„Ukraine International Airlines“: Den Himmel für die „Eigenen“?
Es sieht danach aus, als ob der ukrainische Staat in naher Zukunft die Kontrolle über eine der größten inländischen Fluglinien, die Firma „Ukraine International Airlines“ (UIA), verliert. Allem Anschein nach wird sie schnell und sehr billig verkauft. Noch dazu ist schon vorzeitig bekannt, wem und mit wessen Hilfe.
Die Versuche, das UIA-Aktienkontrollpaket des Staates (61,58%) aufzuweichen, laufen nun schon ungefähr vier Jahre. Immerhin hat sie der Fonds für Staatseigentum früher abgewehrt – wenn auch nicht ohne Schwankungen.
Die Luftverkehrsgesellschaft nimmt einen wesentlichen Anteil des Luftfrachtverkehrsmarktes ein, sie ist profitabel, und alle begreifen, dass man sie auf Verlangen teuer verkaufen könnte. Aber es scheint als hätte gerade dieser Wunsch für die Privatiers keine Bedeutung. Im Endergebnis werden die Aktien der UIA beharrlich einem konkreten Kunden „ausgegossen“.
Der Prozess beschleunigte sich stark im Mai dieses Jahres, als die weniger bekannte Firma „Capital Investment Project“ 5,97% der Aktien, welche vorher der irländischen Firma „AerCap“ gehörten, erwarb. Ungefähr ein Jahr hingen sie in der Bilanz des Unternehmens, danach schlug man Aktionären, die ein überwiegendes Recht auf den Erwarb hatten, vor, sie zu kaufen. Jedoch schlugen diese den Kauf ab.
Wie es geplant war, sollte danach der Fonds für Staatsbesitz die Aktien für einen offenen Verkauf freigeben – Interessenten gab es. Aber durch die „gutherzige“ Tradition zog es die Führung des Fonds vor, die Aktien schnell und undurchsichtig an „Capital Investment Project“ zu verkaufen. Hinter ihr zeichnete sich in der Ferne die Figur des Ex-Generaldirektors und Ex-Vorsitzenden des Beobachtungsrates der Geschlossenen Aktiengesellschaft „AeroSvit“ Aron Maiberg. Zu dem Zeitpunkt hat er gerade seinen skandalösen Rücktritt abgeschlossen.
Buchstäblich nach einigen Tagen hat sich die Macht im Fonds für Staatseigentum verändert, und schon wurde dem neuen Präsidenten des Fonds Alexander Rjabtschenko, welcher am 18. März 2010 seinen Dienst antrat, vorgeschlagen, das Geschäft durchzusehen, aber… der Vorschlag wurde ignoriert.
Die Fähigkeit von Generaldirektor Maiberg, unsere Beamten aller Schattierungen des politischen Regenbogens zu überreden, sind überhaupt legendär. Zu Zeiten seiner Führung von „AeroSvit“ bemerkten sie nicht, wie man Krimsche Erde im Bezirk des präsidentischen Foros mit einem Wert von 150 Millionen Dollar aus der Firma 15 Mal billiger wegführte. Nun schloss man die Augen, als Maiberg bei den UIA erschien.
Es ist selbstverständlich, dass 6% der Aktien nur der erste Schritt waren.
In der Firma gab es außer dem Staat noch zwei Aktionäre – die österreichische Gesellschaft „Austrian Airlines“ (AA) besitzt durch die Tochter-AG „UIA Beteiligungsgesellschaft“ 22,52% und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung 9,93%.
Die Österreicher hegten schon vor ca. zwei Jahren Pläne, ihr Paket zu verstärken – zumindest zu einem blockierenden, wenn schon nicht zu einem Kontrollpaket. Aber die Krise versetzte der Firma einen heftigen Schlag, und so war auch die österreichische Regierung gezwungen, fast 43% der „Austrian Airlines“-Aktien an Lufthansa zu verkaufen.
Im Ergebnis rückten die Österreicher für die Realisierung mit seinen ukrainischen Funktionären vor. Genau hier eröffnete sich dem Fonds für Staatseigentum eine glänzende Möglichkeit, Geld für den Staat zu verdienen.
Die Sache ist die, dass die Fluglinie gemäß dem im April 2009 in Kraft getretenen Gesetz „Über Aktiengesellschaften“, eine Umregistrierung von einer Geschlossenen zu einer Privaten Aktiengesellschaft durchführte. Dadurch erhielt der Fonds für Staatseigentum die Möglichkeit, den Punkt über das Recht eines überwiegenden Rückkaufs der Aktien der Aktionäre nicht in die Satzung mit aufzunehmen. Daher konnte man das Staatspaket seelenruhig für eine öffentliche Auktion freigeben.
Dafür wurde genug mit den Österreichern verhandelt – für sie war es auch gewinnbringend, weil der Wert des Aktienpakets stieg. Die EBWE (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung)hätte das auch kaum verhindert.
Es ist wahr, das alles steht unter der utopischen Annahme, dass die Beamten plötzlich beginnen, sich um das Interesse des Staates zu kümmern. Nun, ungefähr so, wie es im Privatisierungsprogramm festgeschrieben ist – „das Erreichen eines maximalen wirtschaftlichen Effekts durch den Verkauf von Objekten der Privatisierung“. Wirklich, komisch?
Schon dessen hat niemand die Beamten beschuldigt – häufig wurde genau das Gegenteil vermutet.
So führte der Fonds für Staatseigentum offiziell keine Verhandlungen zugunsten des Staates. Dafür hat man wie gewohnt… den Jahresprivatisierungsplan aufgegeben. Zu Novemberbeginn gingen bei einem Auftrag im Umfang von 6,35 Milliarden Hrywnja sogar 0,52 Milliarden (8,2%) in das Budget. Wir werden feststellen, dass der Plan schon um fast 40% verringert wurde – ursprünglich wurden von den Privatiers 10,26 Milliarden erwartet.
Unter diesen Bedingungen wären die Gelder aus dem Verkauf der UIA nicht überflüssig. Aber die Ziele der Beamten waren deutlich weit vom „maximalen wirtschaftlichen Effekt des Verkaufs“ entfernt.
Indes kam Anfang Juli die Information zu Tage, dass „Austrian Airlines“ aus dem Aktionärsbestand der UIA ausstieg. Dabei wurde der Käufer genannt… Generaldirektor Maiberg, welcher zum bedeutendsten Aktionär nach dem Fonds für Staatseigentum wurde – mit bis zu 28,49% der UIA-Aktien.
Am 3. November schlossen die „Ukraine International Airlines“ die Umregistrierung mit der interessanten Beibehaltung des Rechts auf vorrangigen Rückkauf ab.
Buchstäblich nach einem Tag, am 5. November, kümmerte sich der Staat, genauer die Beamten des Fonds für Staatsbesitz, um den Verkauf des Pakets, nachdem sie eine Order über den Verkauf des Staatspakets entworfen hatten.
Am Mittwoch, den 17. November wurde eilig eine Ausschreibung, mit der man nach einem Firmenschätzer für den Marktwert des UIA-Aktienstaatspakets suchte, bekannt gegeben – „für dessen darauf folgenden Verkauf“. Dabei mit einer Einreichfrist der Bewerbungen von einer ganzen Woche.
In der Übersetzung aus dem Bürokratischen bedeutet das, dass es einfach kein ernsthafter und „eigener“ Schätzer schaffen wird, die Unterlagen vorzubereiten. Nun ist klar, wie beim Fonds für Staatseigentum Schätzungen der Staatspakete 3 bis 4 Mal niedriger als der Marktpreis zustande kommen.
So war es schon mit „AeroSvit“ (zum Glück gelang es, den Prozess des spottbilligen Staatspaketsverkaufs zu bremsen), und nun werden wir bestimmt eine Wiederholung bei UIA sehen. Vollends betrug der Nennwert des Firmenkontrollpakets mit einem Jahresumsatz (auch in Zeiten der Krise) von 280 Millionen Dollar nur 8 Millionen Dollar.
Es ist gut, dass das Oberhaupt des Fonds für Staatsbesitz meldete, dass der Marktwert von UIA in Zukunft fallen wird. Wir wagen zu vermuten, dass der Schätzer diesen tiefen Gedanken aufgreift und verstärkt…
Zumal die Wahl der Kundschaft völlig klar ist – es ist die schon erwähnte Firma „Capital Investment“.
Doch sofort nach dem Befehl des Fonds für Staatsbesitz über die Auslegung des Staatspakets von „International Airlines“ zum Verkauf gaben die Österreicher – jetzt schon offiziell – den Austritt aus der Reihe der Aktionäre bekannt. Die EBWE plant, einer Erklärung ihrer Vertreter nach, auch aus dem Kapital der UIA auszusteigen und nicht am Kauf des Staatspakets teilzunehmen.
Das heißt in der reichlichen Auswahl bleibt ein Teilnehmer übrig, welcher den Preis diktiert. Wahrscheinlich arbeitete genau darauf der Fonds hin. Es ist schwierig zu vermuten, dass so ein anerkannter Experte auf dem Gebiet der Privatisierung, wie Rjabtschenko, die Folgen und Übereinstimmungen mit den Interessen des Staates nicht begreift…
Anstelle dessen, den Staatsanteil der UIA mit maximalem Nutzen für das Budget zu verkaufen und einen qualifizierten Investor zu gewinnen, wählten die Beamten zunächst einmal die Strategie des außeramtlichen Verkaufs einer der größten inländischen Fluglinien. Es ist nur logisch, sich die Frage zu stellen: Für wen ist das gewinnbringend?
Doch in all den vielfältigen Vorzügen des Generaldirektors Maiberg gibt es keine Ressourcen dafür, dass ein Geschäftsmann die einheimische Fluglinie auf ein neues Niveau heben könnte. Die Praxis seiner Tätigkeit in der Flugbranche kann man nur sehr schwer als strahlend sehen.
Wahrscheinlich plant auch der potenzielle Käufer, die UIA nicht zu fördern. Nachdem er die Firma zu einem „Sonderpreis“ gekauft hat, wird er einfach zu einem Transiteigentümer. Das Budget, wie schon angemerkt wurde, wird nichts Ernstes erhalten.
Ehrlich gesagt wäre es sehr wünschenswert, dass der Fonds für Staatseigentum irgendwie seine fließend von einer kompletten Untätigkeit zu einer aktiven „Pflaume“ des Staatspakets übergehende Position sowohl der Öffentlichkeit als auch kompetenten Organen erklärt. Noch ist es nicht zu spät, den Verkaufsprozess aufzuhalten.
Die Ukraine ist zumindest an einem transparenten Verkauf mit einer maximal möglichen Anzahl an Teilnehmern interessiert. Noch dazu steht uns die Privatisierung der „Ukrtelekom“ bevor. Falls man auch sie nach einem analogen Schema verkauft, kann man sich ohne weiteres von Gedanken über irgendwelche ernsten Budgeteinnahmen verabschieden.
Ob der Fonds für Staatseigentum das in Ordnung bringen kann ist eine interessante Frage (bei der sich wiederum andere Gründe finden werden), aber das Kabinett der Minister wird das sicher nicht erfreuen.
20. November 2010 // Jewgenij Kiriltschuk
Quelle: Serkalo Nedeli