Die Verurteilung der Familie Luzenko


Vier Jahre Freiheitsentzug und Beschlagnahmung des Eigentums für den ehemaligen ukrainischen Innenminister Juri Luzenko, so das vor dem Gericht des Kiewer Stadtbezirkes Petschersk gefällte Urteil. Ein Urteilsspruch, mit dem nicht nur der Angeklagte selbst, sondern seine gesamte Familie bestraft werden soll.

Eine vierjährige Trennung von Ehemann, geliebtem Menschen und Familienvater wäre wohl für jede Frau eine schwere Prüfung. Wenn jedoch ein Stacheldraht und die Mauern der Strafkolonie von Mena, einer Kolonie mit speziellen Haftbedingungen, den Verurteilten von seinen Lieben trennen, wird aus einer Prüfung echtes Leid. Soll dazu noch das Eigentum konfisziert, Frau und Kind das Dach über dem Kopf und die nötigen Mittel zur Sicherung ihrer Existenz genommen werden, bedeutet dies eine Katastrophe für die gesamte Familie.

Zu eben dieser Katastrophe wurde am 27. Februar in Kiew Irina Luzenko verurteilt. Verhängt wurde das Urteil von Richter Sergej Wowk vor dem Gericht des Petschersker Stadtbezirkes. Wenn es der Verteidigung des Ex-Ministers nicht gelingt, das Verfahren in zweiter Instanz zu gewinnen, werden die Gerichtsvollzieher wohl in Kürze vor der Tür seiner Ehefrau stehen.

„Ich habe dazu nur Eines zu sagen: Die Verantwortlichen haben zum Ziel, mit der Beschlagnahmung unseres Eigentums die gesamte Familie Luzenko zu bestrafen, sie als Klasse zu vernichten“, äußerte sich Irina Luzenko, die Frau des verurteilten Ex-Ministers. „Sie wollen unsere Familie an der Wurzel ausrotten, uns einen Schlag versetzen, den weder mein Mann noch unsere Kinder jemals vergessen.“

Trotz der bevorstehenden Einbuße seines Eigentums schien Juri Luzenko selbst noch zu Scherzen fähig. Vor dem Gericht spöttelte er, man werde seinem Bruder Sergej wohl bald die Hälfte seiner Küche abnehmen.

Wie sich herausstellte, war die Rede von der Küche der elterlichen Wohnung in der Stadt Rovno, wo Sergej Luzenko derzeit mit seiner Familie wohnt – wobei ein Viertel der Wohnfläche zum Eigentum des Ex-Innenministers gehört.

Dem Umfeld von Juri Luzenko ist derweil das Lachen vergangen. Sowohl sein Anwalt Igor Fomin, als auch sein Bruder Sergej und seine Frau Irina beantworten nur ungern Fragen zur Beschlagnahmung ihres Eigentums. Bei ihnen sorgt das Thema sichtlich für Verärgerung. Möglicherweise verstärken die Diskussionen darüber bei ihnen die Einsicht, sich damit abfinden zu müssen, dass eine Berufung wohl ergebnislos bleiben und das Urteil in Kraft treten wird. Vielleicht wollen sie auch betonen: Hier geht es nicht um materielle Einbußen, sondern um das Schicksal eines geliebten Menschen.

So versicherte Luzenkos Anwalt Igor Fomin, es sei noch zu früh, um über die Beschlagnahmung des Eigentums zu sprechen; es gehe jetzt vor allem um die Vorbereitung des Berufungsprozesses. „Die nötigen Dokumente für den Prozess in zweiter Instanz zusammenzustellen ist sehr aufwendig: Wir müssen uns gründlich mit der mehr als einhundert Seiten umfassenden Urteilsschrift befassen und eine Argumentation für unsere Position erarbeiten. Sollte es zur Beschlagnahmung des Eigentums kommen, werde ich die Angelegenheit untersuchen und verhindern, dass die Rechte der Familie Luzenko verletzt werden.“

„Für die Dauer des Strafprozesses wurden die Wohnung sowie zwei Autos gepfändet“, schildert Fomin die derzeitige Situation. „Das heißt, ihre Nutzung ist weiterhin möglich, ein Verkauf hingegen nicht.“ Und er fügte sogleich hinzu: „So einfach können sie Irina nicht auf die Straße setzen. Laut Gesetz kann nur Eigentum konfisziert werden, dass sich im persönlichen Besitz des Verurteilten befindet. Eine Wohnung gehört fraglos nicht dazu. Darauf werden wir uns stützen.“

Fomin erklärte weiter, soweit eine Wohnung zum gemeinsamen Eigentum gehöre, könne die zweite Person gemäß Gesetz auf dem Ausschluss des Eigentums aus der Pfändungsliste bestehen. Man könne beweisen, dass die Beschlagnahmung der Wohnung unrechtmäßig sei, zumal in der Wohnung minderjährige Kinder gemeldet sind. Sollten die Beweise hingegen als unzureichend zurückgewiesen werden, fiele derjenige Teil des Eigentums, der dem Verurteilten gehört, an den Staat. Dem Miteigentümer könnte dann angeboten werden, einen Mietvertrag mit dem Staat abzuschließen.

Im Moment ist schwer zu sagen, ob Irina Luzenko ihr Heim verlassen oder ihre eigene Wohnung vom Staat mieten muss. Zu viele Unbekannte spielen eine Rolle. Unter anderem das Datum, an dem die Verhandlung vor dem Berufungsgericht stattfinden soll. Wer weiß, ob es nicht auf einen wichtigen „Gedenktag“ fällt, den man mit einem weiteren Schuldspruch für Juri Luzenko „begehen“ könnte.

02.03.2012 // Maria Rydvan

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:   Susann Korski  — Wörter: 680

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