Der Fernsehsender 112 Ukrajina fordert die Entlassung des Chefs des Nationalen Fernseh- und Rundfunkrates Jurij Artemenko: Offener Brief
Offener Brief an den Chef des Nationalen Rates der Ukraine zu Fragen von Rundfunk und Fernsehen Artemenko, Jurij Anatolijowytsch
Jurij Anatolijowytsch,
gewöhnlich schreiben Journalisten keine offenen Briefe. Gewöhnlich bitten Journalisten nicht um Hilfe. Sie verteidigen selbst:
- Menschen, die zu Opfern der Willkür einzelner Staatsangestellter wurden;
- ein Land, das zum Objekt der Aggression eines anderen Landes wurde;
- einen Staat, der versucht oligarchische und politische Clans zu beseitigen, die sich gegenseitig bekämpfen.
Am Ende verteidigen sie den Glauben der Leute. An Gerechtigkeit. An die Zukunft. Doch Sie wollten uns diesen Glauben nehmen.
Als Sie 2014 alle Journalisten, alle Massenmedien baten „auf alle Konzepte zu pfeifen“ und den Informationsanteil zu erhöhen, haben wir das als richtigen Gedanken aufgefasst. Nur bei uns konnte man die vollständigste Information über die Ereignisse auf dem Maidan, auf der Krim und während der Anti-Terroroperation finden. Wir beschlossen den ehrlichsten Mechanismus für die Informationsbereitstellung zu nutzen – die Livesendung.
Sie bekamen es mit der Angst zu tun. Denn wenn du das Geschehen nicht „redigieren“ kannst – kannst du der Loyalität nicht sicher sein. Sie haben Ihren eigenen Gedanken zerstört und letzten Endes uns dessen beschuldigt, wozu Sie uns aufriefen. Darin, dass wir damit aufhörten, Trickfilme zu zeigen.
Sie wurden zu einem Lügner. In den offiziellen Erklärungen garantierten sie die Meinungsfreiheit und sogar die Meinungsfreiheit bei 112 Ukrajina. Doch selbst taten sie alles dafür, dass der Fernsehsender zu existieren aufhört.
Sie verbergen das nicht einmal. Am 12. Mai erklärten Sie im Programm des Fünften Kanals vor dem ganzen Land, dass sie nicht gegen den Kanal vor Gericht gehen wollen: das würde zu lange dauern und zu schwierig sein. Sie verkündeten zynisch: die Frage des 112. ist entschieden. Der Nationale Rat wird ihm einfach nicht die Lizenz verlängern. Obgleich die Frage noch nicht einmal geprüft wurde, wurde die Entscheidung bereits verkündet!
Sie haben eine Grenze überschritten. Sie haben öffentlich zugegeben, dass sie Fragen „entscheiden“. Und das Gesetz hat für Sie keine Bedeutung. Und Ihnen ist es gleich, was mit dem Land wird, mit unseren Zuschauern und schlussendlich mit unseren Familien.
Wir meinen, dass Sie ein schlechter Staatsangestellter sind.
Wir meinen, dass Sie nicht am richtigen Platz sind.
Wir meinen, dass Sie mit dem Druck auf Journalisten den Ruf der Ukraine untergraben.
Wir meinen, dass für Sie kein Platz im Nationalen Rat sein sollte.
Daher geben Sie den Posten frei. Vollziehen Sie wenigstens eine ehrliche und mutige Tat in ihrem Leben.
22. Mai 2018 // Das Kollektiv des Fernsehsenders 112 Ukrajina
Quelle: 112 Ukrajina