Feinde oder Verteidiger?


Nach der Ankunft in der Ukraine am 12. Oktober und nach Abschluss des Hauptprogramms des Besuchs sollte die jetzige IWF-Kommission unsere Hauptstadt zum Ende dieser Woche verlassen. Der Besuch erwies sich allerdings schwieriger als ursprünglich erwartet. Die Situation wurde „dank“ der Opposition verschärft, die zunächst die Verabschiedung des weitgehend populistischen Gesetzes über die Erhöhung der sozialen Standards erreicht hat und danach den Fonds-Funktionären vorgeworfen hat, Tymoschenko bei der Wahl finanziell zu unterstützen. Als Folge sind Zweifel aufgetreten, ob die nächste Finanzspritze für Kyjiw rechtzeitig bereitgestellt werden kann.

Nach Ankunft der Funktionäre begann der Wechselkurs der Hrywnja wie durch ein Wunder aufzuwerten. Offensichtlich aus dem Grund, dass niemand bezweifeln soll, dass die Verpflichtung der Nationalen Bank der Ukraine zur zweiprozentigen Beschränkung der Abweichungen des offiziellen Kurses von dem Marktkurs in Wirklichkeit oder vorgetäuscht eingehalten wird.

Der Kaufpreis für den amerikanischen Dollar ist auf dem Kassamarkt auf das Niveau von 8,0-8,10 Hrywnja (UAH) / USD gefallen und hat sich somit dem offiziellen Wechselkurs fast angeglichen, der sich damals auf 8,01 UAH / USD belief. „Zur Freude“ hat der Bankenregulierer sein Dollar-Fixing um 4 Kopeken (bis 7,97 UAH/USD) gesenkt.

Obwohl sowohl die Nationale Bank der Ukraine als auch die Wechselstellen ihre Wechselkurse angehoben haben (auf 8,005 und 8,15-8,20 UAH / USD entsprechend), wird ein solcher Preisanstieg im Vergleich zu den Sprüngen des Wechselkurses im September auf fast bis zu 9 UAH/USD nicht mehr als etwas Außergewöhnliches wahrgenommen

Und außerdem sollte die bestimmte Variabilität der Zahlen auf den Aushängen sowohl der Nationale Bank der Ukraine als auch der Wechselstellen, an denen die Vertreter der Kommission sicherlich regelmäßig vorbeigehen oder vorbeifahren, zur anschaulichen Demonstration der „Schwimmfähigkeit“ des Kurses der Ukraine werden.

Wie dem auch sei, die Leidenschaft hat an den Devisenmärkten wieder nachgelassen und die von vielen Experten vorhergesagten Katastrophen sind noch nicht beobachtbar. Zur rechten Zeit schien auch die von der Nationalen Bank der Ukraine in dieser Woche veröffentlichte Beurteilung der Zahlungsbilanz zu sein. Nach Angaben der Nationalen Bank der Ukraine hatte die Leistungsbilanz im letzten Monat einen Überschuss von 97 Millionen US-Dollar. Der Grund dafür liegt in der Erhöhung der Deviseneinnahmen aus dem Warenexport (von 16,2% im Vergleich zum August) sowie in der Verringerung der Importmenge von Erdgas, hieß es im analytischen Bulletin der Nationalen Bank der Ukraine.

Insgesamt, innerhalb der ersten neun Monate des laufenden Jahres, beläuft sich das Leistungsbilanzdefizit nur auf 1 Milliarde US-Dollar, was im Vergleich zum Vorjahreswert mehr als 9mal weniger ist. Nach Angaben des „Serkalo Nedeli“ ist die Stimmung in der Nationalen Bank der Ukraine bezüglich der Handelsbilanz optimistisch, weil erwartet wird, dass der Saldo der Leistungsbilanz weiterhin auch im letzten Quartal dieses Jahres positiv bleibt und somit die „nahe Null“ – Gesamtbilanz für das Jahr 2009 ermöglicht.

Genau dieser Faktor wurde bekanntlich während der Verhandlungen mit dem IWF als eine der Schlüsselbedingungen für die Stabilität des Devisenmarktes und des Finanzsystems genannt. Und die Auslandsschulden sollten durch die Devisenressourcen des Fonds beglichen werden, das im Rahmen des im November letzten Jahres geöffneten Programms Stand-by Programmes in Höhe von 17 Milliarden US-Dollar bereitgestellt war.

Beiläufig gesagt, auch der negative Saldo der Kapitalbilanz ist im September stark gefallen (auf 1,4 Milliarden US-Dollar im Vergleich zu 2,5 Milliarden im August). Wie in dem analytischen Bulletin steht, ist es aus dem Grund geschehen, dass „es nicht nur relativ hohe Einnahmen der ausländischen Direktinvestitionen in den Bankensektor für die Rekapitalisierung, sondern auch Reduzierung der Netto-Rückzahlung der Auslandsschulden durch den öffentlichen und privaten Sektor gegeben hat“.

Unter allen anderen guten Nachrichten wurde auch darüber berichtet, dass eine Einigung über die Restrukturierung der Auslandsschuldverschreibungen der Aktiengesellschaft „Naftohas Ukrajiny“ erzielt wurde.

Vor diesem eher günstigen Hintergrund konnte man davon ausgehen, dass die Funktionäre des IWF die Augen bei der Nichteinhaltung einer Reihe von eingegangenen Verpflichtungen durch Kyjiw im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit zudrücken. Es geht hauptsächlich um eine der Schlüsselverpflichtungen: es geht also um die 20%-ige Erhöhung der Gaspreise für die Bevölkerung ab dem 1. September und ab dem 1. Oktober auch für die kommunalen Wärme- und Energieversorger, die es, wie bekannt, nicht gegeben hat. Es gab einen formalen Grund, nämlich, dass diese Erhöhung der Regierung von Julia Tymoschenko bekanntlich gerichtlich verboten wurde.

Werden sich die Prüfer aus Washington mit einer solchen Ausrede zufrieden geben? Es bestünde wahrscheinlich kein Zweifel mehr daran, besonders nachdem im Rahmen des Besuchs der Kommission im September, IWF überraschend einfach „die Argumente der ukrainischen Regierung über die realistische Kalkulation“ der Einnahmen im Entwurf des Haushaltsbudgets für 2010 aufgenommen hat. Darüber hat am 15. September auch Igor Umanskij – der kommissarische Finanzminister – informiert

Es sei darauf hingewiesen, dass dieses „Vertrauen“ der Fonds-Vertreter etwas verdächtig auszusehen begann. Zumindest in den Augen der Opposition, die anscheinend alles daran gesetzt hat, um der Regierung die Zusammenarbeit mit der IWF zu erschweren..

Am 20. Oktober hat das ukrainische Parlament mit 254 Stimmen das neue Gesetz „Über die Festlegung des Existenzminimums und des Mindestlohns“ (№ 4762) verabschiedet, das zur Diskussion von Oleh Sarubynskyj – dem Abgeordneten aus dem Block von Lytwyn – vorgelegt wurde. Bisher galt die Verabschiedung dieses Gesetzes als Hauptbeweggrund für die Blockade der Arbeit des Parlaments durch die Partei der Regionen für mehrere Monate. Dieses Gesetz sieht bereits ab dem 1. November die Erhöhung des Mindestlohns um 14,5% (von derzeit 650 auf 744 UAH) und ab dem 1. Januar 2010 um weitere 16.8% (auf 869 UAH) vor. Für das Jahr 2010 ist eine weitere Erhöhung auf 922 Hrywnja vorgesehen.

Dabei ist es für niemanden ein Geheimnis, dass sogar das laufende Haushaltsbudget des Landes zur Nichterfüllung verurteilt ist und es bedarf deshalb weiterer Kredite oder einer Erhöhung der Geldmenge, um sein Defizit zu decken.

Die Regierung wandte sich natürlich entschlossen gegen diese Entscheidung. Sie ist sogar dazu bereit, zum Präsidenten zu gehen und ihn zu bitten, von seinem Veto-Recht Gebrauch zu machen und gegen dieses Gesetz sein Veto einzulegen (im Laufe der Abstimmung haben die Fraktionen des Blockes Julia Tymoschenko und von “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” gegen diesen Gesetzentwurf gestimmt)

Seine Besorgnis über die derzeitige Erhöhung der minimalen sozialen Standards hat auch der IWF geäußert. Darüber informierte Ceyla Pazarbaziolu – Vorsitzende der Fondkommission in der Ukraine – beim Treffen mit Wolodymyr Lytwyn – dem Parlamentsvorsitzenden. _„Es (das Gesetz) wird ernsthaft die Erfüllung des Staatshaushalts in der Ukraine erschweren und das Haushaltsdefizit wird deutlich um mehr als 8% steigen, was den früheren Vereinbarungen mit dem IWF widerspricht“, – sagte die Vorsitzende der Fondskommission.

Wolodimir Lytwyn ist seinerseits von einer direkten Antwort für die Handlungen der Abgeordneten (einschließlich derer, die seiner eigenen Partei angehören) abgewichen findet nichts Besseres als eine wage _„Hoffnung, dass die Regierung der Ukraine und der IWF trotz schwieriger Wirtschaftslage Einigung in der Frage der Fortsetzung der Zusammenarbeit des Fonds mit unserem Staat erzielen“

Anscheinend haben die Vertreter des Fonds erkannt, dass es unmöglich ist, mit Wolodymyr Lytwyn einig zu werden. Deshalb haben sie ein Treffen mit Mykola Asarow – dem prominenten Abgeordneten der Partei der Regionen und dem Finanzminister der Schattenregierung initiiert. _„Das Treffen wurde von den Kreditgebern initiiert, an dem Paul Thomson – Stellvertretende Direktor des Europäischen IWF-Abteilung, Ceyla Pazarbaziolu – Vorsitzende der Fondkommission in der Ukraine sowie Max Allier – der ständige Vertreter des IWF in der Ukraine teilgenommen haben“ ,- heißt es in der Pressemittelung von Mykola Asarow.

Aber die Hoffnung, die Opposition zur Vernunft zu bringen, hat sich nicht nur nicht erfüllt, sondern hatte sogar einen gegenläufigen Effekt. Es hagelte an Gegenbeschuldigungen an die Vertreter des IWF, deren Hauptanschuldigung sehr scharf geklungen hat. _„Wir müssen feststellen, dass sich das Programm der Zusammenarbeit mit IWF als ineffektiv erwiesen hat und in dieser Situation bleibt nichts anderes übrig, als anzusehen, dass die Hilfe des IWF politische Gründe hat und zwar die Finanzierung eines der Präsidentschaftskandidaten“ ,- sagte Asarow. Dabei hat er noch hinzugefügt, dass „es genügend Ressourcen im Land gibt und unter der Bedingungen der Konsolidierung der Staatsfinanzen, einer kompetenteren und ehrlicher Verwaltung der Mittel, kann die Ukraine nicht nur die Löhne erhöhen, sondern auch die anderen Probleme auch ohne Kredite des IWF bewältigen”.

Am Donnerstag, den 22. Oktober, musste Caroline Atkinson – die Direktorin der Abteilung für IFW Außenbeziehungen Stellung beziehen. „Der Internationale Währungsfond gibt die Kredite für die Zentralbank des Landes und deshalb sind die Vorwürfe der ukrainischen Opposition gegen den Fond über die angebliche Finanzierung der Handlungen der Ministerpräsidentin Julia Tymoschenko unbegründet und entsprechen nicht der Realität“, sagte sie.

Man muss sagen, dass beide Seiten nur teilweise Recht haben. Da der IWF Ministerpräsidentin Julia Tymoschenko tatsächlich nicht direkt finanziert, aber die von ihr geführte Regierung schon und das ist eine Tatsache. Wenn der IWF früher die Mittel ausschließlich der Nationalen Bank der Ukraine zur Verfügung gestellt hat, so wurde jetzt im Rahmen des jetzigen Programms der Zusammenarbeit ein Präzedenzfall geschaffen, sodass die Mittel direkt der Regierung bereitgestellt wurden. Die Regierung erhielt von dreien Finanzspritzen in Höhe von insgesamt fast 11 Milliarden US-Dollar den zweiten Teil der zweiten und die komplette dritte Finanzspritze in der Gesamthöhe von mehr als 4,7 Milliarden US-Dollar. Die für November geplante vierte Finanzspritze in Höhe von 3,8 Milliarden US-Dollar wurde auch für die Bedürfnisse der Regierung bestimmt.

Am Donnerstag hat sich Frau Atkinson geweigert, den aktuellen Stand dessen, wie die Ukraine das Programm der Zusammenarbeit mit dem IWF umsetzt, zu kommentieren. Sie erinnerte gleichzeitig auch daran, dass die sich jetzt im Kyjiw befindende Kommission des Fonds das Programm zum dritten Mal überarbeitet. Nach gängiger Praxis wird es vor Abschluss der Arbeit der Kommission nicht kommentiert.

Nach den Informationen des „Serkalo Nedeli“ haben die Bemühungen der Opposition allem Anschein nach ihr Ziel erreicht und deren Vorwürfe haben die Fondsfunktionäre etwas verwirrt. Es scheint so, dass, bevor die erneute Finanzspritze bereitgestellt wird, Kyjiw noch mit mindestens einer technischen Kommission von IWF arbeiten muss und dass die Auszahlung des für den November geplanten nächsten Teils des Kredites problematisch erscheint.

Jurij Skolotojanyj

Quelle: Dserkalo Tyshnja

Übersetzerin:   Ilona Stoyenko  — Wörter: 1655

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