Das letzte Läuten der Schulglocke auf der Krim
Die besten Nachrichten von der Krim sind die schlechten. In dem Sinne, wie furchtbar es dort gerade ist: Leere Regale, hohe Preise, menschenleere Strände… Dem Volk gehen die Augen auf, es rauft sich die Haare, noch ein wenig und es bittet darum, wieder zurück in die Ukraine zu kommen. Solche Nachrichten füllen die Medien, der Zitierungsindex der Websites ist hoch wie nie, die „Trolle“ werden vor Arbeit verrückt und kommen den neuen Artikeln nicht nach. So weit in der Ukraine, natürlich.
Die besten Nachrichten von der Krim für die Russen sind positive Nachrichten. Das Volk jubelt, weint den dritten Monat lang vor Glück in die Kameras und bemerkt nicht, dass die Regale leer, die Preise hoch und die Strände menschenleer sind. Das sind alles Übergangsschwierigkeiten. Das wichtigste ist, dass Russland sie zu sich genommen hat, „sonst wäre es, wie im Donezbecken“ (übrigens könnten Borodaj und Strelok, die an der Vorbereitung des „Referendums“ auf der Krim beteiligt waren, ganz genau erzählen, was gewesen wäre).
Wenn man diese zwei Bilder also vereint, dann bekommen wir die Wahrheit über die Krim heute. Eine Krim, die irgendwo zwischen der Ukraine und Russland steckengeblieben ist. Und manchmal scheint es, dass sie wegen seiner fehlenden Anerkennung durch die übrige Welt dort, am Scheideweg, noch lange verbleiben wird. Als weitergedachte Variante von Transnistrien.
Heute ist die Krim ein von der Welt fast isoliertes Territorium, wo es kein Rechtssystem gibt. Die Gesetze der Ukraine haben aufgehört zu funktionieren, die russischen scheinen noch nicht zu funktionieren. Aber sie werden angewandt – wenn man z.B. jemanden zu einem Terroristen erklären soll.
Dabei, wenn man beispielsweise Mitglied einer von keinem Gesetz vorgesehenen paramilitärischen Organisation ist, deren Kämpfer schon drei Monate in Folge illegitim verhaften, entführen, zusammenschlagen, foltern und rauben, dann wird einem nichts passieren, denn es sind die „Selbstverteidigungskräfte Aksjonows“, seine Privatarmee sozusagen. (gemeint ist Sergej Aksjonow der selbsternannte Regierungschef der Autonomen Republik Krim, A.d.R.). Menschenrechtler, die das nächste Verschwinden von drei ukrainischen Aktivisten, eine illegitime Verhaftung und Verprügelung von zwei Mitarbeitern des Zentrums für Journalistenforschung durch die „Selbstverteidigungskräfte“ kommentieren, sind ratlos – steht die „Selbstverteidigung“ nicht unter Kontrolle des russischen Machtapparats?
„Man kann den Exekutivorganen in anderen Regionen der Russischen Föderation vieles ankreiden, aber ich denke, dass eine Situation wie auf der Krim völlig wild wäre, unmöglich und für Woronesch, Krasnodar, Moskau oder St. Petersburg auf keinen Fall hinnehmbar“, sagt Andrej Jurow, Mitglied des russischen präsidialen Menschenrechtsrats. „Ich denke, dort hätten sich die Staatsanwaltschaft und die Ermittlungsbehörden schon längst damit befasst, Ermittlungen zu Straftaten gegen diese seltsamen Menschen aus der ‘Selbstverteidigung’ zu beginnen“.
Der Vorsitzende der Ukrainischen Helsinki-Gruppe zu Menschenrechten Jewgenij Sacharow bemerkt, dass auf der Halbinsel massenhafte Menschenrechtsverletzungen festgestellt wurden und dabei die Exekutivgewalt und die Staatsanwaltschaft der Krim nichts unternehmen.
„Die russische Regierung, die behauptete ‘die Krim gehört uns’, muss sie kontrollieren. Aber die „Selbstverteidigung“ tut, was sie will: Entführt Menschen, schlägt sie, verhaftet sie unrechtmäßig, und es wird ihr alles nachgesehen. Das bedeutet de facto, dass die ‘Selbstverteidigung’ nicht von den russischen Behörden kontrolliert wird“.
Ich habe allerdings Zweifel daran, dass alles so kontrolllos und unglaubwürdig ist. Es sieht danach aus, dass die „Selbstverteidigung Aksjonows“ während der jetzigen Phase die Rolle spielt, die auch die „Wostok“-Trupp von Kadyrow hatte, mit den Regionalspezifika, vielleicht. Und auch sie dient der Ausführung spezifischer Aufgaben. Von russischen Kollegen wird mir entgegnet, dass „Wostok“ eine Untergruppe der Polizei war. Die „Selbstverteidigung“ will man auch legalisieren – in Form einer Bürgermiliz oder einer Volksfront mit einer Finanzierung aus dem Staatshaushalt. Ein Projekt dazu hatte im „Krim-Staatsrat“ bereits seine erste Lesung. Doch dann sind die Genossen aus den Organen gekommen und haben klargestellt, dass eine Bürgermiliz eigentlich dasselbe wie eine Armee ist und dass dieses Projekt in keiner Weise mit der Föderalgesetzgebung vereinbar ist. Es wurde also zur Überarbeitung zurückgenommen.
Doch die schwierigen Zeiten der Leitung der nicht anerkannten Republik Krim beginnen an einer anderen Stelle: Das Lügen wird immer schwieriger. Die Investoren, über die die Politiker und Beamten so vielversprechend erzählen, einer Bevölkerung, die in drei Monaten zur Wählerschaft wird, widerlegen jetzt die Behauptungen zügig. In der vergangenen Woche hatten die Chinesen letzte Illusionen geraubt, die noch bezüglich eines Baus der Brücke über die Straße von Kertsch und eines Hafenkomplexes in der Nähe von Saky groß gewesen sind. Kaum machte der Vize-Premierminister Rustam Temirgalijew den Mund auf, dass die Gespräche mit chinesischen Investoren über den Bau eines Tiefseehafens wiederaufgenommen wurden, so widerlegte die Gesellschaft BICIM sowohl die eigentliche Durchführung von Gesprächen als auch Absichten, irgendetwas in der annektierten Krim zu bauen. „Als verantwortliches internationales Unternehmen achten wir vollumfänglich die Grundprinzipien der internationalen Beziehungen und werden auch in Zukunft unsere Geschäftstätigkeit auf Grundlage dieser Prinzipien durchführen“, besagt das Statement der Gesellschaft.
Deshalb ist das größte Kopfzerbrechen der für die Krim verantwortlichen russischen Beamten die Wirtschaft, die man nicht zum Arbeiten zwingen kann, indem man sie mit dem „Rechten Sektor“ einschüchtert, oder dazu, Geld zu zahlen, wenn man die „Selbstverteidigung“ zum Eintreiben schickt. Bislang gelingt es, die Haushaltslöcher zu stopfen, indem man Mittel aus den Reserven und aus zweckgebundenen Töpfen anderer Regionen der Russischen Föderation in die Kasse fließen lässt. Dabei deckt die Krim selbst nur fünf bis sieben Prozent seiner Haushaltsaufwendungen (soweit die Information des Finanzministers der Krim). Natürlich ist die Steuereintreibung gesunken. Natürlich ist das die Übergangsphase. Hatte man aber durchgerechnet, was nach dieser Phase kommen soll? Und wann sie genau endet, wenn man in Betracht zieht, dass auf dem gesamten Gebiet der Krim eine Sonderwirtschaftszone entstehen soll? Darüber, was ein solcher Gesetzesvorschlag ihnen bietet, hat der lesende Teil der Krim-Bewohner aus den russischen Medien erfahren. Das Gesetz, wie man die Krim aufbauen und seine Ressourcen nutzen soll, wird in Moskau besprochen. (Soweit zur Frage der weiten Autonomierechte der Region, mit denen wir von den über die Föderalisierung der Ukraine besorgten Genossen aus dem Kreml berieselt wurden. Und wo übrigens der Autor des Gesetzesprojekts über den Status von Sewastopol Wadim Kolesnitschenko (ehemaliger Abgeordneter der Partei der Regionen, der es vorzog auf der Krim zu bleiben, A.d.R.) heißt, und von dem wir aus irgendeinem Grund keine empörten Äußerungen hören, dass die Krim-Bewohner ihrer Rechte beraubt wurden, die eigenen Bürgermeister zu wählen).
„Russland beschlagnahmt die Krim“ besagt ein sehr treffender Titel in der Gaseta.ru. Es wird überlegt, dass zu Zwecken von Investitionsprojekten (Eintrittsticket für Residenten der Zone liegt bei 150 Mio. Rubel – ca. 3,2 Mio. Euro) Land konfisziert werden kann, das entweder gepachtet, oder im Besitz von Krim-Bewohnern ist. Benachrichtigt wird man drei Monate im Voraus. Wenn der Mieter oder der Eigentümer nicht mit der angebotenen Entschädigung einverstanden ist, wird er ganze zehn Tage für eine Klage haben! Nicht einmal in Sotschi und „Neumoskau“, wo eine solche Praxis angewandt wurde, waren die Klagefristen beschränkt. Für die Krim mit ihrem ewig währenden Landproblem, insbesondere für Rückkehrer, wird man, sollte man annehmen, Schnelligkeit und Druck brauchen. Sonst beginnen die Krimtataren wieder mit ihren Protestaktionen. Im Prinzip wurden sie bereits von Refat Tschubarow angekündigt, obwohl man im Medschlis heute mehr darüber spricht, wo die Grenzen zwischen den Überlebensformen unter einer Besatzung und dem Verrat der Volksinteressen zu ziehen sind. Doch darüber später.
Heute ist es wichtig zu bemerken, dass einige Prozesse des „Beitritts“ der Krim zu Russland sich stark verlangsamt haben. Die territorialen Organe der Exekutivgewalt in den „neuen Subjekten der Russischen Föderation“ sollten auf Putins Weisung noch am 23. März geschaffen werden. Die Frist für die Annahme der Pläne für interne Maßnahmen wurde auf den 29. März festgesetzt, und zwar mit der harten Forderung: „der Bericht kommt in zwei Wochen, danach alles monatlich“. Heute können wir feststellen, dass die „Föderalisten“ ihre Vertikale nur im Sicherheitsbereich aufgebaut haben: Zivilschutz, Polizei, Gerichtsvollzieher, Geheimdienste; im Endstadium ist es die Zusammenstellung der Grenzwache des Föderalen Sicherheitsdiensts auf der Krim. Insgesamt hat man den Eindruck, dass sich bislang nur die organisiert haben, die Schulterstücke tragen.
Der Minister für Krim-Belange im Ministerkabinett der Russischen Föderation Oleg Saweljew erklärte diesen Leerlauf im Aufbau der föderalen Vertikale mit einem Experiment im Bereich der Administration.
Seinen Worten zufolge wurde die Entscheidung getroffen, dass die Mehrheit der föderalen Funktionen von lokalen Administrationsorganen aufgrund eines Abkommens über die Übergabe dieser Vollmachten ausgeführt wird. „Das ist eine sehr hohe Stufe des Vertrauens. Wenn Sie es so wollen, ist es eines der ersten Experimente, denn in Russland werden föderale Vollmachten von lokalen Strukturen der föderalen Exekutivorgane ausgeführt. Wir wollen eine kompakte und effektive staatliche Regierung auf der Halbinsel einrichten“, sagte Saweljew.
Ein Experiment zur Übergabe von Funktionen der Zentralgewalt auf einem gerade eben annektierten Gebiet?! Weil der Grad des Vertrauens zu den Beamten der Krim so hoch ist?! Ist etwa der Grad des Vertrauens in der Wologda-Region niedriger? Oder vielleicht im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen? Warum werden dort keine Experimente geführt? In einem Wort, eine schwache Erklärung. Warum dann?
„Alles ist banal: Moskau hat kein Geld. Stell dir vor, wie viele Leute man hierher auf Dienstreisen schicken müssen wird. Die Ansässigen werden aber nicht genommen, zumindest nicht jetzt“, erklärt mir ein Kollege, der gegenüber der neuen Regierungsgewalt loyal ist. Er zeigt mir seinen frischen, „zweiköpfigen“ Pass. Im Paragrafen, wo die ausstellende Behörde stehen muss, liest man „Föderaler Migrationsdienst“. „Ja, ich weiß, dass eine lokale Behörde des Migrationsdienstes eingetragen werden soll. Aber es gibt noch keine… Aber das ist egal, schlecht ist nur, dass ich mit diesem Pass in Cherson oder in Melitopol von der ukrainischen Grenzwache aus dem Zug geholt werde“.
„Denkst du nicht, dass Moskau absichtlich eine Pause macht?“, sucht ein weiterer Bekannter Unterstützung für seine Hoffnungen. „Naja, vorsichtshalber, um es nicht zu weit zu treiben. Andererseits wird die gesamte Verantwortung für den Moment einer Ernüchterung der Gehirne beim Volk auf die Behörden der Republik fallen, denen man diese Vollmachten überträgt. Quasi – alles, was hier passiert, sind Sachen eurer lokalen Krimbehörden“.
Die Ursache für das Einfrieren beim Bau der Vertikale der „Föderalisten“ könnte bei der Synthese aller aufgeführten Varianten liegen. Hinzugefügt, sei nur noch eine weitere: In Moskau (genauso wie in Kiew) weiß man nicht, was man nun mit dieser Krim anfangen soll. Das alles ist teuer, aufwendig und es ist unklar, ob sie sich eingewöhnt, deshalb vielleicht noch lieber ein Stück Autonomie und äußere Finanzierungsquellen. Deshalb werden Projekte zur Sonderwirtschaftszone kreiert, Pläne geschmiedet und Fristen gestellt – und verschoben. Aber generell wird alles an den „russischen Standard“ angepasst“. Da gibt es keine Alternativen.
Deshalb wird vor Sommerende (bis zum 1. September) eine neue Migrationswelle aus der Krim erwartet. Das sind keine Flüchtlinge, sondern wirklich Auswanderer. Jene, die die Zeit der Angst und der Panik überlebt haben, in der die am wenigsten Geschützten im Zuge der ersten Welle von der Halbinsel getrieben wurden – sie könnte man wirklich als Flüchtlinge bezeichnen. Nun werden es Menschen sein, die größtenteils selbstständig sind und die ihre Wahl bewusst getroffen haben. Sie haben alles geplant: Das Ende des Schuljahrs bei den Kindern und Enkeln abgewartet, Studenten an ukrainische Unis eingeschrieben, sich rechtzeitig um Arbeit und Unterkunft gekümmert und schrittweise ihre Geschäfte und die Firmen auf der Krim zurückgefahren, während die Immobilien, die zurückgelassen werden, irgendwie geschützt wurden, usw. Ich weiß genau, warum sie wegziehen, unter ihnen gibt es viele meiner Kollegen, Freunde und einfach nur Bekannten. Fasst man sich kurz, dann können sie nicht mehr in einem unfreien Land leben, in dem sie sich nun wiedergefunden haben. Sie bezeichnen es auf verschiedene Weisen, als Sowjetunion, als Putin-Russland, oder als „transnistrische Krim“. Aber der Kern der Sache bleibt unverändert: Drei Monate seit Beginn der Besatzung der Krim sind eine genügende Zeit, um festzustellen, wer und was zu uns gekommen ist und wo wir nun angelangt sind.
Viele von ihnen sind sicher, dass sie die Krim zurückbekommen können, wenn die Ukraine stark und europäisch wird. Und sie sind bereit, keine Mühen zu scheuen, damit das so schnell wie möglich passiert. Viele sprechen das aus, als ob sie sich vor uns entschuldigen würden, vor denen, die noch bleiben…
„Wo haben Sie Privatgeschäft in der Sowjetunion gesehen?!“, fragt mich der Inhaber eines kleinen Geschäfts in meinem Bezirk ironisch. Im Herbst hing ein EU-Fähnchen auf seiner Vitrine. „Den Sommer arbeite ich noch durch, solange das ohne eine Umregistrierung nach den russischen Gesetzen möglich ist. Jetzt fahre ich aufs Festland, um zu schauen, wie es dort ist – und dann fahren wir weg“.
Wir haben ein gemeinsames Problem: Unsere Kinder gehen in ein ukrainisches Gymnasium, auf das wir so stolz waren und das jetzt von den neuen Leuten an der Macht einfach zerstört wird.
Bildungsministerin Natalija Gontscharowa störte es keineswegs, das derartige Prozeduren in keinem Gesetz der Russischen Föderation vorgesehen sind und veranlasste im einzigen ukrainischsprachigen Gymnasium der Krim etwas wie ein „Referendum“. Unter dem Vorwand einer Berücksichtigung der Elternmeinungen sammelten die Behörden der städtischen Bildungsverwaltung Anträge auf eine Wahl der Unterrichtssprache und das einzige ukrainischsprachige Gymnasium wird als solches bald aufhören zu existieren. In jeder der vier parallel laufenden Klassen wird nur eine mit dem Ukrainischen als Unterrichtssprache beibehalten. Die Schule abschließen müssen die Kinder der ukrainischen und krimtatarischen Schulen jedoch trotzdem in russischer Sprache. So ist das Gesetz der Russischen Föderation, somit sind die drei Staatssprachen in der Krim-Verfassung nicht mehr als eine Deklaration.
Die Russifizierung der Bildung ist ein weiterer Grund für die Ausreise ethnischer Ukrainer und solcher Eltern, deren Kinder eine ukrainische Hochschule im Visier haben. Aber nicht nur das. Ab dem ersten September sollen die Schüler und Studenten der Krim nach Lehrbüchern und Programmen studieren, die vom russischen Bildungsministerium bestätigt wurden. Es ist klar, dass es da weder ukrainische noch krimtatarische Programme und Lehrbücher geben wird. Eigene hat man im Bildungsministerium der Krim nicht erstellen wollen, das heißt, dass es im besten Fall Übersetzungen aus dem Russischen sein werden.
„Ich warte schon mit Schrecken auf das Geschichtsbuch“, sagt Sarema, Mutter eines Schülers des ukrainischen Gymnasiums. „Können Sie sich vorstellen, was dort über die Ukraine stehen wird? Wie dort die Geschichte der Sowjetunion und die Deportation der Krimtataren bewertet werden wird? Stalin ist ja für die der Führer und Vater der Völker!“.
Das letzte Klingeln der Schulglocken in einer Reihe von Schulen auf der Krim wurde zu einer stillen Solidaritäts- und Protestaktion gleichzeitig. Die Feier der Grundschule am ukrainischen Gymnasium wurde zu einer Parade von ukrainischen Nationaltrachten: Ohne sich abzusprechen hatten die Eltern die Kinder so angezogen, wie sie es immer getan hatten, eben vor der Annexion. Die Schüler der höheren Klassen sind in den Hof gegangen, haben die ukrainische Hymne gesungen und, wie es immer gemacht wurde, zwei Scharen von Luftballons in den Himmel steigen lassen, blau und gelb. Die Abgänger des Gymnasiums in Jalta wurden zu Helden im Internet, als sie in dem Moment, in dem die Nationalhymne Russlands gespielt wurde, mit der Hand auf dem Herzen die ukrainische Hymne sangen: „Noch ist die Ukraine nicht gestorben…“
Übrigens entspricht die sofort verbreiteten Meldungen darüber, dass die patriotisch eingestellten Abiturienten in Jalta offizielle Erklärungen abgeben müssen und die Lehrer fast schon entlassen werden, nicht der Wahrheit. Ebenso wie die Meldungen, dass an dieser Schule nicht einheimische Jalta-Einwohner, sondern Kinder von Gastarbeitern aus der Westukraine eingeschrieben sind. Zur Information: Am „Stepan Rudanskij- Bildungs- und Erziehungskomplex; Schule-Gymnasium-Kindergarten Nr. 15“ sind 400 Kinder eingeschrieben. Nur 15 von ihnen werden, so der Älteste des Schulkuratoriums Jaroslaw Jakimow, an eine Schule mit dem Russischen als Unterrichtssprache wechseln. Es gelang das Gymnasium zu erhalten und ab dem neuen Schuljahr gibt es auch zwei neue erste Klassen: Den Wunsch, ihren Kindern einen Unterricht in der ukrainischen Sprache zu ermöglichen, zeigten die Eltern von 36 jungen Einwohnern Jaltas. Doch das ist, wenn man so will, eine angenehme Ausnahme aus der Gesamttendenz. Für die meisten der nationalen Schulen der Krim hat die Schulglocke zum letzten Mal geläutet …
6. Juni 2014 // Walentina Samar
Quelle: Serkalo Nedeli
Übersetzer: Oleg Pogrebnyak