Mehrheit der Ukrainer weiterhin für die Unabhängigkeit des Landes


Am Vorabend des Unabhängigkeitstages haben das Rasumkow-Zentrum und das Kiewer Internationale Institut für Soziologie die Ergebnisse von Untersuchungen veröffentlicht, welche die Beziehung der Bürger der Ukraine zur staatlichen Souveränität betreffen. Die Studien zeigten, dass die Mehrzahl der Bürger der Ukraine die Unabhängigkeit des Landes unterstützt. Tatsächlich gibt es jetzt davon jedoch fast ein Drittel weniger als 1991. Dabei heben die Umfrageteilnehmer hervor, dass sich in den letzten 20 Jahren der Lebensstandard verschlechtert hat.

Gemäß den Ergebnissen der zwischen dem 10. und dem 17. August vom Rasumkowzentrum durchgeführten Untersuchung, welche das Verhältnis der Bürger der Ukraine zur staatlichen Unabhängigkeit betraf (befragt wurden 2007 Teilnehmer in allen Oblasten der Ukraine, die statistische Abweichung beträgt 2,3%), würden derzeit 62,8 Prozent für die Unabhängigkeit stimmen. Bekanntlich hatten sich 1991 bei der ukraineweiten Abstimmung 90,3 Prozent der Ukrainer für die Unabhängigkeit des Landes ausgesprochen. Gegen die staatliche Souveränität treten derzeit 13,8 Prozent auf (9,4 Prozent waren unentschlossen). Bemerkenswert ist, dass der Anteil der Unterstützer der Unabhängigkeit in etwa so groß ist, wie die Zahl derer die meinen, dass sich ihr Leben im Vergleich zu 1991 verschlechtert hat – 61,7 Prozent.

Gemäß den Daten des Rasumkowzentrums betonten 63,1 Prozent der Befragten den Anstieg des Verbrechensniveaus, 70,1 Prozent sind überzeugt davon, dass im Lande die Korruption angestiegen ist und 58 Prozent der Ukrainer bekundeten eine Verschlechterung ihres Wohlstandes insgesamt.

Der Direktor der Soziologieabteilung des Rasumkow-Zentrums, Andrej Bytschenko, erklärt das Bestreben der Ukrainer erneut für die Unabhängigkeit zu stimmen, sogar ungeachtet der Verschlechterung ihres Lebens, damit, dass „die Menschen diese Verschlechterung nicht der Tatsache der Unabhängigkeit, sondern der erfolglosen Landesführung zur Last legen“. „Man kann den Schluss ziehen, dass die Nostalgie nach der Sowjetunion im Rückgang begriffen ist. Teilweise erklärt sich das damit, dass es unter der erwachsenen Bevölkerung, die sich in unserer Auswahl befindet, jetzt mehr Personen gibt, die in der unabhängigen Ukraine geboren wurden“, erklärte Bytschenko dem “Kommersant-Ukraine”. Diese Sichtweise teilt der Direktor des Instituts für globale Strategien, Wadim Karassjow. „Den Ergebnissen der Untersuchung nach kann man folgenden Schluss ziehen: die Ukrainer begreifen, dass es keine Alternative zur Unabhängigkeit gibt, doch gleichzeitig haben nur die politischen und wirtschaftlichen Oberen die Dividenden aus der Unabhängigkeit des Landes in voller Höhe erhalten“, sagte Karassjow dem “Kommersant-Ukraine”, die Stimmung der Ukrainer als ermutigend bezeichnend.

Übrigens kann man die Studienteilnehmer kaum komplett als Optimisten bezeichnen. 20 Jahre nach der Ausrufung der Unabhängigkeit halten nur 37,4 Prozent der Befragten die Ukraine wirklich für einen unabhängigen Staat und fast die Hälfte – 49,8 Prozent der Befragten – halten sie nicht für unabhängig. Mehr als anderes stören bei der Errichtung der endgültigen Unabhängigkeit der Ukraine, der Meinung der Umfrageteilnehmer nach, die von internationalen Finanzorganisationen diktierten ökonomischen Bedingungen (71,9 Prozent), die Stationierung ausländischer Militärbasen auf dem Territorium des Landes (55,7 Prozent) und dessen Energieabhängigkeit (73,8 Prozent).

Die Ergebnisse der Studie des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie (KMIS) zeugen ebenfalls davon, dass die Bürger der Ukraine die Unabhängigkeit der Ukraine befürworten würden, ungeachtet der existierenden politischen und ökonomischen Instabilitäten. In der Studie des KMIS zu den Änderungen im Verhältnis der Bürger der Ukraine zur staatlichen Souveränität, die vom 10. – 20. Juni durchgeführt wurde (befragt wurden 2040 Personen in allen Oblasten der Ukraine, die statistische Abweichung beträgt nicht mehr als 3,3 Prozent), heißt es, dass 52 Prozent der Befragten den in einem ukraineweiten Referendum zu beschließenden Akt der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine unterstützen würden. Dagegen sprachen sich 25 Prozent der Befragten aus. Weitere 11 Prozent würden am Referendum nicht teilnehmen. Diese Daten, wie man beim KMIS bekräftigt, unterscheiden sich statistisch nicht von den Antworten, die im Ergebnis auf die gleiche Frage 2006 gegeben wurden. „Im letzten Jahr fand eine heftige Enttäuschung der Wähler von der Politik statt (besonders unter den Einwohnern der östlichen und südlichen Regionen der Ukraine). Die Tatsache, dass diese Tendenzen das Verhältnis der Ukrainer zur staatlichen Souveränität nicht verändert haben, zeugt von der Änderung der Beziehung der Bürger der Ukraine zu den Werten ihrer politischen Gemeinschaft und zu sich selbst“, heißt es in der Mitteilung des KMIS.

Die Direktorin des Fonds für „Demokratische Initiativen“, Irina Bekeschkina, erklärte dem “Kommersant-Ukraine”, dass jegliche radikale Änderung des Status des Landes zu Erschütterungen und einer Verschlechterung der ökonomischen Situation führen. „Die Ergebnisse der Studie reden nicht davon, dass die Ukrainer konservativ sind; seinerzeit stimmten sie für die Unabhängigkeit. Warum sollte man nicht zulassen, dass die Leute in ihrem Land leben möchten, ungeachtet dessen, dass ihnen dieses Land nicht gefällt?“, fasste Bekeschkina zusammen.

Olga Kurischko

Quelle: “Kommersant-Ukraine”:

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 766

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