Piłsudski, Ulmanis, Lon Nol, Poroschenko: Geschichte, die wir nicht verstanden haben



Ich habe bereits gesagt, dass eines der Probleme unserer Gesellschaft das schlechte Unterrichten der Geschichte ist. Infolgedessen entsteht die Unfähigkeit, richtige Schlüsse daraus zu ziehen. Es gab zum Beispiel in der Geschichte der Ukraine diesen Politiker – Józef Piłsudski. Unser Nationalheld Symon Petljura, für den jetzt Denkmäler errichtet werden, übergab ihm, genauer gesagt, der von ihm geführten Republik Polen Ostgalizien und Westwolhynien, die hauptsächlich von Ukrainern bewohnt waren.

Also: Zu einem bestimmten Zeitpunkt trat Piłsudski von der Macht zurück. Und dann nahm er sie sich durch einen Militärputsch wieder. Wissen die Ukrainer von dieser Zeit? Nicht wirklich. Es sei denn, die im Vakuum kreisende Pazifikation von 1930 wird in die Erinnerung zurückgerufen. Und dann denken viele Leute, dass die „Pazifikation“ der Name eines politischen Kurses gegenüber Ukrainern ist.

In der Tat ist das Polen der Zwischenkriegszeit, dessen Bürger die Vorfahren von Millionen von modernen ukrainischen Bürgern waren, ein sehr interessantes Beispiel für die Schaffung eines heterogenen Staates im ethnisch-religiösen und ideologischen Sinne. Polen führte einen „perfekten“ Fettnäpfchenlauf durch und scheint das Maximum an möglichen Fehlern erreicht zu haben. Wir sollten aus den Fehlern lernen – aber nein!

Geht es nur um Polen? Das Rumänien der Zwischenkriegszeit, dazu noch, Ungarn, Tschechoslowakei. In der zeitgenössischen Geschichte machten sie alle Fehler, die zu schrecklichen Konsequenzen führten. Und all das ist direkt mit der Geschichte der Ukraine und des Ukrainischen Volkes verbunden (großgeschrieben, weil im konstitutionellen Sinne dieses Begriffes).

Zum Beispiel gibt es heutzutage in unserem Land seltsame Ereignisse. Sie wissen wohl, Porochobots (zur Unterstützung von Präsident Petro Poroschenko bezahlte Schreiber und Redner nicht nur in sozialen Netzwerken, A.d.Ü.), ständig Verrat witternde usw. Manche sagen: Vereinigen wir uns rund um den Präsidenten! Lassen wir ihn langsam, aber etwas tun. Und die ständig Verrat witternden arbeiten für den Kreml! Andere antworten: Naja, er arbeitet selbst für den Kreml. Die Korruption verschlingt den Staat, hohe Positionen nehmen richtige Separatisten ein, und er…

Ich denke, dass jeder die Argumente beider Seiten gut kennt. Und man könnte die Geschichte von naheliegenden und sogar von nicht naheliegenden Staaten betrachten. Man könnte sich zum Beispiel erinnern, wie sich die Letten während des Krieges um Kārlis Ulmanis vereinigten – das hat aber nicht geholfen. Und die Kambodschaner wollten sich während des Krieges nicht um Lon Nol vereinigen – und das hat auch nicht geholfen. Es gibt viele Faktoren in der Politik – und sogar politische Experten können nicht alle berücksichtigen, von den einfachen Bürgern nicht zu reden.

Aber meiner Meinung nach sollte die Schule den Bürgern einen umfassenderen Überblick über die Geschichte geben, einschließlich der Geschichte der Ukraine im europäischen und weltweiten Kontext. Und gerade dieser Umfang könnte der Unterpfand für eine nüchterne Wahl sein.

Kommen wir nun zum aktuellen politischen Moment zurück. Seit drei Jahren vermeide ich eine scharfe Kritik des Präsidenten – weil die Zeiten wirklich schwierig sind – er kann nicht so schnell ein Gewirr von Problemen lösen, die sich lange vor ihm angesammelt haben. Aber im Moment haben wir zumindest keine Reduktion dieses Gewirrs. Wir haben den Versuch, den Staat ganz mit Hilfe der Methoden Kutschmas (Leonid Kutschma, der zweite Präsident der Ukraine, A.d.R.) zu regieren, mit einer zunehmenden Rolle der Strafverfolgungsstrukturen, aber mit einem Rückgang ihrer Wirksamkeit, wenn es darum geht, den Bürger, und nicht die Staatsmacht zu verteidigen. Gleichzeitig hat die Korruption den Staat so sehr verschlungen, dass die Folgen unvorhersehbar sein können. Wenn beispielsweise eine Regierungsbeamtin damit einverstanden ist, ukrainische Pässe für Bürger Irans auszugeben – den Feind unseres wichtigsten Partners, den Vereinigten Staaten. Wie kann das die Unterstützung der Ukraine in Washington beeinflussen? Und das ruft bei uns nicht einmal eine Diskussion hervor: la la la, wir sind das Schild Europas, la la la, wir widerstehen der Aggression. Eine solche Infantilität wird nicht zum Guten führen.

Und das Schlimmste ist – jeder aktive Protest kann wirklich in die Hände des Kremls spielen. Dies versteht sowohl die Gesellschaft als auch die Staatsmacht, die diese Tatsache völlig unverschämt nutzt.

Wie sind wir in eine solche Situation geraten? Was ist der Ausweg aus ihr?

Nach einer eindeutigen Antwort zu suchen wäre jetzt sinnlos. Es ist nur schade, dass wir trotzdem nicht gelernt haben, weder aus fremden noch aus eigenen Fehlern zu lernen. Das Verstehen der Geschichte kommt nicht an einem Tag, aber derjenige, der sie nicht verstanden hat, ist einfach dazu verdammt, die offensichtlichsten dieser Fehler zu wiederholen. Dies bedeutet jedoch, dass irgendwann aus unseren Fehlern andere lernen und nützliche Schlussfolgerungen daraus ziehen werden.

Daher bleibt es zu hoffen, dass es sich bei diesen anderen um ukrainische Kinder in ukrainischen Schulen handeln wird, die die politische Krise von 2017 gründlich studieren und darüber nachdenken werden, wie eine solche Schande in Zukunft vermieden werden kann.

6. Dezember 2017 // Pawlo Subjuk

Quelle: Zaxid.net

Übersetzerin:   Roksoliana Stasenko  — Wörter: 791

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