Interview mit dem Leiter der Gruppe "Deutsch-Ukrainischer agrarpolitischer Dialog"


„Ohne Subventionen ist die Produktion von Biotreibstoff unrentabel“
Heinz-Wilhelm Strubenhoff

„Was hat das Wachstum der Nachfrage nach erneuerbaren Energien im Agrarsektor hervorgerufen?“

Die Ukraine verbraucht viermal mehr Energie für eine Einheit wirtschaftlichen Wachstums als Österreich. Die letzten Jahre erhält die Ukraine russisches Gas zu niedrigeren Preisen als die EU, doch bald werden ukrainische Produzenten für das Gas europäische Tarife zahlen. Daher ist die Frage, wie die Energie effizienter zu nutzen ist, äußerst wichtig. Die ukrainischen „grünen“ Tarife für Energie, die aus erneuerbaren Ressourcen, einschließlich Biomasse, stammen, versprechen gute Perspektive für alle Investoren, die eine Lizenz für den Verkauf dieser Energie haben. Bereits jetzt investieren ukrainische Agrarier aktiv in Technologien, die für Treibstoff Küchenabfälle, Stroh, Holz und Sonnenblumenkernschalen verwenden.

„Sagen Sie: Welche Faktoren beeinflussen die Entwicklung des Marktes für alternative Energien?“

Die Entwicklung der Branche hängt vom Energiemarkt und der staatlichen Politik ab. Zusätzlich erfordern die Projekte in diesem Bereich viel Geld, doch die Kreditzinsen in der Ukraine sind bislang die höchsten in Europa. So ist der deutsche Investor zufrieden, wenn er seine Investition innerhalb von acht Jahren zurückerhält, doch der ukrainische Investor ist in Verbindung damit, dass er einiges mehr für das Kapital zahl, daran interessiert diese bereits nach vier Jahren hereinzuholen.

„Welchen Mechanismus staatlicher Unterstützung für die Produktion von Biotreibstoffen kann man in der Ukraine realisieren?“

Alle EU Staaten subventionieren die Produktion von Biotreibstoffen. Die Regierung fordert von den Herstellern für Motorentreibstoffe diese mit Biodiesel oder Bioethanol zu mischen. Beispielsweise, hat der Staat in Deutschland eine Mindestnorm für den Gehalt von Beimischungen in Benzin festgelegt. Derart zahlen die Fahrer für den Liter dieses Treibstoffes etwas mehr. Das schafft übrigens für die ukrainischen Rohstoffproduzenten gute Möglichkeiten, denn die EU importiert jedes Jahr 2-3 Mio. t Rapssamen. Falls die Ukraine beabsichtigt einen Markt für Biodiesel und Bioethanol zu schaffen, sollte sie Mechanismen analog zu den europäischen nutzen. Ohne Subventionen ist die Produktion von Biotreibstoff in der Ukraine unrentabel. Wer wird diese Subventionen finanzieren? Dafür existieren drei Varianten: das Finanzministerium, die Treibstoffverbraucher oder die landwirtschaftlichen Produzenten.

„Inwieweit ist es rentabel mit den in der Ukraine eingerichteten ‘grünen’ Tarifen zu arbeiten?“

Die „grünen“ Tarife entsprechen vollständig dem europäischen Niveau und eröffnen für die ukrainische Wirtschaft interessante Perspektiven. Ich habe verschiedene Businesspläne analysiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Produktion von Elektroenergie aus Biogas auf der Basis von Mais und von Abfällen aus der Tierzucht rentabel sein wird, wenn die Anlage mehr als 1 MW hat. Rentabel werden sogar teure westliche Technologien. Übrigens ist die Frage entscheidend: erhält der Investor eine Lizenz für den Verkauf der Energie zu ‘grünen’ Tarifen? Bislang ist es nicht einfach in der Ukraine ein zu erhalten.

„Was bremst die Entwicklung der Branche noch?“

Erstens produziert die Ukraine billige Elektroenergie mit Hilfe von Atomkraftwerken. Zweitens hat der Staat keine Möglichkeiten die Entwicklung des Marktes für erneuerbare Energien zu finanzieren. Drittens ist es unmöglich billiges Kapital auf dem Binnenfinanzmarkt zu erhalten. Nicht zufällig nehmen viele ukrainische Agrarholdings Mittel an internationalen Börsen auf. All diese Faktoren beeinflussen den Markt für alternative Treibstoffe, daher entwickelt er sich langsamer als im Westen.

Marija Zaturjan

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 522

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