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Der metallische Beigeschmack der Krise

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Nach der Verteidigung der territorialen Integrität und Unabhängigkeit besteht die nächste bedeutende Aufgabe in der Erhaltung und Ankurbelung der inländischen Wirtschaft.

Dieser Leitsatz kann konkretisiert werden: Die Industrie, die sich seit bereits zwei Jahren am Boden befindet, muss wieder angekurbelt werden. Der fortdauernde Rückgang der Produktion kann praktisch in jedem Wirtschaftsbereich beobachtet werden. Am traurigsten ist allerdings, dass diese Entwicklung auch die Metallurgie betrifft. Wenn man berücksichtigt, dass das Berg- und Hüttenwesen grob ein Drittel der ukrainischen Wirtschaft ausmacht, müssen bei ihrer Erkrankung praktisch alle Bewohner des Landes „husten“. 2013 konnte die Metallurgie die Ergebnisse von 2012 wiederholen – und sogar leicht übertreffen. Insgesamt wurden 29,1 Millionen Tonnen Roheisen, 32,7 Millionen Tonnen Stahl, 29,1 Millionen Tonnen Walzerzeugnisse produziert. Problematisch ist allerdings, dass es 2012 einen drastischen Produktionsrückgang – um sechs Prozent – zu verzeichnen gab. Zudem beträgt die ukrainische Stahlproduktion immer noch lediglich 76 Prozent des Vor-Krisen-Niveaus von 2007.

Die Finanzzahlen sind ebenso deprimierend. 2013 mussten die Werke, die zum Unternehmensverband „Metallurgprom“ gehören, nach Steuern Einbußen von insgesamt 12,4 Milliarden Hrywnja hinnehmen. Der Gesamtumsatz der metallurgischen Unternehmen der Ukraine betrug 141,3 Milliarden Hrywnja, das entspricht einem Rückgang von 12 Milliarden im Vergleich zu 2012. Auf die Dnjepropetrowsker Oblast entfiel etwa ein Drittel dieser Summe, rund 42,4 Milliarden Hrywnja. Wie lange kann mit solchen Zahlen noch gewirtschaftet werden?

Das Hauptproblem der inländischen Metallurgie besteht in ihrer Abhängigkeit von den ausländischen Märkten. 2013 gingen von der Gesamtproduktion von 29,1 Millionen Tonnen 23 Millionen Tonnen ins Ausland. Gemäß dem Generaldirektor des Unternehmerverbandes „Metallurgprom“, Alexander Sraschewskij, exportiert die Ukraine momentan mehr als 80 Prozent ihres Metalls.

„Niemand exportiert mehr. In Russland beträgt die Binnennachfrage 60 Prozent, obwohl wir in den 90er Jahren von einer vergleichbaren Position aus starteten. Bei uns beträgt die Binnennachfrage 20 Prozent und diese geht immer mehr zurück“, sagte er. Ein derartig hoher Exportanteil macht die einheimische Wirtschaft sehr anfällig für jedwede Veränderungen auf den ausländischen Märkten. Zudem werden vor allem Zwischenerzeugnisse – insbesondere Halberzeugnisse – exportiert.

Die Situation wird dadurch verschärft, dass zu wirtschaftlichen Faktoren wie eine weltweit geschrumpfte Nachfrage nach Metallen sowie das Überangebot an Stahlerzeugnissen zusätzlich politische kommen. Der verdeckte Handelskrieg mit Russland, das traditionell einen der wichtigsten ausländischen Märkte für ukrainische Produkte darstellt, hat den ukrainischen Export ernsthaft geschadet. 2013 gingen 12,9 Prozent der ukrainischen Metallexporte an die Russische Föderation. Nach dem Exil des Janukowitsch Clans fielen diese Kennzahlen drastisch. Im ersten Quartal ging der Export nach Russland um 31 Prozent zurück, was 255.000 Tonnen entspricht. Im Übrigen stehen nicht nur politische Ursachen hinter dieser Entwicklung: Die ukrainischen Metallexporte wurden durch Anti-Dumping-Maßnahmen (im November 2013 begann die Eurasische Ökonomische Kommission eine Untersuchung gegen Importe von Armaturen aus der Ukraine) und der in der Russischen Föderation forcierten Importsubstitution empfindlich gestört. Infolgedessen ist der Anteil der ukrainischen Exporte am russischen Markt auf 8,7 Prozent gesunken.

Einfach mit dem Finger auf den russischen Markt zu zeigen, ist allerdings keine Lösung, immerhin bringt die Russische Föderation gemeinsam mit den übrigen GUS-Staaten den Metallurgen jährliche Einnahmen in Höhe von rund drei Milliarden USD. Sollte das Tempo der Abnahme im Verlauf des gesamten Jahres 2014 beibehalten werden, werden den ukrainischen Unternehmen etwa eine Milliarde USD fehlen. „Könnten der EU- und Nahostmarkt diesen Sturz auf dem GUS-Markt kompensieren? Ich denke, kurzfristig nicht“, unterstreicht der Direktor der Abteilung für Marktanalysen in der Eisenmetallurgie von Dershsownischinform, Alexander Schejko.

Was sollte in diesem Fall getan werden? Die Lösung praktisch offensichtlich. Wenn die Ukraine einen dermaßen schwachen Binnenmarkt aufweist, muss dieser entwickelt werden. Insbesondere, da hier große Potenziale freigesetzt werden könnten: Der Verschleiß der Sachanlagen übersteigt 70 Prozent. Allein für den Austausch der verrotteten Rohrleitungen sind mehr als eine Million Tonnen Stahl erforderlich. Der frühere Minister für Industriepolitik, Michail Korolenko, erklärte, dass das Potenzial des internen Marktes vom Ministerium auf 300 Millionen Tonnen geschätzt wird. Dies entspräche dem Produktionsumfang von neun Jahren.

Theoretisch könnte die Ukraine Dutzende Milliarden Dollar von internationalen Kreditgebern erhalten. Würde dieses Geld nicht verschleudert, sondern in die Entwicklung der Wirtschaft investiert, könnte sich die Metallurgie schnell erholen. Die Inlandsnachfrage nach Halb- und Fertigerzeugnissen aus Stahl ist nach der Euro 2012, nachdem große Bauprojekte beendet wurden, stark gesunken. Der Umkehrschluss ist naheliegend: Werden erneut Bauprojekte angestoßen, wird auch die Produktion in der Metallurgie wieder angestoßen.

Darüber hinaus sollten die Eigentümer heimischer Fabriken über eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen nachdenken und deren Modernisierung beschleunigen. Kein Witz: Bis heute werden noch 20 Prozent des Stahls nach dem Siemens-Martin-Verfahren produziert. Siemens-Martin-Öfen kommen noch in drei Werken zum Einsatz: MMK Iljitsch, „Saporoschstal“ und „ArcelorMittal Kriwoj Rog“. Die Energieintensität der ukrainischen Stahlproduktion ist beinahe viermal so hoch wie in den führenden Ländern der Welt, weshalb die Einführung energiesparender Technologie (wie Einblasanlagen für Hochöfen) mehr denn je wichtig ist. Gemäß „Metallurgprom“ betragen die Investitionen in der Ukraine pro Tonne Stahl weniger als 25 USD. In Russland betragen diese annähernd 80 USD pro Tonne, in fortgeschrittenen internationalen Unternehmen sogar bis zu 180 USD. Die Gesamtinvestitionen in technische Neuerungen und die Modernisierung der Werke betrugen im vergangenen Jahr 6,2 Milliarden USD. Auf die Dnjepropetrowsker Oblast fielen hiervon 37 Prozent – mehr als in jeder anderen Region.

Im Übrigen spielt in der aktuellen Situation der Ukraine das Geld keine entscheidende Rolle. Die Metallurgie – wie auch jeder andere Wirtschaftszweig – hängt momentan in erster Linie von der soziopolitischen Situation im Land ab. Zwei der vier für die Metallurgie bedeutenden Regionen – die Donezker und Lugansker Oblaste – sind zum Zentrum der russischen Provokation geworden, und die Saporoshjer und Dnjepropetrowsker Oblaste befinden sich in gefährlicher Nähe. Die hier stattfindenden Ereignisse werden sich negativ auf die regionale Wirtschaft, einschließlich die Metallurgie, auswirken. Nichtsdestotrotz ist der Chef-Lobbyist der Metallurgen, Sraschewskij, zuversichtlich, dass für die Branche alles im grünen Bereich sein wird: „Die Metallurgie wird seit den 90er Jahren totgeredet, nichts ist passiert. Und auch dieses Mal wird nichts passieren.“

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Die größten Hüttenwerke der Ukraine

Asowstal – Mariupol – „Metinvest“, Rinat Achmetow

Altschewskij Metkombinat – Altschewsk – ISD (Industrieunion Donbass), russische Investoren unter Leitung von Alexander Katunin

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6. Juni 2014 // Andrej Wodjanyj

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:    — Wörter: 1113

Jahrgang 1978. Yvonne Ott hat Slavistik und Wirtschaftswissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg studiert. Seit 2010 arbeitet sie als freie .

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