Gestreckte Liberalisierung. Wann die Ukrainer in der Lage sein werden, im Ausland zu investieren



Die Nationalbank der Ukraine hat mehrere Entscheidungen über die Liberalisierung der Devisengesetzgebung für natürliche und juristische Personen getroffen. Allerdings hat es keine signifikante Lockerung gegeben: der Regulierer hat lediglich das legitimiert, was die Ukrainer bereits anwendeten.

Letzte Woche hat die Nationalbank der Ukraine mehrere Entscheidungen getroffen, die die Devisenregulierung bei staatlichen und privaten Anschaffungen vereinfachen sollen.

Zuerst befreite die Nationalbank die Deviseneinnahmen von dem obligatorischen Verkauf, falls diese Einnahmen von Nichtresidenten stammen, „wenn diese Devisen die Beteiligung an Auktionen, Handel oder Ausschreibungen, die von Residenten vorgenommen werden, gewährleisten.“

Auch erlaubte die Nationalbank anderen Banken Devisen auf Wunsch der Kunden zu kaufen, auch dann, wenn diese Kunden bereits über Devisen auf deren Konten als Cash-Sicherheit für die Teilnahme an Auktionen, Handel oder Ausschreibungen verfügen, die von Nichtresidenten bereitgestellt wurden.

Außerdem können jetzt Devisen auch die Unternehmen kaufen, auf deren Konten bereits 100.000 US-Dollar liegen. Zuvor lag die Grenze bei 25.000 US-Dollar. Das heißt, dass die Unternehmen, die über 25.000 US-Dollar an Einlagen verfügt hatten, in erster Linie dieses Geld verwenden mussten, bevor sie überhaupt Erlaubnis hatten, neue Devisen anzufragen.

Nun erlaubt die Nationalbank juristischen Personen eine unantastbare Reserve in Höhe von 100.000 US-Dollar zu haben. Diese Schritte werden den Verkauf der Produkte ukrainischer Herstellung an Käufer außerhalb des Landes ankurbeln, denn sie werden die Beschaffung in allen Unternehmen erleichtern, meint die Nationalbank der Ukraine.

Die neuen Regeln gelten auch für die Bevölkerung. Die Nationalbank der Ukraine hat den Bürgern erlaubt, das Geld ohne extra Genehmigung zu investieren, das sie auf ihre Auslandskonten erhalten haben. “Das ist die Abschaffung der Lizenz für die Eröffnung von Devisenkonten im Ausland“, sagt Dmitrij Bojartschuk, der Geschäftsführer des Zentrums für Sozial- und Wirtschaftsforschung bei „CASE Ukraine“.

Ukrainer haben großes Interesse an Investitionen im Ausland: Handel mit Finanzinstrumenten an Börsen, insbesondere in London und Tokio, Investitionen in Fonds oder Pensionsfonds, den Kauf von Immobilien

Oft sind es die Werkzeuge, die es in der Ukraine nicht gibt, oder die im Ausland sicherer oder finanziell vorteilhafter sind.

„Bis die letzten Änderungen kamen, waren individuelle Genehmigungen notwendig, um solche Investitionen zu tätigen,“, erinnert Wiktor Moros, Rechtsanwalt, geschäftsführender Partner der Anwaltskanzlei Suprema Lex

Doch in einigen Fällen haben Ukrainer solche Operationen durchgeführt, auch ohne gegen die geltenden Gesetze zu verstoßen. Sie haben das Geld investiert, das sie im Ausland auch erhalten haben. Das können Gehalt, Erbschaft, Ausschüttungen ausländischer Unternehmen, Rentenzahlungen etc. sein.

Ausländische Finanzinstitute haben keine Genehmigungen des ukrainischen Regulierers benötigt, um Mittel von Ukrainern zu erhalten. Sie haben das Geld gern angenommen. Die Ukrainer haben dann das Geld einfach investiert.

„Die Liberalisierung der Devisenregelung betraf in diesem Fall das, was die Nationalbank der Ukraine ohnehin nicht beeinflussen konnte“, sagt Moros.

Die primäre Zielgruppe dieser Regelung – sind diejenigen Personen, welche elektronische Einkommens- und Vermögenserklärungen abgeben müssen. Vor allem diejenigen, die angegeben haben, früher im Ausland gearbeitet zu haben. Diese Personen müssen in deren elektronischen Steuererklärungen all ihre Investitionen angeben, auch die außerhalb der Ukraine.

Sobald sie das tun, werden sie zu Straftätern, denn sie haben Investitionen getätigt, ohne dabei individuelle Genehmigungen zu haben. Jetzt können sie sich auf die Regelung der Nationalbank berufen, dass sie dieses Geld während ihrer Arbeit im Ausland verdient haben.

Diejenigen, die das in der Ukraine verdiente Geld beispielsweise für den Kauf von Immobilien verwenden möchten, brauchen wie gehabt eine Lizenz der Nationalbank der Ukraine. Moros erinnert daran, dass die derzeitige Liberalisierung nicht von der Notwendigkeit befreit, den Erhalt ausländischer Einkünfte zu deklarieren und davon Steuern zu zahlen.

Diese Erinnerung ist für den globalen Austausch von Steuerinformationen wichtig, dem im Jahr 2017 die ersten 50 Länder beitreten sollen.

„Die Ukraine wurde noch nicht Teilnehmer des automatischen Austauschs von Steuerinformationen und wird deswegen keine Informationen erhalten, wenn ausländische Investitionen getätigt wurden. Aber es wird dafür alles vorbereitet“, meint Moros

Die Nationalbank behauptet, dass sie dem ausgearbeiteten Fahrplan folgen: bestimmte Devisenbeschränkungen werden gelockert, bei Abwesenheit von Krisenerscheinungen und wenn die Ukraine ihre finanzielle Stabilität erreicht hat.

Statt 75 liegt die Quote für den Verkauf von Deviseneinnahmen jetzt bei 65 Prozent, von 90 auf 120 Tage wurde jetzt der Zeitrahmen für die Abwicklung von Export-Import-Geschäften erhöht, von drei auf einen Tag wurde die Zeit reduziert, wann Hrywnja für den Devisenkauf durch juristische Personen reserviert werden müssen. Der obligatorische Verkauf von Devisen, die für Investitionen eingehen, wurde abgeschafft.

Emal Bakhtari, Leiter für Projekte und Programme der Abteilung der Nationalbank der Ukraine für offene Märkte erklärt, dass in der ersten Stufe die Liberalisierung von Kontokorrentkonten sowie ausländischen Direktinvestitionen durchgeführt werden.

Ihm zufolge wird der Regulierer beim Fehlen einer Krise auch den obligatorischen Verkauf von Deviseneinnahmen abschaffen, wie auch die Beschränkungen für den Erwerb von Devisen durch Bevölkerung und vereinfacht die Lizenzierung für den Erhalt von Direktinvestitionen zur Unterstützung von Exporten.

In der nächsten Etappe, deren Grundlage die finanzielle Stabilität des Landes ist, verspricht die Nationalbank Portfolio-Investitionen und Kreditgeschäft der juristischen Personen zu liberalisieren.

Hier kann man auf die Absicherung von Darlehen in Fremdwährung sowie auf die Abschaffung von Limits für Devisenposition der Banken und Limits für den täglichen Erwerb von Devisen zählen.

Banker glauben, dass dieser Ansatz nicht ganz korrekt ist, und die Liberalisierung sich zu lang hinzieht. „Die Abwesenheit von Krisenerscheinungen – ist viel zu abstrakt. Die Nationalbank der Ukraine hat keine spezifischen Indikatoren verkündet, die diesen Zustand anzeigen können“, sagt der Schatzmeister einer der Banken mit ausländischem Kapital.

Finanzfachleute glauben, dass sich die Nationalbank zu sehr absichert. Zum Beispiel im Februar ist die Entscheidung der Nationalbank über die Erhöhung des täglichen Nettokaufbetrags an Devisen durch die Banken von 0,1 auf 0,5 Prozent ihres regulatorischen Kapitals in Kraft getreten.

Michael Demkiw Analyst der ICU Gruppe hat berechnet, dass, wenn alle Banken in der gleichen Zeit, all ihre Grenzen ausschöpfen, werden sie in der Lage sein 25-26 Millionen US-Dollar zu kaufen.

Die Situation ändern, könnte das Gesetz „Über die Fremdwährung“, dass das Dekret über die Devisenregulierung von 1993 ersetzen wird. Dieses Dokument wird von Finanzexperten als Atavismus bezeichnet: seit seiner Verabschiedung hat sich die Situation im Land und in der Welt mehrmals radikal verändert, allerdings lebt man in der Ukraine nach den Regeln der 1990er Jahre.

In der Zentralbank wird argumentiert, dass die Arbeit am Text der Novelle kurz vor dem Abschluss steht. „Es wird vollständig dem EU-Recht entsprechen“, verspricht Bakhtari.

Allerdings ist die Existenz eines solchen Dokuments nicht mit seiner raschen Verabschiedung geschweige denn der Umsetzung gleichzusetzen. Am 23. Februar vermasselten die Parlamentsabgeordneten zum wiederholten Male die Durchführung finanzieller Diskussionen.

Sie haben nur ein Dokument in der ersten Lesung verabschiedet, welches die Fusion von Banken vereinfacht. Das zweite Dokument über die Aktivitäten von Pfandleihern wurde komplett versäumt: es gab nicht einmal genug Stimmen um dieses Dokument zur Überarbeitung zurück in den Ausschuss oder an die Autoren zu senden.

28.02.2017 // Wiktorija Rudenko, Journalistin Finclub

Quelle: Ekonomitscheskaja Prawda

Übersetzerin:   Ilona Stoyenko  — Wörter: 1134

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