Industrieunion Donbass erreicht Zahlungsaufschub bei "Naftogas Ukrainy"
Wie dem “Kommersant-Ukraine“ bekannt wurde, vermochten es die Unternehmen der “Industrieunion Donbass/Industrialnyj Sojus Donbass”, die unter der Kontrolle von Sergej Taruta und Witalij Gajduk stehen, ungeachtet der Schulden in Höhe von fast 400 Mio. Hrywnja (ca. 37,7 Mio. €), eine Aufrechterhaltung der Gaslieferungen zu erreichen. Experten sehen dies als gefährlichen Präzedenzfall, da früher Unternehmen bereits für bedeutend geringere Zahlungsrückstände abgeschalten wurden. Jetzt können auch andere Verbraucher eine Stundung fordern.
Dem “Kommersant-Ukraine“ liegt der Briefwechsel zwischen dem Management der Gesellschaft “Industrialnyj Sojus Donbass” (ISD) und der NAK (Nationalen Aktiengesellschaft) “Naftogas Ukrainy” darüber vor, dass die Seiten den Mechanismus der Begleichung der Schulden für das bereits gelieferte Gas bestätigen.
Im Brief #337/4698 vom 19. Mai an den Ersten Stellvertreter des Vorstandsvorsitzenden von “Naftogas Ukrainy”, Igor Didenko, bittet der Direktor der ISD für Großbauten und Energie, Alexander Ryss, das Management des Staatsmonopolisten darum, die Tochterfirma “Gas Ukrainy” anzuweisen “offiziell die Anweisung zur Abschaltung der Gasversorgung dreier Unternehmen der ISD zurückzunehmen”. “In Anbetracht dessen, dass die Gesellschaft ISD und ‘Naftogas’ gemeinsam den Mechanismus der Tilgung der Schulden für das Erdgas festgelegt und bestätigt haben und ebenfalls die Fristen für die gegenseitige Abrechnung abstimmten, bitte ich Sie die Anweisung zurückzurufen”, heißt es im Brief. In diesem wird ebenfalls betont, dass die Abschaltung von der Gasversorgung zu einem vollständigen Stopp der Werke führt und eine weitere Abrechnung unmöglich macht.
Aus dem zweiten Dokument – Anweisungen Igor Didenkos an Manager bei “Naftogas” und “Gas Ukrainy” – folgt, dass der Vertreter des Leiters des Staatsmonopolisten die Anweisung gegeben hat “Sofortmaßnahmen zur Lösung dieser Frage zu treffen”. Und aus den Briefen des kommissarischen Generaldirektors von “Gas Ukrainy”, Sergej Subow, folgt, dass die Vereinbarung zwischen “Naftogas” und der ISD ohne Benachrichtigung von “Gas Ukrainy” erreicht wurde. “‘Gas Ukrainy’ besitzt keine Information zur Existenz von Vereinbarungen zwischen ‘Naftogas’ und der Gesellschaft ISD zur Reihenfolge und den Fristen gegenseitiger Abrechnungen”, heißt es im Briefe. In diesem wird ebenfalls hervorgehoben, dass die Schulden der Gesellschaft ISD sich seit März diesen Jahres angesammelt haben und zum Stand 25. Mai sich auf 395,5 Mio. Hrywnja (ca. 37,3 Mio. €; die OAO (Offene Aktiengesellschaft) “Dneprowsker Metallkombinat namens Dzierżyński” 210,2 Mio. Hrywnja, die OAO “Altschewsker Metallurgisches Kombinat” 171,7 Mio. Hrywnja, die OAO “Kramatorsker Metallurgisches Kombinat namens Kuibyschew” 13,6 Mio. Hrywnja). Merken wir an, dass die Anweisung zur Abschaltung der Unternehmen bereits am 23. April von der Staatlichen Inspektion für Energieeinsparung versandt wurde. Jedoch wurden die Lieferungen bei nicht einem Kombinat der ISD eingestellt.
Bei “Naftogas Ukrainy” bestätigt man die Existenz von Vereinbarungen nicht. Dabei sagt der Pressesprecher von “Naftogas”, Walentin Semljanskij, dass es Schulden gibt, doch deren Höhe und die Zahlungsfristen können nicht bekannt gegeben werden. “Wir arbeiten derzeit daran, die Abrechnungen erfolgen, die Schulden werden getilgt”, erklärte er. Der Pressesprecher der ISD, Wassilij Arbusow, kommentierte den Inhalt der Vereinbarungen nicht, sich dabei auf das Geschäftsgeheimnis berufend.
Der Stellvertreter des Direktors des wissenschaftlich-technischen Zentrums “Psicheja”, Gennadij Rjabzew, sagt, dass die Situation mit der ISD auf dem ukrainischen Markt wahrscheinlich eine Ausnahme darstellt. Vorher hatte “Naftogas” aktiv Schuldner von den Brennstofflieferungen sogar für bedeutend geringere Zahlungsrückstände abgeschalten. So wurde das Werk “Dneproschina” für zwei Wochen wegen Schulden in Höhe von 2,3 Mio. Hrywnja (ca. 217 Mio. €) abgestellt. So gab es seit Anfang Februar Unterbrechungen bei der Gaslieferung in den Fabriken “Balzem” (Rückstände von 5 Mio. Hrywnja; ca. 472 Mio. €) und “Lukor” (die Schuldsumme wurde nicht mitgeteilt).
Die Beobachter schließen nicht aus, dass sich “Naftogas Ukrainy” in der Frage der Abschaltung nicht nur von Kriterien der Zahlungsdisziplin leiten lässt. Erinnern wir daran, dass im Mai die Gaslieferungen für die Unternehmen der OstChem Holding des Unternehmers Dmitrij Firtasch unterbrochen wurden – “Krimskij Titan” und dem Sodawerk auf der Krim. Bei OstChem erklärte man damals, dass man keine Schulden gegenüber “Gas Ukrainy” hat, doch ein Informant des “Kommersant-Ukraine“ bei “Naftogas” teilte mit, dass es Schulden gab, doch diese unter 1,5 Mio. Hrywnja (ca. 0,141 Mio. €) lagen. Erinnern wir daran, dass Premierministerin Julia Timoschenko offen ihre feindselige Beziehung zu dem Unternehmer verkündete. Die Leiterin des zeitweiligen Ausschuss der Werchowna Rada zur Untersuchung der Situation auf dem Erdgasmarkt, Inna Bogoslowskaja, verbindet die Vorzugsbedingungen bei der Schuldtilgung für die ISD mit der Position des Leiters der Gruppe der Berater der Premierministerin, Witalij Gajduk, dessen Familienmitglieder die Hauptaktionäre der ISD sind. Sie erinnerte daran, dass Gajduk aktiv die Ernennung von Oleg Dubina zum Vorstandsvorsitzenden von “Naftogas” unterstützt hatte, der bis zu seinem Eintritt in das Unternehmen das Dneprowsker Metallkombinat namens Dzierżyński leitete.
Der Chef der Analyseabteilung der russischen Investmentfirma “BrokerKreditService” (die sich mit der Untersuchung des ukrainischen Gasmarktes beschäftigt), Maxim Schein, betont, dass die Situation um die ISD einen gefährlichen Präzedenzfall schafft, den andere Marktteilnehmer auszunutzen versuchen könnten und dies könnte zu einem Anstieg von Gasschulden führen. “Alle Metallverarbeiter befinden sich in der gleichen schwierigen Situation. Falls ‘Naftogas’ tatsächlich die Möglichkeit hat Unternehmen entgegen zu kommen und sich bei der Bezahlung des Gases etwas zu gedulden, werden wir diese Möglichkeit ausnutzen”, sagt Sergej Matwijenkow, Stellvertreter des Vorstandsvorsitzenden des Mariupoler Metallkombinates namens Iljitsch.
Oleg Gawrisch, Alexander Tschernowalow
Quelle: Kommersant-Ukraine