfes mit ihm hängt der Erfolg der Innen- und Außenpolitik ab2, erklärte die Staatsanwältin mit Pathos. „Ja, das ist die PR-Agentur der Mafia und keine Staatsanwaltschaft! Welche Beziehung zur Sache hat die PR-Tätigkeit dieser Vertreterin der Mafia?“, entrüstete sich Julia Timoschenko, die sich bemühte die Staatsanwältin zu unterbrechen. Jedoch setzte Frolowa unerschütterlich mit der Verlesung des vorher vorbereiteten Textes fort. ??„Die staatliche Anklage meint, dass die Schuld der Angeklagten vollständig durch die Zeugenaussagen, das Beweisstudium und die Schlussfolgerungen von Experten bewiesen ist“, verkündete die Staatsanwältin. Im Gegenzug murrten die im Saal anwesenden Parlamentsabgeordneten unzufrieden.

Das Verhalten der Abgeordneten entrüstete Richter Kirejew. „Es werden Handlungen vollzogen, die auf eine Sprengung der Gerichtsverhandlung abzielen. Die Anwesenden behindern die Prüfung der Angelegenheit. Der Vorsitzende wünscht nicht irgendjemanden aus dem Saal zu entfernen, doch wenn sich derartige Handlungen wiederholen, wird der Vorsitzende gezwungen sein Maßnahmen zu ergreifen“, warnte er.

Der Auftritt der Staatsanwältin enthielt einige Schlüsselthesen und -formulierungen aus der Anklageakte. So erklärte Lilija Frolowa erneut, dass Julia Timoschenko, bei der Zustimmung zu dem für das Land unvorteilhaften Gasvertrag mit Russland, von dem „Wunsch sich selbst ein positives Image einer effektiven Führerin zu schaffen“ leiten ließ. Die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft wiederholte einige Male, dass die Ex-Premierin persönlich die Direktiven für den Abschluss der Gasverhandlungen zu „ökonomisch unvorteilhaften und unannehmbaren Bedingungen“ bestätigte, dabei dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der NAK (Nationalen Aktiengesellschaft) „Naftogas Ukrainy“, Oleg Dubina, falsche Informationen über die Bestätigung der Direktive durch die Regierung gebend. „Eben die rechtswidrigen Handlungen Timoschenkos zwangen ihn (Oleg Dubina) dazu die Verträge zu Bedingungen zu unterzeichnen, die er als strikt unannehmbar ansah“, resümierte Staatsanwältin Frolowa.

Die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft unterstrich, dass die Anklageseite die Angaben von Zeugen der Anklage in Zweifel zieht und darum bittet diese nicht zu berücksichtigen, darunter die vom ehemaligen Minister für Brennstoffe und Energiewirtschaft, Jurij Prodan, und dem Ex-Leiter des Apparates zur Gewährleistung der Tätigkeit von Premierministerin Julia Timoschenko, Michail Liwinskij, da sie den Angaben widersprechen, welche die Zeugen im Verlauf der Vorermittlungen machten. Kritisch wertete die Anklageseite auch die Aussagen von dem ehemaligen Ersten Vizepremier Alexander Turtschinow, der seine Position damit motivierte, dass er „ein langjähriger Mitstreiter der Angeklagten ist“ und sich ebenfalls „aktiv an den Aktionen zur Diskreditierung des Gerichtsprozesses beteiligt“. Derweil zeugen die Aussagen des ehemaligen Präsidenten Wiktor Juschtschenko den Worten der Staatsanwaltschaft nach „deutlich davon, dass die Handlungen Timoschenkos nichts mit der Verteidigung der nationalen Interessen gemein hatten“.

Der Auftritt Lilija Frolowas vor Gericht dauerte bereits etwa anderthalb Stunden, als im Saal unerwartet das Licht ausging. In Verbindung damit verkündete Rodion Kirejew eine 20-minütige technische Pause. Nachdem die Stromversorgung wieder hergestellt war, wurden die Gerichtsdebatten um weitere anderthalb Stunden fortgesetzt. „Den Ergebnissen der gerichtlichen Prüfung nach bitten wir darum, Timoschenko, Julia Wladimirowna, als schuldig zu erklären und bitten unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Gefährdung und des Schweregrades des Verbrechens darum als Strafe einen Freiheitsentzug von sieben Jahren ohne Recht auf weitere Ausübung von staatlichen Posten im Verlaufe von drei Jahren verhängen“, schloss Lilija Frolowa ab. Außerdem bittet die staatliche Anklage darum der Zivilklage der NAK „Naftogas Ukrainy“ zum Ersatz der Verluste in Höhe von 1,516 Mrd. Hrywnja (ca. 137 Mio. Euro) nachzukommen. „Umstände, welche die Schuld Timoschenkos abschwächen oder erschweren würden, gibt es nicht“, unterstrich Staatsanwältin Frolowa.

Den täglichen oder wöchentlichen Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben!

Die Verteidiger der Ex-Premierin erwiesen sich vorhersehbar als nicht einverstanden mit den Schlüssen der Generalstaatsanwaltschaft und der geforderten Gefängnisstrafe. „Aus formaler juristischer Sicht existieren keinerlei Grundlagen für eine Prüfung der Sache Timoschenko“, erklärte Verteidiger Sergej Wlassenko dem “Kommersant-Ukraine”. „Auf absolut erdachter Grundlage fordert die Staatsanwaltschaft plötzlich sieben Jahre! Auf das Urteil kann nur eines Einfluss ausüben – die Meinung des Präsidenten des Landes. Es wird der Telefonhörer abgehoben, Richter Kirejew direkt angerufen und man sagt ihm, welches Urteil er verkünden soll – andere Signale benötigt er nicht“.

Jelena Geda

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein — Wörter: 1073

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Vielleicht sollten Sie eine Spende in Betracht ziehen.
Diskussionen zu diesem Artikel und anderen Themen finden Sie auch im Forum.

Benachrichtigungen über neue Beiträge gibt es per Facebook, Google News, Mastodon, Telegram, X (ehemals Twitter), VK, RSS und täglich oder wöchentlich per E-Mail.

Artikel bewerten:

Rating: 5.0/7 (bei 1 abgegebenen Bewertung)

Neueste Beiträge

Kiewer/Kyjiwer Sonntagsstammtisch - Regelmäßiges Treffen von Deutschsprachigen in Kiew/Kyjiw

Karikaturen

Andrij Makarenko: Russische Hilfe für Italien

Wetterbericht

Für Details mit dem Mauszeiger über das zugehörige Icon gehen
Kyjiw (Kiew)11 °C  Ushhorod11 °C  
Lwiw (Lemberg)8 °C  Iwano-Frankiwsk12 °C  
Rachiw6 °C  Jassinja7 °C  
Ternopil10 °C  Tscherniwzi (Czernowitz)18 °C  
Luzk10 °C  Riwne11 °C  
Chmelnyzkyj14 °C  Winnyzja11 °C  
Schytomyr9 °C  Tschernihiw (Tschernigow)9 °C  
Tscherkassy18 °C  Kropywnyzkyj (Kirowograd)22 °C  
Poltawa20 °C  Sumy12 °C  
Odessa15 °C  Mykolajiw (Nikolajew)18 °C  
Cherson20 °C  Charkiw (Charkow)17 °C  
Krywyj Rih (Kriwoj Rog)22 °C  Saporischschja (Saporoschje)23 °C  
Dnipro (Dnepropetrowsk)23 °C  Donezk20 °C  
Luhansk (Lugansk)20 °C  Simferopol27 °C  
Sewastopol23 °C  Jalta19 °C  
Daten von OpenWeatherMap.org

Mehr Ukrainewetter findet sich im Forum

Forumsdiskussionen

„Liebe Freundinnen und Freunde der gepflegten Sonntagabendunterhaltung, diesen Sonntag ziehen wir weiter. Es geht ins Ministerstvo Desertiv auf der Bohdana Khmel'nyts'koho 32 (50.4466, 30.5107; ... )....“

„Vielen Dank für dein Antwort. Dennoch gefällt mir das nicht wenn ich bedenke das Die nach Mariupol wollen. Werden die bei der Einreise eine Lügendetektor unterzogen? Kann ich denen nicht einfach ein...“

„Hi. Zwei Ukrainische Freundinen (Mutter, Tochter) musste aus Mariupol nach Deutschland flüchten. Hatte Eigentumswohnung und Bankkonto. Jetzt wollen die für ca. 3 Wochen über Moskau nach Mariupol um...“

„Wundert mich dass ein beschädigtes E-Auto überhaupt über den Deich transportiert wird.“

„Liebe Freundinnen und Freunde der gepflegten Sonntagabendunterhaltung, diesen Sonntag geht es noch einmal ins Gogi auf der Hetmana Pavla Skoropadskoho 13 (50.4403, 30.5103; ... ). Ab 19.00 Uhr ist ein...“

„was schluckst du für Zeug? das will ich nicht haben ...“

„Wird Scholz von Putin erpresst? Kann er deshalb Taurus nicht liefern? Hat Putin nicht nur Generäle abgehört sondern auch Scholz und verfügt über vernichtende Details aus Cum Ex und Wirecard Sünden...“

„Will mit der Freundin zusammenziehen? Ist also nicht allein! Mein Sohn ist 23 Jahre alt, hat eine Freundin seit er 17 Jahre alt ist, er ist ebenfalls Student, und beide, also Sohn und Freundin wohnen Zuhause,...“

„Alles relativ, wir sind der zweit größte Waffenlieferant nach den USA! Grundsätzlich hätte natürlich alles erheblich besser und schneller ablaufen können, allerdings läuft die Taurusdiskussion ins...“

„Halloechen! Ich wollte nachfragen, ob einem volljaehrigen Kind einer ukrainischen Fluechtlingsfamilie eine eigene Wohnung zur Miete zustehen wuerde. Die Situation: eine 4 koepfige Familie auf Mariupol...“

„Habe gerade einen Aufsatz von DIJuF Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. ein Forum für Fachfragen gelesen, mit dem Thema "Ukrainisches Abstammungs- und Sorgerecht– Anerkennung...“

„Stimmt. Meine Idee weicht etwas ab. Aber ggf. kein Grund, das noch einmal auszudiskutieren. Es verwundert mich aber doch sehr, dass diese Idee noch nicht in den großen Medien angekommen ist, um sie dort...“

„Die Ukraine wird mit beispielloser Aggressivität mit Raketen (Stand 26.03.2024) vom russischen Terrorstaat angegriffen. Verteidigen kann sich die Ukraine inzwischen fast nur noch mit Hilfe der Unterstützung...“

„Hallo Ihr Lieben, eine etwas längere Geschichte, die ich probiere kurz wiederzugeben. Eine Bekannte aus der Ukraine hat folgendes Problem. Ihre Schwester war verheiratet, wurde geschieden, hat später...“

„Ihre "Verdächtigen" sind doch auch nur eine Lüge. Da ist einiges nicht wirklich logisch“

„Oberkasper Putler hat wieder mal versagt. Da sagen die Amis schon dass sowas passieren könnte und der hat wie immer keine Ahnung. Lächerlich. Einzige was er kann Widersacher umbringen zu lassen sonst...“

„..... Na, da bin ich mal gespannt. Russland hat recht genaue Ziele und wird ganz sicher nicht mehr nach der westlichen Pfeife tanzen. ..... Ich denke mal, dass die Russen selber darauf gespannt sind, welche...“

„@minimax jetzt verstehst Du die Welt nicht mehr! Weil Russland nur einen Rubel in der Ukraine nach dem Krieg investieren wird? Selbstverständlich werden andere dies leisten müssen und vor allem auch...“

„.... Na, da bin ich mal gespannt. Russland hat recht genaue Ziele und wird ganz sicher nicht mehr nach der westlichen Pfeife tanzen.... Als der Sklave von China ist natürlich viel besser“

„Ich sage ja, Opfer in jeder Hinsicht. Sogar der billigsten ukrainischen und westlichen Propaganda. Du ergötzt dich dran wenn Menschen umgebracht werden, Privateigentum vernichtet wird, Existenzen zerstört....“

„Dass du doof bist ist offensichtlich, manche Opfer, wie auch das in den Bildern, sind nicht mehr zu retten. Warum haben Russen so das Verlangen Kinder und Frauen umzubringen? Zumal fest steht dass auch...“

„Die ukrainische Regierung ist mittlerweile in ihrer Kriegsführung weitgehend abhängig von ausländischer Hilfe. Das bedeutet: Auch ohne militärische Niederlage hat das Land weite Teile seiner Souveränität...“

„Ein Teil ist da jedenfalls Schwachsinn ....“