Jazenjuk zum Parlamentssprecher gewählt


Gestern fanden Positionskämpfe im Parlament statt, in deren Resultat der Abgeordnete der Fraktion “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” Arsenij Jazenjuk zum Vorsitzenden der 6. Werchowna Rada gewählt wurde. Seiner Wahl ging eine kurzlebige Intrige mit dem Versuch der Durchführung einer Paketabstimmung über die Leitung des Parlamentes voran, wobei für den Posten des Vizesprechers unerwartet der Kommunist Adam Martynjuk vorgeschlagen wurde. Doch wurde am Ende auf den Abstimmungszetteln nur ein Kandidat eingetragen. Arsenij Jazenjuk unterstützten 227 der Abgeordneten der Regierungskoalition. Die Opposition nahm an der Abstimmung nicht teil.

Gestern wählte die Werchowna Rada den ganzen Tag bis zum späten Abend ihren Vorsitzenden. Im Verlauf des gesamten Tages stritten die Abgeordneten über die Prozedur der Durchführung der Wahlen und diskutierten die möglichen Kandidaten für diesen Posten. Doch blieben die Wahlen am Ende ohne Alternativkandidaten. Einziger Kandidat für den Posten wurde Arsenij Jazenjuk, das Mitglied der Fraktion “Unsere Ukraine – Nationale Selbstverteidigung” (UUNS). Die Opposition stellte keinen Gegenkandidaten für den Parlamentssprecherposten auf.

Acht Monate als Außenminister arbeitend, begann Jazenjuk seinen Auftritt vor den Abgeordneten wie ein richtiger Diplomat. Taktischerweise verringerte er die Bedeutung des Parlamentssprecherpostens. “In der Vergangenheit war es so, dass die Leiter der Werchowna Rada der vorangegangenen Legislaturperioden versuchten die ersten, zweiten oder dritten Personen im Staate zu werden. Ich denke aber, dass der Parlamentssprecher vor allem ein Mensch der Organisation der Arbeit des Parlamentes ist, einer von 450 Abgeordneten.”, sagte er bescheiden.

Der Meinung Arsenij Jazenjuks nach, ist die Hauptsache für den Sprecher, die Suche nach einem Konsens zwischen allen Fraktionen. “Die Tätigkeit des Vorsitzenden der Werchowna Rada besteht darin, dass er versucht die Positionen der Parteien zu konsolidieren, wenigstens in den Bereichen mit nationaler Priorität.”, erklärte Arsenij Jazenjuk sicher. “Ich denke, dass es unlogisch ist, wenn der Kandidat für den Posten des Sprechers mit einem Programm seiner Tätigkeiten auftritt […] Es soll ein Programm der Werchowna Rada als kollektivem Organ sein.”, sagte er zum Schluss.

Am Ende der Abstimmung, als die Deputierten anfingen in den Sitzungssaal zurückzukehren und Arsenij Jazenjuk sich zu seinem Platz wandte, begannen die Mitglieder der ihn zu umarmen und ihm die Hand zu drücken. Dadurch, wurde bereits vor der offiziellen Verkündung der Resultate klar, die 6. Werchowna Rada hat ihren Vorsitzenden gefunden. Es wurde der 33-jährige Jazenjuk. Nach der offiziellen Verkündung des Abstimmungsresultates (Jazenjuk unterstützten 227 Abgeordnete) gratulierte als erste und übergab einen Strauß aus orangen Rosen, Julia Timoschenko.

Der Kandidat auf den Posten des Vorsitzenden der Werchowna Rada Arsenij Jazenjuk begann seinen Arbeitstag mit einer Agitationskampagne bei den Abgeordneten. Um halb neun kam er am Kino “Sorjanij” zur Sitzung der Fraktion der Partei der Regionen an, wo er sich aber nicht lange aufhielt – bereits 45 Minuten später war er im parlamentarischen Konferenzsaal bei der Sitzung der Fraktion des Blockes Julia Timoschenko (BJuT). Die Kommunikation mit den Vertretern der Partei der Regionen war für ihn resultatlos. “Obgleich Jazenjuk ein sympathischer Bursche ist, werden wir nicht für ihn stimmen.”, sagte dem Kommersant-Ukraine die Abgeordnete Anna German.

Die Abgeordneten von BJuT, ungeachtet der vorbehaltlosen Unterstützung Arsenij Jazenjuks, demonstrierten gestern das Fehlen jeglichen Interesses an den anstehenden Wahlen des Sprechers. “Uns befriedigt jede Variante.”, sagte dem “Kommersant-Ukraine“ der zur Fraktionssitzung eilende Iosif Winskij. Was die Mitstreiter von Julia Timoschenko mehr bewegte, war die Frage, ob die Leitung von UUNS eine 100-prozentige Unterstützung für die Wahl der Vorsitzenden von BJuT zur Premierministerin sicherstellen kann.

“Wenn jemand von “Unsere Ukraine” nicht für die Premierin stimmt, reicht bei ihnen dann der Mumm um vom Posten des Sprechers zurückzutreten?”, interessierte sich Grigorij Omeltschenko beim Kandidaten.

“Ich möchte nichtmal darüber nachdenken, das dies passieren kann.”, antwortete Jazenjuk.

Sicherheit im Ausgang der Wahl für Arsenij Jazenjuk gab die Tatsache, dass am Vortag der Morgensitzung sich Julia Timoschenko der Unterstützung durch die Fraktion der Kommunisten sicherte. Im Austausch für die Stimmen der Kommunisten ging die Führerin von BJuT zu einem bisher einmaligen Schritt über – sie gab den Kommunisten den eigentlich BJuT im Koalitionsvertrag zugesicherten Posten des ersten Vize-Sprechers ab. Übrigens, schrammte Timoschenko damit knapp an einem Konflikt mit den Koalitionspartnern vorbei.

Darüber, dass BJuT entschied in einer Abstimmung alle Leiter des Parlamentes zu bestimmen (für den Posten des Vizesprechers war das BJuT Mitglied Nikolaj Tomenko vorgesehen), erfuhren viele Abgeordnete bereits im Laufe der gemeinsamen Fraktionssitzung der Koalition.

“Wir haben entschieden den Posten des ersten Vizesprechers der verschworensten Parlamentsopposition (Kommunisten) abzugeben und auf diese Weise in einem Paket die Wahl der Leitung der Werchowna Rada abzustimmen.”, sagte die Vorsitzende von BJuT.

Eine solche Wendung wurde im propräsidentischen Block nicht erwartet. “Lasst uns noch den ersten Vizepremierposten an sie abgeben und dann wird alles gut.”, erklärte mit Sarkasmus Pawel Shebrinwskij (UUNS).

“Ich unterstütze (die Teilnahme der Kommunisten), doch nur ohne Adam Martynjuk – er verletzt bereits zwei Legislaturperioden das Reglement.”, sagte der Abgeordnete Jurij Kljutschkowskij.

“Wir sollten uns dazu pragmatisch verhalten.”, versuchte Alexander Turtschinow (BJuT) die Situation zu retten.

Die Absicht der Kommunisten ihren Kandidaten für die Parlamentsleitung aufzustellen, rief auch bei der Partei der Regionen Entrüstung hervor. Während der Pause der Rada wurde der “Kommersant-Ukraine“ Zeuge einer heißen Diskussion zwischen Nestor Schufritsch (PR) und Alexander Goluba (KPU).

“Was macht Ihr! Wenn Ihr Jazenjuk wählt, dann gebt ihr damit der “orangen” Koalition Leben.”, ereifert sich Schufritsch.

Wir haben eine andere Position. Was sollen wir tun, ein weiteres Mal darauf warten bis Ihr Euch mit dem Präsidenten einigt?”, parierte Golub.

Übrigens, erklärte ein Abgeordneter der KPU dem “Kommersant-Ukraine“ die Position der Fraktion etwas anders: “Heute sagen wir, dass wir einen Kandidaten für den Posten des Vizesprechers haben und wir bereit sind beliebige Varianten in Betracht zu ziehen, in den unsere Interessen berücksichtigt werden.”

“Warum hat die Koalition den Kommunisten den Posten des ersten Vize-Sprechers vorgeschlagen?”, fragte der “Kommersant-Ukraine“.

“Ich denke, dass nur einige der jetzigen Politiker dem nicht zustimmen, dass die Kandidatur Adam Martynjuks dem Posten mehr entspricht.”

Bemerkenswert, dass bereits zwei Stunden später Alexander Golub seine Position vollständig änderte: “Wir haben keine Absprachen mit BJuT und ‘Unsere Ukraine’ über die Aufstellung der Kandidatur Adam Martynjuks, Soweit mir bekannt ist, gab Martynjuk hierzu keine Zustimmung.”

Die Frage der Paketabstimmung für die Leitung der Werchowna Rada verschwand im Verlauf des Tag genauso unerwartet, wie sie auftauchte. Nach zwei Stunden Pause, auf welcher die Fraktion der Partei der Regionen bestand, erklärte der Vorsitzende der Fraktion UUNS Wjatscheslaw Kirilenko die Aufstellung Arsenij Jazenjuks für den Posten des Parlamentssprechers.

Übersetzer:   Andreas Stein  — Wörter: 1113

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