Neuer Papst wird Kirchenleiden bekämpfen


Der 85-jährige Papst Benedikt XVI hat verkündet, dass er dem Heiligen Stuhl entsagen wird. Er verwies auf sein fortgeschrittenes Alter und seinen Gesundheitszustand. Im März wird ein neuer Papst gewählt.

„Schon vor zwei Jahren verlautbarte der Papst, dass er zurücktreten wolle“, erzählt Pater Petro Baloh, 35, stellvertretender Rektor des Instituts für Religionswissenschaften Thomas von Aquin in Kiew. „Doch damals war eine Affäre im Gange (Pädophilievorwürfe gegen katholische Priester und die Entwendung geheimer Dokumente durch den päpstlichen Kammerdiener, Red.). Benedikt XVI sagte, dass er die Leitung in einer so schweren Zeit nicht verlassen könne. Jetzt hat sich die Lage entspannt, und er kann emeritieren, sich zur Ruhe setzen.

Gaseta po ukrajinsky: Was wird nun aus Benedikt XVI?

Petro Baloh: „Er wird wieder Kardinal Joseph Ratzinger sein, emeritierter Papst. Sein Porträt verbleibt unter den Porträts der anderen Päpste im Vatikan. Das Verfahren für einen Rücktritt vom päpstlichen Amt ist genau festgelegt. Der Kanon Nr. 332 sagt klar, dass der Papst das Recht auf Amtsverzicht hat. Niemand kann es ihm verwehren.“

Wie bewerten Sie die Amtszeit von Benedikt XVI, dem man übermäßigen Konservatismus vorgeworfen hat?

„In 1960ern war er ein großer Optimist und Liberaler. Später änderte er seine Überzeugungen. Vielleicht deswegen, weil es in den 1970ern und 80ern zu radikalen Änderungen in der Welt kam. Er sah, dass die Kirche mit einer Alles-ist-erlaubt-Haltung etwas Bedeutendes zu verlieren drohte. Deswegen war seine wichtigste Aufgabe, die Errungenschaften der Kirche zu bewahren und nicht zu verändern.

Das Charisma des vorherigen Papstes Johannes Paul II lag in seiner Offenheit. Doch auch ihn kritisierte man als zu konservativ, dabei fand er einen wunderbaren Kompromiss. Benedikt XVI dagegen stellte sich offen auf die Seite der Bewahrer der Tradition. Wenn man ihm allerdings zuhört, seine Schriften liest, so findet man dort keinerlei reaktionäres Gedankengut. Er ist ein moderner Denker.“

Stimmt es, dass Benedikt XVI ein Übergangspapst zwischen einem aktiven Vorgänger und einem wahrhaft eifrigen Nachfolger war?

„Tatsächlich brauchte die Kirche eine ruhige Phase. Fast immer, wenn ein über 70-jähriger Papst gewählt wird, erwartet man von ihm, dass er ein Übergangspapst wird.“

Man hört von dringendem Reformbedarf in der Kirche. Was darf man erwarten?

„Es gibt ein Prinzip, auf dem sich die Kirche gründet. Das ist die Heilige Schrift, das Evangelium, das Wort Christi. Dieses Glaubensfundament ist unveränderlich. Was dagegen das Zölibat betrifft (Ehelosigkeitsversprechen der Priester, Red.), so ist dies kein Glaubensdogma. Es ist eine Tradition der westlichen Kirche. Die ostkatholischen Kirchen und auch die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche praktizieren das Zölibat nicht.

Eine Abschaffung des Zölibats, das weiß jeder, käme einer Revolution gleich. Auch die Kirche wird dies sorgfältig abwägen, vor allem, um die Gemeinschaft der Gläubigen nicht zu spalten. Letztlich sind solche Entscheidungen immer Kompromisse zwischen verschiedenen Teilen der Kirche.

Was dagegen homosexuelle Ehen betrifft, so wird die Kirche niemals einverstanden sein. Das heißt nicht, dass sie eine schlechte Einstellung gegenüber diesen Menschen hätte. Jedem Einzelnen steht sie mit Liebe gegenüber. Es gibt jedoch auch so etwas wie Achtung vor dem Menschen, und es gibt Kirchendisziplin. Taufe, Trauung und Kommunion dürfen nur Menschen erteilt werden, die dazu bereit sind. Homosexuelle sind nicht bereit, eine kirchliche Ehe anzunehmen, die die Einheit von Mann und Frau vorsieht.“

Zur Frage der Zulässigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen und Verhütung …

„Es gibt hier einen wesentlichen Unterschied. Einen Schwangerschaftsabbruch betrachtet die Kirche als Mord an unschuldigen Kindern im Mutterleib und wird diese Position niemals aufgeben. Verhütung dagegen ist ein Eingriff in die natürliche Kinderplanung. Die Kirche ruft zu einer natürlichen Familienplanung auf. Aber nirgends in der Heiligen Schrift steht geschrieben, dass Verhütung eine Sünde sei.“

Kann ein neuer Papst derartige Reformen durchführen?

„Wenn ein Liberaler gewählt wird. Es gibt viele Anwärter auf den Heiligen Stuhl.“

Wer wird Papst werden – ein Lateinamerikaner, ein Italiener, ein Asiat?

„Die Geografie hat keine Auswirkung auf die Wahl. Es geht vor allem um den Kandidaten.

Benötigt wird ein Kandidat, der über eine Milliarde Menschen führen kann – ein offener, hinreichend junger, aktiver und gebildeter Mensch. Zudem muss er zur Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und religiösen Organisationen bereit sein. Und er muss fähig sein, all den Affären entgegenzutreten, die die Kirche in den letzten Jahrzehnten erschüttern, d. h., er muss eine gewisse Ruhe einbringen.“

15. Februar 2013 // Ihor Lubjanow

Quelle: Gaseta po ukrajinsky

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