Der Erfolg von Boryspil: Ist er ohne staatliche Unterstützung möglich?
Der Flughafen Boryspil konkurriert mit dem Flughafen Frédéric Chopin in Warschau um Passagiere. Wie kann man den Kampf nicht verlieren?
Eine nachhaltige Entwicklung staatseigener Unternehmen ist ohne die Unterstützung des Staates nicht möglich, da jeder Aktionär um den guten Erfolg seines Unternehmens besorgt sein muss. Zu dem Thema inspirierte ein Arbeitsbesuch am Flughafen Frédéric Chopin in Warschau, mit dem der Flughafen Boryspil gemäß der ACI-Klassifikation (10-25 Millionen Passagiere) in einer Gruppe liegt. Auch verfügt er über eine ähnliche technische Ausstattung, steht ihm infrastrukturell um nichts nach und wird dementsprechend mit Dienstleistungen versorgt. Es lohnt sich zu erwähnen, dass der Flughafen Boryspil ein direkter Konkurrent des Flughafens Chopin ist. Wir kämpfen um ein und denselben Transferpassagier. Daher werde ich anhand eines Vergleichs versuchen zu zeigen, wie sich zwei ähnliche Infrastrukturobjekte unter verschiedenen Zugangsweisen der jeweiligen staatlichen Verwaltung entwickeln.
Ausschüttung von Dividenden an den Staat
Der Warschauer Flughafen von Frédéric Chopin zahlt dem Staat jährlich 15 Prozent an Dividenden aus. Der Rest des Geldes fließt in den weiteren Ausbau der Infrastruktur des Flughafens. Im Unterschied dazu billigte die Regierung der Ukraine einen Beschluss, wonach für einen Teil der staatlichen Betriebe, einschließlich des Flughafens Boryspil, die Auszahlung von Dividenden von 40 Prozent auf 90 Prozent erhöht wurde.
Das Unternehmen muss die Möglichkeit haben, sich auf Kosten seiner eigenen Erträge zu entwickeln. Andernfalls könnten unsere Infrastrukturprojekte – darunter etwa der Bau des Abfertigungsvorfelds, die Erweiterung der Halle von Terminal D, der Umbau des Cargo-Terminals und des zentralisierten Kraftstoffsystems – das Schicksal ereilen, Langzeitbaustellen zu werden.
Ich erinnere daran, dass wir bereits einschlägige Erfahrungen mit mehrstöckigen Parkhäusern haben, deren Bau sich seit 2011 verzögert hat.
Die Verwaltung von privatem Eigentum
Der Flughafen Frédéric Chopin besitzt und verwaltet sein Eigentum selbst – im Gegensatz zum Flughafen Boryspil. Unser Eigentum verwaltet der Fonds für Staatseigentum der Ukraine über seine Regionalabteilungen nach einem zuvor gemeinsam mit dem Infrastrukturministerium festgelegten Verfahren. Die Position des Flughafens als unmittelbarer Vermögensinhaber, wird auf der Ebene von Wünschen berücksichtigt, das heißt, fast nie.
Wenn wir sagen, dass der Staat ein ineffektiver Eigentümer jedweder Prozesse ist, möchte ich zuallererst über Pachtverhältnisse in Bezug auf Staatseigentum sprechen. Das Feld der Manipulation und Korruption derartiger Beziehungen ist zu weit gefasst, da diese Prozesse zu jedem Zeitpunkt sabotiert werden können.
Und solche Fälle sind keine Seltenheit. In der regionalen Zweigstelle des Fonds für Staatseigentum der Ukraine im Gebiet Kyjiw dauert die Übergabe von Teilen der Räumlichkeiten des Erdgeschosses des Passagierterminals zur Vermietung für die Unterbringung von Wechselstuben beispielsweise länger als ein Jahr.
Der erste Wettbewerb fand am 17.02.2017 statt. Infolge einer Versteigerung gewann einer der „technischen Kandidaten“ mit einem Mietpreis von ungefähr 280.000 Hrywnja [circa 10.000 Euro] pro Monat (zu einem Startpreis von 12.900 Hrywnja). Es ist selbstverständlich, dass der Mietvertrag nicht abgeschlossen wurde. Aus diesem Grund nahm der Fonds für Staatseigentum der Ukraine das Vertragsabschlussverfahren erneut auf. Die Wiederholungswettkämpfe fanden am 03.11.2017 und am 10.11.2017 statt. Den Ergebnissen dreier Aktionen nach gewann ein Unternehmen mit einer monatlichen Miete von 490.000 Hrywnja, 306.000 Hrywnja und 405.000 Hrywnja (ich erinnere daran, bei einem Startpreis von 12.700 Hrywnja). Das heißt, der Mietpreis eines Quadratmeters eines Raumes von 3,6 Quadratmetern lag bei 5.000 USD, 3.150 USD und 4.160 USD. Gleichzeitig beträgt die Höchstmiete von einem Quadratmeter Fläche im Terminal D etwa 130 USD (das sind Geldautomaten und Geldwechselschalter). Aus diesem Grund wurde der Mietvertrag nicht unterzeichnet und der Flughafen hat wieder keine Möglichkeit, sein Eigentum zu vermieten und den Passagieren die notwendigen Dienstleistungen anbieten zu können. Leider sieht das Gesetz keine Haftung für eine solche Verweigerung vor, aber der Staat hat mit finanziellen Einbußen für die Organisation eines neuen Wettbewerbs zu rechnen. Stattdessen verliert der Flughafen sein Image und seinen Ruf als Unternehmer und die Passagiere bleiben ohne angemessene Dienstleistungen zurück.
Die Hauptfluggesellschaften des Flughafens
Der Warschauer Flughafen arbeitet eng mit der nationalen Fluggesellschaft zusammen, was es ihm ermöglicht, sich zu einem Luftverkehrsknotenpunkt zu entwickeln. Der Flughafen ist der Ansicht, dass nur eine nationale Fluggesellschaft wirklich daran interessiert ist, den Flughafen als Luftverkehrsknotenpunkt weiterzuentwickeln. Alle anderen ausländischen Fluggesellschaften nutzen den Flughafen pragmatisch.
Mit dem Erstarken der Fluggesellschaft LOT Polish Airlines begann der Flughafen Chopin schnell an Schwung zu gewinnen. Infolgedessen betrug das Passagieraufkommen des Flughafens im Jahr 2019 18,86 Millionen Passagiere. LOT Polish Airlines ist die größte Fluggesellschaft am Flughafen Chopin, die Hauptfluggesellschaft des Flughafens. Im vergangenen Jahr nahmen fast 51,54 Prozent der Passagiere des Flughafens die Dienste dieser nationalen Fluggesellschaft in Anspruch.
Bei uns ist die Situation ähnlich: Die nationale Fluggesellschaft Ukraine International Airlines kurbelt durch ihre Entwicklung die Zunahme des Passagierverkehrs am Flughafen Boryspil – vor allem des Transfers – an.
Ich glaube, dass der Flughafen Boryspil durch die ständige Zusammenarbeit mit dem etablierten und leistungsstarken Luftfahrtunternehmen eine Chance hat, zu einem starken europäischen Luftverkehrsknotenpunkt zu werden. Deshalb müssen wir nicht nur den Flughafen, sondern auch das Luftfahrtunternehmen selbst und das damit verbundene gemeinsame Produkt – den Transfer – weiterentwickeln.
Den Polen steht es frei, Erfahrungen auszutauschen, was den Wert der europäischen Mentalität ausmacht. Sie haben eine strategische Vision von wirtschaftlichem Wachstum. Neben der Unterstützung staatseigener Unternehmen integrieren sie ihr Verkehrssystem in das europäische, sie bauen die Logistik aus und erweitern die Kapazitäten ihres Landes. Wir haben genau das, was wir uns von ihnen borgen und umsetzen müssen.
Trotz der großen Unterschiede zwischen den staatlichen Prozessen zog der Flughafen Boryspil in internationalen Rankings am Warschauer Flughafen vorbei. Unser Flughafen gehört in seiner Kategorie dem Rating der ACI Euope zufolge (Airports Council International, welches monatlich ein Rating erstellt und die Daten von mehr als 230 europäischen Flughäfen analysiert) zu den drei Flughäfen mit der höchsten Dynamik des Passagieraufkommens. Dies ist eine große Anerkennung, aber es ist auch eine große Herausforderung für uns, die Dynamik beizubehalten. Damit der Flughafen nicht unter dem Passagieraufkommen leidet und weiterhin hochprofitabel bleibt, brauchen wir einen angemessenen Ansatz für die freie Verwaltung unseres Eigentums und des Entwicklungsbudgets.
29.01.2020 // Heorhij Subko, Stellvertretender Generaldirektor für Handelsangelegenheiten des Flughafens Boryspil
Quelle: Ekonomitschna Prawda