Das Offshore-Versteck von Janukowytsch und Kljujew


Im berüchtigten Buch von Janukowytsch “Opportunity Ukraine”, das sich neulich als Plagiat entpuppt hat, werden so gut wie keine ukrainischen Unternehmen genannt. Einer Firma hat der Verfasser dennoch ganze zwei Seiten gewidmet. Wie auch in anderen Fällen haben sich die Literatursklaven von Janukowytsch bei der Überarbeitung des Textes nicht gerade bemüht.

Sie haben einfach eine Presseerklärung der österreichischen Firma Activ Solar in das Buch hineinkopiert. In der Ukraine betreibt dieses Unternehmen ein Werk zur Herstellung von Halbleitern in der Stadt Saporischja und beschäftigt sich mit dem Bau von Solarkraftwerken.

“…Ein langerwartetes Ereignis geschah letzten Oktober und blieb von den Massenmedien und der Öffentlichkeit unbemerkt. Ein Solarkraftwerk wurde auf der Krym eröffnet. Es wurde von der österreichischen Firma Activ Solar in der Siedlung Rodnikowe errichtet und in Betrieb genommen… Ich habe dieses Beispiel angeführt, um zu verdeutlichen, warum die Regierung in der Ukraine sich für die Nutzung von alternativen Energien interessiert…”, schrieb Janukowytsch in seinem Buch.

Neulich am 7. Oktober hat sich Janukowytsch während seines Besuchs in Griechenland an Geschäftsleute gewendet. “Die Ukraine ist auch an der Erweiterung der Kooperation mit Griechenland auf dem Gebiet der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen interessiert … Während unseres Gespräches habe ich dem Präsidenten ein Angebot über die Errichtung eines schlüsselfertigen Sonnenkraftwerks in Griechenland gestellt – wir verfügen über die entsprechenden Möglichkeiten und sind bereit, es jederzeit zu tun”.

Im Buch wird der Name des wahren Eigentümers dieses Solargeschäfts nicht genannt. Auch enthält es keine Informationen über die Entwicklungsmöglichkeiten des Solargeschäfts in der Ukraine. In Wahrheit stellt diese Geschichte aber ein schreiendes Beispiel dafür dar, wie Business in Verbindung mit Politik günstige Bedingungen für einen der einflussreichsten Männer der ukrainischen Gegenwart – Andrij Kljujew – schafft.

Letztes Jahr hat die “Ukrajinska Prawda” darüber berichtet, wie Kljujew, als er noch der erste Vize- Premier war, die Leitung der Kommission für Investitionsprojekte übernahm und mit deren Hilfe das eigene Familiengeschäft gefördert hat.

Eine der ersten Entscheidungen dieser Behörde war die Bereitstellung staatlicher Fördermittel in Höhe von 200.842.000 Hrywnja (ca. 20 Mio. Euro) für das Werk zur Herstellung von Halbleitern in Saporischja mit dem Ziel, die Entwicklung von Solarkraftwerken voranzutreiben.

Der mit 75% am Werk zur Herstellung von Halbleitern beteiligte Hauptaktionär ist die in Wien gegründete Firma Activ Solar. Diese Informationen enthält die Datenbank der Staatskommission für Wertpapiere und den Fondsmarkt. Nach einer vorherigen Anmeldung auf der Webseite dieser Behörde kann jeder auf diese Informationen zugreifen.

Während des Besuchs der Konferenz Europäische Strategie in Jalta fragte die “Ukrajinska Prawda” den damals noch Ersten Vize-Premierminister Kljujew, ob er oder seine Familie etwas mit der Firma Activ Solar zu tun hat. “Ich habe damit nichts zu tun”, versicherte Kljujew.

Warum Österreich?

Warum ist es vorteilhaft, eine Holdinggesellschaft in Österreich zu gründen? Weil die Dividenden aus den Tochtergesellschaften, in diesem Fall aus ukrainischen, nicht steuerpflichtig sind! Mit diesem Geld füllt Österreich sein Bankensystem auf.

Auf diese Weise kann der Gewinn aus Kljujews ukrainischen Energieunternehmen in Form von Dividenden nach Österreich transferiert werden, wo dieser dann keiner Besteuerung unterliegt. Anschließend kann man dieses Geld weltweit, unter anderem auch in die Ukraine, getarnt als österreichische Investitionen anlegen. Niemand würde je vermuten, dass ukrainisches Business, finanziert aus dem ukrainischen Staatsbudget, am Anfang dieser Kette war.

Die Besonderheiten der Gewerbeanmeldung in Österreich ermöglichen es, Unternehmen wie westeuropäische Gesellschaften mit einer makellosen Vorgeschichte nach außen zu präsentieren. So geht auch Activ Solar vor und schreibt Folgendes über sich selbst: “Activ Solar ist eine internationale Unternehmensgruppe mit Hauptquartier in Wien, die sich auf die Entwicklung und Erzeugung von Solartechnologie spezialisiert”.

Die “Ukrajinska Prawda” hat auf der Website des Handelsgerichts Wien, das für die Führung des Unternehmensregisters zuständig ist, die Gründungsdokumente der Gesellschaft Activ Solar GmbH erworben. Nachfolgend aufgeführt ist der Bericht der Activ Solar GmbH:


Geschäftsführung

Als Geschäftsführer der Activ Solar gilt Kaveh Ertefai. Er ist der Schwiegersohn von Serhij Kljujew, geboren laut Anmeldung in der Stadt Dubai, in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Die beeindruckenden Aufnahmen der Hochzeit von Herrn Ertefai mit Olha Kljujewa (die Tochter des Abgeordneten), die in einem Palast in Wien stattfand, schockierten vor kurzem mit unvorstellbarem Prunk das Internet.

Herr Ertefai ist übrigens nicht der einzige Verwandte von Kljujew in der Firma. Der Sohn des ersten Vize-Premierministers Andrij Kljujew, Bohdan, arbeitet laut öffentlichen Informationen als Entwicklungsmanager bei der Activ Solar.

Ungeachtet dessen verneint Kljujew der Ältere weiterhin hartnäckig seine Verbindung zur Firma Activ Solar.

Sitz

Das Hauptquartier der Activ Solar befindet sich in Wien unter der Anschrift Wipplingerstraße 35. Gemäß Aushangschild am Eingang des Bürozentrums befindet sich die Firma, die auf Kosten ukrainischer Steuerzahler Solarkraftwerke baut, im vierten Stock. In diesem Stock befindet sich auch die Firma Slav AG, die den Kljujew Brüdern gehört und über die unten berichtet wird. Activ Solar besitzt nicht einmal eine eigene Klingel für die Besucher. Zu dieser Firma kann man nur über das Büro der Slav AG gelangen.

Gesellschafter

2008 wurde die österreichische Firma Slav Beteiligung GmbH zum alleinigen Gesellschafter der Activ Solar. Die Slav Beteiligung GmbH befand sich wiederum zu 100% im Besitz der ähnlich klingenden Slav AG, die den Brüdern Andrij und Serhij Kljujew zu jeweils 50% gehört. Dies kann man auf der Webseite eines frei zugänglichen österreichischen Firmenverzeichnisses nachlesen.

Ende 2008 wurde beschlossen, die Gesellschafter zu wechseln. Zum alleinigen Gesellschafter der Activ Solar wurde deren Geschäftsführer und Schwiegersohn von Serhij Kljujew der oben bereits erwähnte Kaveh Ertefai.

Diese Gesellschafterstruktur wurde aber bereits kurze Zeit später wieder verändert. Seit Juli 2009 bis heute gilt als einziger Gesellschafter der Activ Solar eine auf den ersten Blick unauffällige Struktur – P&A CORPORATE TRUST unter der Leitung von Herrn Reinhard Proksch.

An dieser Stelle hätten wir unsere Untersuchungen wahrscheinlich schon eingestellt, hätten wir da nicht einen Blick auf die Anschrift des Trusts geworfen: Stöcklerweg, 4, Stadt Vaduz, Fürstentum Liechtenstein.

Die “Ukrajinska Prawda” stieß bereits auf diese Adresse im Zwergstaat… im Zusammenhang mit der Untersuchung über die Enteignung von “Meschyhirja” aus dem ukrainischen Staatsvermögen. Ausgerechnet dieser Trust P&A CORPORATE TRUST unter derselben Anschrift in Liechtenstein besitzt Aktien einer britischen Gesellschaft mit dem Namen Blythe (Europe) Ltd.

Diese Londoner Gesellschaft hält 35% an der Firma “Tantalit” in Kyjiw, die heute als Nominalbesitzer der legendären Residenz von Janukowytsch in “Meschyhirja” gilt.

Dieselbe Firma Blythe (Europe) Ltd ist auch der Endbesitzer einer weiteren Gesellschaft aus dem Einflussbereich von Janukowytsch – “Dom Lesnika”, die die Dniprowsko-Teteriwske Jagd- und Forstwirtschaft in Sucholutschja kontrolliert.

Rein formell ist “Dom Lesnika” der Eigentümer eines Grundstücks über 17,5 ha, auf dem sich die Jagdresidenz von Janukowytsch befindet, die unter dem Schutz einer ukrainischen Sonderkommandoeinheit namens “Berkut” steht. Dank eines Panzergrabens sowie eines Netzes von Überwachungsposten wurden ganze 30,000 ha zu einer Sperrzone, zu der der Zutritt für alle verboten ist.

Die nachfolgend aufgeführten Registrierungsunterlagen der Firma Blythe (Europe) Ltd haben wir auf der Webseite des britischen Staatsregisters erworben.


Demnach gilt eine einzige juristische Person und zwar der P&A CORPORATE TRUST in Liechtenstein als Eigentümer der Firma Activ Solar, die Solarkraftwerke unter anderem auch auf Kosten des ukrainischen Budgets errichtet, sowie der Familienunternehmen von Janukowytsch, die “Meschyhirja” und Sucholutschja kontrollieren.

Auf seiner Webseite nennt Herr Proksch sich “Managing Director” von P&A CORPORATE TRUST. Natürlich kann das alles kein Zufall sein. Entweder stehen sich Herren Kljujew und Janukowytsch so nah, dass sie die Leistungen ein und desselben Anwalts aus Liechtenstein in Anspruch nehmen und ihr Vermögen ein und demselben Trust aus Liechtenstein anvertrauen oder das Solarbusiness von Kljujew ist in Wirklichkeit nicht nur sein Geschäft, sondern gehört zum Teil auch der Präsidentenfamilie. Die Antwort auf diese Frage findet sich im Trustabkommen, das nach den Gesetzen von Liechtenstein nicht von Dritten angesehen werden kann, sondern im Tresor des Anwalts aufbewahrt wird.

Warum Liechtenstein?

Eine Niederlassung in Liechtenstein löst für die ukrainischen Machtinhaber gleichzeitig mehrere Probleme. Problem Nummer eins ist die absolute Anonymität. Sobald der Besitzer des Geldes sein Vermögen nach Liechtenstein transferiert und den Trust beauftragt, in seinem Namen zu handeln, sieht man ab diesem Zeitpunkt den Besitzer nicht mehr. Der Trust ist derjenige, der Firmen gründet und leitet und deren Geld verwaltet, um Gewinn zu erzielen. Der Trust ist dabei auf einen vertrauten Eigentümer registriert.

Der zweite Vorteil Liechtensteins sind seine Steuern. Befindet sich das Trustvermögen, wie in unserem Fall, außerhalb des Zwergstaates, unterliegt weder das Einkommen des Trusts noch seine Dividenden der Besteuerung.

Im Gegensatz zu den Firmen aus Belize sowie den Britischen Jungferninseln genießt ein Trust in Liechtenstein ein deutlich höheres Ansehen.

Wikileaks zur Hilfe

Angesichts der Rolle ein und desselben Trusts im Solargeschäft von Kljujew sowie in der Residenz “Meschyhirja” von Janukowytsch, scheint es an dieser Stelle angebracht, ein weiteres Geheimdokument heranzuziehen. Die Rede ist von einer Geheimschrift der amerikanischen Botschaft in Kyjiw aus dem September 2007, die auf der Webseite Wikileaks platziert wurde.

Darin berichtet der US-Botschafter in der Ukraine William Taylor gegenüber Washington über sein Treffen mit den Oligarchen aus Donezk Serhij Taruta und Vitalij Hajduk. In einem dreistündigen Gespräch mit dem Diplomaten haben Taruta und Hajduk unter anderem über die Spitze der Partei der Regionen erzählt.

Insbesondere wurde auf die Beziehungen zwischen Janukowytsch und Kljujew eingegangen. “Hajduk und Andrij Kljujew haben bei Janukowytsch als Vize-Gouverneure gearbeitet. Dann wollte Kljujew bestimmte Veränderungen in der Beziehung zu Janukowytsch herbeiführen. Er machte Janukowytsch zu seinem Geschäftspartner. Dadurch erhoffte er sich gewisse Vorteile. Taruta wusste nicht genau, ob Kljujew und Janukowytsch Geschäftspartner bleiben. Dass eine besondere Verbindung zwischen den beiden besteht, blieb Taruta dennoch nicht verborgen”.

“Taruta ist der Meinung, dass Kljujew klug genug für die Durchführung von Reformen ist. Leider hat er sehr schnell gelernt, dass sich Geld in hohen Ämtern gut verdienen lässt. Nun missbraucht er sein Amt für die eigene Bereicherung. Zum Beispiel, so Taruta, führte Kljujew eine große Menge an geschmuggeltem Hühnerfleisch in die freie Wirtschaftszone (die im Donezker Gebiet zu den Zeiten von Kutschma existierte – Kommentar UP) ein. Taruta vermutet, ist sich aber nicht sicher, dass auch Janukowytsch einen Anteil an diesem Schmuggelgeschäft hatte”.

Ein weiteres passendes Beispiel stellt die Geschichte mit dem Kauf von Janukowytschs Wohnung durch Serhij Kljujew zu einem offensichtlich deutlich überhöhten Preis von 7 Mio. Dollar dar. Es sah danach aus, als hätte der künftige Präsident der Ukraine versucht, einen Teil seines Einkommens auf diesem Wege zu legalisieren.

P.S. Während der Arbeit an der vorliegenden Untersuchung versuchte die “Ukrajinska Prawda” mehrmals die Meinung von Andrij und Serhij Kljujew zu den hier festgestellten Fakten zu erfahren. Serhij Kljujew antwortete, dass er mit der “Ukrajinska Prawda” nicht sprechen will. Andrij Kljujew weigerte sich, die Geschäftstätigkeit der Firma Activ Solar zu besprechen. Die an Kljujew mittels seines Pressesekretärs adressierten Fragen blieben bis auf weiteres ohne Antwort. Auch die Antwort auf unsere Anfrage seitens Pawlo Lytowtschenko (der formale Geschäftsführer der Firma “Tantalit”, die auf dem Papier als Eigentümer der Residenz “Meschyhirja” gilt) blieb aus.

21. Oktober 2011 // Serhij Leschtschenko

Quelle: Ukrajinska Prawda

Dies ist eine leicht überarbeitete Version der in Serhij Leschtschenkos Blog veröffentlichten Übersetzung.

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