IT-Branche: Hardcore pur
Die Krise 2008 hat der ukrainischen IT-Branche stark zugesetzt. Sie auf das Vorkrisenniveau zu bringen war für viele eine nicht leichte Aufgabe.
Nach Angaben der Gesellschaft IDC gab es 2009 eine harte Korrektur und der Markt hat sich beinahe halbiert.
Obwohl die Analysten die Wiederherstellung des Marktes bis 2012 vorausgesagt haben, ist dies immer noch nicht eingetreten.
Auch in Zukunft wird die Branche nicht ihre besten Zeiten erleben: Der Krieg hatte zur Folge, dass die Haushalte für IT-Ausgaben stark gekürzt wurden, was natürlich ein Absinken des Umsatzes nach sich zog.
Wie IDC es im April vorausgesagt hatte, soll der IT-Markt 2014 um 25 Prozent schrumpfen. Doch die Marktteilnehmer sind nicht so optimistisch. Einige sagen einen Rückgang von 50 Prozent voraus, andere sogar, dass man auf das Entstehungsniveau zurückrollen wird.
Im Sparmodus
In erster Linie wird der Rückgang Hardwarelieferungen betreffen. Auch werden sich ukrainische Gesellschaften nicht mit der Legalisierung ihrer Software beeilen. Deshalb wird die negative Dynamik das Segment des IT-Consulting und Systemintegration begleiten, das um 50 Prozent absinken könnte.
„Meines Erachtens nach ist die IT-Branche, inklusive der Systemintegration und des Outsourcing, auf das Niveau von 2001-2002 zurückgerollt, als sie erst langsam entstand und die Größe des Markts mickrig war. Heute gibt es eine ähnliche Situation mit dem Einsatz von IT im Unternehmenssegment“, klagt der Vizepräsident der Incom-Gesellschaft Nikolaj Dowschenko.
Seinen Prognosen zufolge wird die negative Dynamik im Unternehmenssegment 50 Prozent betragen können. Auch der Staatssektor hat IT-Einkäufe gestoppt: Die wirtschaftliche Stabilität ist nicht gegeben und die Budgets auf die Antiterroroperation ausgerichtet. Deshalb wird der Fall nur noch größer werden.
Den geringsten Bedarf gibt es bei Paketlösungen und der Bürotechnik. Wenig Investitionen gehen auch in die Ingenieursinfrastruktur und die Servergeräte. Projekte, die große Investitionen erfordern, werden aufgeschoben, sagt Dowschenko.
Auch die Situation auf dem Markt der Einzelteile und der fertigen Computersysteme ist nicht stabil. Der Anteil an Desktopcomputern und Notebooks geht Jahr für Jahr zurück.
„In unterschiedlichen Segmenten variiert der Marktumfang, der mit Verkaufszahlen bemessen wird, von 20 Prozent Wachstum im Segment der Tablets bis zu über 50 Prozent Absinken des Markts der Desktop-Computer“, gibt der Direktor von Intel Ukraine Dmitrij Kalita seine Prognosen ab.
Asus rechnet mit einem Rückgang bei den Verkäufen von Notebooks um 40 bis 50 Prozent, also mit einem Angleichen der Ergebnisse an das Niveau von 2010.
2014 sollte man auch ein Schrumpfen des Markts für ERP-Systeme erwarten. Bei SAP schätzt man den Rückgang auf 40 Prozent, was den Markt auf das Niveau von 2011-2012 bringt.
Dort hofft man allerdings, dass während die Wirtschaft instabil ist, die Kunden an starken Instrumenten interessiert sein werden, die man schnell implementieren kann und deren positive Wirkung bald spürbar ist.
Zu solchen Instrumenten zählt der leitende Direktor von SAP für die GUS-Länder Maxim Matjasch analytische und mobile Lösungen, Cloud-Technologien und Berechnungen im Arbeitsspeicher.
„Viele unserer Kunden führen gerade jetzt große, vielstufige Automatisierungsprojekte ein, denn gerade jetzt benötigen die Firmen leistungsstarke Instrumente, die die Betriebskosten senken und die Transparenz und Steuerungsfähigkeit verbessern“, bemerkte er. Auch erwartet man in der Gesellschaft, dass der staatliche Sektor zu einem Antrieb des Markts wird.
Gewinner
Ihre Verkaufsumfänge werden die Sektoren der professionellen IT-Dienstleistungen und des IT-Outsourcings, der Entwicklung von Softwarelösungen, des IT-Outstaffings und der Cloudtechnologien beibehalten.
„Diese Segmente werden durch den Bedarf an Einsparungen aufrecht erhalten werden: Die Kunden werden Ausgaben verringern und Aufgaben, die nicht zum Kerngeschäft gehören, outsourcen“, findet Eduard Sawuschkin, Präsident der Gesellschaft Miratech, die sich auf Business-Lösungen spezialisiert.
Außerdem wird es ein stabiles Wachstum im Segment des Exports von Outsourcing-Dienstleistungen geben. Westliche Outsourcing-Kunden werden versuchen, russische Lieferanten zu ersetzen, was den ukrainischen Gesellschaften neue Möglichkeiten eröffnen wird.
„Der Entwicklung des IT-Outsourcing hilft die Überführung der Kapitalkosten in die Betriebskosten – viele Nichtprofilfunktionen werden outgesourct, um Ausgaben zu sparen.
Zu einer Zeit der Ungewissheit und bei wesentlichen Rückgängen der Kapitalinvestitionen stocken viele ukrainische Gesellschaften ihre Rechenkapazitäten mit Hilfe von Cloud-Services auf.
Manche Gesellschaften mussten ihre Rechenzentren aus dem Osten des Landes nach Kiew evakuieren. Andere haben sicherheitshalber Reservezentren in der Cloud eingerichtet. Diese Faktoren schaffen eine positive Dynamik“, sagt Dowschenko.
Dabei ist es offensichtlich, dass es keine schnellen Veränderungen in der IT-Branche geben wird, weil die Priorität bei anderen Sektoren liegt, insbesondere auf der Energie und energieeinsparenden Technologien. Natürlich wird auch die Entwicklung dieser Bereiche die Entwicklung der IT-Industrie nach sich ziehen, doch um einiges später.
Die IT-Branche wird eher gefragt werden, wenn die Regierung zu Reformen übergeht, findet der Vertriebsdirektor von Asus in der Ukraine Walerij Basylenko.
„Man kann sich eine Wirtschaftsentwicklung ohne IT-Technologien nur schwer vorstellen. Wir müssen den Krieg beenden und uns danach Reformen widmen, die die Branche nach sich ziehen. Doch das ist die Perspektive von mindestens noch einem Jahr“, resümiert er.
27. August 2014 // Wladislaw Woloschin
Quelle: Ekonomitscheskaja Prawda
Übersetzer: Oleg Pogrebnyak