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Neues Versammlungsgesetz kommt vorerst doch nicht

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Gestern fanden in zwölf Städten der Ukraine Protestaktionen gegen die Annahme des Gesetzesentwurfs Nr. 2450 durch die Werchowna Rada statt, der die Abhaltung von Versammlungen regelt. Die Abgeordneten wollten diesen in der nächsten Plenarwoche prüfen. Der Meinung von Teilnehmern der Aktionen nach, könnte die Regierung im Fall der Annahme des Dokuments die Grundlage bekommen, um friedliche Versammlungen zu verbieten. Den Protestierenden gelang es ihre Ziele zu erreichen – die Abgeordneten entschieden sich die Prüfung des Gesetzesentwurfes auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

In Kiew begannen die Proteste gegen die Annahme des Gesetzesentwurfes Nr. 2450 „Zur Reihenfolge der Organisation und Durchführung von friedlichen Versammlungen“ am Unabhängigkeitsmonument. Etwa 150 Menschen bauten sich gemäß vorher auf dem Asphalt aufgemalten Buchstaben auf, dabei das Wort „Ni/Nein“ bildend. Danach setzten sie sich auf Kommando eines Koordinators und hielten dabei weiße Blätter mit den Ziffern 2450 hoch.

Danach stellten sich die Protestierenden zum Wort „Tak/Ja“ um und setzten sich erneut. Dieses Mal erschienen über ihren Köpfen die Aufschriften „Swobodi sibran/der Versammlungsfreiheit“. Diese Vorstellung beendend und „Wir haben das Recht auf Protest!“ und „Nein dem Polizeistaat!“ skandierend, begaben sie sich zu dem Gebäude, in dem sich die Parlamentsausschüsse befinden. Um 11:00 Uhr sollte dort die Sitzung des Schlichtungsrates der Parlamentsausschüsse beginnen, der die Tagesordnungen der nächsten Plenarwoche festlegt. Im Entwurf für die Tagesordnungen war auch der Gesetzesentwurf Nr. 2450 vorgesehen.

Erinnern wir daran, die Werchowna Rada hatte das Dokument in der ersten Lesung am 3. Juni 2009 angenommen. Es verpflichtet im Einzelnen dazu, die Organe der Lokalregierung über Versammlungen fünf Tage vor ihrer Durchführung zu informieren. Die Vertreter einer Reihe gesellschaftlicher Organisationen meinten, dass dies den Machthabern die Möglichkeit gibt Versammlungen zu verbieten. Die zweite Redaktion des Gesetzesentwurfes wurde mit dem Begriff „spontane Versammlung“ vervollständigt – hervorgerufen durch ein unvorhergesehenes Ereignis, welches eine wichtige gesellschaftliche Bedeutung hat und daher keine schriftliche Benachrichtigung der lokalen Regierungsorgane erfordert. Jedoch erklärte Menschenrechtler, dass die unklare Definition der spontanen Versammlung es den Regierenden erlaubt Aktionen zu verbieten, indem sie die Bedeutung ihrer Anlässe herabsenken. Sie wandten sich an den Vorsitzenden der Werchowna Rada, Wladimir Litwin, mit der Bitte die Prüfung des Gesetzesentwurfes zu verschieben (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 10. Juni).

Die gleichen Forderungen stellten auch die Teilnehmer der gestrigen Aktion auf. Vor dem Beginn der Sitzung des Vermittlungsrates ging Litwin zu den Protestierenden hinaus.

„Ich meine ebenfalls, dass die Prüfung dieses Gesetzesentwurfes verlegt werden muss“, sagte der Sprecher. Danach begann er die Vorzüge des Dokuments zu beschreiben, dabei Entrüstung der Anwesenden hervorrufend.

„Aber Sie haben ihn nicht selbst gelesen“, empörte sich Litwin.

„Schande! Schande!“, antwortete ihm die Menge freundlich.

Als der Vorsitzende der Rada wegging, setzten sich einige Demonstranten auf die Außentreppe, dabei die Türen des Gebäudes blockierend. Als Antwort auf die Forderung der Miliz den Durchgang freizugeben, skandierten sie: „Wo wir möchten, bleiben wir sitzen!“ und „Wir haben das Recht auf Protest!“. Als die Milizionäre die Aktivisten mit Gewalt von dem Aufgang wegdrängten, griff die gesamte Versammlung die Losung auf ??„Banditen und die Miliz – eine Koalition“.

Nach einer Stunde kam das Mitglied des gesellschaftlichen Rates beim Innenministerium, Wladimir Tschemeris, heraus. Er teilte mit, dass beim Vermittlungsrat der Entschluss gefällt wurde, die Prüfung des Gesetzesentwurfes Nr. 2450 zu verschieben. Die Versammlungsteilnehmer begrüßten diese Worte mit Freudenschreien und versprachen die Proteste wieder aufzunehmen, wenn das Dokument nicht mit gesellschaftlichen und internationalen Experten abgestimmt wird. Danach gingen sie auseinander, dabei skandierend „Wir kehren zurück“.

Analoge Aktionen fanden gestern ebenfalls in Nikolajew, Charkow, Lwow, Donezk, Poltawa, Kirowograd, Lugansk, Shitomir und Iwano-Frankiwsk statt. Am letzten Freitag verbot die Verwaltung für Innenpolitik des Odessaer Stadtrates die Durchführung einer Protestaktion in dieser Stadt. Der Leiter der Verwaltung, Andrej Krupnik, begründete das Verbot mit einem Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik aus dem Jahre 1988 „Zur Reihenfolge der Organisation und Durchführung von Versammlungen, Meetings, Straßenaktionen und Demonstrationen“, gemäß dem der Antrag durch den Anmelder für eine Demonstration nicht später als zehn Tage vor Beginn bei den Organen der lokalen Selbstverwaltung eingereicht werden muss (die Odessaer Organisatoren der Aktion reichten den Antrag am 11. Juni ein). Ungeachtet des Verbots fand die Aktion in Odessa statt. An ihr beteiligten sich etwa zwei Dutzend Menschen.

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Alexander Sworskij

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein — Wörter: 699

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