Die Geheimnisse von "Meschyhirja": Die Konstrukte der Familie Janukowytsch


Dieser Publikation sind zwei Teile vorangegangen. Im ersten Teil haben wir den Lesern die Möglichkeit gegeben, sich davon zu überzeugen, in welchem wunderbaren Tempo sich “Meschyhirja” während des ersten Jahres der Präsidentschaft von Viktor Janukowytsch entwickelte.

Im zweiten Teil wurden die Methoden der Isolation von “Meschyhirja” von der Umgebung behandelt. Dank dieser Strategie lebt Viktor Janukowytsch, isoliert, in seiner Welt von Golfplätzen, Tennisplätzen, Pferdeklubs, Bowling, Jachten u.s.w.

In diesem Teil der Reportage der “Ukrajinska Prawda” sollen die listigen Wege, mit deren Hilfe der Präsident der Ukraine sein Verhältnis zu “Meschyhirja” zu verheimlichen versucht, aufgezeigt werden.

Selbst Wiktor Janukowytsch sagt sich öffentlich vom “achten Weltwunder” los, das sich am Ufer des sog. Kiewer Meeres im Dorf Nowi Petriwzi ausbreitete. Während einer Pressekonferenz im Juli wurde er zur Residenz “Meschyhirja” befragt. Die Residenz wurde vor vier Jahren aus dem Staatseigentum entfernt und wurde dann zur Baustelle Nummer 1 im ganzen Gebiet Kiew.

Janukowytsch wich der Frage aus und empfahl, sich an die ausländischen Eigentümer von “Meschyhirja” zu wenden.

“Wenn Sie Besitzer brauchen, dann suchen Sie diese. Ich bin sicher, dass sie gefunden werden. Manchmal kommen sie in die Ukraine”, sagte Janukowytsch.

Gemäß der Empfehlung von Janukowytsch haben wir begonnen detailliert zu untersuchen, wer diese “Besitzer” aus dem Ausland sind. Das erhaltene Ergebnis hat uns nicht getröstet. Sie alle haben die Merkmale der Fiktivität und sind nur dafür geschaffen, die echten Besitzer zu verbergen.

Als Janukowytsch angab, dass die Besitzer von “Meschyhirja” im Ausland wohnen, hielt er sich an die offizielle Version, dass die Residenz der Kiever GmbH “Tantalit” gehört, die sich zu 99,97% im Besitz der österreichischen Gesellschaft Euro East Beteiligungs GmbH befindet.

D.h. “Tantalit” ist nur eine formelle Struktur auf dem Papier, die bevollmächtigt ist, “Meschyhirja” in ihrer Bilanz zu führen.

Die “Ukrajinska Prawda” hat die Dokumente zur Firma Euro East Beteiligungs GmbH aus dem österreichischen Unternehmensregister bezogen, dessen Führung dem Handelsgericht unterliegt.

In Österreich, wo keine dekorative, sondern eine echte Demokratie existiert, sind diese Materialien für ein paar Euro Gebühr öffentlich zugänglich.

Der Direktor der österreichischen Mutterfirma, die Besitzerin von “Meschyhirja”, ist ein Broker der Wiener Börse: Johann Wanovits. Eben seine Unterschrift steht in den eingereichten Unterlagen. Laut österreichischer Gesetzgebung unterliegt die Euro East Beteiligungs GmbH dem vereinfachten Berichtswesen. Ihr Stammkapital beträgt 50,000, – Euro.

In der Bilanz der Euro East Beteiligungs GmbH wurde unsere Aufmerksamkeit auf den Punkt der Passiva gelenkt.

Demnach beträgt die Größe der Verbindlichkeiten der Euro East Beteiligungs GmbH 30,5 Mio Euro (entspricht 300 Mio Hrywnjas). Dieses Geld ist eine Anleihe, die vom Besitzer von “Meschyhirja” ausgegeben wurde. Leider ist es schwer möglich über die Bilanz klarzustellen, von woher sie kommt. Das könnte aber natürlich eine eigene Offshorefirma der Familie Janukowytsch sein.

Es stellte sich heraus, dass trotz des maßgeblichen Ausbaus der Residenz von Janukowytsch der Besitz von “Meschyhirja” gemäß Akten verlustbringend ist. Während des Jahres 2009 wurde ein Verlust von 7,3 Mio Euro verbucht.

Die Summe der Verluste ist bedeutend größer, als das Eigenkapital der Firma von 50,000, – Euro.

M.a.W. ist österreichischer Besitzer von “Meschyhirja” nach der Bilanz keine respektable Gesellschaft, sondern ein tatsächlicher Bankrotteur. Er hat weniger Geld, als Anleihen und viel mehr Anleihen als Eigenkapital – das Sechshundertfache übersteigend!

Im Fragebogen zur Bilanz (Pkt. 5) musste der Direktor der Euro East Beteiligungs GmbH Johann Wanovits erklären, ob das Vorhandensein des “negativen Kapital” Bankrott bedeutet. Seine Antwort: “Die Überschuldung ist kein Merkmal des Bankrottes im Sinne der Gesetzgebung, weil der Geschäftsführer eine positive Fortbestehensprognose abgegeben hat”.

Der Bericht wurde im November 2010 vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt war Janukowytsch bereits Präsident geworden und die Finanzflüsse in der Ukraine bekamen zeitig neue Patronen. Es ist nicht verwunderlich, dass die österreichische Gesellschaft auf eine “positive Prognose” hoffen konnte. Unter Punkt 16 des Berichtes sieht man noch ein Merkmal der fiktiven Tätigkeit der Euro East Beteiligungs GmbH. Im Titel “Zahl der Angestellten” findet sich die Ziffer “Null”.

D.h. diese Firma ist ein Briefkasten, welcher Geldtransfers abwickelt und folglich bestrebt ist die oder den echte(n) Besitzer zu verstecken.

Eine weitere Einzelheit ist interessant. Über die Beteiligung an “Meschyhirja” durch die Gründung der Firma “Tantalit” ist die Gesellschaft Euro East Beteiligungs GmbH darüber hinaus auch als Gründer des Moskauer Unternehmens IRBIS Ltd (99.26%) eingetragen. Wir konnten keine Mitteilungen über diese Firma in offenen Quellen finden. Falls Ihnen Informationen über diese Firma zugängig sind, wären wir über Informationen an unsere Redaktion dankbar.

Strohfirmen aus Wien und London

In der vorigen Publikationen haben wir dargelegt, dass die schon erwähnte Firma Euro East Beteiligungs GmbH der ausländische Besitzer von “Meschyhirja” (wie Janukowytsch sagte) ist. Die jedoch in Wirklichkeit eine Strohfirma ist.

Das Aktienkapital der Euro East Beteiligungs GmbH ist zwischen zwei Strukturen in der Proportion 65% und 35% aufgeteilt.

65% gehören zu der österreichischen Gesellschaft Euro Invest Bank und der Rest (35%) gehört der Gesellschaft Blythe (Europe) Ltd aus London.

Wir haben alle Meldeadressen der Besitzer von “Meschyhirja” besucht.

Die Firma Euro East Beteiligungs GmbH ist in Wien, Grüngasse 16, angemeldet. Äußerlich gibt es keine Merkmale, die hier auf die Anwesenheit eines Besitzers von “Meschyhirja” verweisen könnten.

In diesem Gebäude befindet sich jedoch auch die Euro Invest Bank, die zu 65% die Euro East Beteiligungs GmbH kontrolliert.

Die Euro Invest Bank ist eine Institution der Familie von Johann Wanovits. Als Familiengeschäft angelegt. Für eine Provision sind sie bereit als formelle Besitzer in Interessen von anonymen Kunden aufzutreten.

Es sieht danach aus, als würde die Neigung von Wanovits zum Abenteuer mit ihm einen bösen Streich gespielt haben. Heute wird in Österreich gegen ihn in Zusammenhang mit dem Missbrauch von Aktien der österreichischen Telekom ermittelt.

Übrigens, Wanovits half früher den Brüdern Kljujew Unternehmungen in Österreich zu entwickeln. Das ist ein weiteres Bindeglied zum Präsidenten der Ukraine und seinem ersten Vize-Premier im Kreis der inoffiziellen Beziehungen zueinander.

Der zweite Besitzer der Euro East Beteiligung GmbH ist die britische Firma Blythe (Europe) Ltd, mit 35% Anteil.

Vor kurzem gehörten 35% der Anteile der Euro East Beteiligung GmbH an Meschyhirja noch der Firma Blythe Associates Inc auf den Britischen Jungferninseln. Ebenjener, bei welcher die Bankowa (Adresse der Präsidialadministration) “durch ein Zusammenfallen von Umständen” den legendären Präsidentenhubschrauber für Janukowytsch mietete.

Später wurden die 35% auf die verwandte Gesellschaft Blythe (Europe) Ltd übertragen, die unter einer solideren Adresse in London eingeschrieben ist.

Dies ist in der britischen Hauptstadt, Harley Street, Gebäude 29, Raum B. Es gibt keine Schilder am Eingang. Hier befindet sich die Firma Formations House, die sich mit dem Gründen von Strohfirmen beschäftigt. Das sind falsche Unternehmen, die ausschließlich als Fassade für anonyme Kunden dienen sollten.

Eines der Büros, das mit Hilfe dieses Services registriert wurde, ist die uns schon bekannte Blythe (Europe) Ltd. Das ist der zweite Endaktionär von “Meschyhirja”. Dem Wesen nach ist diese Gesellschaft auch einfach nur ein Briefkasten, der dafür geschaffen wurde, um ihre Besitzer zu geheim zu halten.

Leider kann man in Großbritannien derartig detaillierte Berichte, wie in Österreich, nicht bekommen. Aber es ist bekannt, dass die Firma Blythe (Europe) Ltd durch einen Juristen aus Liechtenstein, Reinhard Proksch, gegründet wurde. Proksch besitzt eine österreichische Staatsbürgerschaft. Er gilt auch als Direktor von Blythe (Europe) Ltd. Der Endbesitzer von Blythe (Europe) Ltd ist der Trust aus Liechtenstein P&A Corporate Services Trust, der sich auch in Offshorezonen verliert.

Vor kurzem schrieb die “Ukrajinska Prawda”, dass auf den P&A Corporate Services Trust eine österreichische Gesellschaft Activ Solar registriert wurde, die mit der Familie Kljujew verbunden ist und Solarkraftwerke in der Ukraine errichtet.

Die Registrierung in Liechtenstein bedeutet, dass der Endbesitzer mit 35% von “Meschyhirja” in voller Anonymität und Sicherheit wie auch in einer relativen Aura der Respektabilität steht. Denn, der Trust in Liechtenstein ist in diesem Bezug wohl besser als ein “Standort” auf den Britischen Jungferninseln, die den Ruf eines schwarzen Offshoreloches haben.

21. November 2011 // Serhij Leschtschenko

Quelle: Ukrajinska Prawda

Hierbei handelt es sich um eine leicht korrigierte Übernahme der bei Serhij Leschtschenko in seinem Blog veröffentlichten Teilübersetzung.

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