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Jossyf Sissels über das Projekt von Babyn Jar: Dies ist ein „Trojanisches Pferd“, das Putin der Ukraine „schenkt“

Jossyf Sissels Babyn Jar als Trojanisches Pferd Putins

In der Ukraine ist kürzlich ein Skandal wegen des Projekts der Holocaust-Gedächtnisstätte Babyn Jar ausgebrochen. [Geläufig ist im Deutschen statt der ukrainischen Bezeichnung Babyn Jar, die russische Variante Babi Jar. Beides heißt Altweiberschlucht und bezeichnet einen Ort in Kiew, an dem die deutschen Besatzer Ende September / Anfang Oktober 1941 einen großen Teil der Kiewer Juden erschossen. A.d.R.] Es gab einen Brief ukrainischer Kulturschaffender gegen ihren künstlerischen Leiter, den russischen Filmregisseur Ilja Chrschanowski.

In dem Brief heißt es, Chrschanowskis Methoden hätten „nichts damit zu tun, die Erinnerung an die Opfer des Holocaust zu ehren“ und „simulierten“ die moralischen Entscheidungen vergangener Tragödien, anstatt sie zu verhindern.

Gleichzeitig warf der Skandal ein noch tieferes Thema auf: die Zulassung eines Gedenkprojekts in der Ukraine, das von russischen Geschäftsleuten während der russischen Aggression in der Ukraine finanziert wird. – Die Antwort auf diese Herausforderung wurde der Appell der ukrainischen Kultur- und Wissenschaftsgemeinschaft bezüglich der Gedenkstätte von Babyn Jar.

Wir sprachen über die Probleme rund um die Gedenkstätte sowie über alternative Projekte zum Gedenken an die Opfer des Holocaust in der Ukraine und Babyn Jar mit Jossyf Sissels, einem bekannten Dissidenten und Menschenrechtsaktivisten, außerdem Co-Präsidenten der Vereinigung jüdischer Organisationen und Gemeinschaften der Waad der Ukraine.

Das Interview wird in Zusammenarbeit mit UkraineWorld.org veröffentlicht, der englischsprachigen Website über die Ukraine von „Internews-Ukraine“.

Jossyf SisselsJossyf Sissels über das Projekt Babyn Jar: "Ich glaube nicht daran, dass es Putin egal ist, auf was dieses Projekt abzielt."

Herr Jossyf, wie stehen Sie zu dem Brief von Kulturschaffenden gegen Chrschanowskis Methoden? Und wie stehen Sie zum Gedenkzentrum selbst und seinem Konzept?

Ich bin seit über dreißig Jahren an Holocaust-Gedenkprojekten beteiligt. Seit vielen Jahren nehme ich an allen Veranstaltungen rund um Babyn Jar teil. Und ich bin seit über vier Jahren im Krieg mit diesem russischen Projekt eines Gedenkzentrums.

Aber meine Einstellung zu diesem Brief ist ziemlich kritisch. Das einzig Positive ist, dass er auf dieses Problem aufmerksam macht.

Meiner Meinung nach lenkt dieser Brief jedoch vom Hauptziel ab. Weil wir zuerst sagen müssen, dass dies ein russisches Projekt ist, dass es sehr heimtückisch gegenüber der Ukraine ist und dass es ein „trojanisches Pferd“ ist, das Putin der Ukraine während des Krieges, den er mit der Ukraine führt, „schenkt“.

Das Problem liegt nicht beim Regisseur oder dem künstlerischen Leiter, sondern in der Tatsache, dass dies Putins Projekt ist.

Sie sagen, dass dieses Projekt russisch ist. Dort gibt es wirklich russisches Geld – von Michail Fridman, Pawel Fuks, Herman Chan. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats des Holocaust-Gedenkzentrums Babyn Jar Nathan Schtscharanskyj [zumeist englisch Natan Sharansky transkribiert, A.d.R.] scheint jedoch kein Problem darin zu sehen, dass russisches Kapital die Gedenkstätte in der Ukraine finanziert. Wie würden Sie auf diese These reagieren?

Ich habe dieses Thema wiederholt mit Schtscharanskyj besprochen. Wir kennen uns seit über 40 Jahren. Wir waren zusammen in einem Umfeld von Dissidenten – er war in Moskau und ich in der Ukraine.

Das heißt, er ist mir vermeintlich im Geiste nahe. Aber ich blieb ein Dissident, und er hörte auf, einer zu sein. Er wurde Teil des Establishments – des israelischen, globalen – und das ist eine andere Sache.

Ich wiederhole jedoch, das Problem liegt nicht bei Schtscharanskyj und nicht bei Chrschanowski. Das Problem ist, wer hinter diesen Projekten steht.

Russland führt seit sechs Jahren Krieg gegen die Ukraine. In diesem Krieg werden Menschen getötet, verstümmelt, Territorium annektiert, es gibt Millionen von Unglücklichen, Flüchtlinge und andere Menschen, die gelitten haben.

Also frage ich: Wie kann es sein, dass Putin, der mit uns Krieg führt, tötet, vergewaltigt, annektiert und gleichzeitig seinen „Helfershelfern“ erlaubt, 100 Millionen Dollar in der Ukraine für ein Kulturprojekt auszugeben? Da sowohl Fridman als auch Chan und Fuks Putins „Helfershelfer“ sind, durften die Geschäftsleute Putin Russland ausrauben, die er an die Finanzhähne stellte.

Daher glaube ich nicht, dass es Putin egal ist, worauf dieses Projekt abzielt. Ich glaube nicht, dass es eine aufrichtige russische Idee ist, uns ein Holocaust-Museum zu schenken.

Worin mag der Putinismus in diesem Projekt zum Vorschein kommen? Welche Botschaften mögen in dieses Gedenkzentrum eingebettet werden und was kann gefährlich sein?

Putins Krieg beinhaltet einen hybriden Krieg. Es gibt eine große Informationsfront zu diesem Krieg.

Diese Front ist global. Sie ist nicht nur in der Ukraine. Diese riesige finanzielle Ressource richtet sich an Einflussagenten, die im Westen leben und sehr berühmte Personen sind – berühmte Politiker oder ehemalige Politiker, die von Russland als Einflussagenten bestochen werden.

Wir haben [Gerhard] Schröder neulich sagen sehen, dass Sanktionen gegen Russland bedeutungslos sind und aufgehoben werden sollten. Hier ist einer der Einflussagenten.

Die einzige Person, die sich sofort weigerte, an diesem Projekt teilzunehmen, war Timothy Snyder. Ein großer Historiker und ein großer Bürger. Weil er verstand, was hinter diesem Projekt steckte.

Und was will Putin mit diesem Denkmal erreichen? Dasselbe, was er der Welt in dem hybriden Krieg beweisen will.

Dass die Ukrainer inkompetent sind, dass sie keine eigene Nation sind.

Dass Russen und Ukrainer „ein Volk“ sind.

Dass Ukrainer Antisemiten, Nationalisten, Faschisten, Nazis sind.

Und wenn es ihm gelingt, dieses Museum zu bauen, wird Millionen seiner Besucher gezeigt, was für schlechte Menschen die Ukrainer sind. Und das auf dem Territorium der Ukraine, in der Hauptstadt der Ukraine.

Schon die Tatsache, dass die Russen hier ein Projekt durchführen, ist schlecht für das Image der Ukraine. Jeder wird darauf hingelenkt oder sogar direkt informiert: Schaut doch mal, die Ukrainer sind niemand, sie konnten kein Denkmal für Babyn Jar bauen, und die Russen konnten es. Damit sagend, dass die Russen eine große Nation sind.

Darüber hinaus wird all die „Pobedobessije / Siegeswut“, die wir jetzt in der russischen Politik sehen, dieses Museum durchziehen. Daran habe ich keinen Zweifel.

Es wird Botschaften geben, dass dies ein Sieg der Sowjetmacht über den Nationalsozialismus ist. Weil sie es nicht anders können. Man sagt, dass, egal was die Russen tun, immer noch ein Kalaschnikow-Gewehr herauskommt.

In einem Ihrer Artikel sagten Sie, dass das Babyn Jar-Denkmal nicht nur die Erinnerung an die vernichteten Juden ehren sollte – obwohl die meisten der in Babyn Jar Getöteten Juden waren -, sondern auch die an andere Nationalitäten: Roma, Ukrainer und andere. Denken Sie, dass dies ein viel umfassenderes Projekt sein sollte?

Hier muss man nichts erfinden. Es gibt ein ukrainisches Konzept der Erinnerung an Babyn Jar. Es wurde letztes Jahr von einer Arbeitsgruppe verteidigt, die sich um das Institut für Geschichte versammelte.

Sie haben ein sehr gutes Konzept gemacht, sehr würdig – sowohl für Juden als auch für Ukrainer, für alle, die in Babyn Jar getötet wurden und deren Knochen und Asche dort liegen.

Dieses ukrainische Konzept sieht das Gedenkterritorium „Babyn Jar. Dorohoschytschier Nekropole“ vor – ein Gedenkpark von 70 Hektar. Dieses Territorium umfasst alle umliegenden Friedhöfe.

Es wäre ein großer Ort der Erinnerung an alle, die dort starben – alle Nationalitäten, alle Religionen. Dies ist auch eine globale Idee – nicht schlechter als die Idee derer, die uns ein russisches Projekt gebracht haben.

In diesem Park, nicht unbedingt in Babyn Jar selbst, vielleicht irgendwo in der Nähe, waren zwei Museen geplant: das Museum der Erinnerung an die Opfer von Babyn Jar und das Ukrainische Holocaust-Museum.

Diese Museen würden sich im bedingten Erinnerungsraum an der Stelle von Babyn Jar kreuzen. Weil Babyn Jar mehr ist als die Erschießung von Juden. Dies ist eine Geschichte, die zurückreicht bis ins 19. Jahrhundert.

Daher ist es notwendig, Dokumente zu finden, um dieses Problem zu untersuchen: Wer wurde im 19. Jahrhundert, im frühen 20. Jahrhundert, während des Bürgerkriegs, während des Holodomor und während der Repressionen [Ende der 1930er, A.d.R.] in Babyn Jar getötet – bevor die Nazis am 29. September 1941 mit den Erschießungen begannen.

All diese Tragödien würden im Museum zur Erinnerung an die Opfer von Babyn Jar behandelt.

„Senkrecht dazu“ wäre das ukrainische Holocaust-Museum. Es würde die ukrainische Sicht des Holocaust in den jetzt als Ukraine bezeichneten Gebieten demonstrieren.

Meiner Meinung nach ist dies eine sehr würdige Idee, die die ukrainische Sichtweise, das ukrainische Konzept der Gedächtnispolitik, präsentieren würde.

Wir sind ein junges Land, wir sind erst 30 Jahre alt. Ich möchte die Erinnerungspolitik anderer Länder, einschließlich berühmter Demokratien, als sie 30 Jahre alt waren, sehen.

Trotz unserer Jugend haben wir Energie, wir können das Geld dafür finden – um eine ukrainische Sicht auf unsere eigene Geschichte zu entwickeln und müssen nicht die „Gaben trojanischer Pferde“ annehmen – egal woher sie kommen: aus Europa, aus Amerika oder aus Russland.

Es wäre interessant für mich, die Polen anzuschauen, wenn die Russen zu ihnen kämen und ihnen anböten, ein Museum zu bauen. Die Polen würden ihnen sofort einen solchen Tritt geben, dass sie weiter als nach Sibirien fliegen würden. Die Ukrainer aber sind geduldig. Die Ukrainer sind eine sehr geduldige Nation, eine sehr zurückhaltende.

Wenn es ein ukrainisches Projekt gibt und man davon weiß, warum wird das russische Projekt von einigen Ukrainern unterstützt? Von Klytschko [Klitschko], Wakartschuk, Pintschuk? Und auch von außen – von Leuten wie Kwaśniewski ? Ist es der Einfluss von Geld? Ist es ihre Naivität?

Wenn es hier nur um Geld ginge, wäre es sehr einfach. Es gibt auch Ambitionen. Aber wir dürfen auch das Geld nicht vergessen.

Die Russen haben es sehr gut kalkuliert. Sie sagten sofort im Jahr 2016, dass sie 100 Millionen Dollar in die Ukraine bringen sollten. Und mit so viel Geld kann jeder bestochen werden.

Es gibt zum Beispiel ein wichtiges jüdisches religiöses Problem. Weil dies das Territorium der Friedhöfe ist und auf Friedhöfen nichts gebaut werden kann. Aber als Fuks 2016 nach Kiew kam und mich überredete, mich dem Projekt anzuschließen – ich lehnte sofort ab, fragte ihn aber nach dem Friedhof -, lehnte er ab.

Weil Leute, die 100 Millionen Dollar haben, immer jemanden kaufen, der ein Stück Papier unterschreibt, dass auf einem Friedhof gebaut werden kann.

Eine Person unterzeichnete beispielsweise eine Genehmigung – obwohl er nicht das Recht dazu hatte -, als die U-Bahn-Station „Dorohoschytschi“ gebaut wurde. Anschließend wurden nachts Säcke mit Knochen aus der Grube genommen. Knochen wurden auch aus den Gruben genommen, als die gegenüberliegenden Häuser in der Olena-Teliha-Straße gebaut wurden.

Sie fragen, warum Ukrainer an diesem Projekt mitarbeiten? Aber arbeiten einige Ukrainer denn zum ersten Mal mit Aggressoren zusammen, mit denen, die kommen, um die Ukraine zu erobern?

Das heißt einfach Kollaboration. Leider nicht zum ersten Mal und nicht zum letzten Mal.

Aber ich zähle auf die Zivilgesellschaft. 2003 boten uns die Amerikaner in Babyn Jar ein Projekt namens „Heritage / Erbe“ an. Sie brachten 50 Millionen Dollar an. Das war zu jener Zeit das gleiche wie jetzt 100 Millionen.

Und dann gab es auch einen Informationskrieg. Zwei Jahre lang wurden wir einfach mit Füßen getreten, weil wir dagegen waren. Aber schon damals haben wir verstanden, dass in diesem Land nur ein ukrainisches Format der Erinnerungspolitik möglich ist.

Und wir haben durchgehalten. Die Zivilgesellschaft stand auf unserer Seite. Weil niemand und nichts der Zivilgesellschaft standhalten kann. Und auch die Russen werden nicht standhalten. Unsere Majdane haben es bewiesen.

Jossyf SisselsJossyf Sissels: "Es wäre interessant für mich, die Polen anzuschauen, wenn die Russen zu ihnen kämen und ihnen anböten, ein Museum zu bauen. Die Polen würden ihnen sofort einen solchen Tritt geben, dass sie weiter als nach Sibirien fliegen würden."

Kehren wir zurück zu Chrschanowski. Diejenigen, die ihn kritisieren, insbesondere der Autoren des Briefes der Kulturschaffenden, lenken die Aufmerksamkeit bei den Dreharbeiten zu seinem Filmprojekt „Dow“ auf die Methoden, über die in den Medien gesprochen wird. Diese Methoden ähneln der Logik, Gewalt zu reproduzieren, Gewalt zu wiederholen und zu imitieren, in Gewalt einzutauchen, anstatt vor Gewalt zu warnen. Denken Sie nicht, dass diese Ästhetik eine Fortsetzung des russischen Informationskrieges in der Ukraine ist? Schließlich zeichnet es sich auch durch aktiven Flirt mit Gewalt aus.

Ich bin kein Experte für Kunst und Kino, obwohl ich Filme liebe. Ich liebe komplexe Filme – insbesondere Filme, die am Rande der Ethik stehen.

Niemand glaubt, dass Lars von Trier oder Michael Haneke Gewalt fördern, obwohl ihre Filme voller Gewalt sind.

Ich weiß, dass Pasolinis 1978er Film „Die 120 Tage Sodom“ vom Gericht beschlagnahmt wurde. Und Pasolini hat gegen dieses Gericht gewonnen.

Aber Kunst kann nicht verklagt werden. Und die Tatsache, dass jemand Kunst anklagen will, bedeutet, dass wir die eurasische Komponente aus unserer Mentalität noch nicht herausgepresst haben.

Es ist ein Versuch, Menschen zu verurteilen, die sich in Kunst und Wissenschaft ausdrücken wollen.

Aber hier grenzt die Ästhetik an Ethik. Kunst sollte in ihrer Produktion keine ethischen Grenzen überschreiten. Wenn das, was die Medien über Chrschanowskis Methoden schreiben, wahr ist, stellt sich die große Frage: Wenn in der Kunst eine Person moralische Grenzen überschreitet – ich meine Geschichten über Vergewaltigungen, Experimente mit Kindern usw. -, dann liegt dies ausschließlich in der russischen ethischen Logik. Die versucht, den Raum für Gewalt zu erweitern, nicht ihn einzuengen.

Sie haben recht, dass es eine bestimmte Grenze gibt, die nicht überschritten werden kann. Aber wer ist der Herrgott, der weiß, wo diese Grenze ist? Ich wiederhole nochmals, ich bin kein Experte oder Kunstkritiker.

Ich habe dreieinhalb Stunden mit Chrschanowskigesprochen, als er mich überredete, mich diesem Projekt anzuschließen. Es ist interessant, mit ihm zu sprechen. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass es keine Zusammenarbeit geben kann – und zwar nicht, weil es Chrschanowski ist, sondern weil es Putin ist.

Ich bin kein Kind. Ich bin den großen Weg der Dissidenten gegangen. Er war sechs Jahre inhaftiert, davon zwei Jahre in Russland und im Ural. Ich kenne Russland sehr gut, ich fühle es.

Wenn ich Schwefel rieche, muss ich unter den verschiedenen Hypothesen annehmen, dass sich der Teufel im Gebüsch versteckt. Und ich muss alles tun, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken, einschließlich der Produktion von Weihwasser (Zitat der Brüder Strugazki). [Arkadi und Boris Strugazki waren berühmte in Leningrad / St. Petersburg lebende sowjetische Gegenwartsautoren im Genre der Fantastik, Anm. d. Übers.]

Ich kann den Schwefel hinter diesem Projekt riechen. Hinter ihm liegt der Teufel in Gestalt Putins.

Sehen Sie irgendein Modell der Zusammenarbeit zwischen dem ukrainischen Projekt und diesem russischen Geld, wenn es unter der Schirmherrschaft des ukrainischen Staates steht und vom ukrainischen Staat kontrolliert wird?

Ich bin kein Radikaler. Aber ich bin wütend über das Fehlen einer normalen patriotischen Reaktion der Ukrainer auf Russlands Versuche, uns – „armen“, „kleinen“, „unterentwickelten“ Menschen – beim Aufbau einer Erinnerungspolitik zu „helfen“.

Ich bin wütend, dass es keinen Protest dagegen gibt.

Vor zwei Jahren hat die Werchowna Rada Anhörungen zu diesem Projekt abgehalten. In Anwesenheit von Scharanskyj und des gesamten damaligen Projektmanagements – Jana Barinowa, Hennadij Werbilenko – und einer großen Anzahl eingeladener Gäste sagte ich, dass dieses Projekt schlecht für die Ukraine ist, dass es sehr gefährlich ist und die nationale Sicherheit der Ukraine beeinträchtigt. Und deshalb sehe ich keine Möglichkeiten, dies in der Ukraine zuzulassen.

Aber ich bot eine Kompromissidee an: gemeinsam ein Projekt zu machen. Es gibt ein ukrainisches Projekt – es lag damals schon vor; und es gibt ein russisches Projekt.

Ich sagte: Lass sie uns zusammen machen, sie zu einer einzigen Initiative vereinen und alles zu paritätischen Bedingungen tun. Finanzierung, Aufsichtsrat, Exekutivdirektion, wissenschaftlicher Rat – alles Fifty Fifty. Dann hat der ukrainische Teil – wenn natürlich die Menschen nicht bestochen werden – das Recht, gegen diejenigen Ideen ein „Veto“ einzulegen, deren Umsetzung das Image der Ukraine gefährden könnte.

Aber Scharanskyj lehnte die Idee sofort ab und sagte, es sei „unser Projekt“, und sie wollten mit niemandem teilen. Wenn diese Seite also keine solche Kompromissposition einnimmt, ist dies nur eine Bestätigung meiner Thesen – dass sie etwas Heimtückisches gegen die Ukraine unternehmen wollen.

Warum nehmen sie sonst eine so miese Position dazu ein? Immerhin würde die Ukraine die Hälfte des Geldes geben. Und ich meine nicht nur die Regierung der Ukraine, sondern auch die Zivilgesellschaft, Geschäftsleute.

Man braucht nicht viel Geld. Das Polin Museum, das Museum für das polnische Judentum, befindet sich seit 25 Jahren im Bau. 70 Millionen Dollar wurden dafür ausgegeben. Für das Denkmal von Babyn Jar wird nicht mehr benötigt.

Die Russen kündigten absichtlich den Betrag von 100 Millionen an, um alle zu verzaubern. Sogar Klytschko erlag dem, obwohl er kein armer Mann ist. Was ist über die anderen zu sagen?

Chrschanowski sagte mir zu diesem Vorschlag: Ich kann es auf allen Ebenen tun, außer auf der letzten, der finanziellen. Damit sagend, ich kann es Fridman nicht anbieten. Und warum nicht? Dies ist eine weitere Frage, die sie nicht beantworten können.

Daher betone ich, dass das Wesentliche dieses Projekts anti-ukrainisch ist. Daran habe ich keinen Zweifel.

Dieses Projekt sollte zusammen mit denjenigen, die es bestellen, aus der Ukraine weggeschickt werden.

Wir müssen ihnen sagen: Es wird in der Ukraine nur ein ukrainisches Format der Erinnerung geben, und wir werden die Politik der Erinnerung selbst entwickeln, und nicht mit Hilfe privater Sponsoren, die zu einem unbekannten Zweck zu uns kommen und uns etwas anbieten.

14. Mai 2020 // Wolodymyr Jermolenko

Quelle: Ukrajinska Prawda

Literaturhinweise für die Ukrainisch-Kundigen:

Sissels Weg und Denken lässt sich ausführlich mitverfolgen in dem empfehlenswerten Interviewband mit Isa Chruslinska „Herr, DU öffnest meine Lippen. Kiew 2017.

Wolodymyr Jermolenko hat nach seinen ersten wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema „Moderne und Antimoderne in der Kultur-Philosophie Walter Benjamins“ und zur Gegenrevolution in Frankreich und Russland zuletzt den Band Überflutende Ideologien. Ideen und Politik im Europa des 19. bis 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Außerdem hat er 2019 den Band Ukraine in histories and stories. Essays by Ukrainian intellectuals herausgegeben. Auch ein Roman, Ozeanfischer, erschien aus seiner Feder. Seit längerem leitet Jermolenko das Projekt „UkraineWorld“, bei dem er Interviews mit herausragenden Figuren der ukrainischen Zivilgesellschaft führt. Anm. d. Übers.

Übersetzer:    — Wörter: 2846

Christian Weise trägt seit 2014 übersetzend und gelegentlich schreibend bei zu den Ukraine-Nachrichten. Im Oktober 2020 erschienen von ihm zwei literarische Übersetzungen: Vasyl’ Machno, Das Haus in Baiting Hollow. Leipziger Literaturverlag und Yuriy Tarnawsky, Warme arktische Nächte. Ibidem, Stuttgart. Im Januar 2020 bereits erschien seine Übersetzung des Bandes Verfolgt für die Wahrheit. Ukrainische griechisch-katholische Gläubige hinter dem Eisernen Vorhang. Ukrainische katholische Universität, Lwiw.

Mit ukrainischen Themen ist er seit 1994 vertraut, als er erstmals Kiew und Lemberg besuchte und sich zunächst mit kirchengeschichtlichen Fragen beschäftigte. Wenn nicht Pandemien hindern, bereist er etwa fünfmal im Jahr die Ukraine.

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