Gestern versuchten der Präsident der Ukraine, Wiktor Janukowitsch, und die Führung der Europäischen Union den Verhandlungsprozess über den Abschluss eines Assoziierungsabkommens wieder in Gang zu bringen, welches eine vertiefte allumfassende Freihandelszone vorsieht. Den Ergebnissen des Treffens nach beschränkten sich die Seiten auf vorsichtige Erklärungen über den Wunsch die Beziehungen zu vertiefen. Bestätigung dessen sollte die Gewährung eines Maßnahmenplans für die Visafreiheit mit der Europäischen Union auf dem Ukraine-EU Gipfel am 22. November werden.
Der gestrige Arbeitsbesuch von Präsident Wiktor Janukowitsch in Brüssel fand auf oberster Ebene statt. Am Morgen traf sich das ukrainische Staatsoberhaupt mit dem Präsidenten der Europäischen Union, Hermann van Rompuy und in der zweiten Hälfte des Tages fanden bei ihm Verhandlungen mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, statt. Die Tatsache, dass dies innerhalb eines halben Jahres bereits der zweite Besuch von Wiktor Janukowitsch im Hauptquartier der Europäischen Union ist, wurde von den Europäern zuallererst hervorgehoben. „Unsere regelmäßigen Treffen spiegeln die Wichtigkeit und die Dynamik der Partnerschaft zwischen der Ukraine und der Europäischen Union wider, besonders unter den Bedingungen der schwierigen ökonomischen Situation“, sagte Barroso zu den Resultaten des Treffens.
Übrigens hoben Experten hervor, dass die Einladung von Barroso an den ukrainischen Präsidenten erst danach erfolgte, wie die Verhandlungen über den Abschluss des Assoziierungsabkommens, welches die Schaffung einer vertieften allumfassenden Freihandelszone vorsieht, in die Sackgasse gerieten. „Wie die letzten zwei Verhandlungsrunden zeigten, ist nicht eine der beiden Seiten zum Kompromiss bereit. Beispielsweise sandten im August die Außenminister Polens, Tschechiens und Schwedens einen Brief an das Außenministerium der Ukraine, in dem sie ihre Besorgnis anlässlich der Stagnation des Verhandlungsprozesses und des Fehlens von Fortschritten eben im Teil der Gespräche über den Freihandel ausdrückten“, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ der wissenschaftliche Direktor des Instituts für euroatlantische Zusammenarbeit, Alexander Suschko.
Über die Ergebnisse der Verhandlungen erzählte José Manuel Barroso auf einer speziell zusammengerufenen Pressekonferenz. Er drückte seine Hoffnung über eine Beschleunigung des Verhandlungsprozesses aus. „Wir wünschen eine Vertiefung der Beziehungen. Wir beide möchten dies über ein neues Assoziierungsabkommen erreichen, welches derzeit diskutiert wird. Das verbessert unsere Verbindungen und führt zu einem tiefen und vollständigen Abkommen über den Freihandel, der es der Ukraine erlaubt auf den größten Markt der Welt – die EU – zu gelangen und gibt die Perspektive der Verdoppelung der Exportvolumina“.
Ukrainische Diplomaten, die nahe am Verhandlungsprozess sind, nennen unter den strittigen Fragen die Forderung an die Ukraine im maximalen Umfang die europäischen Regulierungsnormen anzunehmen, beginnend vom Schutz des intellektuellen Eigentums und endend bei den ökologischen Standards. „Die ukrainische Seite geht davon aus, dass die vorgeschlagenen Standards nützlich für entwickelte Wirtschaften sind, doch Länder, die gezwungen sind diese einzuholen, verwenden gewöhnlich liberalere Normen. Darunter im Bereich der Ökologie“, betonte einer von ihnen im Gespräch mit dem “Kommersant-Ukraine“.
In seiner Antwort unterstrich Wiktor Janukowitsch, dass die Frage des Abschlusses des Assoziierungsvertrages die wichtigste für die Ukraine bleibt: „Mit dem Ziel der Lösung der problematischen Fragen haben wir uns darauf geeinigt gemeinsam Kompromisse zu suchen und gegenseitige Zugeständnisse zu machen. Das betrifft in erster Linie die Schaffung einer vertieften und allumfassenden Freihandelszone“. Sich Einzelheiten nicht hingebend, erzählte Janukowitsch, wie er die Freihandelszone sieht: „Wir benötigen eine solche Freihandelszone, welche die existierenden Realien der ökonomischen Entwicklung der Seiten berücksichtigt und die vorteilhaft für die europäischen, wie auch für die ukrainischen Produzenten ist. Und die Hauptsache ist, dass sie die reale ökonomische Integration der Ukraine in die Europäische Union sicherstellt“.
Wiktor Janukowitsch teilte ebenfalls mit, dass die Europäische Union die Bereitschaft der Ukraine eine makrofinanzielle Hilfe in Höhe von 610 Mio. Euro zu gewähren bestätigt hat. Außerdem vereinbarten beide Seiten am 24. September ein Protokoll über den Beitritt der Ukraine zum Vertrag über die Energiezusammenarbeit zu unterzeichnen. „Das eröffnet die Möglichkeit die Verträge über die Modernisierung des ukrainischen Gastransportsystems umzusetzen, darunter die Anwerbung finanzieller Mittel der Europäischen Union, Russlands und anderer Investoren für dieses Vorhaben“, betonte das ukrainische Staatsoberhaupt.
Im Verlaufe des Besuchs stimmte Wiktor Janukowitsch ebenfalls der Tagesordnung des Ukraine-EU Gipfels und dem Veranstaltungsdatum – dem 22. November – zu. Wie Experten erwarten, sollte das Hauptergebnis dieses Treffens die Vorlage eines Maßnahmenplans für die Ukraine zum Erreichen der Visafreiheit mit der Europäischen Union sein. Dieses Dokument wird gerade von der Europäischen Union ausgearbeitet und auf dem Gipfel präsentiert.
Alexander Swiridenko, Bogdan Kissil
Quelle: Kommersant-Ukraine
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