Krieg und Käse


In welchem Verhältnis stehen die Äußerungen des obersten russischen Gesundheitsinspektors Gennadij Onischtschenko und der „Gaskrieg“ zwischen Moskau und Kiev? Offensichtlich in einem sehr unmittelbaren. Onischtschenko mischt sich immer dann ein, wenn politische Entscheidungen getroffen werden, die die freundschaftliche Atmosphäre im Dialog mit einem Nachbarland stören.

So war es bei Georgien. Die Entscheidung der Rospotrebnadsor („Föderaler Aufsichtsdienst der Russischen Föderation für Verbraucherschutz und Wohlergehen des Menschen“), die Einführung des Mineralwassers „Borjomi“ und georgische Weine zu untersagen, hing mit dem schlechter werdenden Verhältnis zum Präsidenten Michail Saakaschwili zusammen. Und so war es auch bei Moldawien. Nachdem der damalige Präsident Wladimir Woronin dem Kreml-Plan zur friedlichen Lösung des moldawisch-transnistrischen Konflikts nicht zustimmte und sich gegen die Wiedervereinigung des ehemals zweigeteilten sowjetischen Moldawiens zu einem unter Russland geführten Staat entschied, verschwanden auch die moldawischen Weine vom russischen Markt. Nichts da Politik! Die Einfuhrstopps fremder Produkte, so die Regel, werden begleitet von Fragen an die verantwortlichen russischen Hersteller, von entsprechenden Texten, Medienberichten und – natürlich – von Erklärungen des obersten Gesundheitsinspektors.

Schon als Gennadij Onischtschenko die Effektivität der neuen ukrainischen Prozedur zur Warenkontrolle anzweifelte, hätte man mit dem nächsten Schritt des obersten Gesundheitsinspektors rechnen können. Und dieser folgte auch – in Form einer heftigen Debatte über die Reduzierung der Gaslieferung, geführt zwischen den Vertretern des ukrainischen Energieministeriums und der russischen Gasprom. Die taktischen Äußerungen Onischtschenkos zeugen davon, dass man sich in der russischen Regierung auf den ukrainischen Vorstoß vorbereitet hatte, mit dem Ziel, auf allen Fronten einen Krieg gegen Wiktor Janukowitsch und dessen Vertraute zu führen. Zu erwarten sind nun Einfuhrstopps, Schwarzmeerflotten-Konflikte und andere, für die russisch-ukrainische Konfrontation schon typische Ereignisse. Überraschend ist nur, dass das alles unter einem Präsidenten passiert, der sich erst kürzlich unter den GUS-Staaten als bester Freund Russlands positioniert hatte, der zur Anerkennung Abchasiens und Südossetiens aufrief, der zu seinem Amtsantritt versprach, die Probleme mit Moskau zu regeln.

Nun ist Janukowitsch der Hauptfeind des Kremls. Saakaschwili ein abgeschnittenes Scheibchen von irgendwas. Und Aleksandr Lukaschenko hat die Pipeline abgegeben. Janukowitsch zahlt einen ziemlich hohen Preis für die Aktivitäten mit Gasprom. Und darüber hinaus wagte er sich auch noch, den Premierminister Wladimir Putin zu beleidigen, indem er die Legitimität des Gasvertrages in Zweifel zog. Moskau braucht nicht viel Sympathie für Julia Timoschenko aufbringen, aber jeder neue Tag, den sie in Haft verbringt, ist eine Weiterführung ihrer persönlichen Demütigung, die daran erinnert, dass Menschen mit Selbstachtung dem Bewohner „Meshigorijes“ (Wohnsitz Janukowitschs) nicht zur Hilfe verpflichtet sind, sondern ganz im Gegenteil, daran denken sollten, wie sie ihn noch mehr schwächen könnten. So hielt man es auch mit Janukowitschs Vorgänger Wiktor Juschtschenko, dessen präsidiales Ende in Russland mit Ungeduld erwartet wurde. Etwas ist jedoch anders: Im Westen halten sie den neuen ukrainischen Präsidenten für einen Fremdling, dem sie im Falle eines erneuten russisch-ukrainischen Energiekonflikts nicht helfen werden. Einfacher gesagt: Während Juschtschenko einen russisch-ukrainischen Gaskonflikt provozieren konnte, in der Annahme, dass sich die Europäische Union einmischen würde, um eine Kompromisslösung zu finden, so kann Janukowitsch immerhin in einem Punkt sicher sein: Im Falle einer neuen Konfrontation und einem Lieferstopp des russischen Gases in die Ukraine (und damit auch nach Europa), wird Brüssel eine neutrale Position einnehmen und Moskau nicht dabei stören, wenn es Kiev dazu zwingt, eine für das Land unvorteilhafte Entscheidung zu treffen. Aber vielleicht überredet Brüssel Kiev auch mit Russland gemeinsam zu der Entscheidung.

Bisher ist unklar, warum Janukowitsch und dessen engen Vertrauten diesen Konflikt angezettelt haben. Entweder um zu gewinnen und Russland dazu zu zwingen, die neuen Zahlungsbedingungen fürs Gas zu akzeptieren, oder aber um zu verlieren und das ukrainische Pipelinesystem Moskau für einen Spottpreis zu überlassen, der vom Vorstandsvorsitzenden Gasproms, Alexej Miller, schon genannt wurde.

Aufgrund der engen persönlichen Beziehung des Präsidenten zu den Vertretern von RosUkrEnergo, ist der geplante Krieg mit einer Kapitulation eher wahrscheinlich als ein Krieg mit einem siegreichen Ende. Im besagten Fall erwartet Janukowitsch sogar weniger eine Kapitulation als ein Scheitern. Die Sache liegt nicht im Gas, sondern im Käse! Gerade die Käse-Geschichte überzeugt: In Moskau spielt man nicht mit Janukowitsch, um sich mit ihm zu einigen, sondern um ihn loszuwerden.

13.01.2012 // Witalij Portnikow

Quelle: Lewyj Bereg

Übersetzerin:   Maria Ugoljew  — Wörter: 687

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