Ukrainische Steuereinnahmen beginnen zu sinken


Die Regierung gab gestern zum ersten Mal zu, dass der Einnahmenteil des Budgets im November und Dezember nicht verwirklicht wird. Der Finanzminister, Wiktor Pinsenyk, erklärte dies mit der Erwartung von fehlenden Einnahmen bei der Mehrwert- und der Gewinnsteuer. Ungeachtet dieser Erklärung bekräftigt man bei der Staatlichen Steuer Verwaltung (SSV) und dem Zoll wie gehabt, dass man nicht nur die Jahrespläne erfüllt, sondern auch die Pläne für die letzten zwei Monate des Jahres. Experten sind übrigens solidarisch mit Pinsenyk – aufgrund des Stillstandes der Unternehmen und der Verringerung der Handelsoperationen rechnen sie nicht mit der Erfüllung des Budgetplanes im vollen Umfange und prognostizieren eine Verringerung der Überweisungen im November-Dezember um 10% gegenüber dem Plan.

Gestern erklärte Finanzminister Wiktor Pinsenyk auf einer außerordentlichen Kabinettssitzung, dass er im November/Dezember eine Untererfüllung des Budgetplanes erwartet. Seinen Worten nach, geschieht das zum ersten Mal seit Beginn des Jahres aufgrund der Probleme im Bankensektor und in anderen Branchen, die unter der Krise leiden. Es wird eine Verringerung der Überweisungen bei der Mehrwertsteuer und der Gewinnsteuer erwartet. “Sogar die Prognosen, die vor einem Monat gemacht wurden, verschlechtern sich”, merkte er an. Die Nichterfüllung des Budgetplanes in den letzten Monate sollte sich nicht auf die Jahrespläne auswirken. Noch in der letzten Woche versicherte Premierministerin Julia Timoschenko auf einer Konferenz mit Vertretern der lokalen Regierungsorgane, dass 2008 der Plan für den Einnahmenteil des Bugets “ungeachtet der weltweiten Krise” übererfüllt wird.

Gestern reagierte Pinsenyk nicht auf die Anrufe des “Kommersant-Ukraine“ und beim Pressedienst des Finanzministeriums verzichtete man auf offizielle Kommentare. Doch ein Informant des “Kommersant-Ukraine“ bei der Behörde teilte mit, dass den operativen Daten nach, die SSV 57% der für den November geplanten 14,513 Mrd. Hrywnja (ca. 1,8 Mrd. Euro) und der Zoll 65% der geplanten 5,726 Mrd. Hrywnja (ca. 715 Mio. Euro) eingenommen haben. Der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine“ konnte die Worte des Ministers nicht kommentieren und merkte lediglich an, dass der Zoll den Jahresplan zu 117%, jedoch die SSV nur zu 87% erfüllt haben. Gesamt wurden von Januar bis Oktober diesen Jahres 150 Mrd. Hrywnja (ca. 18,75 Mrd. Euro) ins Budget überwiesen, was 6,5% oder 9,1 Mrd. Hrywnja (ca. 1,14 Mrd. Euro) mehr als im Plan sind.

Bei der SSV erzählte man dem “Kommersant-Ukraine“, dass im November die Untererfüllung bei der Mehrwertsteuer 500-700 Mio. Hrywnja (ca. 62,5 – 87,5 Mio. Euro) bei geplanten 5,4 Mrd. Hrywnja (ca. 675 Mio. Euro) betragen hat. Im Jahresergebnis erwartet man Mindereinnahmen von mehr als 4 Mrd. Hrywnja (ca. 500 Mio. Euro). Bei der SSV befürchtet man auch einen Einbruch bei den Werten der Einzahlungen in den Rentenfonds um 1 Mrd. Hrywnja (ca. 125 Mio. Euro) wegen “Naftogas Ukrainy”. Jedoch hat man den Plan bei den Gewinnsteuern, wie ein Informant des “Kommersant-Ukraine“ bei der SSV erklärt, bereits erfüllt – sowohl den monatlichen, als auch den Jahresplan, indem man fast 40,7 Mrd. Hrywnja (ca. 5,09 Mrd. Euro) ins Budget überwiesen hat. “Eine Verringerung der Einnahmen wird im Dezember spürbar werden, wenn die Frist der Einreichung der Deklarationen für die 11 Monate beginnt”, fügt der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine“ hinzu. Den allgemeinen Jahresplan will man bei der SSV bereits vorfristig erfüllen. Der Erfüllung der Pläne des Zolls im November-Dezember wird, den Worten des Direktors der Abteilung für Zollzahlungen des Staatlichen Zolls, Sergej Dshigalow, von der Bezahlung der Zollgebühren für das von “Naftogas Ukrainy” importierte Gas abhängen.

Experten stimmen eher mit dem Finanzminister überein. “Die Wirtschaft kühlt sich ab, Unternehmen stehen still, das Handelsoperationsvolumen nimmt ab, daher wird es weniger Einnahmen geben, als erwartet”, sagt der Direktor des “CASE-Ukraina” Zentrum, Dmitrij Bojartschuk. Seinen Prognosen nach, werden die Überweisungen ins Budget in den letzten Monaten um 10% unter dem Plan liegen. Als besonders spürbar wird sich die Verringerung der Einnahmen aus der Import-Vorsteuer aufgrund der Abwertung der Hrywnja und der Verringerung der Importe erweisen, denkt er. Der Direktor der Abteilung für Steuerpolitik des Institutes für Buget und sozioökonomische Forschungen, Artjom Rudyk, geht davon aus, dass im Dezember alles Ergebnisse des Beginns der Krise sichtbar werden, wenn die SSV die Deklarationen für die ersten 11 Monate erhält. “Aber die richtigen Probleme beim Budget beginnen im Februar, wenn die Unternehmen ihren Jahresgewinn ausweisen”, sagt er. Doch einer der Experten erklärte inoffiziell, dass für die Erfüllung der Pläne unter den Bedingungen der Krise die SSV die Unternehmen zu Zahlungen im voraus auffordern wird und im Oktober begann eine massenhafte Überprüfung von großen Unternehmen. “Für die SSV wird es sehr schwierig die Steuerziele zu erreichen, daher bitten sie um Vorauszahlungen. Unternehmen haben uns darüber unterrichtet, doch viele von ihnen befinden sich in einer Zahlungssituation, wo sie an der Grenze des Bankrotts stehen”, betont der Analyst. “Um den Rückgang zu kompensieren, schalten die Steuereintreiber traditionell den Verwaltungsapparat ein”, stimmt Bojartschuk zu.

Natalja Neprjachina

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 839

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