Ukrainische Nationalisten haben Angst vor Büchern
Gestern, am 10. September, fand im Konferenzsaal der Internetagentur Zaxid.net eine Pressekonferenz statt, die der Herausgabe einer Anthologie mit homosexueller Thematik unter der Bezeichnung “120 Seiten Sodom” gewidmet war. Eine Gruppe junger Leute versuchte die Präsentation des Buches zu sprengen.
Wie das Gay-Forum der Ukraine mitteilt, fand im Rahmen des jährlichen Literaturfestivals beim Forum der Buchherausgeber in Lwiw eine Präsentation der Anthologie der modernen Queer-Literatur statt, in die Werke von 30 Autoren aus 15 Ländern Europas und Amerikas eingingen.
An der Präsentation nahmen der Direktor des Verlags Kritika, Andrej Mokroussow, die Herausgeber der Anthologie und Initiatoren des Projektes 120, Irina Schuwalowa (Kiew) und Albina Posdnjakowa (Lwiw), einer der Autoren der Anthologie – Christopher Wait (Schottland) und ebenfalls der Übersetzer Ostap Sliwinskij (Lwiw) teil.
Gleichzeitig tauchten, nach Angaben des Gay-Forum, während der Präsentation im Saal zwei Gruppen junger Leute auf. Die ersten bewarfen die Teilnehmer mit Tomaten unter Rufen “Die ukrainische Jugend ist gegen Sodomie” und die zweite, welche aus Vertretern der Organisation “Trisub namens Bandera” bestand, übergossen die Teilnehmer mit Mayonnaise und Wasser.
Die letzteren vollzogen, wie es in der Mitteilung heißt, noch einen richtigen Pogrom, zerstörten Mikrofone, zerschlugen Flaschen, vernichteten Presseveröffentlichungen und Buchexemplare und danach versuchten sie zu entkommen, doch wurden dabei von Mitarbeitern der Redaktion gehindert, welche die Miliz riefen.
Bis zur Ankunft der Rechtsschutzorgane unterbrachen die Störer die Redner, skandierten dabei xeno- und homophobe Losungen. Derweil wurde die Pressekonferenz erfolgreich abgeschlossen und die Miliz nahm einige Gegner der Buchpräsentation fest.
Mokroussow bezeichnete diesen Zwischenfall obgleich er “wild und widernatürlich” war, als “gesellschaftliche Aktion”. Außerdem beschuldigte er die örtlichen Machthaber der Druckausübung auf die Leitung des Lwiwer Theaters namens Lesja Kurbasa mit dem Ziel die Präsentation und Lesung der Anthologie im Theatergebäude zu verhindern.
“Die Versuche die Vertreter der kulturellen Elite zu schädigen, einzuschüchtern und moralisch zu demütigen und das neue Literaturprodukt physisch zu vernichten, haben nur einen gegenteiligen Effekt, eben die Verstärkung der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit auf die Herausgabe der Anthologie. Mir scheint, dass diese Zwischenfälle ein erhöhtes Leserinteresse am Buch hervorrufen und der Herausgeber muss eine Zusatzauflage herausbringen”, erklärte der Leiter des Gay-Forums der Ukraine, Swjatoslaw Scheremet.
Vorher hatte das Gay-Forum der Ukraine über ein inoffizielles Verbot der Präsentation der ersten ukrainischen Anthologie mit homosexueller Thematik mitgeteilt, mit der deren Herausgeber die Öffentlichkeit auf dem XVI. Lwiwer Forum der Buchherausgeber verblüffen wollten.
Quelle: Korrespondent.net