Britischer Guardian sieht Westen als Unterstützer für präsidialen "Umsturz"


In seiner Onlineausgabe kommentiert die britische Zeitung The Guardian die momentanen politischen Turbulenzen in der ukrainischen Politik. Dabei geht der Kommentator der Zeitung davon aus, dass der “Staatsstreich” vom Westen unterstützt und begünstigt wird.

So führt der Guardian aus, dass die Neuwahlen für Juschtschenko ein Mittel sind, um verlorengegangene Machte zurückzuholen. Gleichzeitig beabsichtigt der Westen die Ukraine auf irreversible Art in die geopolitischen und ökonomischen Strukturen des Westen einzubinden. Weiter heißt es, dass der Präsident aufgrund seiner schwachen innenpolitischen Position derart hohe Einsätze fährt. Seine Partei – “Unsere Ukraine” – kam bei den letzten Wahlen bekanntlich nur auf einen dritten Platz und muss befürchten bei den anstehenden Neuwahlen noch schwächer abzuschneiden. Als Grund für dieses schlechte Abschneiden führt der Kommentator des Guardian die strikt neoliberale und westliche Ausrichtung der Partei an, die damit nur im Westen und im Zentrum punkten konnte.

Die Partei der Regionen dagegen, kann damit rechnen, dass sie wiederum über 30 % der Stimmen erlangen wird bei ihrer Basis im russischsprachigen Osten und Süden. Der Block Julia Timoschenko, mit seinem pragmatischem Populismus und seiner Westausrichtung, kann zudem erwarten seine Stimmanteile weiter auszubauen.

Im Guardian heißt es weiter, dass seit der Bildung der Regierung Janukowitsch die Ukraine zum Autoren ihrer eigenen demokratischen Zukunft zu werden begann. Die Kraftanstrengungen waren ein Kampf für das Recht auf die Festigung der Staatsverwaltung und des politischen Systems, um eine starke und effektive Regierung zu ermöglichen. Begleitet wurde dies von einer boomenden Wirtschaft und einer pragmatischen Außenpolitik, welche eine Zusammenarbeit mit Russland und eine stärkere Anbindung an die EU kombinierte, jedoch die unbeliebte NATO außen vor ließ.

Der Autor fährt fort damit, dass er die die Konsolidierung des staatlichen und politischen Systems für unabdingbar hält, um dem geopolitischen und ökonomischen Druck, sowohl von Ost als auch von West, standzuhalten. So möchte Russland gern das bestehende Gaspipelinesystem in einem gemeinsamen Konsortium verwerten. Des Weiteren beabsichtigen russische Unternehmer Beteiligungen an großen ukrainischen Unternehmen zu erwerben. Der Westen dagegen drängt die Ukraine zu neoliberalen Reformen, zur Mitgliedschaft in der NATO und Annäherung an die EU, um ein Bollwerk gegen das wiedererstarkte Russland aufzubauen.

Weiter heißt es, dass im Falle eines weiten Boykotts von Neuwahlen durch die politischen und ökonomischen Eliten des Landes, Juschtschenko und seine erneuerte Verbündete Timoschenko sich außerstande sehen werden einen Kompromiss auszuhandeln. Das wiederum schwächt die Fähigkeit der Ukraine Druck von außen standzuhalten. Demnach ist eine gleichzeitige politische und rechtliche Lösung, welche die Notwendigkeit von Neuwahlen aufhebt, die wahrscheinlichere Variante.

Der Autor fährt fort damit, dass Juschtschenko und Timoschenko zu Konterrevolutionären mutierten, welche das Parlament der freiesten und fairesten Wahlen seit der Unabhängigkeit zerstören wollen. Die westlichen Unterstützer hoffen, dass keiner von beiden als Wiedergänger von Boris Jelzin erscheint und dass die internationale Gemeinschaft ihre Unglaubwürdigkeit nicht bemerkt.

Somit, konstatiert der Autor, kehrt Juschtschenko zu den Autoritarismen der Vergangenheit zurück und riskiert damit nicht nur seine eigene, sondern auch die demokratische Zukunft seines Landes. Darüber hinaus verzichtet er auf das Recht auf das Erbe der “Orangen Revolution” und verwandelte Janukowitsch in einen unerwarteten Verteidiger der ukrainischen Demokratie.

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 511

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