Der Nationale Sicherheitsrat diskutierte auch die Überschwemmung in der Westukraine
Gestern unterstützte im Laufe einer Sondersitzung der Rate für Nationale Sicherheit und Verteidigung (RNSV) den Vorschlag des Präsidenten Wiktor Juschtschenko und erklärte die westlichen Oblaste der Ukraine, die vom Hochwasser betroffen sind, zum Notstandsgebiet. Im Laufe des ganzen Tages wurde nicht klar – geht die Rede von der Erklärung des Notstandes oder der Erklärung der betroffenen Oblaste zur Zone einer “außerordentlichen ökologischen Situation” (AÖS). In jedem Falle wird zur gesetzgebenden Bestätigung der Entscheidung des RNSV am Donnerstag eine außerordentliche Sitzung der Werchowna Rada einberufen. Neben dem untersuchte der Sicherheitsrat noch eine Reihe von ökonomischen Fragen.
Der gestrigen Sitzung des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung ging ein Fernstreit von Wiktor Juschtschenko und Julia Timoschenko voraus. Am Morgen teilte das Präsidialamt mit, dass um 13:30 Uhr die Sicherheitsratssitzung stattfindet und das Kabinett erklärte, dass für 12:30 Uhr eine Sitzung der Regierung anberaumt wurde. Beim Präsidialamt rechnete man damit, dass die Premierin auf diese Weise versucht die Veranstaltung unter der Leitung des Präsidenten zu vereiteln. Der Leiter des Präsidialamtes, Wiktor Baloga, verbreitete eine Erklärung, in der es heißt, dass die Regierung einen Konflikt mit dem Staatsoberhaupt provoziert und Timoschenko selbst verletzt “die Regeln des Anstands und der Etikette” eines Staatsangestellten. Übrigens, die weitere Entwicklung der Ereignisse zeigte die Inkorrektheit der Anschuldigungen des Präsidialamtes. Die Kabinettssitzung endete hinreichend schnell, so dass die Minister es auf die Bankowa Straße (Sitz des Präsidenten) rechtzeitig schafften. Und Wiktor Juschtschenko zwang alle zu warten und erschien im Saal für staatliche Veranstaltungen fast mit einstündiger Verspätung. Julia Timoschenko fand sich nicht unter den Teilnehmern der Sitzung. “sofort nach der Regierungssitzung möchte ich die Situation des Pri-Dnestr-Wasserkraftwerks (sie meint das Dnestr-Wasserkraftwerk, so der “Kommersant-Ukraine“) und die Situation in den Kreisen der Oblast Winnyzja, die den gesamten gestrigen Tag und heute Nacht überflutet wurden.”, sagte Timoschenko, den Ersten Vizepremier Alexander Turtschinow an ihrer statt zur Sitzung des Sicherheitsrates schickend.
“Ich danke denen, welche die Möglichkeit fanden ihren Tagesablauf zu ändern und auf diese Konferenz zu kommen.”, begann Wiktor Juschtschenko seinen Auftritt mit Ironie.
Er erklärte, dass als erste und hauptsächliche Frage, wegen denen die Sitzung des Sicherheitsrates einberufen wurde, die “Notwendigkeit, der Erklärung einiger Regionen zur Zone mit einer ‘außerordentlichen ökologischen Situation’” für eine Frist von drei Monaten erscheint. Und im Zusatz schlug er den Mitgliedern des RNSV vor zwei weitere Fragen zu betrachten – zu Maßnahmen der Gewährleistung des Betriebs der Pipeline Odessa-Brody in umgekehrter Richtung (momentan pumpt Lukoil Erdöl von der Drushba nach Odessa) und zur Situation mit der Lizenz des Unternehmens Vanco für die Erschließung des Kertscher Teils des Schwarzmeerschelfs.
Den Informationen des “Kommersant-Ukraine“ nach, änderte Juschtschenko im geschlossenen Teil der Sitzung die Reihenfolge der zu untersuchenden Fragen; unter den ersten zeigten sich ökonomische und die Situation in den betroffenen Oblasten wurde zuletzt diskutiert. Übrigens, die wichtigste Entscheidung wurde in der letzten Frage getroffen: der Sicherheitsrat entschied sich die Bedeutung der Katastrophe zu erhöhe und den Notstand anstelle der besonderen ökologischen Notlage in den betroffenen Regionen auszurufen.
Als erster informierte die Journalisten darüber, dass der Sicherheitsrat in den betroffenen Kreise den rechtlichen Zustand des Notstandes einführt, der Stellvertreter der Sekretärin des RNSV Boris Soboljew. Später bestätigte diese Auskunft der Sprecher der Werchowna Rada, Arsenij Jazenjuk.
“Jetzt muss in jedem Fall eine außerordentliche Sitzung einberufen werden, da für die Erklärung des Notstandes ein Parlamentsbeschluss notwendig ist. Und was das Erscheinen der Abgeordneten betrifft […] Ich beginne gerade Konsultationen mit den Führern der Fraktionen zu dieser Frage.”, fügte Jazenjuk hinzu.
Der Parlamentssprecher teilte mit, dass das Parlament sich am Donnerstag versammeln soll und gab zu, dass diese Sitzung nicht einfach werden könnte.
“Als zweiten Punkt in der Tagesordnung ist geplant die Änderungen im Staatsbudget einzubringen. Darunter wird die Finanzierung der Ausgaben fallen, welche in Verbindung mit der Beseitigung der Katastrophe (in der Westukraine) stehen.”
“Das heißt, die Änderungen im Budget betreffen nicht nur die Ausgaben für die Beseitigung der Katastrophe?”, präzisierten die Journalisten.
“Lassen Sie uns schauen, was der Budgetausschuss einbringt, welche allgemeine Position die Fraktion hat.”, antwortete der Sprecher, seufzend. “Doch für mich ist wichtig, dass am Ende eine Entscheidung zum Wesentlichen gefällt wurde und die Parlamentssitzung nicht zur Show wird.”
Bemerkenswert ist, dass gestern die Vertreter des Präsidialamtes und des RNSV sich zu Kommentaren in Bezug darauf zurückhielten, warum der Sicherheitsrat sich nicht dafür entschied eine “außerordentliche ökologische Situation” zu verkünden und stattdessen den Notstand erklärte. Die Mehrheit der Staatsangestellten, welche vom “Kommersant-Ukraine“ befragt wurden, weigerten sich darüber zu reden, sogar nicht informell. “In Wirklichkeit wurde zu dieser Frage noch keine endgültige Entscheidung getroffen.”, teilte dem “Kommersant-Ukraine“ einer der Konferenzteilnehmer mit, der jedoch anonym bleiben wollte. “Am wahrscheinlichsten ist, dass der Notstand ausgerufen wird, doch ich kann nicht ausschließen, dass der Präsident zu seiner anfänglichen Absicht zurückkehrt und die betroffenen Regionen zur Zone der “außerordentlichen ökologischen Situation” erklärt.” Jetzt warten wir auf den Erlass des Präsidenten und bis dahin, wo er veröffentlicht wird, riskieren wir nicht irgendwas zu kommentieren.”??
Davon, dass der Präsident von der Idee der Verkündung des Notstandes Abstand nimmt, zeugt auch der Fakt, dass in der vom Parlamentssprecher Arsenij Jazenjuk verbreiteten Anordnung zur Einberufung einer außerordentlichen Sitzung des Parlaments als Grund für die Einberufung die Erklärung einer Reihe von Regionen zur Zone einer “außerordentlichen ökologischen Situation” angegeben wurde.
Die Diskussion der wirtschaftlichen Fragen nahm auf der Sitzung des RNSV genauso viel Zeit ein, wie die Frage zur Verkündung des Notstandes. Etwa eine Stunde verlangte die Diskussion der Perspektiven des aversen Betriebs der Erdölpipeline Odessa-Brody. Diesem Thema wurde der größte Teil des Auftritts Wiktor Juschtschenkos am Beginn der Konferenz gewidmet und in Verbindung mit dieser Frage kritisierte Juschtschenko am längsten die Tätigkeit der Regierung.
“Mich beunruhigt, dass um die führenden nationalen Projekt sich Skandale aufbauen und mit diesen Projekten verbindet sich das Etikett ‘Korruption’”, erklärte der Präsident und erinnerte daran, dass Julia Timoschenko den Ministern verboten hat die, ihrer Meinung nach, ??“Korruptions-”??Projekte der Vereinbarung über die Durchleitung von Erdöl in Richtung Brody zu unterzeichnen (”Kommersant-Ukraine“ vom 18. Juli).
Die Tätigkeit der Premierin kritisierend, führten das Staatsoberhaupt zu Beispielen der Tätigkeit der von ihr geführten Regierung 2005, dabei Parallelen zur Arbeit der heutigen Regierung ziehend. Der Präsident warf Timoschenko die Versuche der massenhaften Wiederverstaatlichung vor und erklärte, dass sie heute fortsetzt Investoren aus der Ukraine zu verscheuchen; er beschuldigte sie der Durchführung einer unklugen Politik in den Bereichen der Industrie und Landwirtschaft und dem Bereich der Energie.
“Und uns beschuldigt man der Korruption?! In Wirklichkeit ist derjenige der Hauptkorruptionär, der von morgens bis abends davon redet!! Das böse Gewissen verrät sich selbst/Getroffene Hunde bellen/Das Gesicht verrät den Wicht (На воре шапка горит)!”, erregte sich der Präsident.
Wie den Journalisten Teilnehmer der Konferenz erzählten, war die Diskussion der ökonomischen Fragen im geschlossenen Teil ebenfalls hinreichend emotional. Der Erste Vizepremier Alexander Turtschinow betonte, dass die Regierung die Abkommen zur Überführung der Erdölpipeline Odessa-Brody zum aversen Betrieb als korrumpiert ansieht und der Präsident erklärte die Beweislosigkeit dieser Anschuldigungen und erläuterte die Wichtigkeit der Diversifizierung der Brennstofflieferungen. Am Ende unterstützte der Sicherheitsrat das Staatsoberhaupt und wies das Kabinett an bis zum 1. September die Abkommen fertigzustellen und zu unterzeichnen, welche die Regierung vorher verweigert hatte. Bei der Frage der Lizenzierung des Unternehmens Vanco wurde dem Kabinett die Anweisung gegeben, die Situation außergerichtlich zu klären.
Was ist ein Notstand?
Gemäß dem Gesetz “Zur Zone der außerordentlichen ökologischen Situation”, wird zu einer solchen Zone ??“eine einzelne Gegend der Ukraine [erklärt], in der eine ‘außerordentliche ökologische Situation’ aufgetreten ist”. Ein entsprechender Erlass des Präsidenten auf Initiative des RNSV oder nach der Vorlage beim Ministerialkabinett wird in der Werchowna Rada in einer Frist von zwei Tagen bestätigt.
In der Zone der “außerordentlichen ökologischen Situation” kann ein spezielles Ein- und Ausreiseregime verhängt werden, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit auf dem Territorium, wo diese außerordentliche Situation herrscht, eine Einschränkung der Bewegung von Transportmitteln, eine Verstärkung des Schutzes der zivilen Ordnung und von Objekten, welche die Lebenstätigkeiten der Bevölkerung und der Volkswirtschaft sicherstellt und es wird ebenfalls ein Verbot der Durchführung von Massenveranstaltungen und so weiter eingeführt. Die öffentliche Sicherheit wird von einer Spezialabteilung des Innenministeriums und vom Geheimdienst der Ukraine gewährleistet.
Gemäß dem Gesetz “Zum Rechtsregime des Notstandes”, wird der Notstand durch einen Präsidentenerlass erklärt und in der Rada nur bei “einer realen Gefahr für die Sicherheit der Bürger oder der Verfassung, deren Beseitigung mit anderen Mitteln unmöglich ist.” Er kann für das ganze Land nicht länger als 30 Tage erklärt werden und für einzelne Regionen maximal 60 Tage.
Im Fall der Einführung des Notstandes trifft die Werchowna Rada die Entscheidung über die Fortsetzung der normalen Sitzungsperiode oder der Arbeit in einer Plenarsitzung über den gesamten Zeitraum der Geltung des Notstandes. Unter den Bedingungen des Notstandes sind “Änderungen in der Verfassung, der Verfassung der Autonomen Republik Krim, von Wahlgesetzen, die Durchführung von Präsidentschafts-, Parlaments- und zu Organen der lokalen Selbstverwaltung, die Durchführung von allukrainischen und lokalen Referenden, sowie die Einschränkung der Rechte und Vollmachten von Parlamentariern verboten.”
In der Ukraine wurde der Notstand einmal ausgerufen. Am 3. Dezember 2005 unterschrieb Wiktor Juschtschenko den Erlass Nr. 1692 “Zur Einführung des Notstandes in den Siedlungen der Autonomen Republik Krim” in Verbindung mit dem Auftreten der Vogelgrippe. Am 6. Dezember wurde die Notstandsverordnung von der Werchowna Rada ratifiziert.
Quelle: Kommersant-Ukraine