„Swoboda“ schleust die „Russische Welt“ ein - Eine Analyse der Schriften ukrainischer und russischer Rechtsradikaler
Hass auf europäische Werte, Brandmarkung von „Liberasten“ und „Tolerasten“, Feindschaft gegenüber der NATO, Heimweh nach der kommunistischen Vergangenheit, Angst vor dem Privatbesitz von Land, Begeisterung für islamistische Fundamentalisten, der Wunsch nach einer „Staatskirche“, provokative Äußerungen bezüglich Ereignissen auf der Krim – das und vieles Andere haben „Swoboda“ und russische Nationalisten gemeinsam.
von Mykola Malucha, Oles Beswerschenko
Als diese vergleichende Analyse vorbereitet wurde, erwies sich schnell, dass „Swoboda“ über kein ganzheitliches Programm verfügt. Der Versuch ihr „Programm zur Verteidigung des Ukrainers“ zu analysieren führt zu der Erkenntnis, das es eigentlich nichts zu analysieren gibt, denn dieses Dokument stellt nichts weiter als eine Sammlung von Parolen zu bestimmten Themen, überwiegend der Kultur, Geschichte und Sprache, dar. Dagegen lässt es soziale und ökologische Fragen völlig außer Acht.
Ein anderes programmatisches Dokument von „Swoboda“ ist das Projekt der „Nationalen Verfassung“. Hier sind ebenfalls nur Themen genannt, die Anhängern von „Swoboda“ gefallen, aber bei demokratisch gesinnten Patrioten keinen Widerhall finden würden. Ungleich mehr über die ideologische Einstellung der Anhänger von „Swoboda“ kann man dem Parteiforum entnehmen, auf dem sich Mitglieder mehr oder weniger offen äußern. In unsere Analyse finden weiterhin Beispiele von Äußerungen organisatorisch und ideologisch der „Swoboda“ nahe stehender Organisationen Eingang, wie „Patriot der Ukraine“ und Sozial-Nationale Versammlung (SNA).
Die Frage der Ähnlichkeit dieser Organisationen ist ein Thema, das eine tiefer gehende Untersuchung nötig machen würde.
An dieser Stelle ein paar Sätze über die russischen Nationalisten:
Vergleiche führen oft zu bestimmten Verallgemeinerungen, dies wiederum führt zur Verwischung feiner Unterschiede und Nichtübereinstimmung mit der Realität. Der russische Nationalismus stellt keine einheitliche Struktur unter dem Dach einer Organisation oder einiger Organisationen dar. Der Nationalismus in Russland kennt viele Schattierungen und Mischformen, die manchmal gegeneinander kämpfen: Die Monarchisten (Union des Russischen Volkes, „Schwarzhundertschaften“, Russische Reichsbewegung), „sowjetophile“ Nationalisten (der Redakteur von „Sawtra“ Aleksandr Prochanow, Schriftsteller und Publizist Maksim Kalaschnikow), die Orthodoxen Vereingungen (Vereinigung Orthodoxer Flaggenträger, Volksversammlung), offen neofaschistische Bewegungen (Slawische Union, Splittergruppen der „Russischen Nationalen Einheit“, Nationalsozialistische Gesellschaft, Nationale Volkspartei), die Eurasier (Eurasische Jugendunion, Nationalbolschewistische Partei), moderne großmachtorientierte Parteien und Bewegungen, die in sich bestimmte Elemente aller Richtungen vereinigen (Nationale Großmachtpartei Russlands, Russländische Allnationale Union, Russische Gesellschaftliche Bewegung), Nationaldemokraten (Nationaldemokratische Allianz des bekannten Intellektuellen Aleksei Schiropaew und NAROD des bekannten Bloggers Aleksei Nawalni), Vereinigungen im Umfeld konkreter Fragen (Bewegung Gegen Illegale Einwanderung) und andere. Einige von ihnen sind gemäßigte Nationalisten (z. B. Nawalni und Schiropaew), andere sind radikal und propagieren offen eine gewaltsame Machtergreifung. Doch über diesen verschiedenen Ausprägungen und der spezifischen Genese des russischen Nationalismus gibt es allgemein gültige, dominante geistige Grundlagen.
Natürlich ist es unmöglich zu behaupten, dass die Ideologie von „Swoboda“ zu 100% die weltanschaulichen Grundlagen des russischen Nationalismus kopiert. Doch beide haben mehr Gemeinsames, als Trennendes.
Gehen wir nun zur Analyse über:
Europa und die NATO sind das personifizierte Böse
Abgesehen von einzelnen Erklärungen einiger Vertreter von „Swoboda“ betreffs der Notwendigkeit einer EU-Integration der Ukraine werden in der Partei offen europaskeptische Einstellungen verbreitet. Dies betrifft überwiegend das Problem der Migrationspolitik und den Druck von Homoxexuellen-Vereinigungen auf die Regierungen in Europa, homosexuelle Partnerschaften vollständig zu legalisieren. Besonderen Angriffen sind europäische Werte wie Freiheit, Wahlrecht und Toleranz ausgesetzt. So publizierte z. B. Andri Illenko, einer der Ideologen der Partei auf der Internetseite der Partei seine zwei „Temniki“ (Propagandaanweisungen), die gegen europäische Werte sowie „Liberasten“ und „Tolerasten“ gerichtet sind. Die Artikel Illenkos sind keine Einzelfälle von Europakritik. Es ist offenkundig, dass „Swoboda“ angesichts der geringen Popularität antieuropäischer Ideen und der offensichtlichen Analogien zur antieuropäischen Agitation der prorussischen Kräfte in der Ukraine nicht offen gegen einen Eintritt der Ukraine in die EU auftritt. Dafür führt sie einen heftigen Konfrontationskurs gegen grundlegende europäische Prinzipien und Werte der europäischen Gesellschaft, ohne deren Aneignung eine Integration nicht möglich wäre. Analoge Vorbehalte gegenüber Europa gibt es von Seiten der russischen Nationalisten. So erfreuen sich auch die Anstecker mit der Aufschrift „Tolerast“ und „Liberast“ bei den russischen Brüdern großer Beliebtheit.
Unterschiede in der Wahrnehmung der NATO
Die russischen Nationalisten sind überwiegend von Okkupationsbestrebungen des nordatlantischen Bündnisses überzeugt und lehnen deshalb jedwede Zusammenarbeit ab. „Swoboda“ lässt theoretisch eine Zusammenarbeit mit der NATO zu: Die Ukraine kann beim Auftreten einer Bedrohung ihrer Unabhängigkeit und territorialen Unversehrtheit sowie der Existenz der ukrainischen Nation in Militärbündnisse eintreten.
Der Ideologe Andri Illenko beschreibt die NATO auf der Seite „Patriot der Ukraine“ als eine schädliche Organisation (aus einem axiologischen Blickwinkel heraus): „Wir alle müssen uns bewusst sein, dass die europäischen Werte eigentlich das Unstete und Abstoßende sind, das sich in Jahrhunderten in den Margen der europäischen Kultur geformt hat… Die NATO führt diese pseudo-europäische Postzivilisation an, die mit dem eigentlichen Europa wenig gemein hat.“
In den geopolitischen Bestrebungen beider „Fraktionen“ (ukrainische und russische Nationalisten) existiert ein gemeinsamer Wunsch: Ihre Länder sollen nur denjenigen internationalen und Militärbündnissen beitreten, in denen ihnen eine Dominanz gesichert wäre. So schlägt „Swoboda“ vor, die GUAM (Bündnis von Georgien, der Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien) wieder zu beleben. Die russischen Nationalisten erschaffen mythische Gebilde zusammen mit Indien, China und einigen islamischen Ländern als Gegengewicht zu Europa und Amerika. Der Autor Maksim Kalschnikow schlug gar vor, das Regime von Chavez in Venezuela und die lateinamerikanischen Drogenbarone zu unterstützen, damit diese Amerika so lange mit Drogen überschwemmen, bis es zusammenbricht.
Sozialismus statt Kapitalismus
Der Hass auf den Kapitalismus und der Wunsch die Oligarchie zu bekämpfen vereint die Nationalisten beider Länder ebenso: „Der Kapitalismus macht die Menschheit zu einer Geisel einer absurden und blinden Gier des Kapitals, die heute ihre höchste Entwicklung in Form ihres wahnsinnigen Banketts der Globalisierung erreicht“, heißt es im Artikel von Illenko.
In der idealen Gesellschaft der ukrainischen und russischen Nationalisten bleibt das Recht auf kleines und mittleres Unternehmertum gesichert. Alle großen, strategischen Unternehmen und Branchen befinden sich jedoch unter staatlicher Kontrolle. Für ausländische Investoren existieren Beschränkungen.
Das deckt sich mit den Ausführungen der russischen rechtsgerichteten Ideologen: „Die Begriffe ‘Russe’ und ‘kapitalistischer Privateigentümer’ sind historisch gegensätzlich und unvereinbar.“
Tjahnybok und Schirinowski: Wer ist ein Freund von Le Pen?
Dieses Thema betrifft weniger die Ideologie als die persönlichen Überzeugungen. In beiden nationalistischen Lagern reift hierbei eine Einheit heran. Beide sind von den Erfolgen des “Front national” Jean-Marie Le Pens begeistert. Dabei will jeder beweisen, dass er der wichtigste Partner von Le Pen ist. Erheiternd war die Bekanntmachung „Swobodas“ vor ein paar Jahren, dass sie der einzige Partner der französischen Nationalen Front auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion sei. Dabei gibt es neben „Swoboda“ noch die russländische LDPR Wladimir Schirinowskis und die „Volksunion“ Sergei Baburins in dieser Rolle. Beiden nationalistischen Lagern sind inhärente Widersprüche gemein: Ein Faible für den islamischen Iran auf der einen Seite und die Phobie gegenüber einer Islamisierung Europas auf der anderen.
Allahu Akbar!
„Die Iraner sind richtig, Achmadinedschad auch – ein wahrer Patriot! Mögen die Juden erzittern!“, lesen wir in einem Kommentar auf dem Parteiforum bezüglich der Nachricht, dass der Iran sein erstes waffentaugliches Uran hergestellt hat.
In Russland ist die Situation identisch. Die Ablehnung der russländischen Regierung, dem Iran einen Komplex von S-300 Raketen zur Verfügung zu stellen, wurde von den russischen Nationalisten als Verrat aufgenommen.
Sieg Heil?
Obwohl derzeit keiner der Nationalisten offen Bezüge zum Dritten Reich herstellt, weichen die Regeln der Pietät ab und zu auf. So wird im Forum Lob geäußert, einer der regionalen Organisatoren von „Swoboda“ erweist dem Führer „Respekt“ und betont gleichzeitig, dass es sich dabei um eine persönliche und keine offizielle Meinung handelt: „Hitler verdient wenigstens dafür Anerkennung, dass er in kürzester Zeit viel Nützliches für Deutschland getan hat. Er hat den mächtigsten Staat der Welt erschaffen. Natürlich hatte dieser im Krieg allein gegen den Rest der Welt keinerlei Chancen zu bestehen, doch wenn man ihn mit jedem Staat der damaligen Zeit einzeln vergleicht, gab es keinen Staat auf der Welt, der mit dem Dritten Reich hätten konkurrieren können. Das Problem besteht darin, dass man sich bei uns daran gewöhnt hat, Hitler einseitig zu beurteilen und nur das Negative an ihm hervor zu heben. Das ist meiner Ansicht nach nicht richtig.“
Die überwiegende Mehrheit der russischen Nationalisten pflichtet dem Autor dieses Beitrags bei und ist dabei bestrebt, apolitisch zu bleiben. An Adolf Hitler wird nicht die politische Idee, sondern lediglich die Ausführung derselben kritisiert.
„Adolf Hitler hatte wie alle Persönlichkeiten, die in der Geschichte der Menschheit herausragen, tatsächlich gewisse Fehler gemacht. Wer macht schon keine? Doch eine (negative) Umwertung seines Beitrages zur Entwicklung und der Popularität seiner Ideen in der Masse der Bevölkerung wird kaum möglich sein.“
„Ritualmorde auf der Krim“
Im vergangenen Jahr gab es auf der Halbinsel Krim eine Tragödie: ein psychisch kranker Mensch erstach ein Kind. In Folge dessen begann eine antitatarische politische Kampagne, die bis heute anhält. Es ist nicht verwunderlich, dass die ukrainischen Rechtsradikalen und die russischen Faschisten einen gemeinsamen Chor anstimmen. Die Rhetorik von „Swoboda“, der National-Sozialen Versammlung, von „Patriot der Ukraine“ und der russischen Rechtsradikalen bezüglich dieses Ereignisses gleicht sich aufs Wort:
Die ukrainischen Rechten schreiben: „Auf der Krim wurde ein Mensch, der auf der Beerdigung des von einem Wahhabiter erstochenen Kindes aufgetreten war, wegen Brandstiftung angeklagt.“
Die russischen Rechten: „Auf der Krim wurde ein Mensch, der auf der Beerdigung des von einem Wahhabiter erstochenen Kindes wegen Brandstiftung angeklagt.“
Offensichtlich haben die ukrainischen Nazis dieses Zitat direkt bei ihren „Großen Brüdern“ kopiert.
Nun kann man erkennen, was „Swoboda“ möchte. Sie versucht, die Aktivitäten der Wahhabiter mit Ritualmorden in Verbindung zu bringen. So schaltete sich die kosakische Gesellschaft „Sobol“ ein: „Auf sämtliche Konfliktsituationen, auf Ritualmorde an slawischen Kindern, auf die Exzesse der Ausländer reagierte der Vorsitzende der kosakischen Gesellschaft ‘Sobol’ hart.“
Parallel dazu wurde im „Russischen Forum“ eine ganze Beitragsreihe zu Ritualmorden an Kindern geschaltet.
Das Thema von Ritualmorden an Slawen wird von den russischen Rechtsradikalen schon lange instrumentalisiert, nun ist es auch im Arsenal von „Swoboda“ angekommen.
Blut wider Blut
Ebenso ist das Thema „Blut“ sowohl in Russland als auch bei uns populär:
„Said möge nicht vergessen, dass jeder einzelne Tropfen ukrainischen Blutes hundertfach zurückgezahlt wird“, deklariert die SNA, die organisatorisch und ideologisch „Swoboda“ nahe steht.
Dazu ein Zitat von der Seite „Info-Rus“: „Für jede russische Träne, für jeden Tropfen russischen Blutes fordern wir Vergeltung.“
Den Verkauf von Land verbieten
So wie die Nationalisten die Idee der Einheit von „Blut und Boden“ propagieren, so stehen sie extrem ablehnend zur Idee der Etablierung eines Marktes für Land. „Swoboda“ schlägt vor, den Verkauf von Land, dass für Landwirtschaft bestimmt ist, gänzlich zu verbieten. Es soll auf lange Zeit an ukrainische Bürger vergeben werden, die dann das Recht haben sollen, es innerhalb der Familie weiter zu vererben.
Die russischen Nationalkonservativen sind radikaler, denn sie halten den Verkauf von Land für eine Strategie, das russische Volk zu berauben, einen Genozid an der indigenen Bevölkerung Russlands zu verüben und Russland in kleine, autonome Fürstentümer auf zu teilen.
Die Einführung des Verweises auf die Nationalität im Ausweis
Nationalisten beider Länder eint der Wunsch, im Ausweis und der Geburtsurkunde den Verweis „Nationalität“ wieder einzuführen.
Strafrechtliche Verfolgung von „…-Phobie“
Die Verfassung von „Swoboda“ und ihr Programm sehen die Einführung strafrechtlicher Verantwortlichkeit für jedwede Erscheinungen von Ukrainophobie vor. Ebenso streben die Russen die Einführung eines solchen Straftatbestands an:
„Russische Bürger haben das Recht auf die Verteidigung der nationalen Ehre und Würde, auf einen achtungsvollen Umgang mit ihrer historischen Religion – der Orthodoxie, mit der Geschichte und Kultur ihres Volkes. Verbrechen gegen das russische Volk können nicht verjähren. Die Propaganda der Russophobie ist eine verbrecherische Ideologie, die die Grundrechte und Freiheit des russischen Volkes negiert und muss durch Gesetz verfolgt werden“ (aus der politischen Erklärung des Russischen Marsches „Russkaja Prawda [Russische Wahrheit]“).
Ethnisch begründete Staatsbürgerschaft
Grundstein der nationalistischen Ideologie von „Swoboda“ und der russischen Nationalisten ist das Streben nach einer ethnisch begründeten Staatsbürgerschaft:
„Die Staatsbürgerschaft wird nur denjenigen Personen zuerkannt, die in der Ukraine geboren sind oder die ethnische Ukrainer sind, welche aus dem Ausland zurück gekommen sind, um auf Lebenszeit in der Ukraine zu leben und zu arbeiten. In Ausnahmefällen ist der Erwerb der ukrainischen Staatsbürgerschaft für … möglich.“
Nahezu deckungsgleich in der russischen Variante:
„Das Recht auf die Russische Staatsbürgerschaft haben:
- Personen, die zum Zeitpunkt des Zerfalls der Sowjetunion auf russischem Territorium gemeldet waren;
- Vertreter des russischen und anderer indigener Völker (Unter „indigen“ wird dasjenige Volk verstanden, von dem ein großer Teil seit 100 Jahren auf russischem Territorium lebt und das nicht die ethnische Mehrheit in einem anderen Land bildet, mit Ausnahme der Ukrainer und Belarussen. Ein Verzeichnis der indigenen Völker wird durch das Föderationsgesetz definiert.);
- Personen, die besondere Verdienste vor dem russländischen Staat haben können durch außerordentlichen Erlass des Präsidenten die russländische Staatsbürgerschaft erwerben.
- Personen, die eine Auszeichnung der Russländischen Föderation erhalten haben.“
Orthodoxe Staatskirche
Obwohl sie die „Trennung von Kirche und Staat“ formell anerkennen, beanspruchen die Ideologen von „Swoboda“ das Recht auf Einmischung in die kirchliche Sphäre. Im Programm der Partei ist von der „Unterstützung“ für die christlichen Kirchen durch den Staat bei der Vereinigung zu einer ukrainischen Staatskirche die Rede. Über die Methoden dieser „Unterstützung“ wird nicht gesprochen. Die Diskussion auf dem Forum von „Swoboda“ lässt jedoch Schlüsse auf den gewalttätigen Charakter derselben zu. Es wird die faktische Subordination unter den Staat angestrebt. Nach den Worten von Oleh Tjahnybok gehören lediglich drei Kirchen zu den ukrainischen: Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche, die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche und die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats. Diese Eingrenzung ist auch für ukrainische Nationaldemokraten charakteristisch. „Swoboda“ geht weiter und positioniert sich analog zu den russischen Nationalisten äußerst aggressiv gegenüber den sogenannten „nichttraditionellen“ Kirchen: So wurden die Zeugen Jehovas, Mormonen und sogar die Protestanten und Lutheraner zu Sekten erklärt. Dies erinnert an das russische Verhältnis zur „traditionellen“ Religion: Die Orthodoxie ist die historische Religion der Russen und ein fester Bestandteil der russischen Nation (siehe: „Russkaja Prawda“). Die Russische-Orthodoxe Kirche muss eine privilegierte Position im Staate besitzen, andere Konfessionen müssen klar beschränkt (oder verboten) werden. Dies entspricht einer verschärften „Antisektantenrhetorik“.
Immigration stoppen
Beiden ist auch der Wunsch nach Einführung von Maßnahmen gegen Immigration und dem Aufbau eines Systems zum Abfangen und Ausweisen von illegal eingewanderten Ausländern, weiterhin der Einführung eines Visaregimes innerhalb der GUS-Staaten und Überwachung durch Migrationsbeauftragte gemein.
Die Ehe mit Ausländern – Verrat am Vaterland
Wie die ukrainischen, so sind auch die russischen Nationalisten fest davon überzeugt, dass es sehr spezifische Traditionen eines Familienwertesystems bei den Slawen gibt – die eigene „Duchownost“ (Seeligkeit, Vergeistigtheit), die geschützt werden muss. Der Schutz der Familie besteht in der Propaganda gegen „Perversion“ (hier sind die Homosexuellen gemeint), der Beschränkung der Ehe mit Ausländern und dem Verbot der Adoption von Kindern durch Ausländer, weiterhin in einer abwehrenden Haltung gegenüber dem modernen Jugendstrafrecht und der Möglichkeit der Abtreibung (mit Ausnahme der Schwangerschaft infolge von Vergewaltigung).
Abschließend lässt sich daher festhalten, dass – abgesehen von der äußerlichen Feindschaft zwischen russischen und ukrainischen Nationalisten – viel Gemeinsames existiert, genauer: Die gleiche Art zu denken. Vielleicht könnte dieser Fakt dazu führen, dass die Thesen „Swobodas“ zum Kampf gegen den (russischen) Reichschauvinismus und Imperialismus nüchterner betrachtet werden. Denn der ukrainische Chauvinismus ist nicht viel besser, als der russische.
25. Januar 2012 // Mykola Malucha, Oles Beswerschenko
Quelle: Teksty.org.ua