Borys Kuschnyruk: Wie verheimlicht man vor den Wahlen die Folgen der Gasverträge?
Tymoschenko ist strikt dagegen die Tarife im Jahr 2009 zu erhöhen. Das ist auch verständlich – die Präsidentschaftswahlen nähern sich… Sie möchte keine transparenten Vereinbarungen treffen, weil sie damit die Verluste aus den im Januar abgeschlossenen Verträgen anerkennt.
Die Informationsberichte innerhalb eines Tages, dem 11. Juni, bezeugen wie stark der Gaskomplex des Landes in den Abgrund gerissen wird. Die Ankündigungen des Präsidenten, der Premierministerin Tymoschenko, des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden von Naftogas Didenko erinnern immer mehr an Frontmeldungen, sie bestätigen außerdem, dass die wichtigsten Politiker des Landes nicht wissen, wie sie die Funktionsfähigkeit des Gaskomplexes des Landes weiter gewährleisten sollen.
So erklärt Präsident Wiktor Juschtschenko, dass die Schulden der NAK (Nationalen Aktiengesellschaft) “Naftogas Ukrainy” heutzutage 80 Milliarden Hrywnja (ca. 7,47 Mrd. €) betragen. Seinen Worten nach seien die Schulden innerhalb von 18 Monaten von 26 auf 80 Milliarden Hrywnja gestiegen. Außerdem, schätzt der Präsident die Strafsanktionen von Gasprom für die Gasmindereinnahmen in der ersten Jahreshälfte 2009 auf 40 Milliarden Hrywnja (3,74 MRd. €). “Heute haben wir 40 Milliarden Hrywnja der Strafsanktionen, die nicht angewandt sind. Was ist das für eine Herangehensweise vom Staat? Ich verstehe nicht, wie die Situation 2010 geregelt wird”, – sagte Juschtschenko.
Bezeichnend ist, dass während Frau Tymoschenko ständig zu überzeugen versucht, dass in dem Gaskönigreich alles in Ordnung sei und nur Juschtschenko die Lage um Naftogas verschärfe, bittet der Erste Stellvertreter des Vorstandsvorsitzenden von “Naftogas Ukrainy”, Igor Didenko, zusätzliche Staatsgarantien zu gewähren um Kredite in Höhe von 15 Milliarden Hrywnja (ca. 1,4 Mrd. €) zu bekommen und das Importgas einzukaufen, dass in die unterirdischen Speicher gepumpt werden soll, außerdem schlägt er vor, um die Finanzlage des Unternehmens zu stabilisieren, die Verzugszinsen und Strafen von der Steuer abzuschreiben, was die Möglichkeit bietet zusätzliche 300-400 Mio. Hrywnja (ca. 28 – 37,4 Mio. €) zur Verfügung zu stellen. Und das alles, obwohl Schulden in Höhe von 80 Milliarden Hrywnja schon bestehen. Es ist verständlich, dass dies für Naftogas die Möglichkeit eröffnet, das Umlaufkapital fürs eigene Tagesgeschäft zu bekommen, nichtsdestotrotz wird sich der Finanzzustand nur verschlechtern, wenn man die Nichtübereinstimmung der Preise bedenkt, zu welchen das Gas importiert und zu welchen es dann an die Bevölkerung und Wohnungsunternehmen weiterverkauft wird.
Als im Januar 2009 praktisch alle Experten über die höchst verlustreichen Vertragsbedingungen sprachen, die vom Vorstand von Naftogas unter dem direkten Druck von Frau Tymoschenko unterschrieben wurden, überzeugte man uns ständig, dass diese Bedingungen vorteilhaft sind. Und jetzt erklärt sich die Premierministerin strikt dagegen die Tarife in 2009 zu erhöhen. Das ist auch verständlich, weil Präsidentschaftswahlen anstehen und die Wähler sollen die Folgen dieser schändlichen Vereinbarungen noch nicht zu spüren bekommen. Der Präsident sagt: “Die Premierministerin, der Finanz- und der Wirtschaftsminister haben verstanden – um so großzügig bleiben zu wollen, sollen sie selbst das auch finanzieren. Wenn sie administrative Preise haben möchten – bitte, die Nationalunternehmen sollen die Differenz (im Gaspreis) kompensieren. Man kann nicht die Preise festlegen, welche zum Bankrott des Unternehmens führen.” Darauf antwortet die Premierministerin: “Die Löcher, die in dem Budget des Gasmonopolisten entstanden sind, kompensiert die Regierung durch Erhöhung des Stammkapitals von NAK ‘Naftogas Ukrainy’ um 18,6 Milliarden Hrywnja (ca. 1,7 Mrd. €) – auf 24,1 Milliarden Hrywnja (ca. 2,25 Mrd. €).”
Aber in Wirklichkeit hat die Regierung dafür kein Geld, deswegen wird das Stammkapital durch Schuldverpflichtungen der Regierung erhöht. Das heißt, dass die ukrainischen Bürger zweifellos die Folgen der Gasverträge von Frau Tymoschenko zu spüren bekommen, aber später – im Jahr 2010 und danach, wenn die Regierung gezwungen sein wird, statt den Lohn für die Angestellten im öffentlichen Dienst und die Renten für die Rentner zu erhöhen, die Schuldenverpflichtungen, die unter Leitung von Premierministerin Tymoschenko entstanden sind, zu begleichen. Aber es wird in jeden Fall schon eine andere Regierung sein. Julija Tymoschenko muss nur noch bis zu den Präsidentschaftswahlen durchhalten. Und dann wird sie entweder der Präsident des Landes oder verliert – und dann wird sie sowieso nicht Premierministerin sein.
Die Tatsache, dass Naftogas pleite ist, verstehen alle. Nicht alle sind aber bereit dies offiziell anzuerkennen und dann laut der Brüsseler Erklärung auf der Basis von Naftogas zwei neue Unternehmen zu gründen (ein Unternehmen soll für das Gastransportsystem verantwortlich sein und das andere den Einkauf des Importgases und dessen Verkauf an die ukrainischen Verbraucher regeln), die Verhandlungen zusammen mit der Europäischen Kommission durchzuführen um die Verträge mit Gasprom zu unterschreiben, die transparent und für beide Seiten vorteilhaft sind. Sicherlich möchte dies Frau Tymoschenko nicht, weil sie damit das Verlustgeschäft der Verträge anerkennt, die im Januar unterschrieben wurden, außerdem werden ihre persönlichen Interessen in den neuen Verträgen bestimmt nicht berücksichtigt. Stattdessen erhöht Julija Tymoschenko das Stammkapital von Naftogas, damit das Unternehmen die Mittel besitzt, die milliardenschweren Strafen von Gasprom zu begleichen.
Es sieht so aus, als ob sogar der Vorstand von Naftogas nicht versteht, was man weiter mit dem Unternehmen und den Rechnungen für das verbrauchte Gas anfangen soll. So beschwerte sich Herr Didenko während der Besprechung über den Finanzzustand des Unternehmens, welche am 11. Juni unter dem Vorsitz des Präsidenten stattfand, dass die privaten Oblgas (regionale Gasversorger) für das verbrauchte Gas nicht zahlen, obwohl Privatpersonen ihren Verpflichtungen fast vollständig nachkommen.
Dieses Problem ist wirklich nicht neu. Es ist wahr, irgendwie ist es das gleiche Problem wie Ende der 90er Jahre bei den ukrainischen Oblenergos (regionale Energieversorger). Zur Erinnerung: In Frühling 2000, übrigens unter aktiver Teilnahme von Frau Tymoschenko, welche „kofferweise wichtige Argumentationen“ für die Kommunisten fand und jene die gesetzgebende Änderungen für den Energiemarkt unterstützten, wurde das System der Bezahlung für die verbrauchte Energie durch spezielle Abrechnungszentren eingeführt.
Wieso wird es denn jetzt nicht so gemacht? Die Antwort liegt auf der Hand. Damals wurde außer dem neuen Abrechnungssystem gleichzeitig die neue Herangehensweise der Tarifberechnung für den Transit von Strom durch das Elektrizitätsnetz nach einer Formel eingeführt. Und in diesem Tarif wurde die Deckung der Ausgaben, im Detail den Investitionsanteil, berücksichtigt. Wenn man sich jetzt dafür wieder entscheidet, zwingt dies die Tarife für den Transit im Gasnetz, das unter Pacht der regionalen Energieversorger (Oblgas) steht, zu erhöhen, und dies wiederum bedeutet eine notwendige Erhöhung der Gastarife für die Bevölkerung. Und das möchte man ungern machen, sie verstehen schon, bald sind Wahlen.
Aber es werden trotzdem die ukrainischen Bürger für die Unprofessionalität und Bestechlichkeit der heutigen Behörden bezahlen. Aber jetzt erstmal nicht – erst nach den Wahlen, und wie man sagt, wird man alles in voller Höhe bezahlen müssen.
Borys Kuschniruk
Quelle: Unian