Gerichtsverhandlung bei Timoschenko im Gefängnis
Gestern begann das Gericht des Schewtschenko-Stadtbezirks in Kiew mit der Anhörung im SBU-Verfahren (SBU=Sicherheitsdienst der Ukraine) bezüglich der Ingewahrsamnahme von Julia Timoschenko. Das Gericht unternahm den Versuch die Sitzung spät Abends in ihrer Zelle im Lukjanowkaer Untersuchungsgefängnis vorzunehmen, doch verlegte sie die Anhörung am Ende auf heute. Die Verteidigung von Timoschenko hält die erneute Verhaftung der in Haft befindlichen Führerin der Partei „Batkiwschtschyna/Vaterland“ für unlogisch, jedoch beharrt die staatliche Anklage auf der Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen.
Über die Sitzung des Gerichts des Schewschtschenko-Stadtbezirks in Kiew in einer der Strafverfahren, die gegen die Führerin von „Batkiwschtschyna“, Julia Timoschenko, eingeleitet wurden, erfuhren Journalisten von ihrem Verteidiger, dem Parlamentsabgeordneten Sergej Wlassenko („BjuT-Batkiwschtschyna/Block Julia Timoschenko-Vaterland“). Wlassenko führte dabei aus, dass er von dieser Anhörung erst kurz vor dem Beginn erfuhr. Gegenstand der Sitzung unter dem Vorsitz von Richter Andrej Trubnikow wurde die Prüfung des Antrages des SBU auf Verhängung von Sicherheitsauflagen über Timoschenko in der Strafsache, in der vom SBU und der Staatlichen Steuerbehörde ermittelt wird. In dieser Strafangelegenheit sind einige Episoden vereint, in denen die Ex-Ministerpräsidentin die Hauptperson ist. Sie wird der Steuerhinterziehung in Höhe von mehr als 47 Mio. Hrywnja (ca. 1,34 Mio. €), der Verheimlichung von Deviseneinkünften in Höhe von 165 Mio. $ und des Versuchs beschuldigt, gemeinsam mit Ex-Ministerpräsident Pawlo Lasarenko (hatte den Posten von 1996-1997 inne) Mittel aus dem Staatshaushalt in Höhe von 405,5 Mio. $ zu verausgaben. Alle Episoden sind mit der Tätigkeit des Julia Timoschenko gehörenden Unternehmens EESU (Vereinigte Energiesysteme der Ukraine) verbunden. In der beim Gericht eingereichten Darstellung fordert der SBU-Ermittler „Julia Timoschenko in Haft zu nehmen“.
Die Forderung nach dieser Sicherheitsauflage für Timoschenko, die sich auch so bereits seit dem 5. August im Lukjanowkaer Untersuchungsgefängnis in Haft befindet, empörte Wlassenko. „Das stellt eine grobe Verletzung der geltenden Gesetzgebung, der Logik und des gesunden Menschenverstandes dar. Wie kann man einen Menschen erneuten verhaften, der sich bereits per Gerichtsentscheid in Untersuchungshaft befindet? Das ist das Gleiche, wie eine erneute Erschießung oder Erhängung“, erklärte er. Im Gegenzug verbreitete der SBU eine Presseerklärung, in der auf die Schlüssigkeit der Forderung verwiesen wird. „Paragraph 155 des Strafprozessrechts sieht die Möglichkeit einer Sicherheitsauflage sogar für eine Person vor, die sich in einer Gefängniseinrichtung befindet“, erinnerte man beim Geheimdienst.
Bei der Gerichtsverhandlung war Julia Timoschenko nicht anwesend. Im Untersuchungsgefängnis teilte man mit, dass sie aufgrund des unbefriedigenden Gesundheitszustands nicht bei Gericht erscheinen kann. Sergej Wlassenko schlug vor die Anhörung zu verschieben, die Staatsanwälte forderten hingegen, diese in Anwesenheit der Angeklagten im Untersuchungsgefängnis fortzusetzen. Ungeachtet dessen, dass der (gesetzliche) Arbeitstag zu dieser Zeit bereits endete, unterstützte der Richter die staatliche Anklage und verkündete eine auswärtige Gerichtssitzung.
Im Lukjanowkaer Untersuchungsgefängnis war man nicht vorbereitet auf das Erscheinen des Richters, der Staatsanwälte, des Verteidigers und die eilig beim Gefängnis eingetroffenen Parlamentsabgeordneten. Sie alle standen etwa eine Stunde vor den verschlossenen Türen der Einrichtung und erst gegen 20:00 Uhr gelang es den Teilnehmern des Prozesses auf das Gelände des Untersuchungsgefängnisses zu gelangen.
Es wurde beschlossen die Sitzung unmittelbar in der Zelle der Angeklagten durchzuführen – die Verteidigung von Julia Timoschenko erklärte mehrfach, dass der Gesundheitszustand es ihr nicht erlaubt, sich vom Bett zu erheben. All diese eiligen Handlungen brachten übrigens keine Ergebnisse. Als erste verließen die Parlamentsabgeordneten das Untersuchungsgefängnis, dabei mitteilend, dass die Anklage gegen ihre Anwesenheit war und bald kam Sergej Wlassenko zu den Journalisten heraus. Er erklärte, dass der Richter im letzten Moment verkündete, die Anhörung zu verschieben, zugebend, dass im Untersuchungsgefängnis der Arbeitstag endete. Die Sitzung wird heute im Gebäude des Untersuchungsgefängnis um 9:00 Uhr fortgesetzt.
Sergej Sidorenko
Quelle: Kommersant-Ukraine