Das Ukrainische Haus ist, wie auch früher schon mehrfach geschehen, zum „Epizentrum“ des politischen Lebens des Landes geworden – an seinen Stufen versammeln sich Politiker, die dort gehaltenen Nachtwachen werden in Fernsehreportagen und Fotoalben festgehalten. Von innen vermittelt das Lager den Eindruck einer Versammlung Gleichgesinnter. Man denkt gar nicht, dass die hier anwesenden Führer von „Swoboda“ nur wenige Stunden später in ihren Blogs mit der Führung von „UDAR“ abrechnen werden, dass der Abgeordnete, der gerade freudig seine Mitstreiter umarmt, den massenhaften Wechsel der früheren Demokraten in die Regierung organisiert hat, dass das Handeln manch eines erbitterten Verteidigers der ukrainischen Sprache eher von politischer Berechnung als von aufrichtiger Sorge um die Heimat geleitet wird.
Im Lager der Protestierenden herrscht ausgelassene Stimmung – jeder ist bereit, den Anderen zu unterstützen. Genauso sah – trotz zahlreicher Widersprüche, Ambitionen und sogar gegenseitigen Hasses – 2004 auch der Maidan in Kiew aus. Mit nur einem Unterschied: Der Maidan war ein Meer, vor dessen Hintergrund der Rest von Kiew verschwand. Das Ukrainische Haus dagegen ist eine kleine Insel, die selbst vom anderen Ende des Europaplatzes nur noch wie ein beflaggtes Tüpfelchen aussieht. An der Aktion, die nach den Plänen ihrer Organisatoren die Ukraine aufrütteln sollte, beteiligen sich wieder einmal nur die üblichen Verdächtigen.
Der Punkt ist nicht, dass den Ukrainern die Sprachproblematik egal ist – ich denke, für viele Landsleute sind die Entwicklungen rund um das Sprachengesetz ein Ärgernis und gleichen einem unverhohlenen Schlag ins Gesicht. Der Punkt ist auch nicht, dass sich die Ukrainer nicht mehr für Massenproteste interessieren – es ist offensichtlich, dass sich in Lemberg oder anderen Städten im Westteil des Landes genügend Protestwillige finden ließen. Der Punkt ist zunächst, dass der Maidan keine bloße Urgewalt war, sondern eine gut organisierte Sache. Eine Menschenmenge, die angetan ist, der Regierung Angst einzujagen, muss nach Kiew transportiert, untergebracht, gefüttert und mit Handlungsanweisungen versorgt werden. Und sie sollte wirklich so groß sein, dass sie von keiner Berkut-Einheit auseinandergetrieben werden kann. Hat sich die Opposition auf eine Aktion dieses Maßstabs vorbereitet? Natürlich nicht, schließlich kam die bloße Verabschiedung des Sprachengesetzes für sie völlig überraschend. Hat sie die Mittel zur Vorbereitung einer solchen Aktion?
Natürlich nicht – die Mittel werden mit Müh und Not für den Wahlkampf reichen. Verfügt sie über ein klares Aktionsprogramm, das jenseits der Forderung nach Rücknahme des Sprachengesetzes die Massen mobilisieren kann? Natürlich nicht. Und wenn Litwin das Gesetz nicht unterzeichnet? Und wenn Janukowitsch sein Veto einlegt? Werden die Leute dann auseinandergehen und beim nächsten Mal zusammenkommen, wenn wieder eine Massenabstimmung ansteht? Auf diese Weise werden die Ressourcen nicht ausreichen – und auch die menschliche Geduld nicht.
Die Opposition sollte sich darauf vorbereiten, nach den Parlamentswahlen ernsthaft und mit Entschiedenheit aufzutreten – schließlich ist klar, dass Wahlfälschungen in großem Umfang zum beherrschenden Thema der nächsten Zeit werden. Hier kann man Botschaften formulieren, die von den Leuten tatsächlich auch verstanden werden: Kampf um den eigenen Stimmanteil, Rücknahme der antiukrainischen Gesetze, die nur möglich wird, wenn die Stimmauszählung ehrlich erfolgt, Notwendigkeit von Reformen und Ende der internationalen Isolation, schließlich die Entlassung politischer Gefangener. Die Forderung nach einem Rücktritt des Präsidenten braucht gar nicht erhoben zu werden – sie wird ganz von alleine aufkommen, als Reaktion auf eine unangemessene Haltung des Staatsoberhaupts zu den Forderungen des Volkes. Oder glaubt jemand, dass ein Mann, der in zwei Jahren an der Macht nicht eine angemessene Entscheidung getroffen hat, plötzlich zur Besinnung kommt?
Doch ein solcher Auftritt wird der Opposition nur unter einer Bedingung gelingen: wenn auf dem Maidan noch mehr Menschen zusammenkommen als 2004. Janukowitsch wird um seine Macht kämpfen und versuchen, die Protestierenden auseinanderzujagen, wenn sie wenig zahlreich sind. Wenn ihm dies gelingt, ist alles verloren: Dann finden wir uns in einer Diktatur à la Lukaschenko wieder, und nicht einmal der nach den Wahlen praktisch unausweichliche Wirtschaftskrach wird an der politischen Situation noch etwas ändern. Und auch darauf ist zu achten: Dieses Mal sollten sich so viele Wähler an die Verteidigung ihrer Stimmen machen, dass in den Straßen der Hauptstadt gar kein Platz bleibt für Einheiten des „Berkut“. Der Kreschtschatik sollte zur „Fanmeile“ der ukrainischen Demokratie werden – und dies ist tausendmal wichtiger als die Fanmeile während der Europameisterschaft. Und wenn es keine Möglichkeit gibt, eine solche Menge an Unterstützern zu versammeln, so sollte das Unternehmen gar nicht erst angefangen werden. Es würden sonst lediglich die oppositionellen Kräfte bloßgestellt und die Gesellschaft der Möglichkeit beraubt, zu einem späteren Zeitpunkt aufzuwachen, wenn die Bedingungen erneut günstig sind – und die Regierung wird diese Bedingungen schon schaffen, nur keine Sorge.
Und noch eine weitere Bedingung ist wichtig: Das Zusammenwirken aller oppositionellen Kräfte; derjenigen, die heute zur vereinigten Opposition gehören, derjenigen, die mit ihr zusammenarbeiten, und auch derjenigen, die bislang am Rande bleiben. Nur die Abkehr von Hochmut und gegenseitigen Bosheiten verheißt Erfolg. „Swoboda“ und „UDAR“ sollten ihre Haltung zueinander in einem demokratisch gewählten Parlament klären, und nicht auf den Straßen der ukrainischen Hauptstadt. Nur die Abkehr von Hochmut und gegenseitigen Bosheiten wird eine Neuauszählung der Stimmen und eine Übereinkunft mit dem Präsidenten möglich machen … bezüglich seines begründeten Rücktritts und der Durchführung vorgezogener Präsidentschaftswahlen.
Natürlich wird all dies wenig an die „Orangene Revolution“ erinnern – aber eine „Orangene Revolution“ braucht die Ukraine auch nicht mehr. Was sie braucht, ist eine „Rosenrevolution“.
6. Juli 2012 // Witalij Portnikow, Chefredakteur und Moderator bei TVi
Quelle: Lewyj Bereg
Forumsdiskussionen
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Anuleb in Politik • Re: Die Anzeichen verdichten sich, dass Putin bald gewinnt
„..... Na, da bin ich mal gespannt. Russland hat recht genaue Ziele und wird ganz sicher nicht mehr nach der westlichen Pfeife tanzen. ..... Ich denke mal, dass die Russen selber darauf gespannt sind, welche...“
Greg in Ukraine-Nachrichten • Re: Die Unternehmen von DTEK haben in den ersten beiden Monaten des Jahres drei Kohlemähdrescher hergestellt
„Kohlekraftwerk“
Frank in Ukraine-Nachrichten • Re: Die Unternehmen von DTEK haben in den ersten beiden Monaten des Jahres drei Kohlemähdrescher hergestellt
„Was soll ein "Kohlemähdrescher" sein?“
Bernd D-UA in Politik • Re: Die Anzeichen verdichten sich, dass Putin bald gewinnt
„@minimax jetzt verstehst Du die Welt nicht mehr! Weil Russland nur einen Rubel in der Ukraine nach dem Krieg investieren wird? Selbstverständlich werden andere dies leisten müssen und vor allem auch...“
Frank in Politik • Re: Die Anzeichen verdichten sich, dass Putin bald gewinnt
„.... Na, da bin ich mal gespannt. Russland hat recht genaue Ziele und wird ganz sicher nicht mehr nach der westlichen Pfeife tanzen.... Als der Sklave von China ist natürlich viel besser“
Frank in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„Ich sage ja, Opfer in jeder Hinsicht. Sogar der billigsten ukrainischen und westlichen Propaganda. Du ergötzt dich dran wenn Menschen umgebracht werden, Privateigentum vernichtet wird, Existenzen zerstört....“
Minimax in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„Ich sage ja, Opfer in jeder Hinsicht. Sogar der billigsten ukrainischen und westlichen Propaganda.“
Frank in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„Dass du doof bist ist offensichtlich, manche Opfer, wie auch das in den Bildern, sind nicht mehr zu retten. Warum haben Russen so das Verlangen Kinder und Frauen umzubringen? Zumal fest steht dass auch...“
Minimax in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„Dass du doof bist ist offensichtlich, manche Opfer, wie auch das in den Bildern, sind nicht mehr zu retten.“
Minimax in Politik • Re: Die Anzeichen verdichten sich, dass Putin bald gewinnt
„Die ukrainische Regierung ist mittlerweile in ihrer Kriegsführung weitgehend abhängig von ausländischer Hilfe. Das bedeutet: Auch ohne militärische Niederlage hat das Land weite Teile seiner Souveränität...“
Frank in Politik • Re: Die Anzeichen verdichten sich, dass Putin bald gewinnt
„Ein Teil ist da jedenfalls Schwachsinn ....“
Frank in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„Kann ein einzelner Russen-Nazi so doof sein?“
Minimax in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„Apropos in der Ukraine gäbe es keine oder kaum Nazis. Was soll man dazu sagen“
Frank in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„... Gestern war tatsächlich kein Wodka im Spiel,... Bei dir mal nicht? Was zu beweisen wäre ...“
Bernd D-UA in Hilfe und Rat • Re: Wohnungsverkauf - Geldtransfer aus der Ukraine ins Ausland
„Dann viel Erfolg, welches Geld auch immer aus der Ukraine zu schaffen. 2 Zimmerwohnung in Toplage im Zentrum von Sumy, Kersanierung 08.2021, hat was mit dem Geldtransfer und der Fragestellung zu tun?“
Bernd D-UA in Vermischtes • Re: Interview: «Ja, ich schäme mich» – junge Ukrainer im Ausland werden die Frage nicht los: Soll ich zurückkehren, kämpfen und vielleicht sterben? Oder bleiben und leben?
„Der Abschaumsoll selber kämpfen, sprichst Du etwa von Dir selbst minimax? Du bist doch derjenige der für die Russen kämpfen und sterben wollte! Ich bezahle Dir die Fahrkarte nach Moskau, die kennen...“