"Interpipe" hat Zollprobleme
Gestern verkündete der Föderale Zolldienst Russlands die Einstellung der zollfreien Einfuhr von Stahlröhren aus der Ukraine. Beide Seiten konnten sich nicht auf eine Verlängerung des Abkommens zur Quotierung der Lieferungen einigen. Im Ergebnis könnte der größte ukrainische Röhrenhersteller „Interpipe“ von Wiktor Pintschuk seinen Hauptabsatzmarkt verlieren – die Lieferungen aus der Ukraine nach Russland werden auf 250 – 300 Mio. $ im Jahr geschätzt.
Von 1. April an hat Russland die zollfreie Einfuhr von Stahlröhren aus der Ukraine eingestellt, teilte man gestern beim Föderalen Zolldienst Russlands mit. Die Frist des Abkommens zwischen dem Wirtschaftsministerium der Ukraine und dem Ministerium für Wirtschaft und Entwicklung der Russischen Föderation, welches die Quotenhöhe für die zollfreie Einfuhr von ukrainischen Röhren in das Land festlegte, lief am Ende des I. Quartals aus (die Quote betrug pro Quartal 55.000 t). „In Verbindung mit dem Fehlen einer abgestimmten Höhe für die Quoten nach dem 31. März hält man sich folglich vom 1. April an bei der Zollabfertigung für ukrainische Röhrenprodukte an die Anordnung der Regierung der Russischen Föderation, welche die Eintreibung von Antidumpingzöllen bei ihrem Import vorsieht“, heißt es im Schreiben des Dienstes.
Die Ukraine und Russland haben Gespräche zur Verlängerung der Quoten für den zollfreien Import ukrainischer Röhren für 2010 geführt. Kiew war im Austausch bereit auf den geschlossenen Markt für Mineraldünger für russische Firmen zu verzichten (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 25. Dezember 2009). Gestern gelang es nicht die Ergebnisse der Verhandlungen im Industriepolitikministerium in Erfahrung zu bringen.
Der größte Exporteur der Röhren, der im Rahmen des Abkommens mit der Russischen Föderation tätig war, ist das Röhren- und Radunternehmen „Interpipe“, welches vom Unternehmen Wiktor Pintschuk und Mitgliedern seiner Familie kontrolliert wird. Den Angaben des Fonds für Entwicklung der Röhrenindustrie der Russischen Föderation nach wird das Volumen des russischen Röhrenmarktes auf 3-4 Mrd. $ geschätzt, der Anteil der ukrainischen Röhren liegt bei 250-300 Mio. $. „Jetzt sollen vom 1. April an die Röhrenlieferungen der Werke von ‘Interpipe’ Zöllen in Höhe von 8-55% unterliegen“, sagt der Direktor des Fonds für Entwicklung der Röhrenindustrie der Russischen Föderation, Alexander Dejneko.
Für „Interpipe“ ist der russische Markt ein Schlüsselmarkt und die Aufhebung der zollfreien Einfuhr könnte zum vollständigen Verlust dieses Marktes für das Unternehmen führen. Den Schätzungen des Analysten von Dragon Capital, Sergej Gajdy, nach, gehen auf den russischen Markt 35-40% aller Verkäufe von „Interpipe“. „Das Unternehmen wird gezwungen sein die Preise für die Endabnehmer zu erhöhen und die eigene Marge zu verringern“, sagt Oleg Jusefowitsch von Alfa Capital. Sergej Gajdys Worten nach, haben die russischen Abnehmer die ukrainischen Röhren vor allem wegen ihres Preises gekauft. „In der Qualität stehen die ukrainischen Röhren den russischen nach und nach der Einführung von Zöllen werden sie nicht billiger sein“, hebt Gajda hervor. Boris Krasnoshenow von „Renaissance Capital“ erinnert daran, dass in Russland die Produktion von Schweißröhren wächst und die Aufhebung der Zollfreiheit könnte von lokalen Playern ausgenutzt werden. „Diese Entscheidung spielt in erster Linie in die Hände der Objedinennaja Metallurgitscheskaja Kompanija, der Trubnaja Metallurgitscheskaja Kompanija, dem Tscheljabinsker Röhrenwerk und ‘Sewerstal‘“, meint er.
Der Meinung von Experten nach, muss „Interpipe“ jetzt aktiver eine Diversifizierung seiner Lieferungen betreiben. „Das Unternehmen wird gezwungen aktiv neue Absatzmärkte zu suchen – insbesondere im Nahen Osten. Doch werden die Liefermengen dort weit unter denen nach Russland liegen“, ist sich Sergej Gajda sicher. Der einzige Ausweg für „Interpipe“ – um nicht größere Verringerungen bei den Finanz- und Produktionskennzahlen 2010 zuzulassen – ist sich auf Quoten für das II. Quartal zu einigen. Beim Pressedienst von „Interpipe“ verzichtete man gestern auf Kommentare.
Roman Sudolskij, Alexander Tschernowalow
Quelle: Kommersant-Ukraine