Geheimdienst ließ ehemaligen Präsidenten der Krim nach Russland abschieben


Das Bezirksverwaltungsgericht der Krim hat gestern angeordnet den Bürger der Russischen Förderation, Jurij Meschkow, der in den Jahren 1994-95 der erste und einzige Präsident der Republik Krim war, aus dem Territorium der Ukraine auszuweisen. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU), auf dessen Gesuch das Gericht sein Urteil fällte, beschuldigt Meschkow darin, dass er Äußerungen machte, die zur Änderung des Verfassungsaufbaus des Landes aufrufen. Anhänger Jurij Meschkows sind sich sicher, dass seine Ausweisung aus der Ukraine von einem Angriff der „ukrainischen Regierung auf prorussische Organisationen“ zeugt.

Dem Gerichtsurteil zur Ausweisung des ersten und einzigen Präsidenten der Republik Krim, Jurij Meschkow, aus der Ukraine ging die Information über seine Festnahme in Jalta voraus; darüber informierte gestern Morgen der Leiter der Organisation „Russkoje Obeschtschestwo Kryma“, der Mitstreiter Meschkows, Anatolij Los, in dessen Haus der Ex-Präsident wohnte. „Irgendein SBU Oberst Lesjuk verhaftete Jurij Meschkow und meine Frau Tatjana Parusnikowa heute Morgen direkt auf der Straße in Jalta und wo sie jetzt sind, das weiß ich nicht“, erklärte Los dem “Kommersant-Ukraine” gegen 15.00 Uhr. Er fügte hinzu, dass, seinen Kenntnissen nach, Mitarbeiter des SBU Jurij Meschkow des Betrugs beschuldigen: „Kurz davor versuchten Mitarbeiter der Miliz zu mir ins Haus zu kommen, doch ich habe ihnen den Zutritt verweigert, dabei von ihnen einen Gerichtsbeschluss fordernd und sie mussten ergebnislos gehen“.

Jurij Meschkow ist dadurch bekannt, dass er im Februar 1994 bei den Präsidentschaftswahlen der Republik Krim gewann und dabei 72,9 Prozent der Stimmen erhielt. Zur politischen Plattform von Meschkow wurde ein Kurs der Annäherung an Russland, bis zu einem Anschluss an die Russische Föderation. Insbesondere beabsichtigte er auf der Krim eine Rubelzone einzuführen, mit Russland eine militärische und politische Union zu beschließen, den Einwohnern der Krim die russische Staatsbürgerschaft zu gewähren und ebenfalls auf der Halbinsel die Moskauer Zeit einzuführen. Jedoch kraft des starken Widerstands sowohl von Seiten Kiews als auch von Seiten der Binnenopposition auf der Krim wurde nur ein Versprechen realisiert – der Übergang zur Moskauer Zeit, der ein Jahr später wieder zurückgenommen wurde.

Seinen Posten verlor der erste und letzte Präsident der Krim am 17. März 1995, als die Werchowna Rada das Gesetz „Über die Aufhebung der Verfassung und einiger Gesetze der Autonomen Republik Krim“ beschloss, welches Präsident Leonid Kutschma unterzeichnete und mit dem die Republik Krim (existierte von 1992 – 1995) in die Autonome Republik Krim als administrative und territoriale Einheit im Bestand der Ukraine umgewandelt wurde. Die Verfassung der Republik, die 1992 beschlossen wurde, wurde aufgehoben und der Posten des Präsidenten entsprechend beseitigt. Danach verließ Jurij Meschkow die Ukraine, erhielt die russische Staatsbürgerschaft und ließ sich in Moskau nieder.

Auf der Krim traf Meschkow nach 16 Jahren Abwesenheit am 2. Juli ein. Auf der Halbinsel führten ihn, seinen Worten nach, zwei Gründe: der Tod seiner ersten Frau Ljudmila Ende Mai und ebenfalls die „Sorge um das Schicksal der Republik“. Am 7. Juli gab er eine Pressekonferenz, während der er die Einwohner der Krim zur Durchführung eines republikweiten Referendums aufrief, um „die historisch hergestellte Staatlichkeit der Krim zu erneuern und die Geltung der Verfassung der Republik Krim von 1992 wiederherzustellen“. „Einen Banditen schüchterst du nicht mit erhobenen Händen ein. Es ist Zeit die Hände runter zu nehmen und die Heugabeln zu ergreifen!“, sagte er damals unter anderem. Die Äußerungen des Ex-Präsidenten riefen eine harte Reaktion des Premierministers der Autonomen Republik, Wassilij Dsharty, hervor, der erklärte, dass Meschkow in nächster Zeit die Ukraine verlässt und „aufgrund der Äußerungen wird ein Strafverfahren eingeleitet werden“. „Es kam ein Bürger der Russischen Föderation her und ruft dazu auf Heugabeln zu ergreifen und vorzugehen – gegen wen? Gegen Menschen? Gegen die Regierung? Ein Mensch, der seit langem vergessen ist, als eine schreckliche Geschichte der Krim, versucht Aufmerksamkeit auf sich zu lenken“, kommentierte Dsharty entrüstet den Auftritt des ehemaligen Leiters der Republik.

Im Verlaufe des gestrigen Tages kommentierte man beim SBU die Information über die Festnahme Jurij Meschkows nicht. Derweil tauchte er gegen 17.00 Uhr im Bezirksverwaltungsgericht der Autonomen Republik Krim in Sewastopol auf, wo er mit Journalisten einige Worte wechseln konnte und bezeichnete die Handlungen der Staatsgewalt als „banditisch“. Seinen Worten nach haben ihm die Mitarbeiter des Geheimdienstes ein Dokument vorgelegt, das ihn dazu aufforderte das Territorium der Ukraine im Verlaufe von 24h zu verlassen. „De jure bin ich Präsident der Autonomen Republik Krim, niemand hat das Recht mich zur Rechenschaft zu ziehen und aus der Krim zu entfernen. Mich kann nur das Volk der Krim verurteilen und ich habe alle meine Pflichten im Rahmen des Gesetzes und des Rechts erfüllt. Ich weigere mich die Heimat zu verlassen. Soll dieses Regime die Angelegenheit zu Ende führen, doch ich kehre zurück – tot oder lebendig“, erklärte Meschkow vor dem Ende der Gerichtsverhandlung.

Die Gerichtsverhandlung sollte in geschlossener Form stattfinden, jedoch erlaubte man später Pressevertretern einen Audiomitschnitt und eine Videoaufzeichnung zu machen. Am Anfang des Prozesses forderten Vertreter des SBU Jurij Meschkow unverzüglich aus der Ukraine abzuschieben und ihm die Einreise ins Land für die nächsten fünf Jahre zu verbieten. Diese Forderung wurde vom Gericht unterstützt.

Erst nach dem Gerichtsurteil begann man beim Sicherheitsdienst den Inzident mit dem Ex-Präsidenten zu kommentieren. „Heute Morgen wurde ihm (Jurij Meschkow) die Anordnung des SBU vorgelegt, in der es heißt, dass seine Handlungen die Voraussetzungen für die Realisierung rechtswidriger Handlungen schaffen, die mit einer Verletzung der territorialen Integrität und der Unantastbarkeit des Verfassungsaufbaus der Ukraine in Verbindung stehen“, erzählte man beim Pressedienst der Behörde dem “Kommersant-Ukraine”. „Jurij Meschkow wurde angeboten das Territorium der Ukraine freiwillig zu verlassen, doch er weigerte sich, erklärend, dass er dies nur nach einer Entscheidung eines Gerichts macht“.

Dabei wies man beim Geheimdienst kategorisch die Information darüber zurück, dass Meschkow festgenommen oder ihm gegenüber physische Gewalt angewendet wurde, dabei hervorhebend, dass „er freiwillig gemeinsam mit Mitarbeitern des SBU zum Gericht ging“. „Das Gericht hat unsere Forderung unterstützt, Meschkow zwangsweise unverzüglich aus dem Lande zu verweisen2, teilte man dem “Kommersant-Ukraine” beim SBU mit, dabei unterstreichend, dass die „Dringlichkeit“ eine Ausweisung aus dem Territorium der Ukraine im Verlaufe eines Tages vorsieht.

Vertreter prorussischer Organisationen der Krim sind überzeugt davon, dass die Ausweisung Jurij Meschkows ein Beleg für „den Übergang der ukrainischen Machthaber zur Offensive auf die russischen Organisationen ist“. „Man braucht sich nicht darüber zu wundern, ich habe davor bereits vor einem halben Jahr gewarnt; die Regierung duldet kein Andersdenken“, erklärte gestern der Vorsitzende der Partei „Russkij Blok“, Gennadij Bassow. „Zuerst haben sie sich der „orangen“ angenommen, doch jetzt sind sie, von der Sache her, zum Angriff auf Vertreter der russischen Organisationen übergegangen“.

Walerij Kutscherk, Walerij Kalnysch

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 1091

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