Euer Geld wird unser sein
Auch wenn er ansonsten unerträglich ist, so verkörpert Präsident Viktor Fjodorowitsch Janukowitsch doch einen Idealtypus – nämlich den des geborenen Zerstörers sämtlicher Illusionen.
Er lässt keinen Freiraum für falsche Hoffnungen oder Selbstbetrug. Er würde ausgezeichnet in die amerikanische Fernsehsendung Myth Busters passen, wo er die Legenden über die richtige Ordnung, staatliche Unterstützung, sofortige Verbesserung des Lebensstandards und ähnliche zerschlagen könnte.
Nehmen wir zum Beispiel das allgegenwärtige Projekt einer Finanzpolizei. Wären Timoschenko oder Tjagnibok Präsident der Ukraine und würden eine solche Finanzpolizei initiieren wollen, wären viele von dieser Idee begeistert.
Richtig! Längst überfällig! Endlich! Der pflichtbewusste Ukrainer könnte sich mit naiven Träumen trösten, denn es würden nur die Bösen angetastet (die anderen) und das ihnen entzogene Geld würde an die „Guten“ (also ihn selbst) verteilt.
Aber Janukowitsch nimmt dem Land diese Illusionen. Niemand erwartet von der Finanzpolizei wirklich etwas Gutes. Alle verstehen, dass jeder beliebige Unternehmer, der den Behörden nicht passt, Opfer des Fiskalmonsters werden könnte. Keiner zweifelt daran, dass am Ende nur die herrschenden Kreise Nutzen daraus ziehen werden.
Denn das Projekt Finanzpolizei wird von Janukowitsch und seinen Anhängern verwirklicht, sodass die Schädlichkeit dieser Institution für jeden offensichtlich sein dürfte, auch wenn man allgemein sagen kann, dass staatliche Geldeintreiber niemals zu etwas Positivem führen.
Die Einrichtung der neuen Superbehörde wirkt vollkommen gesetzmäßig. Denn es ist zu erwarten, dass die neuen Finanzpolizisten großzügig mit alternativen Ideen der neuesten Zeit aufräumen werden. Die zu erwartenden Maßnahmen könnten sein: Einführung einer Steuer auf den Verkauf von Währung, Beschränkung des Volumens von Bargeldzahlungen, Verschärfung der Regeln für den Gebrauch von Registrierkassen, Verbot von Geldanlagen, Einführung einer allgemeinen Einkommenserklärung usw..
Die ukrainische Staatsmacht entwickelt sich trendmäßig in eine bestimmte Richtung. Es handelt sich nicht mehr nur um gewöhnliche Diebe, sondern um diejenigen, die in großem Stil den Staat für sich nutzen wollen.
Im Unterschied zum Dieb, der davon träumt, den Jackpot zu knacken und sich dann davon zu machen, richten sie sich sicher und für lange Zeit an der Spitze des Staates ein. Und sie schaffen in ihrem Herrschaftsgebiet Ordnung. Die neuen ukrainischen Reformer verweisen nicht nur zufällig auf die Erfahrungen aus dem Ausland, denn überall auf der Welt wächst der Druck von Seiten des Staates, von den USA bis Zypern. Doch während der Staat in den westlichen Ländern durch Traditionen des Rechts in seinem Handelns noch teilweise beschränkt wird, gibt es in der Ukraine keinerlei Beschränkungen.
Der Staatsmann, der nach der absoluten Macht strebt, muss sich notwendigerweise mit dem Problem des Geldes auseinandersetzen. Das Geld als freies Tauschmittel behindert ihn in seinem Streben.
Geld, das nicht gehorchen will, stört das Bild, das vom Staatsgenie entworfen wurde. Dieses Geld ordnet sich keinen Befehlen unter und bringt den Lenker fremder Schicksale in eine ihn erniedrigende Lage. Ständig mangelt es am Geld und er ist gezwungen, sich den Kopf über das Haushaltsdefizit zu zerbrechen.
Der mächtige Lenker des Staates ist gezwungen um Kredite zu ersuchen, wie der letzte Bettler. Er entwirft Pläne wie Napoleon, doch alles verläuft ganz anders, da die staatlichen Einnahmen nicht hinter den Ausgaben hinterherkommen.
Er will die Loyalität des Volkes, doch dafür braucht er Geld, und davon hat er nicht genug. Er ist im Besitz der Druckerpresse, doch die benötigte Menge Geldes darf er trotzdem nicht drucken, denn sofort würde das gemeine Geld an Wert verlieren.
Das unbeugsame Geld stört die Subordination und weicht die staatliche Hierarchie auf. Derjenige, den der Mächtige braucht und als nützlich ansieht, kann sein Geld verlieren, das dann wiederum auf irgendeinen gut aufgestellten Händler übergeht. Und wenn die Menschen Geld verdient haben, fangen sie an sich wichtiger zu nehmen und zweifeln an der Autorität des Staates. Also ständige Kopfschmerzen …
Aus diesen Gründen greift der Staat das Geld auf verschiedene Weise an. Im besten Falle hebt er die Steuern an, schafft den Goldstandard ab und führt ungedecktes, wertloses Geld ein. Im schlimmsten Falle schafft er das Geld ab und ersetzt es durch ein komplexes System von Vergünstigungen und Beteiligungen.
Natürlich wird die herrschende Elite der Ukraine nicht so weit gehen, denn mit Verteilungsscheinen kann man weder das neueste Modell von Bentley bekommen, noch eine Villa am Mittelmeer erwerben, eben sowenig in Urlaub auf die Seychellen fahren. Der Luxus allein, der heute Standard ist, hält den ukrainischen Staat von der bedingungslosen Rückkehr zur sowjetischen Kommandowirtschaft zurück.
Trotzdem muss er das unbeugsame Geld zähmen. Die Anarchie des Marktes darf sich nicht ausbreiten! Es muss Ordnung herrschen! Viel Geld dürfen nur diejenigen besitzen, die den Segen des Staates bekommen haben. Den anderen ist nur soviel erlaubt, wie von oben festgelegt wurde. Was darüber hinausgeht, muss beschlagnahmt werden.
Der gewöhnliche Mensch hat nun kein Recht mehr zu entscheiden, was er mit seinen Einkünften tut, wo und in welcher Währung er sein Geld anlegt, was und wie er kauft. Alles ist geregelt. Und sollte jemand versuchen, mehr zu bekommen, so wird er ein Fall für die Finanzpolizei.
Ist diese Perspektive nicht traurig? Doch das ist genau, was die Ukrainer wollen. Denn sie haben sich daran gewöhnt, im Staat einen Bundesgenossen im Kampf gegen die Macht des Geldes zu sehen.
Wir sind dabei zu vergessen, dass Geld lediglich ein Tauschmittel ist und die tatsächlichen gegenseitigen Beziehungen zwischen den Menschen widerspiegelt. Wenn du in einer freien Gesellschaft finanzielle Schwierigkeiten empfindest, so liegt das Problem im Grunde bei dir selbst und deinen Beziehungen zu anderen Menschen. Doch für den Spießbürger ist es viel einfacher, andere zu beschuldigen und die Wurzel allen Übels im Geld zu suchen.
Er will Veränderungen, aber er will sich nicht selbst ändern und so ruft er den Staat zu Hilfe, um Kontrolle auszuüben, einzuschränken, zu verbieten, zu enteignen und neu zu verteilen. Die Hauptsache dabei ist, dass all das von patentierten Patrioten und nicht von Politikern wie Janukowitsch vollbracht werden soll. Dann würden es alle gut haben …
Doch können solche Aktivitäten wirklich etwas Positives für das Volk bewirken?
Ja, aber nur in dem Falle, dass man unter dem Begriff Volk die untersten Schichten versteht.
Die Vertreter derjenigen Schichten, die auf Kosten des Steuerzahlers leben, sorgen sich nicht wegen einer Verschärfung des Steuerdrucks.
Sie sind vom Kampf gegen Schwarzarbeit nicht betroffen, denn sie können nichts, wofür andere bereit wären, ihnen einen Umschlag mit Geld zuzustecken.
Sie brauchen sich nicht um ihre Anlagen zu sorgen, denn sie sind nicht im Besitz solcher.
Sie haben keine Angst vor Beschränkungen von Zahlungen mit Bargeld, denn sie werden sich niemals ein Auto oder eine Wohnung kaufen.
Sie halten ihre Einkünfte nicht vor dem Staat geheim, denn sie leben allein von den Brotkrümeln, die ihnen der Staat hinwirft.
Beamte und die unteren sozialen Schichten – sie sind die Einzigen, die sich vor dem Angriff des Staates auf das Geld nicht fürchten. Alle anderen aber müssen neue Probleme und Schwierigkeiten in Kauf nehmen. Egal, wer die Vernichtung des freien Tausches von Waren vorwärtstreibt – ein schlechter Janukowitsch oder ein guter Krieger für eine lichte Zukunft.
Ein Monolog aus dem nicht unbekannten Roman von Ayn Rand über das Geld endet folgendermaßen: „Der, der sagt, dass er keinen Unterschied zwischen der Macht des Dollars und der Peitsche sieht, soll den Unterschied auf der eigenen Haut spüren. Ich hoffe, so wird es kommen.
Solange ihr nicht verstehen werdet, dass Geld die Wurzel des Guten ist, solange werdet ihr euch selbst zerstören. Wenn das Geld aufhören wird, ein Regelinstrument innerhalb der Beziehungen zwischen den Menschen zu sein, so werden die Menschen selbst zu diesem Regelinstrument – in den Händen wieder anderer Menschen. Blut, Peitsche, Waffen – oder der Dollar. Wählt selbst! Etwas anderes ist nicht vorgesehen! Und Zeit zum Nachdenken gibt es bald nicht mehr.“
Der energische Janukowitsch lässt den Ukrainern wirklich keine Zeit zum Nachdenken. Ihnen gefällt die Gesellschaft nicht, in der alles gekauft und verkauft wird? Dann seien sie herzlich willkommen in der Welt, wo alles mit Gewalt genommen wird!
12. April 2013 // Michail Dubinjanskij
Quelle: Ukrainskaja Prawda