Die Redaktion der Ukrainskaja Prawda nimmt Abschied von ihrem Kollegen und großen Freund Pawel Scheremet.
Es gibt solch bewundernswerte Leute, bei denen es sobald sie in einen Raum kommen sofort heller, lustiger und lauter wird.
Pawel Scheremet war für die Redaktion der Ukrainskaja Prawda eben ein solcher Mensch, der in die Redaktion einen erstaunlichen Geist und Inhalt brachte.
Wir nannten ihn Pal Geroitsch (ungefähr, Pawel der Heldenhafte, A.d.Ü.). Für uns war er ein Star und Maitre. Ein Journalist, der feinsinnig das soziale und politische Grundmuster der Zeit spürte. Ein Mensch, der unbedingte Achtung hervorrief.
Ihm fehlte Unterwürfigkeit. Wie auch die Mehrheit unserer Journalisten hatte er nicht das „Gen der Subordination“ – sowohl mit dem Präsidenten als auch mit dem Hausmeister sprach er auf gleiche Art respektvoll, wenn auch nicht ohne Ironie.
Unser Pal Geroitsch war ein Schalk und ließ keine Möglichkeit aus Anmerkungen zu Texten oder Nachrichten zu machen. Seine Sichtweise war immer „über dem Prozess“. Er liebte seinen Beruf und teilte freigiebig professionelle Ratschläge und Anmerkungen.
Es schien so, als ob es für ihn keine Fragen gab, auf die er nicht eine Antwort wüsste.
Manchmal hielt er der Redaktion der Ukrainskaja Prawda Vorträge oder führte Seminare durch. Er zwang uns zu denken, und kritisch an unsere Arbeit zu gehen. Und viele von uns motivierte er mit seinen scharfen, doch fast immer sehr genauen Anmerkungen. Er mochte keine Schwächlinge oder Ahnungslose. Obgleich er sich selbst niemals scheute, hochgestellten Staatsangestellten kindliche Fragen zu stellen.
Pawel Scheremet wurde bereits in der Mitte der 1990er Jahre zu einem Star des russischen Fernsehens. Anfang der 2000er arbeitete er beim russischen Ersten Programm. Er war Autor einer Reihe von skandalverursachenden Dokumentarfilmen und Spezialprojekten. Er war ein großer Freund von Boris Nemzow. Eben er leitete die Abschiedszeremonie mit dem russischen Oppositionellen.
Pawel Scheremet war ein Mensch proeuropäischer Ansichten. Er, so scheint es, ertrug Diktatur, Tyrannei und die Unfähigkeit für die eigenen Interessen zu kämpfen physisch nicht. Als Weißrusse wurde er zu einem der Hauptkritiker von Präsident Lukaschenko, wofür er zu zwei Jahren Freiheitsentzug auf Bewährung verurteilt wurde und drei Monate im Gefängnis verbrachte. Mit Swetlana Kalinkina zusammen schrieb er das Buch „Der zufällige Präsident“ „über den letzten Diktator Europas“.
Er liebte die Ukraine und glaubte an sie, daher kritisierte er die ukrainische Gesellschaft. Er unterstützte die jungen Reformer und war mit vielen befreundet. Am Freitag, den 15. Juli bei einer Party im Mediahub auf der Suworow-Straße 4/6, von uns umringt, sagte er: „Jetzt ist eine einzigartige Zeit in der Ukraine, in der die schlitzohrigen Ukrainer gegen die ideellen Ukrainer kämpfen. Wir befinden uns noch an einem Bifurkationspunkt.“ Pawel Scheremet liebte es zu wiederholen, dass im Konflikt zwischen Vätern und Kindern immer die Kinder siegen.
Für die Redaktion ist der Tod von Pal Geroitsch eine wirkliche Tragödie. Doch wir wissen ganz genau, dass Scheremet immer bei uns sein wird. Und sein Glaube wird uns nur stärker machen.
20. Juli 2016 // Redaktion der Ukrainskaja Prawda
Quelle: Ukrainskaja Prawda
Der am 28. November 1971 in Minsk (Weißrussland) geborene Journalist Pawel Scheremet ist am Morgen des 20. Juli 2016 im Zentrum von Kiew durch eine Autobombe getötet worden.
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