ING Bank schließt alle Filialen in der Ukraine


Das Filialgeschäft des ukrainischen Bankenmarktes wurde von ersten ausländischen Unternehmen verlassen. Die holländische ING Gruppe verkündete die vollständige Liquidierung ihrer Filialen, die in der Ukraine vor weniger als einem Jahr eröffnet wurden. Zum 1. Juni schließt die Bank 23 Filialen und alle Konten ihrer Privat-Kunden. Bei der ING Bank Ukraine erklärt man den Weggang mit der schwierigen ökonomischen Situation im Lande, dabei sind andere ausländische Banken bislang nicht bereit ihr Geschäft in der Ukraine zu schließen, da es für sie “schmerzhaft ist”, große Investitionen abzuschreiben.

Die holländische ING Group verkündete gestern die Trennung vom Filialgeschäft in der Ukraine. “Diese Entscheidung ist der Teil eines globalen Prozesses der Revision des Business-Portfolios der ING mit dem Ziel der Vereinfachung der Strukturen der ING Group”, heißt es in der Mitteilung der Bank. “Die Filialen der ING Bank Ukraina werden bis zum 29. Mai des Jahres 2009 arbeiten”. Bis zu diesem Datum sollen alle Privatkunden ihre Konten schließen und ihre Einlagen abheben, da danach die Kreditkarten automatisch blockiert werden.

Die Leiterin des Verkaufsmanagement der Filialprodukte der ING Bank Ukraina, Julia Moros, erzählte, dass mit den Klienten individuell die Tilgung der Kreditlinien und der Überziehungskredite vereinbart wird. Das weitere Schicksal der teuren Ausstattung in den 23 Filialen der Bank ist bislang nicht bekannt. “Für den Bankautomaten und den Selbstbedienungs-Terminals werden unterschiedliche Varianten in Betracht gezogen: vom Verkauf bis zu Wohltätigkeit”, erzählte Moros dem “Kommersant-Ukraine“. Den Informationen des “Kommersant-Ukraine“ nach, wurde die Entscheidung zur Schließung der Filialen in der Ukraine bereits am 30. März getroffen, doch von ihrer Entlassung mit ??“einer Abfindung” haben die mehr als 100 Mitarbeiter der Bank erst am 8. April erfahren.

Den Angaben der Assoziation der ukrainischen Banken nach, belegte die ING Bank Ukraina zum 1. März den 23. Platz den Aktiva (8,98 Mrd. Hrywnja; ca. 816 Mio. €) und dem Kreditportfolio (7,27 Mrd. Hrywnja – ca. 660 Mio. €; von denen 140,47 Mio. Hrywnja – ca. 12,77 Mio. € – Kredite an die Bevölkerung waren) nach, sowie den 126. Platz bei Guthaben der Bevölkerung (67,9 Mio. Hrywnja; ca. 6,172 Mio. €) und den 31. Platz dem Kapital nach (904,2 Mio. Hrywnja; ca. 82,2 Mio. €). 100% der Aktien der ING Bank Ukraina gehören der ING Bank NB.

Die Entscheidung der ING Group ist nicht erwartet worden, doch ist sie erklärbar. Im Sommer 2007 plante die Gruppe 50 Mio. € in die Eröffnung einer Kette von Verkaufspunkten zu investieren, die mit der ING Bank Ukraina über Agentenverträge zusammenarbeiten. Doch zum Juni 2008 änderte die Bank ihre Strategie des Eintritts in das Privatkundensegment – anstelle des Franchisingmodells wurde ein Schema der Partnerschaft mit unternehmerischen Personen, die bereits Erfahrung im Verkauf von Finanzdienstleistungen und der Arbeit mit Multi-Level-Marketing Unternehmen haben, gewählt. Zum 6. Juni 2008 fünf Filialen in Kiew eröffnend, versprach die ING Bank Ukraina ihr Netz bis auf 50 Filialen bis zum Ende des Jahres zu erweitern. Das Ziel der Bank war der Aufbau einer Kette von 250 Filialen bis zum Jahre 2012 und die Anwerbung von 1 Mio. Privatkunden, sowie der Erhalt von 5% des Privatkundenmarktes. Doch die Wirtschafts- und Bankenkrise verschlechterte die Position der Gruppe stark. Im Ergebnis waren zum 1. April in Kiew nur 23 Filialen in Betrieb und in andere Millionenstädte konnte die Bank nicht vordringen. Der Generaldirektor für das Privatkundengeschäft der ING Group, Eric Robles, erzählte dem “Kommersant-Ukraine“, dass die Entscheidung zur Schließung des Privatkundengeschäfts in der Ukraine von der Gruppe nach dem Erhalt der finanziellen Hilfe seitens der Regierung der Niederlande gefällt wurde. “Es gibt mehrere Gründe, nach denen wir die Arbeit einstellen. Um Gewinne im Retail in der Ukraine zu erhalten, müssen wir in dieser Richtung noch weitere 500 Mio. € investieren”, betonte er.

Den Worten von Eric Robles nach, widerspricht die schwierige Situation in der ukrainischen Wirtschaft dem Businessmodell der Gruppe. “Wir glauben weiterhin an die Ukraine, doch wissen wir nicht, wie lang sich die Krise noch hinziehen wird”. “Die Privatkundenstrategie basierte auf der Akkumulation von Aktiva, doch zu den aktuellen Bedingungen lässt sie sich nicht umsetzen. Für die ING ist es wichtig Ersparnisse anzusammeln und nicht Kredite zu vergeben”, fügte Julia Moros. “Perspektivisch plant die ING nicht das Privatkundengeschäft in der Ukraine neu zu starten”. Zu dieser Entscheidung war die Gruppe gezwungen – nachdem sie im IV. Quartal 2008 Verluste in Höhe von 3,71 Mrd. € erhalten hatte, verkündete die ING Group den Verkauf von Aktiva. Sie plant 10-15 ihrer Tochterfirmen im Wert von 6-8 Mrd. € zu verkaufen und die Aufteilung einiger Geschäftszweige erlaubt es ihr Kapital in Höhe von 4 Mrd. € freizusetzen.

Banker sind (nicht) erstaunt über die Entscheidung des Konkurrenten. “Die ING ist nicht nur als letzte der ausländischen Banken auf den ukrainischen Markt gekommen, sondern bereits als die Krise eingesetzt hatte, als diese Investitionen in Filialen und Werbung einfach dumm waren”, betonte ein Top-Manager einer der ausländischen Banken. “Sie, war wie ein Junge aus ‘Jeralasch’ (Sendung des Ersten russischen Kanals), der sich lange Zeit anschickte auf die Straße zu gehen, doch als er raus ging, erwies er sich als dem Wetter nicht passend gekleidet”, witzelte der Direktor der Abteilung für Einzelhandelsprodukte der WTB Bank, Taras Kiritschenko. “Es ist möglich, dass sie sich entschieden aus dem Markt auszusteigen, da sie nicht verstanden haben, welche Produkte man eben derzeit verkaufen muss. Ich schließe nicht aus, dass sie auch in anderen Ländern ihr Geschäft einschränken, wo sie nicht so gut aufgestellt sind”. Den Abgang der ING aus dem ukrainischen Geschäft erklären Banker ebenfalls mit dem inoffiziellen Verbot der Europäischen Zentralbank der Fortsetzung von Investitionen in Länder mit instabiler Wirtschaft. “Andernfalls kann die Bank nicht auf die Unterstützung der Regierung hoffen”, erläuterte einer der Banker.

Experten halten die Verluste der ING in der Ukraine für unbedeutend – die Gruppe rechnet diese zu den Verlusten aus der weltweiten Krise. Andere Marktteilnehmer haben weitaus mehr Mittel investiert, daher “wird es für [sie] schmerzhaft die ukrainischen ‘Töchter’ abzuschreiben”, ist sich der Leiter der Abteilung für Analyse und Forschung der “Raiffeisenbank Aval”, Dmitrij Sologub, sicher. ??“Alle großen Banken streben danach ihre Probleme mit der Qualität der Aktiva zu lösen”, sagt er. Dem Beispiel der ING folgen und ihr Geschäft in der Ukraine schließen könnten “Ausländer”, die als letzte hier erschienen. Zum 1. März waren im Land 53 Banken mit ausländischem Kapital (34,3% des Bankensystems) tätig. “In der Ukraine war das Potential wichtig, welches dieses Land geben konnte. In der Krisensituation ist für die Banken, die es nicht schafften viel zu investieren, hier nichts zu machen”, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Alfa-Bank, Andrej Wolkow. Beim fehlenden “Käufermarkt” werden kleinere Banken versuchen ihre ‘Töchter’ teilweise zu verkaufen.

Ruslan Tschornyj, Jelena Gubar

Die Entwicklungsgeschichte der holländischen ING Group in der Ukraine

Die ING Group gründete die ING Bank Ukraine im Jahre 1998 für die Arbeit mit ukrainischen Wertpapieren – Aktien und Anleihen – auf Anweisung von ausländischen Kunden der Gruppe. Die ersten neun Jahre war die Bank nur als Geschäftsbank tätig. Im August 2007 verkündete die ING Group ihre Expansion auf den Privatkundenmakrt der Ukraine. Bereits im Dezember verließ der komissarische Vorstandsvorsitzende der ING Bank Ukraina, Walerija Gontarewa, die Bank, welche der Kampagne des Managements der Aktiva der “Investitionyj Kapital Ukrainy” vorsaß. Im Mai 2008 entschied die ING Group mit der Lebensversicherungsgesellschaft ING Insurence Group ebenfalls in die Ukraine zu gehen und kaufte im Juli 50% der Aktien der Lebensversicherungsgesellschaft “Phoenix-Shisn”. Im November hat die Bank die Tätigkeit des Versicherungsunternehmens eingefroren, diese in “ING Shisn Ukraina” umbenennend. Den Ergebnissen des III. Quartals nach, meldete die ING Group ihren ersten Verlust seit der Gründung im Jahre 1991 und die Regierung der Niederlande gewährte ihr Hilfe in Höhe von 10 Mrd. €. Im Januar 2009 löste die ING Bank Ukraina ihr Abteilung für Aktienhandel aufgrund “des Rückgangs der Handelsvolumina und der sehr instabilen Makrosituation” auf und im April verkündete sie ihren Abgang aus dem Privatkundengeschäft in der Ukraine und der Schließung aller ihrer Filialen in Kiew zum 1. Juni. Danach wird die ING Bank Ukraine nur noch Geschäftskunden bedienen.

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 1390

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