Ukraine und China vereinbaren strategische Partnerschaft
Heute endet der Staatsbesuch des Staatspräsidenten der Volksrepublik China, Hu Jintao, in der Ukraine. Hauptergebnis der Verhandlungen mit dem Präsidenten der Ukraine, Wiktor Janukowitsch, wird die Erklärung Kiews und Pekings über den Beginn einer Epoche der strategischen Partnerschaft sein. Eine der Richtungen dieser Partnerschaft verspricht die Zusammenarbeit im militärtechnischen Bereich zu werden.
Das Oberhaupt der Volksrepublik China, Hu Jintao, traf am Sonnabend in der Ukraine im Rahmen der Reisewoche, im Verlaufe derer er in Kasachstan und Russland war, zu einem dreitägigen Besuch ein. Dem Ereignis wurde der höchste diplomatische Status zuerkannt – Staatsbesuch. Das Protokoll sieht in diesem Fall vor, dass der ausländische Gast neben der Hauptstadt noch irgendeine andere Region der Ukraine besuchen soll – Genosse Hu wählte eine Reise auf die Krim.
Den Sonnabend und den Sonntag verbrachte Hu Jintao am Südufer der Krim; er war im Jaltaer „Oreanda“ Hotel untergebracht und besichtigte das Woronzow Schloss in Alupka. Auf der Krim führte der Staatspräsident der Volksrepublik China sein erstes Treffen mit Wiktor Janukowitsch im Rahmen des Besuchs durch. „Die formellen Gespräche des Präsidenten der Ukraine und des Führers der Volksrepublik China finden am Montag in Kiew statt. Doch dafür, um die inoffiziellen Kontakte der Staatsoberhäupter zu festigen, haben wir für sie am Wochenende ein gemeinsames Programm organisiert. Es fand ein Treffen unter vier Augen statt, Verhandlungen im engen Kreis und ein Arbeitsabendessen. Insgesamt verbrachten die beiden Führer mehr als zwei Stunden zusammen“, erläuterte dem “Kommersant-Ukraine” einer der Vertreter der ukrainischen Delegation.
Der Hauptteil der Gespräche, bei dem die Perspektiven der Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen und gemeinsame ukrainisch-chinesische Projekte diskutiert werden, findet heute in Kiew statt. Den Ergebnissen dieses Treffens nach beabsichtigen Genosse Hu und Herr Janukowitsch eine gemeinsame Deklaration zur Errichtung und Entwicklung einer strategischen Partnerschaft zwischen der Ukraine und der Volksrepublik China zu unterzeichnen. „Beide Seiten werden den strategischen Charakter der gegenseitigen Beziehungen juristisch abfassen. Dieses Dokument ist dazu berufen ein Basisdokument für die weitere Erhöhung des Vertrauens zwischen unseren Ländern zu werden“, erklärte der Botschafter der Ukraine in der Volksrepublik China, Jurij Kostenko.
Der Inhalt des zur Unterschrift vorbereiteten Dokuments wurde dem “Kommersant-Ukraine” bekannt. Neben der Deklarierung des strategischen Charakters der gegenseitigen Beziehungen, nehmen beide Seiten eine Reihe von politischen Rahmenverpflichtungen auf sich. So ist Kiew auf Bitte Pekings bereit seine Haltung gegenüber der Idee der territorialen Einheit Chinas zu bestätigen und damit auf die Anerkennung der Unabhängigkeit Taiwans und Tibets zu verzichten. Eine weitere Initiative der chinesischen Seite ist ein Abschnitt in dem beide Seiten „ihre Achtung gegenüber dem Entwicklungspfad, den jeder der beiden Staaten gewählt hat“ verkünden. Seinerseits sind in dem Dokument auch Punkte enthalten, die von Vorteil für Kiew sind. In einem von ihnen ist eine Ausweitung der Kooperation der Länder im Rahmen der UNO – im Sicherheitsrat – vorgesehen, in dem China bekanntlich ständiges Mitglied mit Vetorecht ist. Außerdem wird in der Deklaration das Versprechen Chinas gefestigt gegenüber der Ukraine keine Atomwaffen anzuwenden und auch nicht damit zu drohen.
Ungeachtet der offensichtlichen Aktivierung des politischen Dialoges zwischen Kiew und Peking wird heute, wie es aussieht, kein Durchbruch im wirtschaftlichen Bereich der Zusammenarbeit verkündet werden. Bleibt anzumerken, dass beide Seiten noch nicht damit begonnen haben den Großteil der Projekte umzusetzen, die im September 2010 im Ergebnis des Besuchs von Wiktor Janukowitsch in China auf die Tagesordnung kamen (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 3. September 2010). „Zum heutigen Tag nähert sich der Wert der Verträge (die 2010 diskutiert wurden) ungefähr 4 Mrd. $. Ich möchte sagen, dass aus diesem Paket aktiv Projekte von ungefähr 900 Mio. $ realisiert werden. Die anderen Projekte befinden sich im Ausarbeitungsstadium“, erklärte der Leiter der Verwaltung des Präsidialamtes für Fragen internationaler Beziehungen, Andrej Gontscharuk.
Eine der Sphären der Zusammenarbeit, die China interessieren, ist der ukrainische militärisch-industrielle Komplex. Der erste chinesische Flugzeugträger, den Peking Ende 2011 zu Wasser lassen möchte, ist der 1998 von der Ukraine für 20 Mio. $ gekaufte nicht fertiggestellte Kreuzer „Warjag“. Der Flugzeugträger, der chinesisch „Shi Lang“ heißen wird, erhält die Gasturbinenanlage DN80, die Exportvariante des ukrainischen Motors UGT 25000 mit einer Leistung von 26,7 MW. Diese Anlage wird in einem chinesischen Unternehmen in Harbin mit einer ukrainischen Lizenz produziert. Und Peking möchte die Produktionstechnologie für diese Anlagen unbedingt erhalten, um mit ihnen die nächsten Flugzeugträger auszurüsten, die bereits in China hergestellt werden.
Die Ukraine möchte China ebenfalls vier Luftkissenlandungsboote des Projektes 12322 „Subr“ verkaufen; Peking plant auch die Technologie zu kaufen, um diese Schiffe nachfolgend bei sich herzustellen. Den Informationen des “Kommersant-Ukraine” nach interessieren Peking auch Panzerabwehrraketen, die R-27T/R „Luft-Luft“-Raketen aus dem Kiewer Werk „Artjom“ und ebenfalls die in Charkow hergestellten Panzerdieselmotoren 6TD-2.
Sergej Sidorenko, Alexander Gabujew
Quelle: Kommersant-Ukraine