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Die Umschuldung ist vollbracht. Und was passiert weiter?

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Arseni Jazenjuk und Natalija Jaresko
Die Umstrukturierung der ukrainischen Auslandsverschuldung ist abgeschlossen. Das meldete das ukrainische Finanzministerium am 12. November 2015. Dieses nicht einfache Kapitel der ukrainischen Geschichte wurde mit der Umstrukturierung von 15 Milliarden US-Dollar, das heißt einem Schuldenschnitt um drei Milliarden US-Dollar und Einsparungen in Höhe von 8,5 Milliarden US-Dollar, die im Falle gescheiterter Verhandlungen bis 2018 hätten zurückgezahlt werden müssen, beendet. Im Rahmen des Programms der „erweiterten Finanzierungsfaszilität“ des IWF (Internationaler Währungsfonds) ist dies ein bedeutender und insbesondere strategisch wichtiger Schritt in Richtung fiskale und monetäre Disziplin. Die Nominalverzinsung der neuen Anleihen, deren Tilgungsfrist auf zwischen 2019 und 2027 festgesetzt wurde, beträgt 7,75 Prozent. Die neuen Obligationen erhalten im Umtausch für die alten „Papiere“ diejenigen Kreditgeber, die mit den Bedingungen der Umstrukturierung einverstanden sind. „Hybridvarianten“ mit Kopplung an das BIP-Wachstum wird es ebenfalls geben.

Nun fragt sich die Mehrheit: Und weiter?

Die Anleihen in Händen des russischen Schatzamtes in Höhe von drei Milliarden US-Dollar sind nicht eingeschlossen. Das haben die jüngsten Erklärungen der Russischen Föderation selbst, des IWF sowie ukrainischer Repräsentanten untermauert. Russland wird den Verhandlungsprozess auf die Ebene der internationalen Gerichtsbarkeit bringen und die Ukraine erwartet einen neuen „Rechtsstreit“ mit dem östlichen Monster. Das wird nicht einfach, die Ukraine verfügt aber über zwei Trümpfe, die sie in jedem Fall ausspielen sollte: 1.) die beispiellose Unterstützung des IWF, der bereit ist, sein Kreditvergabesystem für den „ukrainischen Fall“ abzuändern und 2.) der langfristige Zeitrahmen jedweder internationaler Rechtsstreitigkeit. Denn die Verlagerung des Verhandlungsprozesses auf die Ebene der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit wird für Russland mit höheren finanziellen Verlusten und mit mehr Unannehmlichkeiten auf der internationalen Politarena einhergehen, als dies bei einer Einigung auf eine Umschuldung der Fall gewesen wäre – immerhin spielt die Theorie des Zeitwerts des Geldes gegen die Russische Föderation.

Die Ukraine wird weiterhin an der Umsetzung der Voraussetzungen für die „erweiterte Finanzierungsfaszilität“ des IWF arbeiten. Die Umstrukturierung der Auslandsverschuldung ist zweifellos ein Sieg – aber diese allein wird nicht sämtliche ukrainischen Probleme lösen. Der gewichtigste Vorteil der Umstrukturierung besteht in der Reduzierung der Gesamtschuldenhöhe. Man wird auch mit einem minimalen stabilisierenden Effekt auf die ukrainische Währung und mit einem positiven Effekt auf die ukrainischen „Papiere“ rechnen können, so dass die Ukraine bereits Ende 2017 auf die internationalen Kapitalmärkte zurückkehren könnte. Gleichzeitig wird der direkte „mechanische“ Druck auf den ukrainischen Haushalt gesenkt, das Management von Liquidität und monetärer Flüsse wird leichter.

Wo stecken die eigentlichen Probleme?

Heute kann davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit der Schwierigkeiten und Hindernisse für effektive Reformen noch vor uns liegen. Die Dollarisierung geht diesem Zug voraus. Die Ukraine befindet sich in einer gefährlichen Situation – mit einer weit verbreiteten „Substituierung der nationalen Währung“ (Ablösung der nationalen Währung als Zahlungsmittel oder „Clearingverfahren“) und „Substituierung der monetären Aktiva seitens der Bevölkerung und der Geschäftswelt“ (Ablösen der nationalen Währung als Rücklageninstrument und Mittel zum Erhalt der Kaufkraft). In einer Krisensituation braut sich über jedem beliebigen ökonomischen System ein perfekter Sturm zusammen, wenn die nationale Währung gleichzeitig als Zahlungs- und Rücklageninstrument weitestgehend abgelöst wird. Infolgedessen hat sich in der Ukraine ein systemimmanentes Misstrauen seitens der Bevölkerung und der Geschäftswelt gegenüber der nationalen Währung herausgebildet.

Der sich fortsetzende Fall der industriellen Produktion, die hohen Abflüsse an ausländischem Kapital und Investitionen, die sich fortsetzende Währungsabwertung (68,84 Prozent zwischen Januar und Oktober 2015) sowie die gefährliche, inflationäre Entwicklung der Verbraucherpreise (49,5 Prozent zwischen Januar und Oktober 2015 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres) sind die Rahmenbedingungen in der heutigen Ukraine, die zudem erkennen lassen, dass wir die gefährlichen Klippen noch nicht umschifft haben, dass der Einfluss der monetären Politik äußerst begrenzt ist. Zum heutigen Tag ist der Einfluss der Fiskalpolitik auf den realen Gesundheitszustand der Ökonomie ebenfalls begrenzt.

Was müssen die wichtigsten staatlichen Behörden begreifen? Bei einem freischwankendem Wechselkurs und einem hohen Dollarisierungsniveau werden sich viele externe Risiken erhöhen. Ohne behördenübergreifende Bemühungen ist die Wirtschaft nicht zu retten.

Was sollten die Staatsorgane der Ukraine machen?

Die ukrainische Regierung sollte die erforderlichen schmerzhaften Reformen mit Schwerpunkt auf die „Ent-Dollarisierung“ der Wirtschaft sowie die Entwicklung des lokalen Anleihenmarktes anstoßen. Denn genau diese beiden Reformbereiche bilden die Grundlage für Haushaltsdisziplin und Währungsstabilität auf sämtlichen Ebenen des Staates (Bevölkerung, Wirtschaft, Bankwesen, staatliches System). Diese tragen gemeinsam mit einer Steuerreform sowie effektiven Politik des Inflationstargeting dazu bei, die Preisstabilität und das Vertrauen in die Landeswährung wiederherzustellen. Gleichzeitig sollte bei der Umsetzung der bedeutendsten Reformen ein besonderer Schwerpunkt auf die allgemeine Haushaltsdisziplin gelegt werden – und damit auf ein Eingrenzen der problematischsten Defizitursachen (Pensionsfonds, Einlagensicherungsfonds sowie die Nationale Aktiengesellschaft „Naftogas“). Dringend ist auch die Privatisierung schwerfälliger Staatsunternehmen, die in naher Zukunft angegangen werden sollte … und diese sollte nach den Grundsätzen der „Transparenz“ unter Teilnahme großer westlicher Konzerne umgesetzt werden.

Von der Entwicklung des Exports hängt nicht nur der Devisenzufluss ins Land und entsprechend der Hrywnja-Kurs ab, sondern auch die Entwicklung der industriellen Produktion, des Transportwesens, des Dienstleistungssektors sowie die Haushaltseinnahmen. Die Regierung sollte sämtliche Anstrengungen hinsichtlich der Schaffung der entsprechenden Bedingungen für die Produktion von exportfähigen Waren anstoßen (am wichtigsten – mit Mehrwert) sowie die „westlichen“ phytosanitären und technischen Standards (die in aller Regel ein bedeutendes Hindernis für unsere Produkte sind) effektiv durchsetzen.

Gelingt es der Ukraine nicht, Haushaltsdisziplin und effektive Verwendung der finanziellen Ressourcen durchzusetzen, wird der Druck auf den Staatshaushalt schnell wieder ansteigen. Finanzstabilität wäre in diesem Fall außer Reichweite und in drei bis vier Jahren müssten wir uns erneut mit einer problematischen Auslandsverschuldung auseinandersetzen. In der Vergangenheit hat es gute Beispiele für willensstarke Reformen in Ländern wie Chile, Israel, Peru und Südkorea gegeben. Der Zeitrahmen für echte Manöver ist sehr schmal, die Ukraine sollte einige der strategischen und taktischen Instrumente dieser Länder in das eigene Waffenarsenal aufnehmen. Dies setzt den entsprechenden Willen voraus – politisch und moralisch. Den Willen für echte Reformen, zur Reformierung des Gerichtssystems (das heißt zur Durchsetzung des Gläubiger- und Anlegerschutzes), zur Reduzierung der Schattenwirtschaft sowie Umleitung der finanziellen Mittel in die Realwirtschaft und Bekämpfung der Korruption.

13. November 2015 // Jegor Perelygin

Quelle: Lewyj Bereg

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Jahrgang 1978. Yvonne Ott hat Slavistik und Wirtschaftswissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg studiert. Seit 2010 arbeitet sie als freie .

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