IWF stoppt Kreditzahlung


Die Ukraine wird vom Internationalen Währungsfonds die versprochenen 3,8 Mrd. $ nicht vor den Präsidentschaftswahlen erhalten, verkündete gestern die Leitung des Fonds. Die Verzögerung der Kreditgewährung ist durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Erhöhung der Mindestlöhne und des Existenzminimums hervorgerufen worden. Experten geben zu, dass jetzt die Finanzierung einer Reihe von Haushaltsposten außerhalb des Sozialbereiches gestoppt und der Druck auf die Hrywnja sich erhöhen wird.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erneuert die Arbeit mit der Ukraine erst nach den für den 17. Januar 2010 angesetzten Präsidentschaftswahlen, teilte gestern die Agentur Reuters mit Verweis auf den geschäftsführenden Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn mit. Die Weigerung des IWF war erwartbar, da Kiew die Schlüsselforderungen des Fonds nicht erfüllt hat. Die Vertreter des IWF haben übrigens bislang das Scheitern der Verhandlungen nicht kommentiert. Die Leiterin der IWF-Mission in der Ukraine, Ceyla Pazarbaziolu, redete lediglich von deren Fortsetzung.

Die IWF Mission hat Kiew bereits Ende Oktober verlassen, doch deren Leiterin, Ceyla Pazarbaziolu, schloss die Überprüfung des Juli Programmes über die Zusammenarbeit mit der Ukraine nicht ab (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine“ vom 26. Oktober). Vom Erreichen der Vereinbarung mit Kiew hing die Entscheidung des Direktoriums des IWF zur Bereitstellung der vierten Kredittranche über 3,8 Mrd. $ am 15. November ab. Bis dahin hatte die Ukraine bereits drei Tranchen über 10,5 Mrd. $ (davon die Zentralbank – 5,8 Mrd. $, das Ministerkabinett – 4,7 Mrd. $) aus der über zwei Jahre laufenden Kreditlinie von insgesamt über 16,4 Mrd. $ erhalten.

Als Grund für die Verzögerung der Gewährung der vierten Tranche nannte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn das Inkrafttreten des Gesetzes über die Erhöhung des Mindestlohnes und des Existenzminimums zum 1. November, welches entgegen der Proteste des IWF, von Wiktor Juschtschenko unterzeichnet wurde, der wieder als Präsident kandidiert. “Wenn die Leute zu Wahlen antreten, dann können sich ihre Entscheidungen von denen von vor einem Jahr unterscheiden, als das Programm ausgearbeitet wurde”, erklärte Strauss-Kahn. “Jetzt ist eine besondere Zeit, daher müssen wir die Resultate der Präsidentschaftswahlen abwarten, damit wir die Möglichkeit haben, die Arbeit mit der Regierung fortzusetzen”.

Am Freitag brachte die Werchowna Rada mit dem Gesetzesentwurf #5297 Änderungen in den Staatshaushalt 2009 ein und wies dem Pensionsfonds für die Auszahlung der erhöhten Renten 717 Mio. Hrywnja (ca. 59,75 Mio. €) zu und stellte 100 Mio. Hrywnja (8,3 Mio. €) für soziale Hilfen bereit. Der Meinung des 1. Stellvertreters der Präsidialamtsleiterin, Alexander Schlapak, nach, erlaubt dies die Sozialtransfers für 6,5 Mio. Rentner und 480.000 Staatsangestellte zum 1. November zu erhöhen. Dabei baten 50 Parlamentsabgeordnete das Verfassungsgericht bereits darum festzustellen, ob das Gesetz zur Erhöhung der Sozialstandards der Verfassung entspricht.

Den Einschätzungen der Finanzexperten nach, stellt die Entscheidung des IWF ein Risiko für den Haushalt und für die Kursstabilität der Hrywnja dar. “Das Geld des IWF wurde als Schlüsselhilfe für die Deckung des Budgetdefizits angesehen. Daher ist unklar, wie die Regierung dies kompensieren wird”, hebt der Stellvertreter des Vorstandsvorsitzenden der “Tochterbank der Sberbank Russlands”, Dmitrij Solotko, hervor. “Der Regierung gelingt es, die Zahlung der Sozialposten des Budgets zu gewährleisten. Doch die Finanzierung aller übrigen Posten, wird wahrscheinlich in das nächste Haushaltsjahr verlegt”, sagt der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rada-Ausschusses für Wirtschaftspolitik, Alexej Plotnikow (Partei der Regionen).

Die Kursstabilität hängt in vielem von den Möglichkeiten der Zentralbank ab, einen Teil ihrer Reserven für die Stützung des Hrywnjakurses zu verwenden. “Befürchtungen, dass sich die Kursbelastung auf die Hrywnja verstärkt, gibt es. Doch viel hängt von der NBU Politik ab, die genügend Währungsreserven für die Stützung des Kurses hat”, erkennt Solotko an. “Die Entscheidung des IWF selbst wirkt sich nicht auf die Stabilität des Finanzsystems aus; die Ukraine hat bereits große Summen von Auslandsschulden getilgt. Jedoch hat die NBU weniger Möglichkeiten zur Neutralisierung der Hrywnjamasse und das bedeutet, falls die erhöhten Sozialstandards ausgezahlt werden, könnte die Hrywnja auf 8,5 Hrywnja/$ klettern”, sagt der Berater des Vorstandsvorsitzenden der UkrGasBank, Alexander Ochrimenko.

Eine ernstere Bedrohung, die durch die Verzögerung der Auszahlung der IWF-Tranche hervorgerufen wurde, erwartet die Ukraine Anfang 2010. “Die zwei Durchgänge der Wahlen enden im Februar, für die Formierung der neuen Regierung ist ebenfalls Zeit notwendig. Daher könnte die Ukraine die Tranche erst im März/April bekommen, zu der Zeit, wo Anfang 2010 ein scharfer Rückgang der Haushaltseinnahmen erwartet wird”, betont Wassilij Jurtschischin, Direktor der wirtschaftlichen Programme des Rasumkowzentrums.

Jurij Pantschenko

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 738

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