Die blinde Verteidigung Leonid Kutschmas


Die Art und Weise der Verteidigung Leonid Kutschmas in der Öffentlichkeit und in den Diensträumen der Ermittler weist einen eklatanten Unterschied auf. Während auf den Bildschirmen der Fernsehsender und seitens der Zeitungen und Journale die Meinungsbildner eine offensive Linie formieren, die sich auf der Schwäche der Ermittlungen und Anspielungen auf den politischen Hintergrund dieser Sache begründet, wird in den Kabinetten der Untersuchungsbeamten und der Anwälte des früheren Präsidenten eine blinde Abwehrstellung eingenommen.

Eins allerdings eint diese beiden Richtungen: Das Streben danach, die Haltlosigkeit der Anschuldigungen zu beweisen, die auf den Bändern von Nikolaj Melnitschenko beruhen. Aber wenn die Beiträge in den Massenmedien die Öffentlichkeit kaum von der Unschuld Leonid Kutschmas überzeugen können, versprechen die Artikel des Strafgesetzbuches seinen Anwälten größere Möglichkeiten.

In der zurückliegenden Woche unternahmen die Ermittler einen weiteren Versuch, die Position der Anwälte des Ex-Präsidenten ins Wanken zu bringen. Das Treffen von Leonid Kutschma und Nikolaj Melnitschenko sollte die vielen Widersprüchlichkeiten in den Prozessakten lösen. Aber entgegen aller Erwartungen hat die Gegenüberstellung von Angeklagtem und Zeugen nicht für Aufsehen gesorgt.

Das liegt an der taktischen Orientierung zweier Seiten auf ihr Terrain. Sie haben sich zehn Jahre lang darauf vorbereitet, auf Biegen und Brechen ihre Version der Ereignisse beizubehalten.

Der frühere Präsident dementiert wiederholt die Existenz von Aufzeichnungen von Verhandlungen in seinem Büro. Der frühere Sicherheitsmann des Ex-Präsidenten erzählt jedoch detailliert, wie er diese Aufzeichnungen gemacht hat.

Zum einzigen grellen Fakt der Untersuchungsmaßnahmen wurde die Vermutung, dass selbst die Gegenüberstellung zu einer Bühne wurde, wo es dem Ex-Major gelang, eine Videokamera zu installieren.

Bis jetzt ist unklar, wie die Uhr Melnitschenkos verloren ging, mit der er, laut den Anwälten Leonid Kutschmas, eine geheime Tonaufzeichnung der Gegenüberstellung machte.

Der frühere Major selbst bekräftigt, dass die Uhr „sauber“ ist und sich bei den Ermittlern befindet. Die Quellen in der Gruppe der Leibwächter des Ex-Präsidenten beteuern, dass die Uhr Melnitschenkos nicht nur nicht beschlagnahmt wurde, sondern noch nicht einmal untersucht worden ist.

Die ganze Situation ist komisch und absurd. Ein Zeuge, der nicht verbirgt, dass im Laufe einer langen Zeit heimlich Aufnahmen von Gesprächen im Kabinett des Staatsoberhaupts gemacht wurde, kommt zur Gegenüberstellung mit dem Präsidenten (demselben!) ohne jegliche Vorprüfung!

Und als die Anwälte den ungemein routinierten Beschuldigten direkt auf die Glaubhaftigkeit geheimer Videomitschnitte hinweisen, entlässt der Ermittlungsbeamte Nikolaj Melnitschenko auf die Toilette, von wo er ohne Uhr zurückkehrt, die Hände in den Mantel gesteckt!

Nichtsdestrotrotz, die Gegenüberstellung fand statt. Und ihre Konsequenz kann zu einem Wendepunkt im Straffall gegen den früheren Präsidenten werden. Entsprechend der Strafprozessordnung ist das Protokoll der Gegenüberstellung ein Beweisstück, das direkt oder indirekt die Schuld des Verdächtigen bejaht oder verneint.

Theoretisch hätte die Gegenüberstellung Widerspruche in den Aussagen Leonid Kutschmas und Nikolaj Melnitschenkos aufgelöst haben sollen. Zu welchem Ergebnis die Ermittler durch ihre Untersuchungen kamen, ist allerdings noch unklar. Die “Ukrainskaja Prawda” versuchte, den Ablauf der Ereignisse im Kabinett des Leiters der Ermittlungsgruppe auf Grundlage von Informationen aus eigener Quelle zu rekonstruieren.

Nikolaj Melnitschenko: „Ich war entzückt von Leonid Danilovitsch“

Die Gegenüberstellung von Leonid Kutschma und Nikolaj Melnitschenko begann um 11:24 Uhr, am Montag des 4. April 2011. Sie wurde in der dritten Etage der Hauptverwaltung der Generalstaatsanwaltschaft, in den Räumen des Leiters der Ermittlungsgruppe, Wladislaw Grischtschenko, durchgeführt.

Abgesehen von den Teilnehmern der Gegenüberstellung befanden sich außerdem zwei Anwälte Leonid Kutschmas im Raum, darunter auch der Anwalt Viktor Petrunenko; der Anwalt Nikolaj Melnitschenkos; zwei Ermittlungsbeamte, und außerdem einer der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, mit Namen Oleschko, verantwortlich für den Videomitschnitt der Gegenüberstellung. Das Treffen wurde auf einer VHS-Kassette auf einem Panasonic-Gerät aufgezeichnet.

Entsprechend des Verfahrens stellen sich zu Beginn beide vor. Dann fragte der Ermittlungsbeamte, auf welcher Sprache der Zeuge und der Beschuldigte seine Aussage machen werden. Leonid Kutschma hat tatsächlich erklärt, er bevorzuge Russisch. Das hat auch sein Anwalt bekräftigt.

Bis zum Beginn der Gegenüberstellung im Kabinett ergeht sich der Ermittlungsbeamte in leichtem Geplänkel. Vor dem Beginn des Kreuzverhörs mussten die Beteiligten dann Folgendes genau beantworten: Kennen sie einander, und gibt es zwischen ihnen einen persönlichen Konflikt?

Nikolaj Melnitschenko gab an, dass er mit dem Präsidenten bekannt sei und zwischen ihnen keinerlei persönliche Konflikte bestehen. Als Antwort gab Leonid Kutschma leise an, dass auch zwischen ihm und dem Opponenten keine persönlichen Konflikte bestehen, insofern er persönlich mit Nikolaj Melnitschenko niemals bekannt war und er ihm nur aus den Medien als “Verräter“ bekannt ist.

Gleich nach diesen Worten wenden sich die Anwälte Leonid Kutschmas an den Ermittlungsbeamten und protestieren gegen die Durchführung der Gegenüberstellung. Nach ihren Worten könne eine derartige Ermittlung zwischen unbekannten Seiten nicht durchgeführt werden.

- Wo haben sie so etwas herausgelesen? In welcher Norm der Strafprozessordnung steht ein Wort darüber, dass eine Gegenüberstellung nur zwischen Personen durchgeführt werden kann, die einander kennen?, wendet Wladislaw Grischenko ein und wirft dem Anwalt Leonid Kutschmas die schmale Broschüre der Strafprozessordnung zu. Hier haben Sie die Strafprozessordnung, suchen Sie es und zeigen Sie es!

Die Strafprozessordnung wurde übrigens von niemandem geöffnet, da darin wirklich kein Satz existiert, der es verbietet, eine Gegenüberstellung zwischen einander nicht bekannten Personen vorzunehmen.

Die erste Frage stellte der Ermittlungsbeamte Nikolaj Melnitschenko. Der frühere Major des staatlichen Sicherheitsdienstes wurde gebeten, zu erzählen, warum er begonnen hat, Mitschnitte der Gespräche im Kabinett des Präsidenten zu machen. Laut einem Zeugen der Gegenüberstellung begann Melnitschenko seine Erzählung ziemlich unerwartet mit Ereignissen des Jahres 1993.

In einer langen Einführung gab Nikolaj Melnitschenko an, dass er schon damals „entzückt war von den Handlungen des Premierministers Leonid Danilovitschs“ und seinen Versprechungen, „Ordnung zu schaffen und Korruption zu bekämpfen“.

Nach den Worten des Ex-Majors, unterschrieb er, bereits Offizier der Verwaltung des Staatsschutzes seiend, selbst und überredete die Bekannte, die Listen zur Unterstützung der Kandidatur des Präsidenten Leonid Kutschmas zu unterschreiben. Außerdem behauptet der Major, dass er selbst bei den Wahlen zum Staatsoberhaupt im Jahre 1994 für Leonid Kutschma gestimmt hat. Als er erfuhr, dass im zweiten Wahlgang Kutschma gewonnen hat, „unterbrach er seinen Urlaub und eilte zum Dienst, um seinen Präsidenten vor den Korrupten zu schützen“.

Laut Erklärungen Nikolaj Melnitschenkos befand dieser sich während der Dienstzeit praktisch die ganze Zeit in der Nähe des Präsidenten, während aller Reisen und er organisierte sogar auch geheime Treffen. Der Ex-Major berichtete, dass sich während seiner Dienstzeit mehrfach Offiziere des ukrainischen Geheimdienstes mit der Bitte an ihn gewendet haben, Dokumente zu Leonid Kutschma zu bringen, welche die tatsächliche Korruption widerspiegelten und eine verbrecherische Tätigkeit in den höchsten Machtetagen offenlegten. Laut Melnitschenko übergab er dem Präsidenten viele Dokumente durch enge Vertraute.

Auf die Bitte des Ermittlungsbeamten, das Gesagte zu bestätigen oder zu widerlegen, zeigte Leonid Kutschma nur Ratlosigkeit.

- Alles, was er sagt, kommt nur schwer in den Kopf …

In der Antwort beschreibt Nikolaj Melnitschenko eine Episode aus der Zeit im Dienste der Sicherheit des Präsidenten.

- Ich denke, dass Leonid Danilovitsch sich ganz klar an den Menschen erinnert, der im Jahre 1996 sein Zimmer auf der Insel Bali bewachte. Eines Morgens wachte er auf und bat darum, dass Oleg Glinskij (der Friseur des Präsidenten – Anmerkung der UP) geholt wird. Ich ging los und rief Glinskij, sagte, dass der Präsident ihn zu sich wünscht. Es vergingen 15 Minuten, doch Glinskij kam nicht. Und dann kam Leonid heraus und beleidigte mich mit den allerhöchsten Schimpfwörtern.

Leonid Kutschma lässt diese Episode unkommentiert. Anschließend erzählte Nikolaj Melnitschenko genauer, unter welchen Umständen er entschieden hat, Gespräche im Kabinett des Präsidenten mitzuschneiden.

Früher hat man diese Version in den Medien schon einmal gehört. Der Ex-Major bekräftigt, dass er sich an einem Tag zufällig in einem Schrank des Kabinetts des Staatsoberhauptes befunden habe und Zeuge von Unterredungen wurde, die ihn dann wohl dazu ermunterten, Mitschnitte zu machen.

3. Juli 2000

Wie die “Ukrainiskaja Prawda” bereits berichtete, sind die Bänder von Nikolaj Melnitschenko ein Eckstein im Strafprozess gegen Leonid Kutschma. Es ist außerdem bekannt, dass es derzeit eine Entscheidung der Ermittlungsbeamten ist, die Aufzeichnungen als „Corpus delicti“ beizufügen.

Zur gleichen Zeit beschäftigt das Gericht die endgültige Entscheidung darüber, ob die Bänder als Beweismaterial überhaupt anerkannt werden können. Unter Berücksichtigung der abweichenden Lesarten des Strafgesetzbuches und der Zweifel an der Gesetzlichkeit der Herkunftsquellen weiterer Beweise bleiben die Mitschnitte Melnitschenkos ein wunder Punkt im Strafprozess gegen Leonid Kutschma.

Somit sind im Moment alle Kräfte der Ermittlungsgruppe auf das Sammeln weiterer Beweise konzentriert, die die Authentizität der Bänder bestätigen.

Im Rahmen der Strafsache untersucht man die Ermordung Georgij Gongadses. In einem der Mitschnitte hört man Drohungen Kutschmas in Bezug auf den Journalisten. Das könnten Kutschmas Untergebene als Handlungsaufforderung aufgefasst haben. Die Ermittler vermuten, dass diese Drohungen am 3. Juli 2000 im Arbeitszimmer Leonid Kutschmas während eines Gesprächs mit dem verstorbenen Innenminister Jurij Kravtschenko ausgesprochen wurden.

Fragmente der Aufzeichnungen, die an diesem Tag gemacht worden sind, sind bereits in der Presse veröffentlicht worden. Mit den Bändern übereinstimmend sagte Kravtschenko an diesem Tag, nach dem Gespräch mit dem Leiter der Präsidentialverwaltung, Wladimir Litvin, folgenden Satz: “Und die Hauptsache ist ihn, ich sage es als Beispiel, so sagt es Wolodja, auf dass die Tschetschenen ihn entführen und nach Tschetschenien bringen und ein Lösegeld fordern“

Jetzt versuchen die Ermittler, eine Chronologie der Ereignisse dieses Tages zu erstellen. Während der Gegenüberstellung bot es sich an, einen der Hauptwiedersprüche der Ermittlung zu beseitigen. Im Einzelnen gibt es Zweifel daran, dass Nikolaj Melnitschenko die Gespräche im Kabinett des Staatsoberhauptes am 3. Juli 2000 mitschreiben konnte. Der “Ukrainskaja Prawda” wurde ein Fragment aus einem der Verhöre zur Verfügung gestellt, welches die Zweifel der Ermittelnden dokumentiert.

Frage des Ermittlers: Von Ihnen wurde früher erklärt, dass Sie eine Disk mit Kopien der Audioaufzeichnungen im Kabinett von Kutschma vom 03.07.2000 eingereicht haben. Sie haben gesagt, dass Sie diese Audioaufzeichnung im Kabinett von Kutschma gemacht haben, dabei am 03.07.2000 ein Diktafon unter das Sofa stellend. Jedoch gemäß der Einsicht in das Buch Nr. 56 zur Dienstübersicht für andere Anlässe, welches im Kabinett Nr. 201 geführt wird, waren Sie am 03.07.2000 nicht im Kabinett 201. Dieses wurde nicht geöffnet und derart entsprechen Ihre Angaben darüber, dass Sie am 03.07.2000 ein Diktafon aufstellten nicht den Tatsachen. Was können Sie zu diesem Anlass erläutern?

Antwort: Ich habe bereits früher Angaben gemacht und gesagt, dass dieses Buch der Kommandantur absichtlich umgeschrieben wurde und man diesem nicht trauen kann. Mich verwundert die Tatsache, dass Sie nicht die Dienstbücher untersucht haben, die ich selbst geführt habe und die aneinandergeheftet und durchnummeriert sind und die in der geheimen Abteilung der Verwaltung des Staatsschutzes fünf Jahre aufbewahrt werden müssen. In diesem Dienstbuch ist klar zu ersehen, dass ich am 03.07.2000 im Kabinett von Kutschma war. Ich richte Ihre Aufmerksamkeit darauf, dass die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine im Jahre 2002 juristisch die Tatsache festgestellt und bestätigt hat, dass ich im Jahr 2000 immer in den Morgenstunden eine technisch-operative Besichtigung des Arbeitskabinetts des Präsidenten der Ukraine durchgeführt habe – ungefähr zwischen 7 und 8 Uhr. Daher verlange ich die von mir gemachten Aussagen als Beweis zu den Materialien des vorliegenden Kriminalfalles hinzuzuziehen. (Übersetzung aus dem Ukrainischen: Andreas Stein)

Während der Gegenüberstellung hat Nikolaj Melnitschenko genauer über die Ereignisse dieses Tages berichtet. In Übereinstimmung mit dem Ermittlungsprotokoll bekräftigt Melnitschenko, dass Leonid Kutschma am 3. Juli 2000 in den Hof durch den Torbogen auf der Bankowaja einfuhr.

In sein Kabinett wurde er vom früheren Leiter der Staatssicherheit, Wladimir Schepel, begleitet, der dem Präsidenten von der Willkür bei Bauvorhaben in Jalta berichtete. Sofort danach, als Schepel das Kabinett des Präsidenten verlässt, kontaktiert Leonid Kutschma lautstark Wladimir Litvin.

Entsprechend des Ablaufs während der Gegenüberstellung musste Nikolaj Melnitschenko früher getroffene Aussagen nachweisen. Der “Ukrainskaja Prawda” liegt eine Kopie des Protokolls der Befragung vor, die bei der Ermittlung in der Sache Gongadse durchgeführt wurde. In diesem Dokument schreibt Nikolaj Melnitschenko detailliert die Umstände der Aufnahmen nieder.

Am 3. Juli 2000 bin ich für die Durchführung der operativ-technischen Besichtigung in das Arbeitskabinett des Präsidenten der Ukraine, Kutschma, L.D., gegangen, welches sich an der Adresse Bankowa 11, Zimmer 201 in der zweiten Etage befindet. Gemeinsam mit mir traten ein Mitarbeiter der Wache der ersten Kommandantur und eine Putzfrau ins Zimmer.

Ich habe Kutschma in seinem Kabinett mit einem Diktafon von Toshiba aufgezeichnet, welches ich unter das Plüschecksofa stellte. Um das Diktafon aufzustellen bzw. wegzunehmen benötigte ich etwa zehn Sekunden. Ich fand eine Möglichkeit alles so zu tun, dass niemand es bemerkte. Ich bin bereit in einem Ermittlungsexperiment zu zeigen, wie ich es getan habe.

In der Regel habe ich das Toshiba-Diktafon mithilfe einer Fernbedienung während der Gespräche Kutschmas mit seinen Gästen selbst an- und ausgeschalten. Dafür um rechtzeitig das Diktafon ein- und auszuschalten und die Situation zu kontrollieren, stand ich neben dem Metall-Detektor, der sich in etwa zwei Meter Abstand vom Sofa hinter einer Wand befand.

An diesem Tag, dem 03.07.2000, zeichnete ich die Gespräche L. Kutschmas mit Schepelew, Wolodymyr Kononowytsch, Kutschma mit Kondukowzew, Kutschma mit W. Lytwyn, L. Kutschma mit Ju, Krawtschenko, L. Kutschma mit Potebenko, L. Kutschma mit L. Derkatsch auf dem Toshiba Diktafon auf. Die Länge der Audiodatei im Format WAV beträgt 2 Stunden 5 Minuten und 30 Sekunden. Die Länge der Unterhaltung zwischen Kutschma-Schepel beträgt 3 Minuten (0.-3. Minute), in der fünften Minute kam Walerij Kandukowzew zu Kutschma, die Unterhaltung mit ihm dauerte etwa eine Minute, beginnend von der siebenten Minute (genauer von der siebenten Minute und 30 Sekunden bis zur achten Minute und 12 Sekunden) redet Kutschma über die Sprechanlage mit W. Lytwyn. In Minute 8 und 59 Sekunden kommt W. Lytwyn in das Kabinett Kutschmas.

Von 9 Minuten 09 Sekunden bis 10 Minuten 50 Sekunden sprechen Kutschma und Lytwyn über Gongadse. W. Lytwyn geht in Minute 46 und 26 Sekunden aus dem Kabinett. In Minute 47 und 56 Sekunden kommt Ju. Krawtschenko zu Kutschma, der damalige Innenminister. Die Unterhaltung von Ju. Krawtschenko über Gongadse dauerte von Minute 49 und 36 Sekunden bis 50 Minuten und 20 Sekunden. Krawtschenko ging im Moment eine Stunde 8 Minuten und 48 Sekunden der Zeitmessung der Audiodatei von Kutschma weg.

Nach Krawtschenko kam M. Potebenko zu Kutschma (eine Stunde 9 Minuten 4 Sekunden). Sie sprachen über die “Ukrajinska Prawda” und Gongadse von 1 Stunde 49 Minuten elf Sekunden bis 1 Stunde 49 Minuten 28 Sekunden der Zeitmessung der Audiodatei. Potebenko ging zum Zeitpunkt 1 Stunde 52 Minuten 19 Sekunden aus dem Kabinett.

Zum Zeitpunkt 1 Stunde 52 Minuten 36 Sekunden kam L. Derkatsch in das Kabinett. In der Zeit 1 Stunde 52 Minuten 43 Sekunden bis 1 Stunde 54 Minuten 54 Sekunden sprachen sie über Gongadse. (Übersetzung aus dem Ukrainischen: Andreas Stein)

Ein interessanter Fakt: Leonid Dekatsch, der letzte, mit dem Leonid Kutschma an diesem Tag über Georgij Gongadse gesprochen hat, ist bis jetzt noch nicht zur Vernehmung in der Staatsanwaltschaft erschienen. Laut Informationen der “Ukrainskaja Prawda” stimmte der Ex-Vorsitzende des Sicherheitsdienstes einer Vernehmung zu und wollte in die Hauptermittlungsabteilung der Staatsanwaltschaft zu gehen, aber vor der anberaumten Zeit wurde er ins Krankenhaus eingeliefert. Quellen bestätigen, dass Derkatsch im Moment im Krankenhaus liegt und die Ermittler seine Aussage nicht erhalten können.

„Die fremde Sünde“ Leonid Kutschmas

Laut Informationen der “Ukrainskaja Prawda” hat sich Nikolaj Melnitschenko schon im zweiten Teil der Gegenüberstellung mit den Worten: „Leonid Danilovitsch, nehmen Sie keine fremden Sünden auf sich, man hat sie reingelegt” direkt an Leonid Kutschma gewendet. Danach wendet sich der Ex-Major an den Ermittlungsbeamten mit der Forderung, Wladimir Litvin zu verhören und mit ihm eine Gegenüberstellung durchzuführen. Laut unserer Quelle sagte Leonid Kutschma als Antwort nur, niemand müsse verhört werden.

Ob nun diese Episode aus dem Repertoire Nikolaj Melnitschenkos kam oder er die fundierte Position der ganzen Ermittlungsgruppe bezeugte, um Leonid Kutschma in eine bestimmte Bahn zu treiben, ist unklar.

Es ist offensichtlich, dass, solange keine Gerichtsverhandlung ansteht, der Status des Audiomaterials nicht ermittelt werden wird und Leonid Kutschma sich unter dem Druck der Ermittler befinden wird. Zur selben Zeit erkennt Nikolaj Melnitschenko selbst die Endlichkeit der vorgerichtlichen Ermittlungen und der Einsicht in das Anklagematerial. Die Sache vor einem Prozess zu beenden – wegen Verjährung oder Einstellung wegen fehlender Beweise – gelingt schon nicht mehr. Und das gefällt Leonid Kutschma nicht.

Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht die Bänder als Beweisstück anerkennt, ist gleich Null. Eine Übersicht von Personen oder Fakten, die auf den Bändern sind, würde die Aufnahme der Aufzeichnungen in die umfassende Beweisaufnahme ermöglichen. Die Frage ist, mit welchen Trophäen die Ermittler das Gericht betreten. Ein Schuldspruch gegen Leonid Kutschma ist nicht genug…

Indes fährt die Ermittlungsgruppe parallel fort, eine Unterstützung der Version Leonid Kutschmas über die Mitwirkung am Tod Georgij Gongadses durch ausländische Spezialkommandos zu suchen. Laut Informationen der “Ukrainskaja Prawda” werden derzeit Ermittlungsmaßnahmen zur Erfassung von Verbindungen zwischen Nikolaj Melnitschenko und dem russischen Geheimdienst (FSB) durchgeführt.

Der Redaktion liegen Dokumente und tatsächliche Beweise vor, zugänglich zu den Prozessakten, die indizieren, dass der frühere Sicherheitsdienstmitarbeiter des Präsidenten von Juli bis Oktober 2004 häufiger nach Moskau fuhr.

Wir erinnern uns, dass sich Melnitschenko in diesem Moment unter aktueller Fahndung befand, aber ungeachtet des Vertrages über die Auslieferung zwischen zwei Staaten wurde der Ex-Major des staatlichen Sicherheitsdienstes nicht an die Ukraine ausgeliefert und kehrte in die USA zurück.

12. April 2011 // Mustafa Najem

Quelle: Ukrainskaja Prawda

Übersetzerin:   Corinna König  — Wörter: 2851

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