Das ukrainische lateinische Alphabet - Warum die Lutschukiwka (Lučukivka)?
Zur Illustration führe ich wenigstens eine interessante historische Tatsache aus der Literatur an. Die kirchenslawische Sprache in der ukrainischen Redaktion lernten unsere Vorfahren als Gegenstand, als eigene Literatursprache. Ihr Name war im Lwiwer Priesterseminar Lingua Ruthenica, doch nicht alle wollten sie lernen. Auf der Basis festgehaltener Bezeugungen schrieb Mychajlo Terschakowez darüber: «Als im Jahr 1834 die Seminarleitung Dr. Ilnyzkyj anwies den Seminarteilnehmern das Lesen von kyrillischen Texten beizubringen, begrüßten die Schüler ihn mit Knüppeln und Rufen: Co to, chce nas zrobić Azyatami! Precz z nim, Mongołem, Tatarzynem (auf Polnisch: Was soll das, das macht uns zu Asiaten! Hinweg mit ihm, dem Mongolen, Tataren, A.d.Ü.)». Und lediglich das Genie Markijan Schaschkewytsch brach aus dieser Situation aus, in der die heiligen Söhne sich oft nicht richtig gemäß den Gebräuchen bekreuzigen, keine kyrillischen Ausgaben lesen konnten und es kam auch vor, dass die Priester Liturgiebücher nutzten, in denen die Texte mit lateinischen Schriftzeichen geschrieben standen.
Es existieren verschiedene Varianten der «Latinisierung» des ukrainischen Alphabets – ältere und neuere, bessere und schlechtere, jedoch kann keine von ihnen als komplett zufriedenstellend angesehen werden. Ich zolle allen vorliegenden Projekten meinen Tribut, von denen ich lediglich die zweifache Harvard-Variante der Transliteration des ukrainischen Alphabets («non-linguistic», mit Nutzung englischer grafischer Übereinstimmungen, die bequemste in der Anwendung in E-Mails, in denen diakritische Zeichen nicht akzeptiert werden; und «linguistic», hinreichend gut anwendbar bei der Transliteration der ukrainischen Sprache in lateinische Schriftzeichen), den offiziellen Standard der Transliteration in lateinische Schriftzeichen (der in Reisepässen angewendet wird, in Lwiw sind in ihm die Bezeichnungen einiger Straßen transliteriert). Es gibt noch einige andere Varianten, die überwiegend scheußlich ausschauen.
Die Wiedergabe der phonetischen Besonderheiten der ukrainischen Sprache mit den Mitteln der lateinischen Schrift kann sich natürlich nicht nur auf die Anwendung des Alphabets beschränken. Die grafische Lösung muss mit orthografischen Regeln begründet werden. Daher kam seinerzeit auch der allgemeine Bedarf an der Formulierung wenigstens einer kurzen Rechtschreibung auf der Basis lateinischer Schriftzeichen auf. So entstand auch meine «Lutschukiwka». Meine Lutschukiwka (ich betone: Rechtschreibung, und nicht nur ein latinisiertes Alphabet) stellte ich bereits im Jahr 2000 zusammen. Sie wurde unter dem Namen «Ukrajinśka latynka. Korotkyj pravopys» (Ukrainische lateinische Schriftsprache. Kurze Rechtschreibung) erstellt. Als Basis wurden die geltende Rechtschreibung die vierte (1993) und die fünfte (1996) Ausgabe und ebenfalls der Entwurf der neuesten Redaktion der ukrainischen Rechtschreibung (1999) genommen. Nach der entsprechenden Ausarbeitung wurde aus diesen Ausgaben das Basismaterial genommen und dieses mit eigenen Regelungen und Illustrationen ergänzt.
Im Vergleich mit der geltenden Rechtschreibung und dem Entwurf ihrer neuesten Redaktion hat meine kurze Rechtschreibung eine ganze Reihe von Unterschieden allgemeinen Charakters. Vor allem wurden für ihre Erstellung andere Schriftzeichen verwendet – auf der Basis der lateinischen. Bei dieser Gelegenheit lohnt es sich die Aufmerksamkeit auf die Hauptmerkmale der Übereinstimmung des ukrainischen kyrillischen Alphabets mit der von mir vorgeschlagenen Variante der Anwendung lateinischer Schriftzeichen auf das ukrainische Alphabet zu richten, dabei alle weitere orthografische Argumentation einbeziehend. Für die Mehrzahl der kyrillischen Buchstaben (а, б, в, г, ґ, е, ж, и, і, й, к, м, о, п, у, ф, х, ч, ш) existieren Entsprechungen in der einheitlichen Variante (a, b, v, h, g, e, ž, y, i, j, k, m, o, p, u, f, x, č, š). Einige Buchstaben mit der Bedeutung konsonantischer Laute haben jeweils zwei Entsprechungen – eine harte und eine weiche: д – d, ď; з – z, ź; л – l, ľ; н – n, ń; р – r, ŕ; с – s, ś; т – t, ť; ц – c, ć. Das ist dadurch bedingt, dass diese Konsonanten in verschiedenen Positionen auf zweierlei Weise ausgesprochen werden – hart oder weich und dementsprechend in lateinischen Schriftzeichen mit verschiedenen Buchstaben gekennzeichnet werden. Hier ist hervorzuheben, dass der weiche Konsonant vor dem i in der Schrift nicht weich gemacht wird, sondern seine harte schriftliche Variante beibehält. Die Buchstaben я, ю, є werden ebenfalls auf zweierlei Weise übertragen, entweder als Buchstabenkombination ja, ju, je oder als a, u, e nach weichen Konsonanten. Der Buchstabe ї wird lediglich als Buchstabenkombination ji übertragen, die, außer in Positionen am Wortanfang oder nach einem Vokal, lediglich nach einem harten Konsonanten stehen kann.
Die getrennte Aussprache nach harten Konsonanten vor я, ю, є, ї wird im Kyrillischen durch ein Apostroph gekennzeichnet, das in der lateinischen Version in der Form fehlt. Das Weichheitszeichen (ь) dient in im Kyrillischen als Kennzeichnung der Weichheit der Konsonanten, anstelle dessen wird in der lateinischen Variante in diesen Situationen ein gesonderter Buchstabe für die Kennzeichnung der weichen Konsonanten verwendet: ď, ź, ľ, ń, ŕ, ś, ť, ć. Der Buchstabe щ wird mit der Buchstabenkombination šč übertragen. Falls man auf die umgekehrte Variante schaut, das heißt auf die kyrillischen Entsprechungen der Buchstaben des ukrainischen lateinischen Alphabets, so sind hier lediglich zwei Momente hervorzuheben. Die Buchstaben a, e, u haben jeweils zwei Entsprechungen: а/я, е/є, у/ю. Dagegen begnügen sich alle Konsonanten, die eine harte und eine weiche Variante haben, mit einem Entsprechungszeichen, nach denen im Fall der weichen Aussprache in der kyrillischen Variante я, ю, є oder das Weichheitszeichen erscheinen.
Ich habe nach diesen vielen Jahren erneut meine eigene Rechtschreibung des ukrainischen lateinischen Alphabets (meine eigene Lutschukiwka) aufmerksam gelesen, dabei lediglich das Vorwort verbessernd. Und bin wie ein verzauberter Hirsch erstarrt. Erinnern Sie sich an den Gesichtsausdruck des Wundertäters aus dem Film „Das fünfte Element“ von Luc Besson, als er Leeloo schuf, dabei aussprechend: «Die Vollkommenheit an sich»? Das ist es.
Mit einem Wort, die Einhaltung des Hauptprinzips jedem Laut entspricht ein Grafem, doch ohne diakritische Zeichen kommt man dieses Mal nicht aus. Ich träume bereits seit langem davon, dass seriöse Computerfachleute sich meiner Lutschukiwka annehmen. Nun und ich hab mir das erträumt, dass die Lutschukiwka als offizielle Variante der ukrainischen lateinischen Schrift genommen wird. Nun soll der Herrgott unser Kälbchen den Wolf fressen lassen.
Vor Kurzem kam die Initiative auf, sich ernsthaft mit dem ukrainischen lateinischen Alphabet zu befassen. Als Initiator trat der IT-Fachmann Jurij Naumko auf. Und am 27. Mai versammelte sich in der Kneipe «Batjar» auf der Menzynskoho (in Lwiw) die Quadriga der Interessierten – Naumko selbst, Wolodymyr Pawliw, Borys Jawir aus Ternopil und ich. Es kam die Idee auf ein angenommenes «Institut für die Einführung der lateinischen Schriftzeichen für die ukrainische Sprache» zu gründen. Wir einigten uns auf die Bezeichnung «Institut für die lateinischen Schriftzeichen». Wir gründeten eine geschlossene Gruppe bei Facebook, hoben gewisse strategische Vektoren hervor (die Schaffung einer Webseite usw.). Der Initiator Jurij Naumko soll ein entsprechendes Computerprogramm für die Transliteration des ukrainischen Kyrillischen in das ukrainische lateinische Alphabet schaffen. Für mich sind diese Computerdinge wie eine chinesische Urkunde. Doch sollte ein «Roboter» für die automatische Umschrift (ebenso in umgekehrter Richtung) geschaffen werden. Es versteht sich, dass als Basis meine Lutschukiwka als vollständigste Variante des ukrainischen lateinischen Alphabets genommen wurde. Es wird eine «reife» dichterische Fibel vorbereitet. Ich habe bereits meine «Spielerische Fibel für Kinder» vorbereitet. Es wird ebenfalls die Ausgabe des Buches «Lučukivka. Ukrajinśka latynka. Korotkyj pravopys» vorbereitet. Dann wird man weiter sehen.
Insgesamt wird es mir imponieren, wenn das «Institut für die lateinischen Schriftzeichen» ebenso «Institut Lutschukiwka» genannt werden würde.
26. Juni 2017 // Iwan Lutschuk
Quelle: Zaxid.net