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Interview mit der Chefin der IWF Mission in der Ukraine

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Gestern beendete die Zwischenmission des Internationalen Währungsfonds (IWF) ihren Besuch in der Ukraine, dabei den Zustand der ukrainischen Wirtschaft und die Umsetzung der Bedingungen des Fonds durch das Kabinett und die Zentralbank bewertend. Darüber und gleichfalls über andere Empfehlungen des IWF und Prognosen zu den Schwankungen des Hrywnjakurses in 2009 berichtete dem “Kommersant-Ukraine“ die Leiterin der Mission, Ceyla Pazarbaziolu, in einem Interview.

Mit welchem Ziel trafen Sie sich mit dem Präsidenten, den Vertretern der Zentralbank und des Kabinettes im Verlaufe des letzten Besuches der Mission des Fonds in der Ukraine?

“Es war eine Zwischenmission. Im Kontext der weltweiten Krise hat der IWF ein neues Finanzierungsprogramm gestartet – bei unvorhergesehenen Umständen, werden Mittel im Schnellverfahren zugewiesen. Und die Ukraine hat die Finanzierung eben nach diesem Verfahren erhalten. Und dieses sieht vor, dass innerhalb von anderthalb bis zwei Monaten eine Abordnung das Land für die Überprüfung der Vereinbarungen besucht.”

Was sollte die ukrainische Regierung seit Anfang November tun, wann wurde die erste Tranche des IWF überwiesen – vor Ihrem Dezemberbesuch? Was hat die Ukraine gemeistert und was nicht?

“Diese Mission war nicht der Revision des Programmes gewidmet. Eine große Monitoringmission wird es Ende Januar geben. Dann wird die Umsetzung der Pflichten bei den Zielwerten für Ende 2008 überprüft werden. Und während der Zeit des aktuellen Besuches wollten wir die Entwicklung des Wechselkurses analysieren, sehen wie sich die monetäre und fiskalische Politik verwirklicht, in welchem Stadium sich die Arbeit am Budget 2009 befindet und die Umsetzung des Budgets für dieses Jahr untersuchen. Wir wollten ebenfalls die Durchführbarkeit der Umsetzung der für Ende des Jahres deklarierten Kennziffern bewerten.”

Welche Hauptprobleme haben Sie festgestellt?

“In der Zusammenarbeit gab es keine Probleme – der Dialog zwischen uns und den Vertretern der ukrainischen Regierung entwickelt sich gut. Wir kontaktieren sie ständig und sie informieren uns über die Herausforderungen, die auf der Tagesordnung stehen. Doch die Situation ist derzeit tatsächlich eine schwierige – mit hohem Tempo geht die Produktion zurück, kommt die Wirtschaft zum erliegen, werden bedeutende Verschiebungen im Währungskurs beobachtet – und wir müssen in dieser arbeiten.”

Wie empfiehlt der IWF die Kurspanik zu bekämpfen?

“Lassen sie uns mit der globalen Einschätzung beginnen. In den entwickelten Ländern, Länder mit sich entwickelnden Märkten und ebenfalls Ländern, in denen ein bedeutender Kapitalzufluss verzeichnet wurde, findet eine Abwertung der Landeswährungen statt. Ein großer Schock, der unter den Bedingungen des Preisrückgangs für Stahl beobachtet wird, der 40% des Exportes ausmacht und ebenfalls die Situation auf den Weltmärkten führt zu einer zusätzlichen Belastung des Währungskurses und einer Abwertung. Außerdem, erwiesen sich viele Erklärungen von sichtbaren Politikern und Staatsangestellten als sehr unpassend. Sie widersprachen einander, was sich ebenfalls negativ auswirkte. Daher ist es wichtig, alles im Kompetenzbereich der Zentralbank zu lassen – eben diese ist die führende Organisation, welche sich mit den Fragen der Währungspolitik und des Wechselkurses beschäftigt. Alle Erklärungen zum Kurs für die Öffentlichkeit sollten nur von der Zentralbank kommen. Was die Ukraine betrifft, dann sollte die Korrektur des Währungskurses die Konkurrenzfähigkeit des Exports erhöhen und ebenfalls zu einer Verringerung des negativen Saldos der Handelsbilanz – was einen weiteren Rückgang der Produktion vermeiden hilft.”

“Im Verlaufe der letzten Woche verlief die Abwertung der Hrywnja in solchen Geschwindigkeiten, dass es unmöglich war eine Unruhe unter der Bevölkerung zu vermeiden. In der letzten Zeit hat die Zentralbank eine Reihe von Schritten unternommen, darunter in der monetären Politik, dabei Mechanismen der Refinanzierung und der Erhöhung der Zinsen nutzend. Das sollte die Hrywnja attraktiver machen.”

Das heißt: Sie unterstützen die Entscheidung der Zentralbank das Volumen der Refinanzierung von kommerziellen Banken zu erhöhen?

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“Im Gegenteil: Wir unterstützen die Handlungen der Zentralbank im Rahmen ihrer letzten Anordnung: die Einführung von härteren Regeln für die Banken beim Erhalt von Liquidität, die Begrenzung der Frist der Refinanzierung auf zwei Wochen, härtere Anforderungen an die Sicherheiten, welche den Banken gegeben wurden. Insbesondere, werden für die Refinanzierung keine Bankaktien angenommen. Eine solche Verschärfung der Refinanzierungsordnung stellt die Unterstützung der Liquidität ausschließlich von zahlungsfähigen Banken sicher. Alles dies soll die Hrywnja liquider, knapper machen und einen Teil der Belastung vom Währungskurs nehmen.”

Warum erwiesen sich, Ihrer Meinung nach, die Novemberinterventionen der Zentralbank in Höhe von 3,4 Mrd. $ als ineffektiv und die Hrywnja verlor gegenüber dem Dollar weitere 17%?

“Da die NBU (Nationalbank der Ukraine) Kredite zur Refinanzierung gewährte, welche das Liquiditätsvolumen im System erhöhten, ging ein Teil der Mittel in den Währungsmarkt und unterstützte die hohe Nachfrage nach Devisen. Wenn man diese Ziffern vergleicht, dann stimmen sie mehr oder weniger überein. Und wenn man auf die Marktsituation schaut, die mit dem Kauf von Devisen verbunden ist, so werden Devisen nicht nur für den Ausgleich der Bilanz, sonder auch für die Zahlungsverpflichtungen von physischen und juristischen Personen benötigt.”

Wird der IWF der NBU empfehlen einen hundertprozentigen Verkauf des Exportumsatzes (gemeint sind die eingenommen Devisen) empfehlen?

“Eine solche Empfehlung wird von uns nicht folgen. Das ist ein Verwaltungsschritt, zu dem die Länder übergehen, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Eine angemessene Politik und ebenfalls eine Information der Marktteilnehmer über alle geplanten Maßnahmen sollte die Belastung für den Kurs der Währung nehmen.”

Banker sagen, dass der IWF gegen die Einführung von Einschränkungen auf dem Bardevisenmarkt eintrat. Geschah die Rücknahme auf Ihre Initiative hin?

“Wir haben diese Fragen diskutiert, doch dies war die Idee der Regierung und ihre Entscheidung. Sie haben die Disbalance auf dem Bardevisenmarkt bemerkt, die sich auf den Interbankenmarkt auswirkte und am Ende kamen sie zu dem Entschluss, dieses Problem zu lösen – das war ein richtiger Schritt. Wie Sie sehen, Angebot und Nachfrage haben sich auf dem Bardevisenmarkt angepasst.”

Viele Politiker und Ökonomen verdächtigen die NBU der unzweckmäßigen Verwendung des IWF-Geldes. Ist dies möglich? Verfolgt der Fonds die Ausgaben seiner Gelder?

“Hier muss man zwei Aspekte abgrenzen. Erstens, der IWF weist die Finanzierung einem Land zu und diese Mittel sollen in erster Linie zur Unterstützung der Leistungsbilanz dienen. Die Ukraine hat die Mittel für dieses Ziel erhalten. Im Programm sind einige Eckpunkte festgelegt, insbesondere – eine Untergrenze für die Währungsreserven und bislang hat die NBU diese Grenze nicht verletzt. Der Kontrolltermin für diesen Parameter ist am Ende des Jahres, dann schauen wir uns das an. Zweitens, wir haben eine Spezialabteilung, die sich mit Sicherungsmechanismen beschäftigt. Gerade eben befindet sich eine Mission der Abteilung in der Ukraine und analysiert, auf welche Weise die Entscheidungsfindung in der Zentralbank vor sich geht und ob die Zentralbank alle Informationen weitergeht, und Mittel nicht zweckentfremdet. Eine solche Prozedur durchlaufen alle Länder, die Kredite vom IWF erhalten, im Verlauf von ein bis zwei Monaten nach Beginn des Programmes. Der Bericht dieser Mission wird sehr sorgfältig analysiert werden beim IWF Gouverneursrat, wenn die Entscheidung zur Überweisung der nächsten Tranche getroffen wird. Bislang haben sie keine Kommentare und Anmerkungen und wir haben nichts wahrgenommen, dass die Mittel des IWF nicht dem Zweck nach genutzt werden.”

Was soll die Ukraine noch, neben der Zusatzkapitalisierung des Bankensystem, tun um die nächste Tranche zu erhalten?

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“Die erste Etappe der diagnostischen Untersuchung der Systembanken bis zum 15. Dezember abschließen und nach der Einreichung der vorläufigen Berichte diese fortsetzen. Auf der Grundlage dieser Daten der Zentralbank werden Entscheidungen zur Rekapitalisierung von einzelnen Banken getroffen.”

Wird die Stabilität des ukrainischen Finanzsystems von der Neubewertung des Kapitals der größten Banken gestärkt, wo doch die Banker selbst sagen, dass ihre Probleme mit dem Mangel an Kapital, aufgrund des Einlagenabzuges, verbunden sind?

“Es handelt sich darum, dass die Rekapitalisierung präventiven Charakter trägt. Sie zielt auf die Perspektive ab und erlaubt es den Bedarf an staatlichen Mitteln zur Verbesserung der Situation in Banken einzuschätzen, wenn Probleme in ihrer Tätigkeit auftreten. Den Ergebnisse der komplexen Überprüfung, der Gewährleistung der zur Unterstützung notwendigen Ressourcen sollte sich das Vertrauen zum Bankensystem erhöhen und einen Abzug der Einlagen verhindern. Es scheint, als ob sich die Situation etwas stabilisiert hat. Man muss die Situation in der Ukraine im globalen Kontext sehen – viele Länder führen eine analoge Politik durch, um das Vertrauen in das Bankensystem zu erhöhen.”

Ist es tatsächlich so, dass, den Berechnungen des IWF nach, zur Zusatzkapitalisierung der Banken etwa 10 Mrd. $ notwendig sind?

“Der Sinn des gesamten Programmes besteht gerade eben in der Definition dieser Summe. Eine Prognose vor Ende der Überprüfung zu machen ist eine undankbare Beschäftigung.”

Kann die NBU alle Banken vor dem Bankrott bewahren oder kann sie lediglich einzelne Institute retten?

“Die Zentralbank hat mehrfach ihre Position zu diesem Punkt dargelegt. Es ist notwendig die kreditwürdigen Banken zu unterstützen und die, welche nicht in der Lage sind unter den neuen Bedingungen zu existieren, müssen entweder mit anderen Banken zusammengeschlossen oder aufgeteilt werden. Alle diese Schritte müssen äußerst transparent durchgeführt werden und die Analyse komplex sein. Damit das Bankensystem nicht ins Schwanken gerät und stabil bleibt, es folgt die Systemfolgen dieser Schritte zu berücksichtigen.”

Erwartet der IWF wirklich, dass der mittlere Kurs 2009 bei einem Niveau von 7 Hrywnja pro Dollar liegen wird?

“Der IWF gibt keine genaue Prognose für den Hrywnjakurs, sondern lediglich Basisparameter. Nach der ersten Korrektur stabilisiert sich der Kurs und in 2009 wird er in festgelegten Grenzen schwanken, die von der ökonomischen Situation im Lande abhängen.”

In welchen Grenzen erwarten Sie den Hrywnjakurs

“Niemand kann dies derzeit prognostizieren. Der Hrywnjakurs hängt von vielen Faktoren ab: der globalen Situation, dem Vertrauensniveau, der Rückkehr von Devisenflüssen ins Land und der Wahl der Haushaltsvorstände, in welcher Währung sie ihre Ersparnisse sichern werden.”

Die Partei der Regionen hat vorgeschlagen auf die zweite Tranche zu verzichten, falls der IWF seine Forderungen zur Liberalisierung des Kurses und der Einfrierung der Sozialtransfers nicht überarbeitet. Sind Sie bereit zu solchen Verhandlungen?

“Wir haben uns mit der Leitung der Oppositionsfraktionen unterhalten und wir erhielten den Eindruck, dass sie nicht gegen unser Programm sind. Was die Einfrierung der sozialen Ausgaben betrifft, arbeiten wir gemeinsam mit unseren Kollegen von der Weltbank ein Schutzprogramm für den gefährdetsten Teil der Bevölkerung aus. Zu guter Letzt möchte ich sagen, dass die Ukraine derzeit eine sehr schwere Zeit durchlebt, die sie vor eine Reihe von Herausforderungen stellt. Die ganze Welt geht durch eine sehr schwere Periode einer präzedenzlosen Korrektur. Sogar in den Wirtschaften der entwickelten Länder erwarten wir einen Produktionsrückgang von bis zu 0,25% – so etwas gab es seit der Zeit des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Die Ukraine muss sich so schnell wie möglich an die neue Situation anpassen und das wirtschaftliche Wachstum wiederherstellen. In diesem Kontext ist es wichtig konzertierte Entscheidungen zu treffen und das Wesen dieser Politik der Bevölkerung zu erklären.”

Jurij Pantschenko

Quelle: Kommersant-Ukraine

Übersetzer:   Andreas Stein — Wörter: 1803

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