Die Ukrainische Orthodoxe Kirche vor der Wahl und vor den Wahlen
Ohne Metropolit Wolodymyr wird die Ukrainische Orthodoxe Kirche lernen müssen, von Grund auf neu zu leben. Sehr viel hing in dieser Kirche von dem Primas persönlich ab, von seiner außerordentlichen Autorität. Nach seinem Tod wurde innerhalb der Kirche und außerhalb bald absolut klar: Die “Autorität” der Ukrainischen Orthodoxen Kirche war bis vor kurzem in Wirklichkeit die Autorität einer einzelnen Person. Er war es, der die innere Einheit der Kirche garantierte – allem voran ihre besondere Loyalität zum Metropoliten von Kyjiw. Er war es, der die inneren Angelegenheiten der Ukrainischen Orthodoxen Kirche gegen die zerstörerischen äußeren Einflüsse sicherte. Ob nun seitens der Regierung, die beständig versuchte, die eigene Ordnung in der Kirche zu etablieren oder ob aus dem Ausland: an einen offenen Streit mit dem Primas der Ukrainischen Orthodoxen Kirche wagte sich nicht einmal Patriarch Kyrill. Wenn man sagt, die Ukrainische Orthodoxe Kirche habe ihren Vater verloren, so ist das überhaupt nicht nur metaphorisch gemeint. Dass er jetzt durch niemand ersetzt werden kann, ist völlig natürlich. Es ist wirklich unmöglich, den Vater zu ersetzen.
Metropolit Wolodymyr baute die Ukrainische Orthodoxe Kirche auf. Er stand nicht nur, wie man üblicherweise meinte, der “verwaisten” Kirche vor, auch wenn dieses Bild sehr verbreitet wurde. Damals wurde in unserem Land sehr viel aufgebaut, wir haben das bloß noch nicht verstanden und haben uns an der Vergangenheit festgeklammert. Damals schien es, als hätte die Russische Orthodoxe Kirche “einen gläubigen Menschen” in die Ukraine gesandt, dem man in der Ukraine gehorchen würde und der das große Tortenstück des ukrainischen Exarchats in der Einheit mit Moskau bewahrte. Denn es war überhaupt nicht abzusehen, dass in der Ukraine eine “eigene Kirche” kommen könne. Nicht damals, als man die Ukrainische Orthodoxe Kirche anstelle des Exarchats der Russischen Orthodoxen Kirche schuf. Nicht damals, als man Metropolit Wolodymyr nach Kyjiw schickte. Nicht damals, als er mit Patriarch Alexej “das Recht auf eine weitreichende Autonomie” vereinbarte. All dieses war ein Tribut an die “politische Notwendigkeit.”
Und als Ergebnis wurde Metropolit Wolodymyr, freiwillig oder unfreiwillig, persönlich ein viel wichtigerer Faktor für die ukrainische Kirchen-Autonomie als die Satzung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche – welche anscheinend bis heute noch nicht in Moskau genehmigt wurde.
Die anstehenden Wahlen stellen bereits für sich alleine die Frage nach der “Rache Moskaus.” Trotz der Tatsache, dass sie faktisch bereits eingetroffen ist. Der locum tenens des Kyjiwer Thrones Metropolit Onufrij ist ein Mann, der Moskau völlig hinreichend zufriedenstellt. Es genügt, die letzten von ihm unterzeichneten Dokumente zu lesen: in ihren Bewertungen der ukrainischen Ereignisse steht die Kyjiwer Metropolie in keiner Weise im Widerspruch mit dem Moskauer Patriarchat. Wenn also unsere aktuelle Kirchenleitung den Weg der “Symphonie” beschreitet, so ist die ihre Tonart bislang überhaupt nicht auf die hiesige Präsidialverwaltung in der Bankowa-Straße (Sitz des Präsidenten, A.d.R.) eingestellt.
Interessanterweise gab es unmittelbar nach dem Tod des Allerseligsten die Möglichkeit, ein allgemeines Landeskonzil einzuberufen, um einen neuen Primas zu wählen. Die Möglichkeit war etwas ephemer, da in keinem der Dokumente dieses Recht für die Ukrainische Orthodoxe Kirche verankert ist. Man hätte aber auf einen Präzedenzfall verweisen können, das allgemeine Jubiläums-Landes-Konzil [von 2011?], dessen Einberufung damals der Metropolit von Kyjiw Wolodymyr veranlasste. Um sich solch eine “Arroganz” zu erlauben, bedurfte es aber der Autorität des Allerseligsten. Landes-Konzile können nur Landeskirchen eigenen Rechts einberufen. Die “Eigenrechtlichkeit” der Ukrainischen Orthodoxen Kirche ist aber eine rhetorische Figur, nicht mehr. Und ihre Hierarchen und ihre Vorgesetzten in Moskau verhalten sich ihr gegenüber manchmal so, dass sie bei allen möglichen Projekten daran erinnern, dass “man in der Ukraine keine Landeskirche aufbauen müsse, sie bestehe bereits, nämlich in der Ukrainischen Orthodoxen Kirche.” Aber sagen ist eine Sache, wirklich anzuerkennen eine gänzlich andere. Es ist völlig klar, dass Moskau es nicht genehmigt hat, ein Landeskonzil der Ukrainischen Orthodoxen Kirche einzuberufen. Zum ersten deshalb, weil es nicht erlaubt, weiter hart für die in ihren Augen freche “Selbständigkeit” zu arbeiten. Zum zweiten könnte die Entscheidung des Konzils unerwartet ausfallen. Genauer gesagt unlenkbar. Dafür zu sorgen, dass aus jeder Eparchie die “richtigen” Geistlichen, Ordensleute und Laien entsandt würden, ist nicht so einfach. Insbesondere heutzutage. Speziell für Moskau, dessen Abgesandte sie zu Recht nicht mehr in die Ukraine einzufliegen erlauben.
Daher urteilten und beratschlagten über das Landeskonzil zumeist “orthodoxe Blogger” von nicht höherem Range als eines Erzpriesters. Von der geistlichen Leitung hat sich bislang noch niemand aufgerafft. Der Primas der Ukrainischen Orthodoxen Kirche wird auf dem Erzbischofs-Sinod 40 Tage nach dem Tod des allerseligsten Metropoliten gewählt werden. Und es besteht wenig Zweifel, auf wen die Wahl der Erzbischöfe fallen wird.
Im Übrigen hat man zumindest eine Intrige, die leider nicht gibt, versucht zu spielen. Vierzig Tage sind eine nicht sehr große Frist, vor allem, wenn die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Regierung auf völlig andere Ereignisse gerichtet sind. Aber es gibt Bemühungen.
Höchstwahrscheinlich wird wie so oft in ähnlichen Fällen der amtierende locum tenes den Kyjiver Metropoliten-Thron besetzen. Mit der Kandidatur von Metropolit Onufrij sind alle einverstanden, manche mit mehr Begeisterung, manche mit weniger, denn er ist zumindest auf jeden Fall ganz sicher “ein Mann der Kirche”. “Ein Beter” tritt an Stelle “eines Beters”, und damit wird eine gewisse Kontinuität gewährleistet, zumindest nach außen.
Wirkliche Kontinuität gibt es dabei hier nicht. Metropolit Wolodymyr war selbstverständlich kein glühender Revolutionär, auch war er weit entfernt von jeglichem Liberalismus, aber er war auch nicht konservativ. Dagegen ist Metropolit Onufrij ein glänzender Vertreter des russischen geistlichen Konservatismus. Viele Jahre war er Rektor der Lawra von Potschajiw, was viel besagt. Zum Vorbild nahm er sich die russische monastische Tradition. Seinerzeit war er nicht der einzige von den ukrainischen Erzbischöfen, der offen den rebellischen Bischof Diomyd Tschukotskij unterstützte, der [2010, bereits seit 2008 aufmüpfig] einen Krieg gegen die “modernistische” Politik des Patriarchen Kyrill ausrief. Als vorbildlicher Mönch genießt er verdienstvollen Respekt in der Kirche und kann als eine der Säulen der Orthodoxie gelten.
Allerdings kann es für einen “vorbildlichen Mönch” als Haupt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche erhebliche Nachteile geben. Als erstes der unbedingte Gehorsam, der sich für einen Mönch innerhalb der Kirchenhierarchie ziemt. Das bedeutet, dass Metropolit Onufrij niemals und unter keinen Umständen dem Patriarchen von Moskau widersprechen wird, im Gegenteil, er wird sich seinem Willen unterwerfen. Dies haben wir auch in den letzten Monaten gesehen. Dabei geht es nicht darum, dass er “moskophil” ist, sondern dass er Mönch ist. Zweitens wird er Reformen, die in der Ukrainischen Orthodoxen Kirche nötig sind, nicht durchführen. Vielleicht wird es Veränderungen in den Leitungsgremien geben, dabei wird man vor allem verschiedene “Reformer” “rauskehren”. Drittens werden alle kirchenpolitischen Prozesse blockiert werden, Diplomatie und Kompromiss passen nicht zum klösterlichen Status/Verfassung. Dies wird sowohl die Beziehungen zwischen Kirche und Regierung als auch den zwischenkirchlichen Dialog betreffen. Im schlimmsten Falle kann das zu einem direkten Konflikt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche mit der Regierungsmacht und schwere Verluste in der Gemeinde führen.
Bei einer ungefähr so ausschauenden Kirchenleitung wird schlimmstenfalls – das heißt, wenn der konservative Metropolit sich nicht anstrengt und neben sich als den Beter eine jungen und unternehmerische “rechte Hand” aufstellt, also einen “Manager” – die Leitung der Kirche auf sich allein gestellt sein. Dies wäre in der Tat sehr nach dem Geschmack der Mehrheit der Richtung entscheidenden Erzbischöfe, denen ein Machtwechsel in der Metropolie überhaupt nicht gefällt. Sie mögen den aktuellen “kirchlichen Föderalismus.” Dies allein schon kann den Ausschlag der Sympathien der Erzbischöfe für Metropolit Onufrij geben. Ein Beter, ein Mann mit einem Ruf wie Kristall, wird er eine wunderbare Fassade abgeben, hinter der sie wie gewohnt leben werden.
Darüber hinaus mögen bei alledem nicht nur die Erzbischöfe selber von Interesse sein, sondern auch ihre Unterstützer und Sponsoren. Von der Moskauer Kirchenführung noch gar nicht zu sprechen. Sie braucht vom Kyjiwer Metropoliten nur eines, seinen Gehorsam. Alles andere vermögen sie selber. Selbst wenn sie keinen Zugang finden sollten. Denn im Stall der Moskauer Patriarchie gibt es nicht nur Frolows [Kyrill, * 1973, Journalist und Missionar] mit den Ochlobystins [Iwan, * 1966, orth. Priester, Journalist usw., Anti-Schwulen-Bewegung] und Chaplins [Wsewolod, * 1968, Vorsitzender der Abteilung für Kirche und Gesellschaft] mit Tkatschows [Andrij?, Kyjiwer Erzpriester]. Sie haben auch ihre “Liberalen”, “Ukrainophilen”, “Orangenen”. Selbst “Bandera-Anhänger” finden sich.
Es genügt das Personal-Karussell zu betrachten, welches jetzt auf der “mittleren Ebene” der Ukrainischen Orthodoxen Kirche in vollem Gange ist. Dass ukrainische Priester nach Russland ausreisen, weiß jeder. Aber es gibt gleichfalls die umgekehrte Bewegung. Einige kommen auch in die Ukraine. Dort gab es schon immer Massen von “Unseren”, die nun “zurückgesendet” werden, weil sie “nicht zur Haarfarbe passten.” Und dann etwa sagen, wie können vor der Tür des allerwichtigsten Kyrill gleichzeitig zwei andere sehr unterschiedliche Kyrills stehen, ebenso Frolow als auch Hovorun? Wenn dagegen zwei Kyrills in der Ukraine keinen Zugang finden werden, werden sie den dritten mit offenen Armen empfangen. Wie denn sonst? Er ist doch unser, ein “orangener”, “für den Majdan” und “krimfreundlich”. So kann man ohne jede Arglist ja einmal überlegen.
Und in den Reihen der lokalen ukrainischen Priester gab es immer reichlich Ukrainophile. Sie kann man, je nach politischer Lage, in die erste Reihe schieben, und die “von der russischen Welt” umgekehrt, für eine gewisse Zeit, in der dritten oder vierten Reihe verstecken. Für die nächste politische Gelegenheit. Eine vergleichbare “Rotation” – allerdings nicht in diesem Umfang – hat das Moskauer Patriarchat in der Ukraine nicht zum ersten Mal durchgeführt – und immer mit Erfolg.
Als eine Alternative zum locum tenens erwägt man bei den anstehenden Wahlen die Kandidatur Metropolit Simeon von Winnyzja. In seine “Förderung” scheint allem Anschein nach viel Mühe und Geld investiert worden zu sein. Sein Name leuchtete plötzlich in den Medien auf. Das derzeit mächtigste Argument für diese Exzellenz ist allerdings, dass er zur Eparchie Winnyzja gehört. Analog zum vorherigen Präsidenten, der aus “Donezk” kommend sich mit “Donezkern” umgab, sollte man denken, dass Präsident Poroschenko, aus “Winnyzja” kommend, das gleiche tun würde. Somit sind die Ankündigungen über die Kandidatur Simeons vor allem ein Signal an den Präsidenten und weniger an die Erzbischöfe. Der Präsident soll wissen, dass bei der nächsten Wahl es auch “seinen” Kandidaten gebe. Dieser habe eine Reihe von vorteilhaften Unterschieden im Vergleich zum jetzigen locum tenens. Er empfahl sich als “pro-ukrainischer” Erzbischof, unterstützt die Handlungen des Präsidenten und zeigte sich anders als Metropolit Onufrij nicht als ein Gegner der europäischen Integration. Er ist also ein viel besserer Kandidat für einen Partner einer “ukrainischen Symphonie” als Metropolit Onufrij.
Allerdings ist bisher jedoch unklar, ob Präsident Poroschenko bereit ist, Zeit und Mühen der Kirchenpolitik zu widmen. Auf der einen Seite darf er sie nicht unterschätzen, weil er selber zum “orthodox-oligarchischen Club” gehört und weiß, wie viele Fragen unter stillen Gewölben – um nicht zu sagen “Dächern” – der Klöster gelöst werden. Aber Sie wissen selber, welch eine Zeit das jetzt für den Präsidenten ist…
Darüber hinaus ist es nicht ausgeschlossen, dass es gar nicht notwendig ist, sich irgendwo einzumischen. Alles passiert von selber. Die Ukrainische Orthodoxe Kirche befindet sich in einer tiefen Krise. Nicht nur und nicht so sehr in einer Krise der Kirchenleitung als in einer Krise des Vertrauens. Eines inneren Vertrauens, zwischen ganzen Clans und einzelnen Erzbischöfen, und was noch schlimmer ist, des äußeren: Vertrauen seitens des Volkes und der Gesellschaft, in denen sie ihre Mission verrichtet. Die politischen Umstände haben ihr einen vernichtenden Schlag zugefügt und sie zeigte ihre Schwäche. Die Schwäche vor allem ihrer Struktur. Dass die Ukrainische orthodoxe Kirche nicht eine einheitliche Struktur ist, wussten alle. Nur stellte man sich die Nicht-Einheit anders vor. Dieser “kirchliche Föderalismus” half ihr, ihre Integrität/ihren Zusammenhalt zu bewahren. Aber die “weitgehende Autonomie” jeder einzelnen Eparchie für sich unter den Bedingungen der gegenwärtigen Prüfungen geht zu weit. Es ist überaus offensichtlich geworden, dass die Kiewer Metropolis überhaupt keinen Einfluss auf ihre strukturellen lokalen Unterabteilungen hat. Überhaupt gar keinen. Wenn der Pressesekretär der Ukrainischen Orthodoxen Kirche sagt: “Die Ukrainische orthodoxe Kirche verurteilt offiziell den Separatismus”, und gleichzeitig weihen ihre Priester die Fahnen der Donezker Volksrepublik – wer täuscht da wen? Die Kyjiwer Metropolie uns? Die Metropolie von Luhansk die Kyjiwer? Die Kyjiwer Metropolie diese? Die Kyjiwer Metropolie sich selbst?
Wenn die Ukrainische Orthodoxe Kirche so voll guten Willens ist, warum stoppt sie nicht die “orthodoxe Armee”, die das Baptisten-Zentrum in Donezk einnimmt, Priester der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Kyjiwer Patriarchats und der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche entführt? Warum führt der Mufti von der Geistlichen Leitung der Moslems in der Ukraine (DUMU) die Nachforschungen und Verhandlungen mit den Separatisten der “Russisch-Orthodoxen Armee” über das Schicksal der griechisch-katholischen Priester durch und nicht der Bischof der Ukrainischen Orthodoxen Kirche? Hat er Angst, dass “die eigenen Leute nicht verstehen?” Ob er weiß, dass er selber und seine Predigten diese Hölle verursachten? Wäre es dann vielleicht gut, sich mit dem Volk Verständigung zu suchen? Anzuerkennen, dass er mit der Predigt von der “Russischen Welt” alles angeheizt habe? Entschuldigen Sie, ich mag nicht mehr reden. Nur der Papst kann sich für die Kreuzzüge entschuldigen. Für uns ist es noch zu früh – noch sind keine tausend Jahre vergangen.
Fragen “warum” gibt es Dutzende. Aber sie bleiben alle unbeantwortet. Die Führung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche hat ebenso wie ihr Presse-Zentrum gelernt, die Augenbrauen zu heben: hierzu haben wir, ähm, wurde bei uns, hier, in offiziellen Verlautbarungen alles geschrieben. Und das ist eine tolle Antwort, denn in diesen Verlautbarungen steht, wenn da überhaupt etwas geschrieben steht, alles zwischen den Zeilen. Wie auf der Titelseite der Zeitung Prawda.
Der Vergleich ist nicht zufällig. Die Ukrainische Orthodoxe Kirche blieb bis vor kurzem die selbe postsowjetische Kirche wie die Ukraine ein postsowjetisches Land Die beständigen Brüche in der Ideologie waren hoffentlich bloß eine “Krankheit des Wachstums”, die jemand geschickt benutzte, um uns den hoffentlich letzten Schlag zu versetzen. Die Ukraine wird ihn hoffentlich überleben. Wird ihn die Ukrainische Orthodoxe Kirche überleben? Wird sie von der historischen Bühne gemeinsam mit der sterbenden Ideologie abtreten, von der sie so sehr durchdrungen war? Heute ist genau dieses ihre “Frage Nummer 1”. Die Wahl des Metropoliten von Kyjiw ist nicht mehr als eine Episode eines sehr viel umfangreicheren Dramas.
[Anmerkungen des Übersetzers:
Hilfreich zu wissen ist, dass Metropolit Wolodymyr Sabodan, * 1935, der mit Mitte 50 die Kirchenleitung übernahm, im Laufe seiner Tätigkeit viele Erfahrungen im Weltrat der Kirchen (1968-1969), als Rektor der Geistlichen Akademie Moskau (1973-1982) und als Exarch von Westeuropa (1984-1989) gesammelt hat. Über solche Erfahrung verfügt nun keiner der ukrainischen Hierarchen. Die alte „Riege“ der strengen Moskau-Befürworter, die auch im Erzbischofs-Sinod sitzen, die Metropoliten Ilarion, Agafangel, Lasar, ist an der Schwelle zum bzw. deutlich im Pensionsalter. Metropolit Onufrij ist 1944 geboren, die nächste Generation, zu der auch der im Text erwähnte Simeon wie auch etwa der die Amtsgeschäfte der Kirche gegenwärtig leitende ambitionierte Metropolit Antonij (rechte Hand? vgl. Foto) sind alle in den 60er Jahren geboren. Vgl. zu den biographischen Angaben und „Karrieren“ Orthodoxia 2014-2015. Regensburg 2014.
Metropolit Wolodymyr hat neben den Falken, die er in seinem „Stall“ gewähren lassen musste, eine Reihe von talentierten und sympathischen Kirchenleuten um sich gesammelt und herangezogen. Zu diesen zählen beispielsweise der „bloggende“ Erzpriester Georgij Kowalenko, Metropolit Oleksandr Drabinko (* 1977), aber auch der im Text erwähnte ebenso gescheite wie geistreich-humorvolle Wissenschaftler Archimandrit Dr. Cyril Hovorun, derzeit Dozent an der Yale University, der – sit venia verbo – dem Außenamtsleiter der Russischen orthodoxen Kirche Metropolit Dr. Ilarion Alfejew gewiss bald das Wasser reichen kann, oder Dr. Serhij Bortnyk. Auch hier gilt der letzte Satz des Artikels Frömmigkeit aus der Theologischen Realenzyklopädie: “Nur was Gestalt hat, kann Gestalt widerstehen.”]
11. Juni 2014 // Katerina Schtschotkina
Quelle: Dserkalo Tyschnja