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Dieser Tag des Sieges hat den Geruch von Poroch¹ angenommen - Zur Ernennung Petro Poroschenkos zum Außenminister

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Bei einer fehlenden einheitlichen Außenpolitik der Ukraine baut sich jeder Präsidentschaftskandidat seine eigene auf. Wiktor Janukowitsch geht nach Griechenland – nächste Woche besucht er Athos für den traditionellen Segen der Greise. Julija Timoschenko macht sich auf den Weg nach Brüssel zum Gipfeltreffen der Europäischen Volkspartei – um sich einen Segen bei Merkel und Berlusconi zu holen.

Es wird erwartet, dass Janukowitsch im November die USA besucht und Timoschenko wahrscheinlich ihren Chinabesuch absagt.

Am Freitag hat die Ukraine letztendlich ihren Außenminister bekommen. Ihn verkörpert Petro Poroschenko, der erst vor einem halben Jahr auf eine andere Position in der Regierung – die des Vize-Premierministers – Anspruch erhoben hat.

Eigentlich wusste damals niemand genau, welchen Bereich unter sein Kommando stellt. Man dachte, dass Poroschenko sich mit den humanitären Fragen beschäftigen wird, aber er selbst hat diese Formulierung als eine Beleidigung aufgefasst und hat verkündet, dass er Vize-Premierminister Industriepolitik sein wird. Jetzt ist daraus etwas Drittes – das Außenministerium – geworden.

Bei vielen stoßt diese Ernennung auf Unverständnis für die Beweggründe Poroschenkos, wieso hat er diesen Posten drei Monate vor den Wahlen angenommen?

In Wirklichkeit kann er das Außenministerium wenigstens ein halbes Jahr leiten, bis die Inauguration des neuen Präsidenten stattfindet und dieser seinen Außenminister vorschlägt und das Parlament darüber abstimmt.

Ein halbes Jahr in der Politik ist eine Ewigkeit.

Das Erste, was Poroschenko damit erreicht, ist der Status. Jetzt ist er Mitglied der Regierung. Jetzt ist er in den Listen. Jetzt kann er bei den Sitzungen des Ministerkabinetts abstimmen. Und früher oder später werden von seiner Stimme die Beschlüsse abhängen. Und dann kommt die Sternstunde für die Handelstalente Poroschenkos.

Außerdem bedeutet die Position des Leiters des Außenministeriums – für eine Person mit Poroschenkos Geschick – einzigartige Bekanntschaften und einmalige Erfahrungen. Das ist die Möglichkeit, an der Gestaltung der Politik beteiligt zu sein. Letztendlich ist es einfach eine interessante Arbeit. Und der Wahlkampf wird ein verstärktes Interesse im Ausland an der Ukraine wecken. Und je höher die Aktivität, desto mehr Kontakte wird Poroschenko knüpfen können.

Außerdem besetzt Poroschenko seinen Posten in der Zeit, wo einige Länder auf dem Wege sind, neue Herangehensweisen zur Ukraine aufszubauen, unter denen Deutschland und die USA zu erwähnen sind. So kann Poroschenko diese Skizze mit seinen Strichen ergänzen.

Und das wichtigste für Poroschenko bei der Ernennung zum Minister ist wohl die Wiedergutmachung für 2005. Und die Stimmen der Abgeordneten vom BJuT (Block Julia Timoschenko) für ihn ist in der Tat ein Zeichen der Reue Timoschenkos für ihres Beschuldigungen an die „Gruppe in den gestreiften Badeanzügen“.

Der Status eines Menschen aus der präsidialen Quote gewährt Poroschenko eine besondere Rolle im Ministerkabinett und wird ihn nicht zu einem Untergeordneten von Timoschenko verwandeln.

Eventuell haben die Regionalen (Partei der Regionen) dieser Ernennung keine Widerstand geleistet, da sie begriffen haben, dass niemand aus der Ministerriege Poroschenko Widerstand leisten kann. Und früher oder später wird die Anwesenheit Timoschenkos und Poroschenkos auf einer Wiese in einem Konflikt enden. Den benötigt Janukowitsch besonders.

Deswegen war Timoschenko wahrscheinlich gar nicht begeistert von diesem Kandidaten. Obwohl nach außen hin diese Ernennung ganz leicht wirkte, war sie in der Tat nicht reibungslos.

Laut Informationen der „Ukrajinska Prawda” hatten Poroschenko und sein Kampfgefährte Mykola Martynenko gewisse Probleme bei den Verhandlungen mit Lytwyn gehabt, bis dieser diese Frage zur Abstimmung brachte. Und es handelt sich um denselben Lytwyn, dem Poroschenko vor einem Jahr zum Sitz des Parlamentsvorsitzenden verholfen hat.

Letztendlich erreichte Poroschenko sein Ziel. Und Schulden müssen bezahlt werden, auch wenn man der Vorsitzende des Obersten Rats (ukr. Werchowna Rada) ist.

Die Ernennung Poroschenkos ist auch ein weiteres Zeichen für die Änderung des Arbeitsstils des Präsidialamtes seit dem Erscheinen Uljantschenkos auf der Bankowa (Sitz des Präsidenten), seitdem die Sprache des “Konflikts” durch die Sprache des “Handels” ersetzt wurde. Und das ist noch ein Argument zum Thema, dass die Verkündung des Ausnahmezustands zwecks Behinderung der Wahlen, mit dem Timoschenko Angst einzujagen versucht, unmöglich ist.

Im heutigen Präsidialamt gibt es einfach keine Person, die die Rolle des Managers dieses Krisenszenarios übernehmen könnte.

Die Bankowa wählte den Weg der Versammlung eines Rings von Garanten der schmerzlosen Amtsniederlegung. Das Zeichen der Veränderung des Regierungsstils kann auch so dargestellt werden. Bei Baloha im Herbst 2006 hat Poroschenko es nicht erlebt, dass der vom Juschtschenko vorbereitete Erlass über die Verleihung des Titels „Held der Ukraine“ an seinen Vater verkündet wurde. Aber er hat es bei Uljantschenko erreicht.

Kennzeichnend war es auch, dass das Parlament nur über den Kandidaten Poroschenko abgestimmt hat, obwohl Vorschläge für die Ernennung von fünf Regierungsteilnehmern vorlagen.

Aber nur Poroschenko besitzt die Ressourcen, mit denen er die Abgeordneten der Partei der Regionen von der Blockierung des Rednerpults abhalten könnte. Wie groß ist doch der Wunsch der Politiker, sich ins Rampenlicht des Fernsehsenders “5 Kanal” zu stellen. Als Veranschaulichung dafür, was es bedeutet, gute Beziehungen zu Poroschenko zu pflegen, kann der schon erwähnte Lytwyn dienen, der seit Anfang des Jahres neun mal (!) in Live-Sendungen auf dem „5. Kanal” zugegen war.

Außerdem ist es ein Paradox, dass es einzig Poroschenko gelungen ist, die nötigen Stimmen in der Partei „Unsere Ukraine“ zu konsolidieren. Bei den übrigen Ministern war das nicht der Fall.

Die alte Garde der National-Demokraten-Romantiker hat verstanden, dass es besser ist, Poroschenko auf dem Postern des Minister zu haben, als gar niemanden. Die neue Garde hat in Poroschenko einen möglichen Kommunikationsträger mit der Regierung gesehen. Eigentlich ist er nicht nur bloß ein Minister. Er ist wie ein Schwergewichtler – der ständige Vertreter der Fraktion auf der Ebene des Ministerkabinetts.

Wahrscheinlich hat man sich in der Leitung der Nationalbank nicht weniger als Petro Poroschenko selbst über dessen Ernennung gefreut. Es war sein alter Traum, ihn vom Posten des Zentralbankratsvorsitzenden los zu werden. Und der Übergang zur Arbeit beim Außenministerium sollte wohl zum Rücktritt vom Posten bei der Nationalbank führen.

Poroschenko selbst ist da einer anderen Ansicht. Und die Zentralbank will er auch nicht verlassen. Weil der Posten beim Vorstand in der NBU fakultativ ist, und dort öffentlicher Grundlage noch so ein Minister wie er arbeitet – Mykola Onischtschuk (Justizminister).

Auf jeden Fall ist man glücklich über das Ende der Geschichte mit dem Außenministerium auf dem Michajlowska Platz. Ein halbes Jahr lang erfüllte das führungslose Außenministerium die Rolle eines armen Verwandten.

Das Budget des Außenministeriums, das im Wesentlichen im Ausland in Dollar ausgegeben wird, halbierte sich durch die Flaute des Hrywnjakurses. Die Botschaften wurden gezwungen, die Dienstautos zu verkaufen, an Benzin, feierlichen Empfängen, Telefonaten und sogar Papier zu sparen.

Jetzt mit dem schlauem Poroschenko rechnen die Diplomaten mit einer Verbesserung des materiellen Zustandes. Sie hoffen, dass er als ambitionierte Person Armut innerhalb des amtlichen Territoriums nicht zulassen wird.

Die Ernennung von Poroschenko muss Hryhorij Nemyrja zurückhalten, der sich die letzten anderthalb Jahre auf den Lorbeerblättern des faktischen Außenministers von Julija Timoschenko ausruhte. Und genauso wird Poroschenko die Praktiken unterbinden, wo Diplomaten trotz des Protokolls zu den bilateralen Treffen von Timoschenko während ihrer Ausflüge ins Ausland nicht zugelassen wurden.

Ohne einen vollwertigen Minister konnte das Außenministerium kein normales Leben führen. Es gab unmögliche Vorschläge für die Ernennung der Botschafter der Ukraine im Ausland. Einige Länder haben auf bilateralen Treffen verzichtet, als Chandohyj Minister in Vertretung war, – hauptsächlich aus Überlegungen über die Nicht-Symetrie heraus, da sie von einem vollwertigen Minister vertreten werden sollten.

Außerdem ist heute im Außenministerium die Position des Ersten Stellvertreters frei – nach der Abreise Jurij Kostenkos als Botschafter nach China. Ohne einen vollwertigen Minister, der einen Kandidaten vorschlägt, war diese Position nicht besetzt.

Offensichtlich wird jetzt die Position des Ersten Stellverstreters ein Protege von Timoschenko einnehmen – die Ministerpräsidentin wird verlangen, dass das Prinzip eingehalten wird, nach dem ihre Leute die Positionen der Ersten Stellvertreter in den Ministerien einnehmen, die von den Abgeordneten der Partei “Unsere Ukraine” bereits geführt wurden.

…Nächste Woche soll die erste ernste Veranstaltung unter Teilnahme von Poroschenko stattfinden – die Sitzung der Botschafter der Ukraine, die im Ausland akkreditiert wurden.

Da wird auch Oleh Schamschur anwesend sein, der Botschafter der Ukraine in den USA, den Juschtschenko davor dem Parlament vorgeschlagen hatte, der aber dessen Kandidatur nicht verteidigen konnte. Und man kann hoffen, dass die Bankowa genug Taktgefühl hat, sich vor dem professionellen Diplomaten zu entschuldigen, der einfach zum Geisel der politischen Spiele geworden ist.

Wyktor Tschywokunja

09.10.2009

Quelle: Ukrajinska Prawda

¹ Zweideutigkeit im Russischen: Schießpulver und die Abkürzung des Namens von Poroschenko

Übersetzerin:   Vita Martynyuk — Wörter: 1380

Vita Martynyuk stammt aus Kiew, hat von 1998-2003 ein Diplom als Übersetzerin/Dolmetscherin für Russisch/Ukrainisch/Deutsch/Englisch im Fachbereich: Technische Fachliteratur an der Nationalen Technischen Universität der Ukraine „KPI“ in Kiew erworben.
Danach machte sie noch einen Master of Global Studies Fachbereich: Gender Studies, Regional Studies, Geschichte an der Universität Wien und der Universität Leipzig, wo sie heute lebt und je nach Zeit zu den Ukraine-Nachrichten beiträgt.

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