Ukrainische Waffen: Was die Ukraine auf dem Waffenmarkt verkauft und kauft
Welche Waffen die Ukraine exportiert, warum der Anteil des Landes am weltweiten Waffenmarkt um die Hälfte gefallen ist und wie ausländische Investoren die Branche verändern könnten.
Von 1992 bis 1996 beschäftigten sich in der staatlichen Gründungsphase der Ukraine 113 Unternehmen mit Waren mit doppeltem Verwendungszweck, zu welchen auch Waffen gehörten. Unten den Bedingungen der Entstehung eines Rechtsbereichs verdiente jeder, was und wie er konnte, sogar in den sogenannten rechtlichen Grauzonen. Der Staat übernahm im Oktober 1996 die Kontrolle über diesen kritischen Geschäftsbereich, indem er den Konzern „Ukrspezexport“ gründete. Später erhielten viele Unternehmen das Recht, sich mit Waffenexporten, der Entwicklung von Technologien sowie Dienstleistungen zu beschäftigen, insbesondere „Speztechnoexport“, „Ukrinmasch“, „Prohres“, „Promoboronexport“ (Die Tätigkeit wurde am 14. Februar 2020 eingestellt. – Ekonomitschna Prawda), die Außenhandelsfirma „TASKO-Export“ und „Ukroboronserwis“. Im August 2018 vereinfachte die Regierung für Unternehmen das Verfahren zur Gewährung des Rechts darauf, militärische Güter und Waren, die Daten enthalten, welche ein Staatsgeheimnis darstellen, zu exportieren und zu importieren. Dies öffnete den Markt für private Verteidigungsunternehmen, die bis dahin nur über ein staatliches Unternehmen mit ausländischen Kunden zusammenarbeiten konnten.
Alles für den Export
Von 1992 bis heute setzen sich die ukrainischen Militärexporte aus drei ungleichen Komponenten zusammen: Lieferung von Neu- oder Lagerausrüstung, gemeinsame Entwicklung spezifischer Aufträge, Wartung von Maschinen und Ausrüstungen aus sowjetischer Produktion. Bis 2011 war auf dem ersten Platz für die Ukraine in Bezug auf die Rentabilität der Verkauf von Flugzeugen und die Erbringung von Dienstleistungen aus ihrer Modernisierung und Reparatur. An zweiter Stelle standen Panzer. Doch nach 2011 kam dank des „Panzerdurchbruchs“ (der Abschluss einer Reihe von Verträgen, einschließlich der Lieferung von „Oplot“-Panzern nach Thailand. – Ekonomitschna Prawda) der Handel mit Panzern auf den ersten Platz. Den dritten Platz belegt traditionell der Handel mit Luftverteidigungsausrüstung.
Die Situation mit den Waffenexporten hat sich nach der Annexion der Krim und dem Beginn der Kriegshandlungen im Donbass im Frühling 2014 drastisch verändert. Die Ukraine brauchte selbst Waffen, daher wurden alle Ressourcen der Militärindustrie zur Lösung der Binnenprobleme verwendet. Als Folge davon wurden Teile der Exportverträge temporär ausgesetzt. Genau aus diesem Grund wurde die Nationalgarde durch T-64- und BTR-3-Panzer komplettiert, die für Angola und Thailand bestimmt waren. Nach 2015 stabilisierte sich die Lage ein wenig, doch die Ukraine schaffte es nicht, zum einstigen Ausmaß der Exporte zurückzukehren. Es veränderte sich auch die Versorgungsstruktur: Den Großteil machten High-Tech-Produkte wie lenkbarer Panzerabwehrraketen aus. Das Geschäft mit dem Handel sowjetischer Vorräten verlief im Sand, die Lager wurden vom Krieg gründlich geleert. 2016 gab der Ex-Staatsanwalt Jurij Luzenko die Verkaufssummen von Militäreigentum für 2005 bis 2014 bekannt. In neun Jahren wurden militärisches Eigentum, Ausrüstung und Waffen für beinahe zwei Milliarden US-Dollar verkauft.
Wie viele Waffen verkaufte die Ukraine zwischen 2005 und 2014
Kategorie | Stückzahl |
---|---|
Flugzeuge | 202 |
Helikopter | 232 |
Schützenpanzer | 714 |
Panzer | 832 |
Fahrzeuge | 4.930 |
Raketen- und Artilleriewaffen | 28.555 |
Schusswaffen und Munition | 1,824 Mio. |
Nun ist die Haupteinnahmequelle für die ukrainische Rüstungsindustrie der Verkauf der Panzerabwehrsysteme „Korsar“ und „Stuhna-P“ (Exportname „Skif“), aber auch anderer hochpräziser Munition des staatlichen Kyjiwer Konstruktionsbüros „Lutsch“. Die Hauptimporteure ukrainischer Waffen im Jahr 2019 sind Indien, Saudi-Arabien und die Türkei.
Blutiges Geld
In der gesamten Zeit der Unabhängigkeit der Ukraine war der Export von Waffen eine der lukrativsten Tätigkeiten der Regierungsbehörden. Jedoch sind die Einnahmen aus Waffenverkäufen in den letzten Jahren stark gesunken. Während die Ukraine 2012 auf dem Waffenmarkt 1,5 Milliarden Dollar verdiente, waren es 2015 nur 342 Millionen Dollar.
Jahr | Millionen US-Dollar |
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Quelle: svspb.net | |
2000 | 270 |
2001 | 511 |
2002 | 310 |
2003 | 305 |
2004 | 199 |
2005 | 291 |
2006 | 531 |
2007 | 644 |
2008 | 392 |
2009 | 433 |
2010 | 485 |
2011 | 569 |
2012 | 1.498 |
2013 | 672 |
2014 | 622 |
2015 | 342 |
2016 | 471 |
2017 | 293 |
2018 | 224 |
Dies sind nicht die endgültigen Zahlen für ukrainische Militärexporte. Hier sind beispielsweise die Einnahmen aus Dienstleistungen für die Reparatur und Modernisierung militärischer Ausrüstung, aber auch die Lieferung von Komponenten nicht enthalten, doch von 2013 bis 2017 machten sie den Angaben des Informations- und Beratungsunternehmens Defense Express nach fünf Sechstel der Gesamtexporte aus. Über die Einnahmen konkreter Unternehmen gibt es aus nachvollziehbaren Gründen keine vollständigen Informationen, doch einige Zahlen landen gelegentlich in der Presse.
Wie viel haben die ukrainischen Unternehmen für Spezialexporte 2019 eingenommen, Mio. Dollar
Unternehmen | Millionen US-Dollar |
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Quelle: offizielle Unternehmensberichte | |
Ukrspezexport | 133,5 |
Ukrinmasch | 18,7 |
Ukroboronserwis | 22,3 |
Speztechnoexport | 122,8 |
Prohres | 50,6 |
Promoboronexport | 1,2 |
TASKO-export | 0 |
Zusammen | 349,1 |
Laut der tonangebenden Veröffentlichung zum Waffenmarkt, dem Stockholmer Institut für Friedensstudien (SIPRI), hat sich der Anteil der Ukraine am Weltwaffenmarkt in den letzten Jahren halbiert. In den Jahren 2009 von 2014 waren es 2,7 Prozent, 2014 bis 2018 1,3 Prozent.
Binnenmarkt
Bis 2014 erhielten die ukrainischen Hersteller keine nennenswerten Einnahmen von den Streitkräften der Ukraine. Muster von Waffen aus heimischer Produktion wurden von der ukrainischen Armee nur formal für den Export angenommen. Das war zum Beispiel beim „Oplot“-Panzer der Fall, von dem die ukrainische Armee lediglich zwei kaufte. Doch der Krieg im Donbass und die Konfrontation mit Russland haben die Situation drastisch verändert – die Armee brauchte viele Waffen. Von Juli 2014 bis Juli 2017 erhielten die Streitkräfte der Ukraine vom Unternehmen „Ukroboronprom“ 5.281 Einheiten neuer und modernisierter Technik, 7.164 Einheiten erneuerter Technik, 3.458 Einheiten Ersatzteile, Bauteile und Geräte. 6.764 Einheiten neuer und modernisierter Bewaffnung, Technik und Erzeugnisse für spezielle Zwecke wurden 2018 übergeben und 7.436 Einheiten im Jahr 2019.
Import
Seit 2014 begann das Militär zum ersten Mal in der Geschichte der unabhängigen Ukraine massenhaft Waffen, Munition und Ausrüstung im Ausland zu kaufen. Und jedes Jahr wächst der Prozentsatz derartiger Importe.
„Den Hauptindikatoren der staatlichen Verteidigungsordnung in den Jahren 2020 bis 2022 nach wird der Anteil der ukrainischen Lieferanten fast 90 Prozent ausmachen. Die Importkäufe werden etwa 10 Prozent betragen“, teilte der stellvertretende Verteidigungsminister Olexander Myronjuk mit. Die Hauptlieferanten waren die Türkei, die USA, Großbritannien, Polen und Bulgarien. Dabei geht es um Munition, Elektronik, einschließlich radioelektronischer Kampfstationen aus Frankreich, Kommunikationsausrüstung (bis 2018 wurden von der türkischen Firma Aselsan rund 100 Millionen US-Dollar allein für den Kauf von Radiosendern bereitgestellt), Scharfschützengewehre, Granatwerfer und Munition. In der Türkei wurde für 69 Millionen Dollar eine Charge mittelgroßer Aufklärungsdrohnen Bayraktar TB-2 gekauft, in Osteuropa 200 BMP-1AK und selbstfahrende Artillerielafetten (SAU) 2S1 „Gwosdika“ [Nelke]. Auch gibt es viele offene Verträge für die Lieferung von Munition aus Bulgarien, Polen, Litauen und Montenegro. Dies ist kein günstiges „Vergnügen“ – eine Panzergranate kostet 500 Dollar für die Staatskasse und eine Granate für RPGs [Panzerfäuste] in Bulgarien 200 bis 300 Dollar.
Was kommt in Zukunft?
Die Zukunft der ukrainischen Rüstungsindustrie liegt in den Händen ausländischer Investoren. Trotz des Krieges stellen sie finanzielle Ressourcen für die Entwicklung und Modernisierung von Waffen bereit. Zum Beispiel wurde mit dem Geld von Saudi-Arabien ein großes Ausmaß an Arbeiten am operativen und taktischen Raketenkomplex „Hrim-2“ [Sturm] durchgeführt. Die Modernisierung des Flugabwehr-Raketensystems S-125 fand mit den Mitteln eines Kunden aus Äthiopien statt. Von der Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren wird die Ukraine profitieren, da alle Entwicklungen das geistige Eigentum ukrainischer Unternehmen bleiben. Dies ermöglicht die Entwicklung von Modellen für die Bewaffnung der Armee. Ein brillantes Beispiel ist die Entwicklung des Forschungs- und Produktionsunternehmens „Radionix“ zur Herstellung aktiver, semiaktiver und passiver selbstgesteuerter Raketen für die Raketenklassen „Boden-Luft“, „Luft-Luft“ und „Luft-Boden“. Eine Chance für die ukrainischen Waffenschmieden sind die amerikanischen Sanktionen, die Washington gegen den russischen militärisch-industriellen Komplex regelmäßig verhängt. Ukrainische Unternehmen können auf dem globalen Waffenmarkt Fuß fassen und neue Nischen für Exporte in Länder finden, für die der Erwerb russischer Waffen aus politischen Gründen unmöglich ist und der von westlichen – aus finanziellen Gründen. Die derzeitige Situation bei den Militärexporten ist nicht hoffnungslos. Es gibt bestimmte Bereiche, in denen die Ukraine mit Russland oder Osteuropa konkurrieren kann. Alles wird von der Effizienz der Top-Manager von „Ukroboronprom“ sowie privater Initiativen abhängen, da kleine Unternehmen die Möglichkeit erhalten haben, in ausländische Märkte ohne die totale Kontrolle durch den staatlichen Monopolisten einzutreten.
28. Oktober 2020 // Mychajlo Schyrochow
Quelle: Ekonomitschna Prawda