Die Ukraine verzeichnet im Juli eine Deflation
Zum ersten Mal in den letzten zwei Jahren wurde in der Ukraine ein Sinken der Verbraucherpreise festgestellt. Die Julideflation von 0,5% wurde von der Verringerung der Kosten für Gemüse und Obst verursacht, da sich die anderen Nahrungsmittel weiter verteuert haben. Im September könnte die Wirtschaft eine neue Phase der Inflation erwarten, doch dieses Mal im Dienstleistungsbereich, sagen Experten.
Gestern teilte das Staatliche Komitee für Statistik mit, dass im Juli eine Deflation in Höhe von 0,5% festgestellt wurde. Dies ist die erste Verringerung von Verbraucherpreise seit April 2006 (-0,4%) und die erste Juli Deflation seit 2003 (-0,01%). Dank diesem Preisverfall verringerte sich die Inflation von 15,5% im ersten Halbjahr auf 14,9% in den ersten sieben Monate 2008 und die Inflation der letzten 12 Monate verringerte sich um 2,5 Prozentpunkte auf 26,8%.
Dieses Resultat ist für die Premierministerin Julia Timoschenko vollständig annehmbar, da sie im Juli-August eine Deflation auf dem Niveau von 0,4-0,3% erwartet hatte und ein Jahreswachstum von 15,9% (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 14. Juli). “Es existiert keine Grundlage für die Erhöhung der Inflationswerte im Land.”, erklärte sie gestern im Laufe der Regierungskonferenz und nannte den Schlüsselantiinflationsfaktor: “Heute begann der Erdölpreis in der Welt zu fallen, es gibt keine Gründe für ein Steigen der Inflation.” Die Premierin wusste, offensichtlich, nicht, dass vom 1. August an Russland die Exportzölle für Erdöl auf 495,9$/t (+97,8$ im Vergleich zum 1. Juni) erhöht hat. Die Höhe der Zölle wurde am Anfang des Juli berechnet, daher wurde der Preisverfall am Ende des Monats nicht berücksichtigt. Benzin, welches im Verbraucherpreisindex 0,987% einnimmt, verteuerte sich im Juli allein um 4%.
Hoffnung auf eine lange Verringerung der Preise erlauben auch andere Faktoren nicht. Den Angaben des Statistikamtes nach, wurde die Deflation im Juli nur von zwei Lebensmittelgruppen gewährleistet – den dritten Monat infolge verbilligte sich Gemüse (um 22,8%, darunter Kartoffeln um 13,1%), den zweiten Obst (um 1,3%). Eine geringe Verbilligung betraf Butter (um 0,4%), Käse und Quark (0,7%). Diese vier Warengruppen nehmen 11,41% des Warenkorbes ein, dabei haben Lebensmittel, die weitere 41,73% im Warenkorb einnehmen, sich außerdem weiterhin verteuert. Das Kabinett konnte die Preise von Fleisch (+1%), Pflanzenöl (+1,5%), Backwaren (2,2%), Fisch (+2,6%) und Eiern (+2,9%) nicht verhindern. Übrigens, ein festgelegte Ergebnis gibt es trotzdem: die Preissenkung bei den Nahrungsmitteln – um 1,3% – erwies sich als größer, als bei anderen Waren.
Im Juli verteuerten sich Post- (um 28,2%) und Transportdienstleistungen (2,1%), kommunale Wohnungsdienstleistungen (um 0,9%), Bildungs- (um 0,6%) und medizinischen Dienstleistungen (um 0,7%). Verbilligt haben sich Schuhe und Fototechnik (um 1%).
Die Meinungen von Experten gegen darüber auseinander, dass es im August ebenfalls eine Deflation gibt, doch bereits im September die Preise erneut zu steigen beginnen. “Die aktuelle Deflation, ist von einer saisonalen Verringerung der Gemüsepreise verursacht; eine für die Ukraine traditionelle Erscheinung.”, denkt der Präsident der Ukrainischen Assoziation der Finanzanalysten, Jurij Prosorow. Seiner Meinung nach wird Obst im August zur “Lokomotive” bei der Verringerung der Preise im August. “Im Juli wurde der Höhepunkt bei der Preissenkung für Gemüse festgestellt, im August werden lediglich Kartoffeln billiger, eventuell, Kohl und ebenfalls eine Reihe von Obstsorten, an erster Stelle Wasser- und Honigmelonen.”, sagt die Leiterin der Analyseabteilung der Consultingagentur AAA Marija Kolesnik. “Doch die Preisverringerung im August wird geringer ausfallen als in diesem Monat – in den Grenzen von 0,2-0,4%. Und bereits im September endet der saisonale Fall von Nahrungsmittelpreisen und die Inflation wird vom weiteren Anstieg der Preise für Dienstleistungen bestimmt.”, vermutet Prosorow.
Der Experte des Internationalen Zentrums für perspektivische Forschung, Alexander Sholud, ist sich sicher, dass die Inflation im Herbst vom monetären Faktor beschleunigt wird. “Ungeachtet dessen, dass der Faktor zweitrangig im Vergleich zum Anstieg der Selbstkosten für Nahrungsmittel und Dienstleistungen sein wird, besitzen die ukrainischen Banken bereits jetzt große Ressourcen für die Ausgabe von Verbraucherkrediten. Im Herbst wird dies die Ausweitung der Nachfrage beeinflussen.”, betont er. Zusätzlich hat die Zentralbank zum ersten Mal in diesem Jahr ihre Währungsreserven gleich um 7%, oder um 2,48 Mrd. $, auf 37,914 Mrd. $ erhöht. Die NBU (Nationalbanke der Ukraine) kaufte auf dem Interbankenmarkt überzählige US-Dollar, Euro und Pfund Sterling und führte innerhalb eines Monats eine Emission von Hrywnja in Höhe von 12 Mrd. Hrywnja (ca. 1,6 Mrd. €) durch. Die Inflation wird im September auch von der geplanten Ausweitung der staatlichen Ausgaben um 26-27 Mrd. Hrywnja (ca. 3,47 Mrd. € bis 3,6 Mrd. €) stimuliert.
Experten sind nicht geneigt die Inflationsprognose auf der Basis der Julideflation zu verbessern. “Die erwartete Revision des Budgets zwang uns die Prognose der Jahresinflation von 19% auf 21% zu erhöhen.”, sagte Prosorow. Auf 21,5% erhöhte die Weltbank ihre Prognose (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 21. Juli). Der Ökonom der Weltbank, Ruslan Piontkowskij, erklärt die pessimistische Prognose der Bank mit der erwarteten Verteuerung im Dienstleistungssektor. “Ein hohes Wachstum der Einkommen der Bürger ruft ein Wachstum der Preise im Dienstleistungssektor hervor, was im Herbst bemerkbarer werden wird. Und nach der saisonalen Verringerung der Preise für Nahrungsmitteln gibt es eine ‘kompensatorische’ Verteuerung.”, sagt er. “Ende 2008 erwarten wir eine geringe Verteuerung der kommunalen Dienstleistungen, welche sich in größerem Maße in 2009 fortsetzen wird. Im Ganzen, wird nach einem Jahr der hohen Inflation, verursacht durch den Preisanstieg für Nahrungsmittel, erwartet die Ukraine eine Inflation, hervorgerufen durch die Verteuerung von Dienstleistungen.”. Diese Teuerung betrifft in erster Linie die Bildung, die Wohnungswirtschaft und den Transport.
2007 | Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli |
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Monatsinflation | 0,5 | 0,6 | 0,2 | 0 | 0,6 | 2,2 | 1,4 |
12 Monatsinflation | 10,9 | 9,5 | 10,1 | 10,5 | 10,6 | 13,0 | 13,5 |
2007 | August | September | Oktober | November | Dezember |
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Monatsinflation | 0,6 | 2,2 | 2,9 | 2,2 | 2,1 |
12 Monatsinflation | 14,2 | 14,4 | 14,8 | 15,2 | 16,6 |
2008 | Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli |
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Monatsinflation | 2,9 | 2,7 | 3,8 | 3,1 | 1,3 | 0,8 | -0,5 |
12 Monatsinflation | 19,4 | 21,9 | 26,2 | 30,2 | 31,1 | 29,3 | 26,8 |
Quelle: Kommersant-Ukraine