Privatisierung des Odessaer Hafenwerks soll bis zu 900 Mio. $ einbringen
Beim Fonds für Staatseigentum (FSE) verkündete man gestern, dass zehn Unternehmen das Odessaer Hafenwerk erwerben wollen, was es erlaubt den Preis des Aktivs auf 900 Mio. $ zu erhöhen. Zusätzliche Sicherheit gibt dem Fonds die Tatsache, dass am Wettbewerb auch russische Unternehmen teilnehmen, die fähig sind, das Unternehmen mit Gas zu einem annehmbaren Preis zu versorgen. Derweil teilen Experten den Optimismus des Fonds nicht. Sie bezeichnen die Bedingungen, zu denen die Behörde das Werk zum Verkauf stellte, als schwer erfüllbar und sagen, dass der Preis für das Aktiv kaum 600 Mio. $ übersteigen wird.
Der kommissarische Vorsitzende des FSE, Dmitrij Parfenenko, gestern mitteilte, dass das notwendige Dokumentenpaket für die Teilnahme an der Ausschreibung zur Privatisierung des Odessaer Hafenwerks zehn Unternehmen angefordert haben. Er erklärte ebenfalls, dass der FSE keine Informationen zu den Unternehmen veröffentlicht, da sie alle kategorisch gegen eine Nennung ihres Namens sind. Den Worten von Parfenenko nach, haben die Unternehmen die höchsten Chancen auf den Sieg, die fähig sind dem Unternehmen Gas zu einem ökonomisch gerechtfertigten Preis zu liefern, da das Werk aufgrund des hohen Preises für den Hauptrohstoff – Erdgas – in diesem Jahr in die Verlustzone geriet. Dabei bleibt anzumerken, dass an der Ausschreibung Unternehmen aus Russland und Georgien Interesse zeigten. Der Meinung von Dmitrij Parfenenko nach, gibt die Anwesenheit von russischen Investoren Grund zur Annahmen, dass der FSE für die Aktien des Unternehmens bis zu 7 Mrd. Hrywnja (619 Mio. €) erhält.
Das Odessaer Hafenwerk ist der größte Hersteller von Mineraldüngern und besetzt eine Monopolposition auf dem Markt für den Umschlag von Ammoniak. Es liegt neben dem Südhafen (Jushnyj Port), über den ein großer Teil des in der Ukraine produzierten Mineraldüngers exportiert wird. Etwa 90% der Produktion des Werkes wird exportiert. Der reine Verlust des Hafenwerks lag im I. Halbjahr bei 38,26 Mio. Hrywnja (derzeit ca. 3,27 Mio. €), wo das Unternehmen in der analogen Periode des Jahres 2008 einen Reingewinn von 348,89 Mio. Hrywnja (derzeit ca. 30,875 Mio. €) auswies. Dem Staat gehören 99,567% der Aktien des Odessaer Hafenwerks.
Die Ukraine versucht das Werk seit 1994 zu privatisieren. Der Verkauf kam bislang aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Präsidenten und dem Kabinett nicht zustande. Am 15. Juli kündigte der FSE zum letzten Mal die Ausschreibung des Verkaufs des Werks an. Er soll nicht vor dem 29. September stattfinden. Der Startpreis für die 99,567% der Aktien liegt bei 4 Mrd. Hrywnja (ca. 354 Mio. €). Der potentielle Käufer ist verpflichtet die existierenden Bereiche der wirtschaftlichen Tätigkeit des Odessaer Hafenwerks beizubehalten, 35% des Reingewinns für das Jahr 2009 in den Staatshaushalt zu überweisen und in den Jahren 2010-2014 eine Modernisierung einer Reihe von Aggregaten in den Haupthallen des Werkes durchzuführen.
Vorher hatte Parfenenko erklärt, dass sich für das Odessaer Hafenwerk die Firmen “Sibur”, “Jewrochim”, Yara International und ebenfalls Strukturen der “Privat” Gruppe und des Unternehmers Alexander Jaroslawskij interessieren. Wie dem “Kommersant-Ukraine“ ein Informant in der Investmentfirma mitteilte, die einen der russischen Teilnehmer des Konkurses berät, reichten die russischen “Sibur”, “Arkon”, “Jewrochin”, die norwegische Yara International, die ukrainische OAO (Offene Aktiengesellschaft) “Asot” (Tscherkassy), die OAO “UkrInvest”, die OAO “Dneprasot” und die OAO “UkrNafta” Anträge auf den Erhalt von Informationen zum Unternehmen und zu den Bedingungen der Ausschreibung ein. “Zwei andere Teilnehmer kennen wir nicht, doch vermuten wir aus indirekten Anzeichen, dass dies die lybische National Oil Company und die IBE Trade (USA) sind”. Seinen Worten nach, werden am Wettbewerb die Strukturen des Unternehmers Dmitrij Firtasch und von Konstantin Shewago nicht teilnehmen, die sich für das Werk im Jahr 2008 interessierten. Informanten aus dem Umfeld von Firtasch und Shewago bestätigten diese Information.
Peter Keller, Analyst der Investmentfirma “Troika Dialog Ukraina”, meint, dass, ungeachtet der großen Teilnehmerzahl, der FSE kaum aus dem Verkauf des Hafenwerks mehr als 400-500 Mio. $ erhalten wird. Und der Meinung von Dmitrij Choroschun von der Investmentfirma “Sokrat” nach, übersteigt der Preis die 600 Mio. $ nicht. “Die Regierung hat vielzahlige Forderungen aufgestellt, die potentiell dem Verkauf entgegen stehen. Insbesondere ist ein minimaler Umsatz gefordert, was in einem zyklische Sektor, wie der chemischen Industrie, sehr schwer zu erreichen sein wird. Daher kann der Preis nicht so hoch werden, wie es der Leiter des FSE prognostiziert”, stimmt Marina Alexejenkowa, Analystin bei “Renaissance Capital” zu. Sie erinnert daran, dass gemäß den Privatisierungsbedingungen des FSE der Erlös des Hafenwerks im ersten Jahr nach dem Verkauf wenigstens 2,34 Mrd. Hrywnja, im zweiten 2,51 Mrd. Hrywnja, im dritten 2,68 Mrd. Hrywnja, im vierten 2,85 Mrd. Hrywnja und im fünften 3,02 Mrd. Hrywnja betragen soll.
Maxim Schein, Leiter der Analyseabteilung des Investmentunternehmens “Brokerkreditservice”, betont, dass die russischen Unternehmen das Hafenwerk nicht mit Gas zu dem Preis versorgen können, zu dem dieses die russische “Gasprom” an “Naftogas” verkauft. “In Russland gilt ein Monopol auf den Export von Erdgas und nicht ein Unternehmen, außer ‘GaspromExport’, hat die Möglichkeit dieses ins Ausland zu liefern. Die russischen Chemieunternehmen erhalten kaum Vorteile beim Gaspreis, wovon der Leiter des FSE redet”, sagt er. Und das Mitglied des Radaausschusses für Energiefragen, Sergej Tulub, ist überzeugt, dass nur ein Teilnehmer des Wettbewerbes eine reale Möglichkeit hat dem Hafenwerk Gas zu einem niedrigen Preis zu liefern – die OAO “UkrNafta”. Der Finanzdirektor des Unternehmens, Wladimir Pustowarow, weigerte sich gestern die Pläne seines Unternehmens bezüglich des Odessaer Hafenwerks zu kommentieren, diese als Geschäftsgeheimnis bezeichnend.
Oleg Gawrisch, Alexander Tschernowalow
Quelle: Kommersant-Ukraine