Ärzte begannen mit der Untersuchung von Julia Timoschenko
Gestern traf in der Frauenbesserungsanstalt Katschanowska eine internationale Ärztegruppe an die Untersuchung der Ex-Premierin Julia Timoschenko. Neben Vertretern aus Deutschland und Kanada, ließ Timoschenko auch zwei ukrainische Mediziner zu – einen Vertreter des Klinikteils der Haftanstalt und den Haupttherapeuten der Ukraine, Wassilij Netjashenko. Der Leiter des Staatlichen Gefängnisdienstes, Alexander Lissizkow, erklärte, dass seine Behörde die Arbeitszeit der Ärzte nicht beschränkt.
Julia Timoschenko beschwerte sich seit Herbst letzten Jahres über Schmerzen im Rücken, als sie noch im Untersuchungsgefängnis Lukjanowska auf die Prüfung ihrer Berufung gegen die Entscheidung des Petschersker Stadtbezirksgerichts in Kiew wartete, das sie zu sieben Jahren Freiheitsentzug verurteilt hatte. Nach mehrfachen Äußerungen von Timoschenkos Mitstreitern über die Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes boten ihr die Regierung Kanadas und Deutschlands aus eigener Initiative Hilfe ihrer medizinischen Spezialisten an, dem die Führerin von „Batkiwschtschyna/Vaterland“ zustimmte.
Die internationale Ärztegruppe aus Deutschland und Kanada, zu der ein Neurologe, ein Orthopäde, ein Kardiologe, eine Gynäkologin und ein Therapeut gehörten, traf am Anfang der Woche in der Ukraine ein. Am Montag wurde ihnen im Büro des Staatlichen Gefängnisdienstes in Kiew über die vorherigen Versuche den Gesundheitszustand Julia Timoschenkos zu diagnostizieren und die Besonderheiten der Arbeit ausländischer Mediziner mit Verurteilten berichtet. Insbesondere wurde der medizinischen Kommission mitgeteilt, dass eine verpflichtende Bedingung die Anwesenheit des Gefängnisarztes bei der Untersuchung ist. Einer der Teilnehmer dieser Zusammenkunft erzählte dem „Kommersant-Ukraine“, dass die ausländischen und ukrainischen Ärzte ebenfalls vereinbarten die Ergebnisse der Untersuchung der Verurteilten zu diskutieren.
Gestern morgen landete das Flugzeug mit der medizinischen Kommission bestehend aus 14 Personen unter der Leitung der Stellvertreterin des Gesundheitsministers, Raissa Moissejenko, auf dem Flughafen von Charkow. Dort gaben die Ärzte eine kurze Pressekonferenz. Moissejenko erklärte, dass die Mediziner nach keinen genauen Plan über das Vorgehen haben, doch wird die Untersuchung der Ex-Premierin nach „Vertraulichkeitsprinzipien“ stattfinden.
Auf dem Gefängnisgelände traf die Kommission gegen 11 Uhr ein. Nach einiger Zeit tauschten Vertreter des Gefängnisdienstes und der Partei „Batkiwschtschyna“ widersprüchliche Erklärungen über die Ereignisse, um den Gesundheitszustand der Ex-Premierin aus. Bei der Gefängnisverwaltung teilte man mit, dass Timoschenko „auf die angebotenen medizinischen Dienste verzichtet“. „Die Verurteilte verweigerte die Beteiligung von Spezialisten des Gesundheitsministeriums und der Ärzte des Gefängnisdienstes. Diese Erklärung Julia Timoschenko ist ein direkter Verstoß gegen die Anforderungen der geltenden Gesetzgebung“, erläuterte man beim Staatlichen Gefängnisdienst.
„Die Verantwortung für ein mögliches Scheitern der Mission der internationalen Ärztegruppe liegt komplett bei der amtierenden ukrainischen Regierung und denjenigen, die dem Regime dienend, unwahre Informationen verbreiten“, erklärte der Verteidiger Timoschenkos, der Parlamentsabgeordnete Sergej Wlassenko.
Die Situation klärte sich erst zum Ende des Arbeitstages. Die aus dem Gefängnis herausgekommene Raissa Moissejenko, erzählte Journalisten, dass Julia Timoschenko tatsächlich die Untersuchung durch ukrainische Ärzte verweigert hatte, doch nachdem ihr die Anforderungen der Gesetzgebung erläutert wurden, gab sie ein schriftliches Einverständnis für die Untersuchung. Moissejenko nach, begann das Konsilium aus fünf ausländischen Ärzten, dem Gefängnisarzt und dem Haupttherapeuten Wassilij Netjashenko mit der ersten Untersuchung der Verurteilten.
Raissa Moisejenko teilte ebenfalls mit, dass auf das Gefängnisgelände die medizinische Ausrüstung gebracht wurde, welche die ausländischen Ärzte mit sich führten. „Die Ausrüstung hatte beim Zoll eine Verzögerung, doch jetzt wurde das Problem auf Regierungsebene gelöst. Die Ausrüstung wurde in das Gefängnis gebracht und kann genutzt werden“, sagte die Leiterin der Kommission. Der Leiter des Staatlichen Gefängnisdienstes, Alexander Lisizkow, fügte hinzu, dass die internationale Kommission unter Berücksichtigung der Einmaligkeit der Situation keine Zeitbeschränkung für ihre Arbeit hat.
Sergej Bobok, Olga Kurischko
Quelle: Kommersant-Ukraine