Ukraine stellt sich der biometrischen Aufgabe
Gestern hat das Ministerkabinett den Entwurf des nationalen Planes zur Erfüllung des Maßnahmenplans für die Liberalisierung des Visaregimes mit der Europäischen Union bestätigt. Das Dokument sieht vor, dass die Ukraine bis zum Ende des Jahres den Maßnahmenplan umsetzt und die EU um die Aufhebung der Schengenvisa für Ukrainer bitten kann. Derweil haben bereits die nächsten Maßnahmen, die vom Plan vorgesehen sind, einen verstärkten Kampf hervorgerufen; Anhänger und Gegner des EDAPS Konsortiums streiten um die Möglichkeit der Beteiligung an der Ausfertigung der Vorlagen für die neuen biometrischen Auslandspässe.
Der nationale Plan zur Umsetzung des Maßnahmenplans zur Liberalisierung des Visaregimes für die Ukraine durch die Europäische Union soll innerhalb der nächsten Tage durch einen Ukas von Präsident Wiktor Janukowitschs bestätigt werden. Gestern wurde die überbehördliche Abstimmung des Dokumententwurfs abgeschlossen. Dem “Kommersant-Ukraine” liegt eine Kopie des auf der Kabinettsitzung bestätigten Plans vor.
Das 36-seitige Dokument ist unter Berücksichtigung der Äußerung Wiktor Janukowitschs erstellt worden, dass die Ukraine bald die Umsetzung des Maßnahmenplans abschließen wird (Ausgabe des “Kommersant-Ukraine” vom 23. November 2010). Deklariert ist, dass alle Punkte des nationalen Planes nicht später als zum IV. Quartal dieses Jahres erfüllt werden. „Ich denke, dass die Fristen real sind, was von der Erfahrung der Balkanstaaten bestätigt wird. Doch bedarf es einer aktiven Regierungsarbeit. In den letzten Monaten waren deren Tempi ungenügend“, erläuterte die Leiterin der gesellschaftlichen Organisation „Europa ohne Barrieren“, Irina Suschko, dem “Kommersant-Ukraine”. „Es existiert ebenfalls das Risiko einer qualitativ schlechten Umsetzung einiger Punkte des Maßnahmenplans oder sogar die Imitation dieses Prozesses. Besonders betrifft dies die Norm über die Verabschiedung der Antikorruptionsgesetzgebung, wo es bei uns bisher nur ein vollständiges Scheitern gibt“.
Sieben Seiten des Dokuments sind von der Beschreibung der Maßnahmen zur Einführung von biometrischen Auslandspässen und Ausweisen für Flüchtlinge in der Ukraine belegt. Dafür müssen unbedingt das Gesetz „Über Dokumente, Personalausweise und Ausweisungen der Staatsbürgerschaft der Ukraine“ und einer Reihe von anderen Akten beschlossen werden. „Der Gesetzentwurf ist bislang nicht fertig. Es findet ein Kampf um die Geldflüsse, um das Recht der Herstellung der biometrischen Pässe statt“, erzählte dem “Kommersant-Ukraine” ein informierter Staatsbediensteter. Gemäß dem nationalen Plan wird das Unternehmen, welches den Staatsauftrag für die Ausfertigung der Pässe erhält, bis Ende Februar festgelegt.
Irina Suschko erinnert daran, dass das EDAPS Konsortium, welches die Schutzelemente der derzeitigen Auslandspässe herstellt, technisch bereit ist, die Fertigung von Vorlagen für Pässe mit biometrischen Merkmalen zu beginnen. „Doch wenn sich auf die Praxis anderer Staaten berufen wird, dann müssten die Pässe von Staatsunternehmen gefertigt werden, ohne Zulassung privaten Kapitals. EDAPS ist ein klares Beispiel für die Beteiligung privaten Kapitals. Bei mir werden unter anderem Fragen zu den Kosten des biometrischen Passes hervorgerufen, der unter der Beteiligung des Unternehmens ausgestellt wird; wird das Dokument 25-30 Euro kosten, wie in Serbien?“, hebt der Experte hervor.
Eine andere Meinung vertritt der Parlamentsabgeordnete Wassilij Grizak (Partei der Regionen), der seine Beteiligung am EDAPS Konsortium zurückweist und darum bittet ihn als „Abgeordneten, der die Technologie, die von EDAPS genutzt wird,“ unterstützt zu bezeichnen. Er ist überzeugt davon, dass die Beteiligung des Konsortiums am Produktionsschema für die Passvorlagen nicht zu deren spürbarer Verteuerung führt. „Heute gibt der Hersteller die Passvorlagen für zehn Euro ab. Ich weiß nicht, wie der genaue Preis für die biometrischen Pässe sein wird, doch denke ich, dass der Hersteller diese für etwa 30 Euro abgeben wird“, betonte Grizak.
Wassilij Grizak bestätigte dem “Kommersant-Ukraine” die Information, das gerade ein Kampf um das Recht der Herstellung der biometrischen Pässe stattfindet. Seinen Worten nach wird derzeit das Schema der Gründung eines neuen Unternehmens favorisiert, welches die Vorlagen eigenständig herstellt. „Die Rede geht vom Einkauf von Ausrüstungen für 150 Mio. Euro“, konkretisierte der Abgeordnete. „Ich kenne das gesamte kriminelle System, welches von einigen Staatbediensteten im Außenministerium und anderen Behörden ausgearbeitet wird. Doch diese Leute haben eines nicht berücksichtigt: Wiktor Fjodorowitsch (Janukowitsch) wird nicht artig sein und jemand wird im Gefängnis sitzen … Soviel staatliche Gelder wie sie auch aufwenden werden, am Ende wird sich mit dieser Frage die Generalstaatsanwaltschaft beschäftigen, der vom Präsidenten die Anweisung gegeben wird“.
Die Einführung von biometrischen Dokumenten ist eine der prinzipiellen Forderungen der Europäischen Union. „Die Visafreiheit können nicht alle Bürger nutzen, nur diejenigen, die ihre Pässe mit biometrischen tauschen“, erinnerte Irina Suschko. Bislang ist der Modus des Dokumentenwechsels nicht bestätigt. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Bürger dies auf eigenen Wunsch machen werden. „Diejenigen, die nicht in die EU zu reisen beabsichtigen, können die alten ‘roten’ und ‘blauen’ Pässe nutzen“, betonte der Gesprächspartner des “Kommersant-Ukraine”, der an der Vorbereitung des Dokuments beteiligt ist.
Bleibt anzumerken, dass sogar in dem Fall einer rechtzeitigen Umsetzung des nationalen Plans eine positive Entscheidung der Europäischen Union zur Gewährung der Visafreiheit für die Ukraine nicht garantiert. Die Autoren des nationalen Plans geben zu, dass die Umsetzung einiger Forderungen der EU nicht auf das Jahr 2011 beschränkt ist. Im Detail sieht der Maßnahmenplan den Abschluss des Programms der Umgestaltung der Staatsgrenzen und ebenfalls die Ausarbeitung und Umsetzung des Programms für Gegenmaßnahmen gegenüber Menschenhandel und der Geldwäsche vor. Diese Staatsprogramme sind bis zum Jahr 2015 geplant und das Kabinett hat keine Kürzung der Umsetzungsfristen eingeleitet. „Wir erkennen an, dass die Entscheidung der EU eine politische sein wird und keine formale, die auf der Umsetzung der Punkte auf der Liste beruht. Und wir hoffen darauf die EU von der politischen Notwendigkeit, uns die Visafreiheit jetzt zu geben, zu überzeugen“, teilte dem “Kommersant-Ukraine” ein hochgestellter ukrainischer Diplomat mit.
Sergej Sidorenko
Quelle: Kommersant-Ukraine