Der "Zyprer" Leonidas Tschernowezkij und sein Off-Shore-Schatten


“Das Geld ist nichts wert! Ich sage das als fast 60 Jahre alter Mensch. Ich liebe euch mit meinem ganzen Herzen! Glaubt ihr daran, dass ich euch liebe?”, fragte selbstsicher Leonid Tschernowezkij während des letzten Meetings zu seiner Unterstützung, das auf der Treppe vor dem Rathaus organisiert wurde.

Der Bürgermeister der Hauptstadt ist es gewohnt, wohlklingende Phrasen zu verkünden, die den „geliebten Omas“ so gut gefallen. Es fällt ihnen leichter an einen seltsamen Millionär zu glauben, als an einen zynischen Geschäftsmann. Bloß das Tschernowezkij tatsächlich an das Geld denkt, zeigt der letztjährige Verkauf seiner eigenen Pravex-Bank, dessen Einzelheiten der „Ukrajinska Pravda“ bekannt wurden.

Schritt für Schritt ist es uns gelungen, die Handlungen der Familie Tschernowezkij zu rekonstruieren, die diesem vorangegangen sind. Nachdem Leonid Michajlowitsch (Tschernowezkij) Bürgermeister von Kiew geworden war, wurde sein Sohn Stepan formell zum Hauptbesitzer der Pravex-Bank ernannt.

Im Februar 2008 wurde offiziell bekannt gegeben, dass 100% der Aktien der Bank von der italienischen Finanzgruppe „Intesa Sanpaolo“ für 750 Mio. USD gekauft werden. Das Abkommen wurde im Sommer 2008 abgeschlossen und der Sohn des Bürgermeisters – Stepan Tschernowezkij – hat weiter die Position des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Bank bis September letzten Jahres behalten.

Beim Verkauf der Pravex-Bank kam das klassische Schema der Steuerminimierung zum Einsatz. So haben die Tschernowezkijs den Löwenanteil der Aktien durch Transite über Zypern beiseite geschafft.

In der Regel greift man dazu, um keine Einkommenssteuern für physische Personen und keine Ertragsteuern für Unternehmen in die Staatskasse zahlen zu müssen. Bei einem Umfang von 750 Mio. USD haben sich die Mühen gelohnt. Vor der Durchführung der Verkaufsaktion von „Pravex“ haben die Strukturen von Tschernowezkij und seines leiblichen Sohns, die die Hauptaktionäre der Bank gewesen sind, individuelle Lizenzen für Investitionen im Ausland bei der Nationalbank der Ukraine erhalten.

Die Investitionen bestanden darin, dass Stepan Tschernowezkij sowie drei Firmen, die der Familie des Bürgermeisters gehören, die ihnen gehörenden Aktien der Pravex-Bank dem zyprischen Unternehmen Serviden Enterprises Limited übergeben haben.

So am 7. April 2008:

Auf diese Weise wurden der zyprischen Firma die Aktien von „Pravex“ im Wert von 264 Mio. Hrywnja übergeben. Im Vergleich zu dem Stammkapital am 1. April 2008 hat das Unternehmen auf Zypern erhalten:

So sind 71,1% vom Aktienkapital der Pravex-Bank in die Hände des unbekannten zyprischen Unternehmens Serviden Enterprises Limited geraten.

Später im Mai 2008 hat Stepan Tschernowezkij weitere 120 Mio. Hrywnja in das Stammkapital der “Pravex-Bank” eingebracht – auf diese Weise wurde der Bankanteil, die in den Händen der Zyprer konzentriert wurde, auf 53,7% reduziert.

Im Endeffekt hat die Serviden Enterprises Limited alle ihr gehörenden Aktien von der Pravex-Bank der italienischen Gruppe „Intesa Sanpaolo“ weiter verkauft.

Wenn man davon ausgeht, dass die Italiener für die gesamte Pravex-Bank 750 Mio. USD gezahlt haben, ist es dann logisch zu vermuten, dass etwa die Hälfte dieses Betrags über Zypern gegangen ist – 375 Mio. USD. Das ist das Geld, das a priori von der Besteuerung in der Ukraine befreit wurde.

Und wäre das von „Intesa Sanpaolo“ erhaltene Geld direkt den Besitzern der Pravex-Bank gezahlt worden, dann erlaubt die Nutzung der zyprischen “Zwischenstation” allein bei der 15%-gen Einkommenssteuer mindestens 56 Mio. USD zu sparen.

Bezeichnend ist es, dass das Off-Shore Karussell erst in Gang gebracht wurde, nachdem Tschernowezkij Senior zum Bürgermeister und parallel zum Chef der Kiewer staatlichen Stadtverwaltung, d.h. zum Staatsbeamten gewählt wurde. Sogar in Italien finden solche Manipulationen durch Staatsbeamte ihr Ende in Skandalen und Rücktritten, nicht zu reden von anderen Ländern des “Alten Europas”.

Was stellt die “Serviden Enterprises Limited” dar? Als Tätigkeitsbezeichnung ist „Einzelhandel und Lieferungen von Schiffen“ eingetragen. Aber im Internet wird diese Firma nur als Aktionär von „Pravex“ auf ukrainisch- und russischsprachigen Web-Seiten erwähnt.

Als Besitzer des Unternehmens gelten die Zyprer Makis Chrisomilas und Rika Konstantinos, als Direktor – Andis Skoridis.

Die Spuren der Herren Chrisomilas und Skoridis kann man im weltweiten Netz finden. In der Tat sind sie keine Schiffhändler, sondern Juristen der Firma Scordis, Papapetrou & Co. LLC, die sich auf Services für die Steueroptimierung spezialisiert und in der Hauptstadt Zyperns Nikosia registriert ist.

Der Korrespondent der Zeitung „Ukrajinska Pravda“ hat das Moskauer Büro dieser juristischen Firma angerufen und sich als Kaufmann vorgestellt, der sich gerne von der Besteuerung im Heimatland befreien würde. Auf die Frage, ob Scordis, Papapetrou & Co. LLC bereits eigene Unternehmen auf Zypern besitzt, wo man die Aktien eines ukrainischen Unternehmens für ihren weiteren Verkauf unterbringen könnte, hat man eine positive Antwort erhalten.

Nach Angaben der „Ukrajinska Pravda“ hat Stepan Tschernowezkij unmittelbar eine Vollmachtsurkunde auf Zypern erhalten, die ihn bevollmächtigt, im Namen von Serviden Enterprises Limited zu handeln.

Für jeden ist es offensichtlich, dass der Wunsch der Tschernowezkijs, das zyprische Unternehmen zu kaufen, das erste Glied in der Kette gewesen ist, die ihr Ende in dem Verkauf von „Pravex“ und in der Vermeidung der Besteuerung eines Teils ihres Einkommens nach der ukrainischen Gesetzgebung haben sollte.

Danach, in die Augen seiner Fans guckend, die auf Kosten der kostenlosen Buchweizengrütze von ihm begeistert sind, fällt es wirklich leicht zu behaupten, dass das Geld nichts wert ist.

P.S.Die „Ukrajinska Pravda“ wandte sich offiziell Anfang der Woche an Leonid Tschernowezkij, um seinen Kommentar betreffs der oben beschriebenen Ereignisse zu bekommen, hat aber keine Antwort erhalten.

20.02.2009 // Serhij Leschtschenko

Quelle: Ukrajinska Pravda

Übersetzerin:   Vita Martynyuk  — Wörter: 1096

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