Doing Business-2013: Auf dass der Lichtstrahl nicht vergehe…
Zu Beginn der vergangenen Woche, am 23. Oktober, haben die Weltbank und die Internationale Finanz-Corporation (IFC) die Ergebnisse ihrer zehnten Untersuchung zur Unternehmerfreundlichkeit in unterschiedlichen Ländern (Doing Business-2013) veröffentlicht. Zum ersten Mal konnte für die Ukraine eine spürbar positive Entwicklung konstatiert werden – ein Sprung nach oben im Ranking um ganze 15 Plätze (vom 152. auf den 137. Platz). Zudem befand sich Kiew bei den Verbesserungen der Kontextbedingungen für Geschäftstätigkeiten unter der führenden Troika (hinter Polen und Sri Lanka). Unserem Land wurde in drei der zehn im Ranking untersuchten Kategorien Reformen bescheinigt. In den Bereichen „Geschäftsgründung“, „Steuerveranlagung“ und „Registrierung von Eigentum“ konnte eine relativ signifikante Verbesserung festgestellt werden.
Ansonsten ist die Verbesserung der Platzierung im Ranking laut Experten kein Anlass zum Feiern – immerhin kann der 137. Platz kaum als ehrenwert bezeichnet werden. Und die Lösung der wichtigsten Schlüsselprobleme (welche zudem stark miteinander korrelieren) wie Korruption, Schutz des Eigentums, Rechtmäßigkeit von Gerichtsurteilen und viele andere steht der Ukraine noch bevor.
Globale Tendenzen
Die krisen- und rezessionsbedingte Situation innerhalb der Weltwirtschaft (wie auch die Krise des kapitalwirtschaftlichen Systems) zwingen die regulierenden Kräfte weltweit – insbesondere in den Schwellenländern – ein Höchstmaß an Möglichkeiten zur Aktivierung unternehmerischer Initiative zu ermitteln. Im letzten Jahrzehnt wurden laut einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung des Doing-Business-2013 nahezu 2.000 Reformen im Bereich gesetzlicher Regulierung gemeldet, die in insgesamt 180 Ländern umgesetzt wurden. Beachtenswert ist, dass gerade Osteuropa und Zentralasien, eine Region also, zu der die Ukraine gezählt wird, seit 2005 weltweit führend bei den Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für nationale Unternehmen sind. Entsprechend überholte diese Region Ostasien und den Pazifikraum und wurde zur zweitbesten in Bezug auf das Geschäftsklima weltweit (nach der OECD).
Im letzten Jahr waren vier Ökonomien Osteuropas und Zentralasiens unter den ersten zehn Ländern mit deutlichen Verbesserungen in drei oder mehr Bereichen der rechtlichen Regulierung der unternehmerischen Sphäre: die Ukraine, Usbekistan, Serbien und Kasachstan. Und Georgien stieß in die weltweite Top Ten bei den Rahmenbedingungen für Geschäftstätigkeiten vor.
Und auf dem ersten Platz befindet sich zum siebten Mal in Folge Singapur. Ebenso gingen Hongkong, Neuseeland, die USA, Dänemark, Norwegen, Großbritannien, Südkorea und Australien in die Top Ten der Länder mit dem unternehmerfreundlichsten Rechtsrahmen ein.
Unter unseren unmittelbaren Nachbarn, den GUS-Partnern, hält Weißrussland den 58., Moldawien den 83. und die Russische Föderation den 112. Platz.
Bedeutend zuversichtlicher fühlen sich die baltischen Staaten mit Estland auf Platz 21, Lettland auf 25 und Litauen auf 27. Armenien findet sich auf dem 32., Kasachstan auf dem 49., Aserbaidschan auf den 67., Kirgisien auf dem 70. Platz wieder.
Richtung Westen sichert sich die Slowakei den 46., Ungarn den 54., Polen den 55., Tschechien den 65., Bulgarien den 66., Rumänien den 72. Platz.
In unmittelbarer Nähe der Ukraine befinden sich Lesoto (136.) und die Philippinen (138.). Allerdings sind hinter der Ukraine von den postsowjetischen Staaten lediglich Tadschikistan (141.) und Usbekistan (154.) zu finden.
Die methodischen Besonderheiten
Die Bedeutung des Reports darf nicht überbewertet werden. Aber auch nicht unterbewertet. Eine charakteristische Besonderheit der Untersuchung ist, dass es sich nicht um eine Umfrage unter Unternehmern und Investoren zum laufenden Geschäftsklima handelt, sondern um eine Bewertung der Business-Sphäre durch lokale Experten anhand eines fiktiven Durchschnittsunternehmens, das in der größten Stadt des Landes als vollkommen funktionierendes kleines oder mittleres Unternehmen registriert wird. Dieses standardisierte Verfahren wird bei allen untersuchten Ländern angewandt.
Darüber hinaus werden in der Studie bei weitem nicht alle für Unternehmen oder Investoren bedeutsamen Aspekte für die unternehmerische Tätigkeit berücksichtigt. Beispielsweise werden nicht solche Faktoren, die Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit haben, betrachtet wie Sicherheitsniveau, makroökonomische Stabilität, Kriminalität und Korruption, Qualifikation des Humankapitals, Beständigkeit und Effektivität der Institutionen oder die Infrastruktur. Insbesondere wurden auch nicht die rechtlichen Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen untersucht.
Hintergrund zum “Doing Business Report”
In den „Doing Business Reports“ wird den gesetzlichen Regelungen ein besonderes Augenmerk geschenkt, die die kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs) in elf Bereichen ihrer Tätigkeit tangieren: Geschäftsgründung, Erteilung von Baugenehmigungen, Anschluss an die Energieversorgung, Registrierung von Eigentum, Kreditvergabe, Schutz der Investorenrechte, Steuerveranlagung, Realisierung von Außenhandelstätigkeiten, Durchsetzung von Verträgen, Abwicklung bei Zahlungsunfähigkeit von Unternehmen sowie Einstellung von Arbeitskräften.
Das kumulierte Ranking der Geschäftsbedingungen stützt sich auf zehn Komponenten (und schließt keine Kennzahlen zur Einstellung von Arbeitskräften ein).
Wie selbst die Verfasser des „Doing Business“ angemerkt haben, sind sowohl der Global Competitiveness Report des Wirtschaftsforums als auch das „World Competitiveness Yearbook“ des International Institute for Management Development in Bezug auf ihre Kennzahlen umfassender. Aber insgesamt betrachtet korrelieren diese mit den Kennzahlen des Doing Business (der Korrelationskoeffizient entspricht 0,79 bzw. 0,72).
Andererseits ist der Doing Business Report sehr bekannt und populär. „Die Investitionsaktivität hängt von der Stimmung der Investoren ab, die wiederum unter anderem auf solchen Untersuchungen wie der von der Weltbank und der IFC gründet“, bemerkt der Leiter der Abteilung für Steuer- und Rechtspraxis bei Ernst & Young Wladimir Kotenko. Die Untersuchung selbst und die in dieser analysierten Reformerfahrungen dienen in vielen Ländern als Grundlage für Programme zur ökonomischen Umgestaltung, insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Ein beachtenswerter Sachverhalt ist folgender: Nachdem er auf den Posten des russischen Präsidenten zurückgekehrt war, hat Wladimir Putin die Verbesserung der unternehmerischen Rahmenbedingungen bis unter die zwanzig führenden Länder der Welt als prioritär zu behandelnde Aufgabe ausgegeben.
Die Kennzahlen der Ukraine
Der Doing Business ist mittlerweile auch fest im Bewusstsein der inländischen Staatsbeamten als Richtschnur verankert. Und, ja, der zuletzt festgestellte Fortschritt gibt spezifischen Anlass zum Optimismus. Dabei ist der Aufstieg innerhalb des Rankings am spürbarsten in der Kategorie „Geschäftsgründung“, innerhalb derer sich die Ukraine um 66 Plätze, vom 116. auf den 50. verbessern konnte (die Rankings der letzten Jahre wurden wegen der Erweiterung des Reports von 183 auf 185 Länder zugunsten Barbados und Maltas neu berechnet). „Die Ukraine hat das Geschäftsgründungsverfahren vereinfacht, indem sie die Mindestkapitalanforderung wie auch die Forderung nach notariell beglaubigten Gründungsdokumenten für die Anmeldung von Unternehmen abgeschafft hat“, heißt es im Report.
„Die Verbesserungen der Bedingungen für Geschäftsgründungen hängen mit der Verabschiedung von Gesetzen zusammen, die bereits im Jahr 2010 in Zusammenarbeit mit der IFC ausgearbeitet wurden“, erzählt Sergej Osawoljuk, der Leiter des IFC-Projekts „Das Investitionsklima im Agribusiness“. Es geht um einfache, aber relativ wichtige Dinge, insbesondere für Kleinunternehmer: die Abschaffung der Lizenzen zur Herstellung von Stempeln, der Mindestkapitalrücklagen wie auch der notariellen Beglaubigung der Gründungsdokumente für die Registrierung. Die Änderungen (die Abschaffung der Lizenzen für die Stempelherstellung ausgenommen) sind nach dem 1. Juni 2011 rechtkräftig geworden, weshalb diese im letzten Jahr nicht berücksichtigt wurden und erst im Ranking diesen Jahres widergespiegelt werden“.
Ein weiterer Bereich, bei welchem die Ukraine Erwähnung findet, ist die „Registrierung von Eigentum“ (vom 168. auf den 149. Platz). Hier „wurde“, wie hervorgehoben wird, „das Registrierungsverfahren zur Übertragung von Liegenschaften durch die Einführung effektiver Zeitschranken für die Bearbeitung und den Eintrag in das Liegenschaftskataster in Kiew beschleunigt“.
Größte Beachtung erhalten die steuerrechtlichen Änderungen in der Ukraine. Hier gelang es unserem Land zum ersten Mal, den Kreis der globalen Außenseiter mit einer Verbesserung vom 183. auf den 165. Platz (um 18 Plätze) zu verlassen. „Das Verfahren der Steuerveranlagung wurde durch die Einführung elektronischer Datenübertragungs- und Zahlungsmöglichkeiten für mittlere und kleinere Unternehmen erleichtert“, merken die Verfasser des Doing Business an.
Ebenso kann in der Ukraine, wenn man die einzelnen Tabellenwerte der Länder analysiert, eine bedeutende – beinahe fünffache – Reduzierung der Gesamtzahl der steuerlichen Abgaben und Gebühren für mittelständische Unternehmen (von 138 auf 28) festgestellt werden. Der Zeitaufwand für deren Abwicklung hat sich auf nahezu ein Drittel reduziert (von 657 Stunden auf 491 Stunden jährlich nach dem Stand vom 1. Juni des laufenden Jahres).
Die Positionen der Ukraine im Doing Business Report
Zudem konnte die Ukraine im steuerrechtlichen Bereich unter die ersten zehn Länder der Welt (6. Platz) in der Kategorie „Distanz zu den führenden Ländern“ vorstoßen, die im letztjährigen Report zum ersten Mal eingeführt wurde. Diese Kennzahl soll eine Bewertung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen in den jeweiligen Ländern im Vergleich zu den führenden Ländern der Welt in allen untersuchten Bereichen (seit 2005) ermöglichen. Bewertet wird auf einer Skala von 0 (schlechtestes) bis 100 (bestes Ergebnis) Punkten.
Im aktuellen Bericht verbesserte sich die Ukraine um 31 Punkte (von 16 auf 47) im direkten Vergleich zum führenden Land der Welt, den Vereinigten Arabischen Emiraten (100 Punkte), wo den insgesamt vier Steuerabgaben ein unternehmerischer Zeitaufwand für die Abwicklung von jährlich 12 Stunden gegenübersteht.
„Die Verbesserung der Platzierung der Ukraine im Bereich „Steuerveranlagung“ um 18 Punkte (vom 183 auf den 165. Platz) gründet auf der Einführung der elektronischen Steuererklärung sowie insbesondere auf der Verabschiedung des Steuergesetzes, das die Steuergesetzgebung vereinheitlicht und die Anzahl der Steuerabgaben reduziert hat (der daraus resultierende Effekt wird im Doing Business speziell mit Verzögerung berücksichtigt, da diese erst 2011 in Kraft getreten war)“, erklärt Wladimir Kotenko.
Dennoch zeugt ein 165. Platz davon, dass das inländische Steuersystems eine außergewöhnlich unangenehme Angelegenheit darstellt. Demgegenüber erklärte der Leiter der Staatlichen Steuerbehörde, Alexander Klimenko, als er die Kennzahlen der Ukraine im Bereich der „Steuerveranlagung“ kommentierte, dass dank der von den Experten des Doing Business anvisierten Einführung elektronischer Dienstleistungen für Steuerzahler und dem Aufbau einer entsprechenden Verwaltung der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Nutzer von 39% zu Beginn 2011 auf mehr als 98% zum heutigen Tag angestiegen sei. Gemäß seinen Worten sei bereits heute die Anmeldung für neue mehrwertsteuerpflichtige Bürger vereinfacht und soll in naher Zukunft durch die Steuerbehörde vollständig in ein elektronisches Format transformiert werden, während sich gleichzeitig der Umfang der erforderlichen Dokumente um das dreifache reduziert habe. Rigide gekürzt wurde auch die Bearbeitungszeit der Anträge – auf nicht mehr als sechs Tage.
A. Klimenko verspricht, dass bis zum Ende des laufenden Jahres der Zeitaufwand für die Verwaltung auf die Hälfte gekürzt werden würde, und langfristig die komplette elektronische Erfassung und Abwicklung der Umsatz-, Boden- und Einkommenssteuer- sowie sämtlicher anderer Steuerarten für alle Bürger angestrebt werde.
„Der Gewinnsteuersatz betrug, als das Steuergesetz verabschiedet wurde, 25 Prozent, zum jetzigen Zeitpunkt 21 Prozent, 2013 wird dieser auf 19% gesenkt. Der Umsatzsteuersatz wird 2014 17% betragen“, zählt der Leiter der Fiskalbehörde die grundlegenden Punkte zur Liberalisierung des Steuersystems in der Ukraine auf. Dank dessen könnte, laut der Prognose der Behörde, die Ukraine in zwei Jahren unter die ersten Hundert des Doing Business Reports vorstoßen.
Der Schlüssel zur Zukunft
Der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der NBU (Nationalbank der Ukraine) und Präsident des Internationalen Instituts für Betriebswirtschaft, Alexander Sawtschenko, geht ebenso davon aus, dass die Ukraine bedeutendes Potenzial in Bezug auf einen weiteren Aufstieg im Ranking aufweist. Allerdings kann dies, seiner Meinung nach, nur über eine Reduzierung des Korruptionsniveaus und des staatlichen Eingriff in die Privatwirtschaft realisiert werden.
Der Experte verweist auf die immer noch äußerst niedrigen Kennzahlen des Landes in Bereichen wie Baugenehmigungen und Anschluss an das Stromversorgungssystem, durch welche das hohe Maß an Monopolisierung in diesen Sektoren unterstrichen wird.
In der Tat hat sich die Platzierung der Ukraine in diesen beiden Bereichen verschlechtert. Bei den Baugenehmigungen befinden wir uns unter den drei globalen Außenseitern (183. Platzierung im Vergleich zur 182. im vergangenen Jahr).
„Die in diesem Bereich öffentlich deklarierten Reformen greifen nicht“, konstatiert S. Osawoljuk „sämtliche erforderlichen Schritte des Genehmigungsverfahren zu durchlaufen, ist genauso schwierig wie zuvor und ebenso zeit- und kostenintensiv. Zum Vergleich: während für die gesamte Prozedur aus insgesamt 20 Genehmigungsverfahren in der Ukraine mehr als ein Jahr (375 Tage) benötigt wird, sind in Ungarn, das sich auf dem 55. Platz befindet, lediglich etwas mehr als drei Monate (102 Tage) erforderlich, und in Georgien, das den 3. Platz inne hat, 74 Tage“.
Aber als absoluter Außenseiter unter den 185 untersuchten Ländern erweist sich die Ukraine hinsichtlich der Anzahl der erforderlichen Bewilligungen (11) für einen Anschluss an die Energieversorgung. Dieses Verfahren dauert durchschnittlich 285 Tage (180. Platz).
Kann die Situation verbessert werden? Nach Auffassung Osawoljuks ist das Rezept für einen Aufstieg im Ranking einfach – die Erfahrungen anderer Länder, die früher als wir den Reformweg gegangen sind, zu nutzen, die Zahl der Verfahren zu reduzieren, die Kosten und erforderliche Zeit für diese zu minimieren.
„Die Ukraine nimmt wegen der weitreichenden Eingriffe in die Wirtschaft eine relativ niedrige Platzierung ein. Und genau über eine Deregulierung – sowohl bei den genehmigungspflichtigen Dokumenten als wie auch bei der staatlichen Verwaltung in Zoll- und Fiskalbereichen – kann eine weitere bedeutende Verbesserung der ukrainischen Kennzahlen in derartigen Untersuchungen und bei der Anziehung ausländischer Investitionen erreicht werden“, ist A. Sawtschenko überzeugt.
Dabei merkt der Experte an, dass in der aktuellen Untersuchung der Weltbank weder die Effekte des verabschiedeten Steuergesetzes (im Ergebnis verschlechterte sich die Platzierung der Ukraine in der Kategorie „internationaler Handel“ vom 140. auf den 145. Platz) noch die Vereinfachung des Registrierungsverfahren für neue Umsatzsteuerpflichtige berücksichtigt wurden.
„Von den bereits verabschiedeten Änderungen, die nicht im Ranking berücksichtigt werden, weil sie in diesem Jahr noch nicht rechtskräftig wurden, betrifft dies in erster Linie das neue Gesetz zum Insolvenzverfahren, das am 1. Januar 2013 in Kraft treten wird, sowie die neuen Gewinnsteuersätze, die bis 2014 stufenweise reduziert werden sollen. Wir hoffen, dass sich diese Gesetzesänderungen positiv auf die Bedingungen für unternehmerische Tätigkeiten in der Ukraine auswirken werden“, ergänzt S. Osawoljuk.
Gemäß seinen Worten wird im Doing Business nicht nur der Wortlaut des einen oder anderen Gesetzes, sondern auch dessen praktische Umsetzung betrachtet. Entsprechend wichtig ist eine geeignete Implementierung, denn für eine reale Verbesserung der Kontextbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten und eine korrespondierende Verbesserung im Ranking ist die Vollstreckung der Gesetze unabdingbar, damit auch für die Unternehmen die gesetzlichen Änderungen in der Praxis spürbar sind. Gerade aufgrund ihrer unzureichenden Umsetzung in die Praxis werden einige gesetzliche Änderungen im Ranking nicht berücksichtigt. Dies betrifft in erster Linie die bereits erwähnten Genehmigungen im Bauwesen. Ein weiteres Beispiel ist das Gesetz zur elektronischen Anmeldung eines Unternehmens. Das Gesetz existiert, greift aber nicht, und eine Anmeldung eines Unternehmens, die in vielen anderen Ländern möglich ist, ohne dass das Haus verlassen werden muss, ist in der Ukraine ausgeschlossen.
Wenn es übrigens nur um die Möglichkeit einer elektronischen Registrierung ginge, wäre das alles nicht so bedeutend. Die Bewertungen der Ukraine sind bei der Mehrheit der Kennzahlen sehr niedrig (ausgenommen die Kategorie „Kreditaufnahme“, in der Kiew traditionell den 23. Platz hält). Insbesondere die Verschlechterung der Kennzahl der Kategorie „Schutz der Investoren“, in der Kiew vom 111. auf den 117. Platz rutschte, gibt Anlass zur Sorge.
Auf die erforderliche Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen für Geschäftstätigkeiten in unserem Land verweisen auch, indem sie dies als dringendste Aufgabe der aktuellen Führungsspitze bezeichnen, die Vertreter eines der größten institutionellen Investoren der Ukraine, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). Laut den Experten der EBRD ist hierzu „eine Reformierung des Gerichtssystems, das die Rechmäßigkeit der Regulierungsverfahren bei Wirtschaftsrechtsstreitigkeiten gewährleistet, sowie eine Depolitisierung der Handelsgerichte zwingend erforderlich“. Ebenso unterstreichen sie, dass die Regierung die effektive Umsetzung der verschiedenen im letzten Jahr verabschiedeten Maßnahmen, die auf eine Erhöhung der Effektivität der Verwaltung und eine Reduzierung der Korruption zielen, sicherstellen sollte.
Dieses Rezept war übrigens auch bereits vor zweieinhalb Jahren, als der Präsident Janukowitsch seine jetzige Amtszeit begann, kein Geheimnis. Bislang hat der politische Wille zur Umsetzung gefehlt. Ob dieser in Zukunft vorhanden sein wird, ist eine ebenso große Frage.
Kommentar
Michail Brodski, Leiter der Staatsbehörde für Fragen der regulierenden Politik und Entwicklung des Unternehmertums:
Es wird immer gesagt, dass ein Sieg mehrere Väter habe, aber ich möchte sagen, dass die letzten Erfolge auf dem Gebiet der Deregulierung nicht ohne die aktive Unterstützung der Regierungsspitze, des Premierministers sowie des Ersten Stellvertretenden Ministerpräsidenten der Ukraine Choroschkowskyj als Bereichsleiter für Reformen der „Deregulierung, Entwicklung des Unternehmertums und Reformierung von Verwaltungsdienstleitungen“ möglich gewesen wären. Und dies ist keine Verbeugung, sondern ein reale Bewertung der Situation. Sie verfügen über den politischen Willen, ohne ihre Partizipation bei der Durchsetzung von mitunter ziemlich schwierigen Entscheidungen wäre der bedeutsame Fortschritt bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Geschäftstätigkeiten nicht möglich gewesen.
Dieser Prozess ist bei uns natürlich nicht einfach und läuft vielschichtig und stufenweise ab. Radikale Lösungen wie die georgische, die wir umfassend studiert haben, eignen sich nicht für unser Land, und nach meinem Dafürhalten würde die Gesellschaft diese nicht befürworten.
Der aktuelle Doing Business Report spiegelt – auch wenn dieser auf 2013 datiert ist – unsere Arbeit der zweiten Hälfte des Jahres 2010 und des Jahres 2011 wider. Zu dieser Zeit wurden sehr viele Beschlüsse verabschiedet, deren Steuerung, Inkraftsetzung und Implementierung viel Zeit in Anspruch nahm. Natürlich ist die bürokratische Verzögerung von unten ein äußerst negativer Faktor, nicht nur bei uns, es benötigt immer viel Zeit, bis die örtlichen Beamten und die verschiedenen Institutionen in Gang kommen und beginnen, die von oben kommenden Anordnungen umzusetzen.
Mit dem, was bereits geleistet wurde, aber erst ab Mitte 2012 und dem 1. Januar 2013 in Kraft treten wird, wurde eine gute Vorarbeit geleistet, und der nächste Schritt nach vorne im Ranking wird bedeutender ausfallen als der jetzige. Die großen und mittleren Unternehmen, die wir mit aller Kraft vor allen möglichen Kontrollbeamten bewahren, indem wir deren Vollmachten und Prüflisten gekürzt haben, atmen bereits befreiter.
Kleine Unternehmen sind generell von den Steuerprüfungen befreit, wenngleich ein vollständiges Umgehen solcher Prüfungen in der Wirtschaft nicht möglich ist – Sie kennen unsere nicht einfache Haushaltssituation. Ebenso gut bekannt ist unsere uns allen gemeine Unliebe gegenüber Steuerzahlungen. Diese besitzt mentalen Charakter, wenngleich der Staatsbürger erst dann beginnt, wenn er begonnen hat, Steuern zu zahlen.
Die Vereinfachung der Geschäftsgründung, wo wir uns gleich um 66 Punkte verbessern konnten und meiner Meinung nach einen äußerst respektablen 50.Platz belegen, wird durch wichtige Neuerungen ergänzt. Beispielsweise durch die Regelung zu juristischen Personen, dank derer der Registrierungsprozess bedeutend vereinfacht wurde und die erst jetzt in Kraft tritt. Die Änderungen zum Notariatsgesetz, bei welchem wir etwa 60 erforderliche notarielle Beglaubigungen abgeschafft haben, liegen dem Parlament bereits vor und werden, wie ich hoffe, in nächster Zeit verabschiedet.
Schließlich wurde das Gesetz zur Vereinfachung des Zugangs zum Energieversorgungssystem (Strom- und Gassystem) verabschiedet, das wir eineinhalb Jahre ausgearbeitet und geprüft haben. Dieser Prozess hat nicht nur aufgrund der Koordination mit den geltenden interbehördlichen Verfahren, sondern auch wegen der Abstimmung mit der Wirtschaft so viel Zeit in Anspruch genommen.
Und die Wirtschaft ist bekanntlich auch nicht immer transparent oder bereit, die vorhandenen Privilegien und Marktpositionen, die in den letzten Jahren gesichert werden konnten, aufzugeben. Entsprechend mussten wir zur Abschaffung einiger archaischer Dinge das etablierte Beziehungsgeflecht aufbrechen.
Deregulierung hat aber eine Kehrseite – die Zulassungsverfahren zur Herstellung von Medikamenten oder Lebensmitteln, zur Erteilung von Baugenehmigungen für Hunderte von Häusern oder Atomkraftwerke dürfen nicht einfach so modifiziert oder abgeschafft werden. Das würde im Chaos enden, das Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Bürger mit sich bringen würde. Daher muss man sehr systematisch und wohl überlegt an diese Fragen herangehen. Und das erfordert ebenfalls Zeit.
In Bezug auf die kleineren Unternehmen gibt eine dringliche Aufgabe – die größtmögliche Vereinfachung der Verfahren und Reduzierung der Vorschriften. Die Mentalität der prüfenden Beamten zu ändern, ist äußerst schwierig, aber ich kann bereits heute ernstlich behaupten, dass die Schlangen in der Steuerbehörde verschwinden werden.
Plus, bei uns wird weiterhin die Zahl der Kontrollbeamten gekürzt, bei gleichzeitiger Erhöhung ihres Gehalts. Wir hatten beispielsweise mehr als 53.000 Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde, und im neuen Jahr werden es nur noch 29.000 sein. Das ist ebenfalls ein schwieriger und komplizierter Prozess, da es um lebende Menschen geht.
Deshalb betone ich nochmals, dass wir allen Grund dazu haben, zu erwarten, dass im nächsten Ranking unser Fortschritt bedeutender sein wird. Aber Rankings und meine Prognosen sind nicht so wichtig wie die Wahrnehmung und Stimmung der Unternehmer selbst. Und hinsichtlich deren Bewertung verbleiben bei uns – wie Sie wissen – nicht wenige Probleme. Ein schwacher Schutz der Eigentumsrechte, zweifelhafte Gerichtsurteile und hohe Kreditzinsen – das sind die Probleme, die wir unbedingt lösen werden.
Nebenbei bemerkt tritt mit dem 1. Januar des folgenden Jahres eine neue Fassung des Insolvenzgesetzes in Kraft, das nicht nur das heute mit anderthalb Jahre praktisch ewig dauernde Verfahren verkürzt (und das ist zweifelsfrei ein Plus im Doing Business), sondern auch den Schutz der Kreditorenrechte bedeutend verbessert.
Vergessen werden darf auch nicht, dass in jedem beliebigen Land ein Business immer eine sehr schwierige Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr darstellt, gekoppelt an sehr ernste Herausforderungen. Deshalb sollte ein Unternehmer meiner Meinung nach nicht nur dasitzen und abwarten, bis irgendjemand ihm irgendwelche Bedingungen schafft, er sollte selbst diese Bedingungen anstreben und mitentwickeln. Ein Business ist harte Arbeit, die die Gesellschaft schätzen sollte, da genau diese die Haushaltskassen auffüllt und Arbeitsplätze schafft. Aber gleichzeitig sollten Unternehmer sozial verantwortlich handeln und verstehen, dass Steuerzahlungen und gesetzeskonforme Gehälter unabdingbar sind.
Im Ganzen haben wir bei der Vereinfachung der Kontextbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten eine gute Grundlage geschaffen, an der wir weiterarbeiten werden. Aber im Austausch für diesen gesetzten Trend erwarten wir von den Unternehmen eine ehrliche, legale Tätigkeit, gesetzeskonforme Löhne und akkurate Steuerzahlungen.
Wir haben bereits die Neuerungen angekündigt, die gemeinsam mit dem neuen Arbeitsrecht in Kraft treten werden. Unter anderem erhalten Arbeitgeber das Recht, ein Jahr lang keine Sozialversicherungsbeiträge für neu angestellte Mitarbeiter zu zahlen, die direkt vom Arbeitsamt zu ihm kommen. Aber nur, wenn die Mitarbeiter im darauffolgenden Jahr nicht entlassen werden.
Ebenso haben Arbeitgeber beispielsweise das Recht erhalten, Praktikanten, die gerade die Universität abgeschlossen haben, kein Gehalt zu zahlen, wenn der erforderliche Eintrag ins Arbeitsbuch des Praktikanten erfolgt. Dank dieser und weiterer Änderungen werden, wie wir erwarten, Anreize für gesetzeskonforme Gehaltszahlungen geschaffen, und erhebliche Gewinne aus der Schattenwirtschaft abfließen. Und das ist insofern bedeutend, als gesetzeskonforme Gehälter eine normale Einkommensbesteuerung nach sich ziehen, und das heißt, eine normale Ausübung ihrer Tätigkeit seitens der Gemeinderäte und örtlichen Steuerverwaltungsbehörden. Und natürlich auch eine normale Abführung an den Rentenfond, dessen Defizit seit längerem eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt.
Mit dem 19. November diesen Jahres wird die neue Strafprozessordnung in Kraft getreten, dank derer eine Reduzierung der Wirtschaftskriminalität prognostiziert wird und die den Unternehmern die Möglichkeit eröffnet, wesentlich befreiter aufzuatmen.
Angesichts des Gesagten drücke ich meine Zuversicht dahingehend aus, dass für diejenigen, die bislang keine Verbesserungen wahrgenommen haben, diese auf jeden Fall spürbar werden. Aber auch für den Staat sollte dieser Prozess mit umgekehrten Vorzeichen erkennbar sein. Wenn wir schon über eine Zusammenarbeit zwischen Staat und Unternehmern sprechen, sollte diese in beide Richtungen stattfinden und zum gegenseitigen Vorteil sein.
26. Oktober 2012 // Jurij Skolotjanyj
Quelle: Serkalo Nedeli